Partikel-Therapie

Partikel-Therapie

Die Partikeltherapie oder Teilchentherapie, genauer Hadronentherapie, ist ein Verfahren der Strahlentherapie, bei dem im Rahmen einer Krebsbehandlung der Tumor mit hochenergetischen positiven Atomionen (meist Protonen oder Kohlenstoffionen) bestrahlt wird. Die Teilchen werden in einem Zyklotron oder Synchrotron beschleunigt. Für Kohlenstoffionen ist ein Synchrotron-Beschleuniger notwendig, um akzeptable Eindringtiefen (bis 30 cm) zu erreichen.

Inhaltsverzeichnis

Eigenschaften

Der Vorteil der Partikeltherapie[1][2] gegenüber der konventionellen Strahlentherapie mit Photonen ist das völlig andere Eindring-Verhalten der Partikel (Teilchen). Die Wechselwirkung der eingebrachten Teilchen mit dem Gewebe ist stark geschwindigkeitsabhängig: Die Energieabgabe ist umgekehrt proportional zum Geschwindigkeitsquadrat. Beim Durchgang durch das Gewebe werden die Teilchen also kontinuierlich um so stärker abgebremst, je tiefer sie eindringen. Solange sie hohe Geschwindigkeit (spez. Energien > 50 MeV/u) besitzen, ist ihre Wirkung nur relativ gering. Erst am Ende ihrer Reichweite entfalten sie ihre starke Wirkung. Dort nimmt die Wirkung auf einer Strecke von wenigen Millimetern sehr stark zu, um danach auf Null (bei Protonen) bzw. fast auf Null (bei Kohlenstoffionen) abzufallen. Das dabei erzeugte Tiefendosisprofil bezeichnet man als Bragg-Peak. Die Energie des Teilchens beim Verlassen des Beschleunigers regelt die Eindringtiefe und den Ort des Wirkungsmaximums. Dieses Verhalten ermöglicht es, in dem Tumor eine sehr hohe Strahlendosis zu deponieren unter gleichzeitiger Schonung des umgebenden Gewebes bzw. von Risikoorganen. Weil sich der Partikelstrahl quer zur Strahlrichtung mit Elektromagneten schnell ablenken lässt, kann mit dem magnetischen Raster-scan Verfahren (kombiniert mit der Energievariation) das Zielvolumen schichtweise abgescannt werden und damit eine extrem Tumor-konforme Bestrahlung erzielt werden. Dies ist der Hauptvorteil gegenüber der konventionellen Bestrahlung mit Photonen.

Trotz der hohen apparativen Anforderungen (Zyklotron oder Synchrotron) wird Teilchentherapie bereits in dreizehn Ländern der Welt routinemäßig angewendet, und über 70000 Patienten wurden bis jetzt (Ende 2008) behandelt, davon über 7000 Patienten mit Teilchen schwerer als Protonen (meist Helium und Kohlenstoff). Die Liste der bis jetzt weltweit durchgeführten Behandlungen wird von der Particle Therapy Co-Operative Group [3] laufend auf den neuesten Stand gebracht.

In Deutschland existiert als einzige Therapieeinrichtung die Augentumortherapie am Ionenstrahllabor ISL des Hahn-Meitner-Instituts in Berlin. Dort wurden seit 1998 über 1200 (Stand Ende 2008) Patienten behandelt. Bis Oktober 2007 gab es eine Therapieeinrichtung am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt, wo Kohlenstoffionen verwendet wurden (insgesamt 450 Patienten).

Protonentherapie

siehe Hauptartikel: Protonentherapie

Therapie mit Kohlenstoffionen

Bei Kohlenstoffionen ergibt sich noch ein starker zusätzlicher Vorteil: Durch die hohe lokale Ionisationsdichte am Ende der Reichweite, treten häufiger korrelierte Schäden (hauptsächlich an den DNA-Strukturen) im Zielvolumen auf, wodurch sich die DNA der Krebszellen schlechter von Reparaturenzymen reparieren lässt als im davorliegenden gesunden Gewebe (Eindringkanal). Dieser Effekt bewirkt einen Anstieg der Effizienz der Dosis von ca. Faktor 1,5 - 3 im Zielvolumen. Der Effekt ist typisch für Partikel wie Kohlenstoff oder Sauerstoff. Photonen oder die leichten Protonen besitzen ihn nicht (Photonen) oder nur sehr schwach (Protonen).

Die Particle Therapy Co-Operative Group stellt laufend aktualisierte Listen der funktionierenden bzw. geplanten Hadronentherapiezentren zur Verfügung[3]. Am Ende von 2008 waren nur zwei Zentren für Kohlenstoffionen in Funktion, beide in Japan: HIMAC[4] in Chiba und HIBMC[5] in Hyogo. In Deutschland soll das neue HIT[6] in Heidelberg, das an ein Klinikum angeschlossen ist, 2009 den Betrieb aufnehmen.

Ausblick

Protonen und Kohlenstoffionen bieten sich an, um auch für problematische Fälle (bösartige Tumore, die aufgrund ihrer Nachbarschaft zu empfindlichen Organen weder der Chirurgie noch der herkömmlichen Strahlentherapie zugänglich sind) eine lokale, auf heilende Wirkung zielende Therapietechnik zu entwickeln.

Nach dem derzeitigen Stand der klinischen Forschung zeichnet sich ein Vorteil ab für hoch ionisierende Strahlung (Kohlenstoff-Ionen) zur Behandlung bestimmter bösartiger Tumore der Hauptspeicheldrüsen, von Adenokarzinomen der Prostata, Weichteilsarkomen, Lokalrezidiven des Rektums und von adenoidzystischen Tumoren der Nasenhöhlen. Die Strahlentherapie mit Protonen ist für oberflächennahe Tumore gut geeignet, wie Aderhautmelanome, Chordome und Chondrosarkome, und zeigt positive Ansätze bei Oesophaguskarzinomen, hepatozellulären Tumoren, Adenokarzinomen der Prostata, Meningiomen und Hypophysentumoren.

Da die deponierte Gesamtdosis bei der Strahlentherapie mit Ionenstrahlen geringer ist als bei der konventionellen Bestrahlung mit Röntgen- oder Gammastrahlung oder bei der Neutronenstrahlung, ist die Ionentherapie für nahezu alle Tumore, die strahlentherapiert werden, das vorteilhaftere Konzept, so auch für Tumore der Hauptspeicheldrüsen, der Nasenhöhlen, des Zentralen Nervensystems, der nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinome, und Tumoren bei Kindern. Ob Protonen oder Kohlenstoff-Ionen die klinisch günstigeren Teilchenstrahlen sind, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen. Klar ist aber, dass die Teilchentherapie mit Protonen, vor allem aber mit Kohlenstoff-Ionen, erheblich besser ist als die Neutronentherapie.

Literatur

Quelle

  1. U. Amaldi, G. Kraft, Radiotherapy with beams of carbon ions. Rep. Progr. Physics 68 (2005) 1861-1882
  2. O. Jäkel, State of the Art in Hadron Therapy, AIP Conf. Proc. 958, 1 (2007) 70
  3. a b PTCOG: Particle Therapy Co-Operative Group Facharbeitsgruppe zur Partikeltherapie
  4. National Institute of Radiological Sciences>
  5. Hyogo Ion Beam Medical Center>
  6. Heidelberger Ionenstrahltherapiezentrum
Gesundheitshinweis
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