- Patria potestas
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Die patria potestas war im antiken Rom die uneingeschränkte Verfügungsgewalt des pater familias, des männlichen Familienoberhauptes, über die familia, zu der, anders als bei anderen Familienformen, auch die verheirateten Söhne mit ihren Frauen und Kindern, Adoptivsöhne, Sklaven, Vieh und das sonstige Besitztum gehörten. Sie war für das Familien- und Eheleben rechtlich konstitutiv, wurde in der Realität des Alltags aber weniger durch Exzesse der Terrorisierung durch den pater familias ausgeübt, obwohl Quellen von Einzelfällen berichten. Vielmehr wurde die hervorragende Stellung des pater familias durch die Verfügungsgewalt über das Vermögen der familia deutlich.
Sie zeigte sich jedoch auch in einer aus heutiger Sicht entsetzlichen Form, in der Entscheidungsgewalt des pater familias über die Aussetzung neugeborener Kinder, die der pater familias nicht aufziehen konnte oder wollte, sei es aus finanziellen Gründen, weil sie Bastarde waren, debil oder schlicht Mädchen. Die Aussetzung von Neugeborenen auf öffentlichen Dunghaufen war in der ganzen römischen Welt bis zum Jahr 374 n. Chr. legal. Die Kinder verfielen demzufolge dem Tode oder bestenfalls der Sklaverei.
Um neugeborene Kinder am Leben zu erhalten, war es erforderlich, dass sie der pater familas, dem sie nach der Geburt zu Füßen gelegt wurden, aufhob (was suscipere oder tollere hieß). Sie erhielten, die Knaben am neunten, die Mädchen am achten Tag (dies lustricus), Namen und religiöse Weihe und wurden hierauf im elterlichen Haus erzogen und unterrichtet.
Aufzulösen war die patria potestas nur durch den Tod des Gewaltinhabers oder durch die emancipatio, durch die man sui iuris wurde, die Aussicht auf Erbschaft allerdings verlor. Für den Sohn bedeutete das, selbst als pater familias eine Familie gründen zu können.
Literatur
- Karl Christ: Die Römer, 3. Auflage, München 1994.
- Gerhard Henke-Bockschatz: Geschichte lernen, Sammelband Antike, Velber 1996.
- Heinrich Krefeld (Hg.): Res Romanae, 18. Auflage, Berlin 1994.
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