- Atemstörung
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Unter Atmung (lat.: Respiratio) wird im allgemeinen Sprachgebrauch die Lungentätigkeit (Ventilation) verstanden. Im weiteren ist jedoch erforderlich, dass der Luftsauerstoff durch die innere Lungenoberfläche diffundiert, mithilfe des Blutes zu den Geweben und Zellen weitergeleitet wird und das Kohlendioxid aus Zellen und Geweben über das Blut zur Lunge geleitet und schließlich 'ausgeatmet' wird.
In der Biologie wird der Begriff umfassender verwendet: alle Prozesse von der Aufnahme eines reduzierbaren Substrates (bei Aerobiern ist das der Sauerstoff), dessen Transport in die Zielzellen, seine Reduktion in der Atmungskette zu den Endprodukten der Atmung (im Falle der aerobischen Atmung: Wasser und Kohlendioxid), deren Abgabe (Ausatmung) sowie die Übertragung eines möglichst großen Teils der freigesetzten Energie auf chemisch energiereiche Biomoleküle (oft ATP).
Allgemein lässt sich formulieren: Die Atmung ist die Oxidation eines energiereichen Substrates unter Reduktion eines externen, Elektronen akzeptierenden Substrates (z.B. Sauerstoff), wobei ein (großer) Teil der Energie dieser Redoxreaktion chemisch auf andere Moleküle übertragen und chemisch gespeichert wird.
Das Atmungssystem ist artspezifisch organisiert: Säuger etwa können nicht Wasser atmen, Fische nicht Luft. Der Grund für Letzteres liegt darin, dass die zarten Kiemenblättchen, die ihre Ausbreitung durch das Wasser erhalten, in der Luft trocknen und miteinander verkleben, womit der Gasaustausch über die sehr zarte Austauschfläche zum Erliegen kommt. In die Lungenbläschen eindringendes Wasser anderseits kann aufgrund seines vergleichsweise zu Luft hohen spezifischen Gewichtes nur schwer gegen die Schwerkraft-Wirkung ausgeatmet werden und schließlich ist der Sauerstoffgehalt des Wassers ganz erheblich geringer als der der normalen Atemluft, es tritt Ersticken ein.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Innere und äußere Atmung
- 2 Aerobe und anaerobe Atmung
- 3 Lungenatmung der Wirbeltiere
- 4 Siehe auch
- 5 Literatur
- 6 Einzelnachweise
- 7 Weblinks
Innere und äußere Atmung
In der Biologie wird nach anatomisch/physiologischen und biochemischen Aspekten die äußere von der inneren Atmung (Zellatmung) unterschieden:
Innere Atmung
Als innere Atmung oder Zellatmung werden jene Stoffwechselprozesse bezeichnet, welche dem Energiegewinn der Zellen dienen. Insbesondere versteht man hierunter die biochemischen Vorgänge der Atmungskette in der inneren Membran der Mitochondrien, an deren Ende ATP synthetisiert wird.
Äußere Atmung
Eine äußere Atmung kommt nur bei Aerobiern vor, da Anaerobier nicht als Mehrzeller organisiert vorkommen. Man unterscheidet folgende Komponenten, welche auch kombiniert auftreten können.
- Die Hautatmung, bei der der Gasaustausch mit Wasser oder mit der Atmosphäre über die gesamte Körperoberfläche erfolgt.
- Die Kiemenatmung, bei der der Gasaustausch mit Wasser über dünne, durchblutete Hautausstülpungen, die Kiemen, erfolgt. Sie kommt bei vielen Wirbellosen, darunter auch Landtieren, und bei Fischen vor.
- Die Tracheenatmung über röhrenförmige Einstülpungen der Körperhaut. Sie kommt bei Insekten, Tausendfüßern und einigen Spinnen vor.
- Die als Lungen bezeichneten in den Körper eingestülpten Säcken: Sauerstoff wird von den Lungenbläschen an die Kapillaren abgegeben und Kohlenstoffdioxid wird aus den Kapillaren an die Lungenbläschen abgegeben. Sie kommt zum Beispiel bei lungenatmenden Schnecken und bei Amphibien, Reptilien, Vögeln und Säugetieren (einschließlich Menschen) vor.
- Gasaustausch der Pflanzen bei der Photosynthese über die Stomata.
- Die Plastron-Atmung oder „physikalische Kieme“.
- Die Verteilung der Gase an die Zielzellen in respiratorischer Flüssigkeit (Blut oder Lymphe), meist mit Sauerstofftransportvektoren (Hämoglobin oder Hämocyanin), teilweise zellulär (Erythrozyten).
Gasaustausch
Von Gasaustausch ist nur die Rede bei gasförmigen Substraten, also nicht bei Eisen-, Nitrat-, Fumarat oder Schwefelatmung.
Der Gasaustausch erfolgt primär immer über Diffusion. Dies ist ein Vorgang der Physik, bei dem sich Substanzen räumlich verteilen: von Bereichen mit hoher Konzentration breiten sie sich zu Bereichen mit niedrigerer Konzentration aus, bis im Idealfall überall die gleiche Konzentration herrscht). Der Austausch über eine Grenzschicht (in der Biologie: Membran) bedingt eine für diese Stoffe möglichst ungehinderte Durchlässigkeit (Permeabilität). Außerdem ist wesentlich, um den Austausch zu begünstigen, über eine möglichst große Membranoberfläche zu verfügen.
Bei mehrzelligen differenzierten Organismen sind oft spezielle Organe als Teil der äußeren Atmung für den Gasaustausch verantwortlich.
Faktoren, welche den Gasaustausch beeinflussen:
- Permeabilität der Membran für die auszutauschenden Substanzen
- Fläche der Membran
- Membrandicke (= Diffusionsstrecke)
- Temperatur beeinflusst die Geschwindigkeit der Moleküle in den auszutauschenden Substanzen
- Konzentrationsunterschied in den beiden durch die Membran getrennten Räumen: je höher der Unterschied, desto rascher findet der passive Gasaustausch statt.
Aerobe und anaerobe Atmung
Aerobe Atmung gibt es erst, seit elementarer Sauerstoff in der Atmosphäre und im Wasser zur Verfügung steht. Dieser geht auf photosynthetisch aktive Pflanzen zurück. Vorher und in sauerstoffarmer Umgebung kann/konnte nur eine anaerobe Atmung stattfinden.
Etliche Organismen sind zu mehreren Atemtypen befähigt, sie sind fakultativ, andere beherrschen nur einen (z. B. wir) und sind obligat.
In die Tabelle wurde nur eine Auswahl anaerober Atemtypen aufgenommen (weitere siehe Hauptartikel). Die Reihung der Atmungsprozesse erfolgte nach dem Standard-Redoxpotential des Elektronenakzeptorpaars in Volt, wobei allerdings - wie in der Biologie üblich - der pH-Wert 7 statt 0 zugrundegelegt wird (Eo'). Zu beachten ist, dass der tatsächliche pH-Wert stark davon abweichen kann (z. B. bei Acetogenese).
Atmungstypen nach Redoxpotential[1] Atemtyp Organismen "wesentliche" Reaktion Eo' [V] Energiebilanz aerobe Atmung obligate und fakultative Aerobier (z. B. Eukaryoten) O2 -> H2O + 0,82 30 ATP[2] Eisenatmung fakultative Aerobier, obligate Anaerobier (z. B. Desulfuromonadales) Fe3+ -> Fe2+ + 0,75 Nitratatmung fakultative Aerobier (z. B. Paracoccus denitrificans, E. coli) NO3- -> NO2- + 0,40 Fumaratatmung fakultative Aerobier (z. B. Escherichia coli) Fumarat -> Succinat + 0,03 Sulfatatmung obligate Anaerobier (z. B. Desulfobacter latus) SO42- -> HS- - 0,22 Methanogenese (Carbonatatmung) methanogene und obligate Anaerobier (z. B. Methanothrix thermophila) CO2 -> CH4 - 0,25 Schwefelatmung fakultative Aerobier und obligate Anaerobier (z. B. Desulfuromonadales) S0 -> HS- - 0,27 Acetogenese (Carbonatatmung) homoacetogene und obligate Anaerobier (z. B. Acetobacterium woodii) CO2 -> CH4 - 0,30 Anaerobe Atmung
Bei der anaeroben Atmung, welche nur von Prokaryoten betrieben wird, werden die aus der Oxidation eines Energieträgers gewonnen Elektronen anstatt auf Sauerstoff auf andere externe reduzierbare Substrate übertragen. Dies darf nicht mit Formen der Gärung verwechselt werden, bei welcher die Elektronen auf Stoffwechselendprodukte übertragen werden und somit die Möglichkeit der Elektronentransportphosphorylierung nicht besteht. Die verschiedenen anaeroben Atmungen werden anhand des "veratmeten" Substrates oder der Stoffwechselendprodukte klassifiziert.
Aerobe Atmung
Bei der aeroben Atmung wird Sauerstoff benötigt und nach der energieliefernden Verbrennung (Oxidation) Kohlendioxid und Wasser produziert. Das Redoxpotential E0' beträgt 0,82 V. Die Summengleichung lautet:
- Aus einem Molekül Glucose und sechs Molekülen Sauerstoff werden sechs Moleküle Kohlendioxid und sechs Moleküle Wasser mit E0' = 0,82 V.
Lungenatmung der Wirbeltiere
Atemwege
Beim Atmen strömt die Luft durch den Mund oder durch die Nase in den Körper. Wird durch die Nase eingeatmet, wird die Luft zunächst durch Härchen der Nase und Schleimhäute gereinigt, angefeuchtet und angewärmt. Anschließend gelangt die Atemluft über den Rachenraum vorbei an Kehlkopf und Stimmlippen in die Luftröhre. Die Luftröhre verzweigt sich in die beiden Äste der Bronchien, die sich immer weiter als Bronchiolen verzweigen. In der Luftröhre wird die Luft noch einmal durch kleine Flimmerhärchen gereinigt. Am Ende befinden sich die Lungenbläschen in der Lunge, durch deren dünne Membran Sauerstoff in die Blutgefäße übertritt und auf umgekehrtem Weg Kohlendioxid aus dem Blut an die Lunge abgegeben wird.
Atemmechanik der Säuger
Bei der Einatmung vergrößert sich durch das Zusammenziehen der Inspirationsmuskeln das Volumen des Brustkorbes. Dabei dehnt sich die Lunge aus und es entsteht ein Unterdruck, Luft strömt durch die Atemwege in die Lunge. Damit sich die Lunge mit dem Brustkorb ausdehnen kann, befindet sich die Pleura zwischen Lunge und Brustkorb beziehungsweise Zwerchfell. Das die Lunge umgebende Lungenfell und die an der Innenseite des Brustkorbs (Brustfell) sowie auf dem Zwerchfell und dem Mediastinum liegende Pleura parietalis kleben dabei aneinander wie zwei Glasplatten, zwischen denen sich eine Flüssigkeit befindet. Das ermöglicht einerseits die Verschiebbarkeit der beteiligten Strukturen und verhindert andererseits durch den im Brustraum vorhandenen Unterdruck einen Kollaps der Lungen beziehungsweise ermöglicht deren Entfaltung.
Beim Einatmen dehnt sich durch Senkung des Zwerchfells die dementsprechende Muskulatur des Rumpfs. Das bewirkt, dass sich zum Beispiel der Bauch dabei nach vorne wölbt.
Bei der Ausatmung entspannt sich die Atemmuskulatur und die Luft wird durch das Zusammenziehen der elastischen Fasern in der Lunge wieder durch die Atemwege hinausgedrückt. Bei forcierter Ausatmung oder chronischen Lungenerkrankungen wird zur Ausatmung auch die exspiratorische Atemhilfsmuskulatur eingesetzt.
Atemsteuerung der Säuger
Gesteuert wird die Atmung durch das Gehirn beziehungsweise das Atemzentrum im verlängerten Rückenmark. Ausschlaggebend ist dabei die Reaktion von Chemorezeptoren auf den Kohlenstoffdioxid-Gehalt des Blutes. Übersteigt dieser einen gewissen Schwellenwert, setzt der Atemreiz ein. Rezeptoren, die auf den pH-Wert des arteriellen Blutes sowie einen Sauerstoffmangel reagieren, haben nur eine zweitrangige Bedeutung als Atemreiz.
Über die sensiblen Fasern des Nervus vagus wird auch die Ausdehnung der Lunge erfasst. Überschreitet diese ein gewisses Maß, so wird die Respiration reflektorisch begrenzt.
Messgrößen beim Menschen
Atemfrequenz
Die durchschnittliche Zahl der Ein- und Ausatmungen pro Zeiteinheit, die Atemfrequenz f), beträgt unter Ruhebedingungen
Alter Atemzüge pro Minute Erwachsene 12-15 Jugendliche 16-19 Schulkind 20 Kleinkind 25 Säugling 30 Neugeborene 40-50 Atemzugvolumen
Das Atemzugvolumen bei einem Erwachsenen beträgt in Ruhe etwa 0,5 Liter.[3]
Atemminutenvolumen
Das Atemminutenvolumen Vmin ist das Produkt der Atemfrequenz fmin und dem Atemzugvolumen VZug:
Beispiel: 4200ml/min =12 x 350ml
Totraumvolumen
Das Totraumvolumen Vtot ist die Luftmenge, die nicht aktiv am Gasaustausch beteiligt ist, also bei der Atmung im gasleitenden System (Raum zwischen Mund und Lungenbläschen) „stehen bleibt“. Beim Ruheatemzug eines Erwachsenen von ca. 500 ml entspricht das Totraumvolumen ca. 30 % des gesamten Atemvolumens. Das Totraumvolumen beträgt ca. 2 ml pro Kilogramm Körpergewicht. Bei einem Erwachsenen entspricht dies etwa 150-200 ml.
Atemluft in einem Leben
Ein Mensch atmet in seinem Leben (68 Jahre) durchschnittlich ca. 300.000 m³ Luft ein. Jährlich atmet ein Mensch somit ca. 350 kg CO2 aus (pro Tag also ca. 1 kg).
Atemdruck
Der Atemdruck des erwachsenen Menschen bewegt sich normalerweise um die 50 mbar, maximal werden ca. 160 mbar erreicht.
Pathologische Atmungsformen
Klassifikation nach ICD-10 R06 Störungen der Atmung R06.1 Stridor R06.2 Ziehende Atmung R06.3 Periodische Atmung R06.4 Hyperventilation R06.5 Mundatmung R06.6 Singultus R06.7 Niesen R06.8 Sonstige und nicht näher bezeichnete Störungen der Atmung ICD-10 online (WHO-Version 2006) Die Störungen der Atmung werden in der ICD-10 unter den Symptomen, die das Kreislaufsystem und das Atmungssystem betreffen als R06 zusammengefasst. (Die folgenden Beispiele dienen zunächst nur als Arbeitsgrundlage!)
(Zeichen für zentrale Atemstörung; Atmung typisch für Hirnverletzung (Schädel-Hirn-Trauma, betroffen: Stammhirn), erhöhten Hirndruck oder Meningitis)
(Zeichen für zentrale Atemstörung; Atmung typisch für Hirnverletzung (z. B. Schädel-Hirn-Trauma, betroffen: Großhirn)
- Hyperventilation; exklusive psychogene Hyperventilation!
- Kussmaul-Atmung (Typisch für diabetische Ketoazidose; daraus folgt eine Hyperventilation)
- Mundatmung, Schnarchen
- Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom
- Seufzeratmung
- Schnappatmung
- Schluckauf; exklusive psychogener Singultus
- Stridor
Atemtherapie
Die klinische Atemtherapie befasst sich mit den Krankheiten und Funktionsstörungen von Lunge und Stimmapparat.
Zusammensetzung der Aus- und Einatemluft[4]
Inspiratorische Fraktion Gas Exspiratorische Fraktion 78% Stickstoff 78% 21% Sauerstoff 17% 0,02% Kohlenstoffdioxid 4% 1% Edelgase 1% Siehe auch
- Atem
- Atembreite
- Atemgift
- Atemschutz
- Atemschutzreflex
- Atemspende
- Atemtherapie
- Bauchatmung
- Beatmung
- Brustatmung
- Gärung
- Hämocyanin
- Hämoglobin
- Husten
- Kieme
- Luft
- Odem
- Phonetik
- Plastron (Biologie)
- Säure-Basen-Haushalt
- Stoffwechsel
- Trachee (Wirbellose)
Literatur
- Lexikon der Biologie. 2. Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2004. ISBN 3-8274-0327-8
Einzelnachweise
- ↑ Biochemie der Metalloproteine, Universität Göttingen, 2006
- ↑ Berg, Stryer, Tymoczko: Biochemie. Spektrum Akademischer Verlag, 2007, ISBN 978-3827418005
- ↑ Fisiologia Medica Vol. 2, Fiorenzo Conti, Edi-Ermes
- ↑ berechnet nach: Silbernagl, Despopoulos: Taschenatlas der Physiologie. 6. korrigierte Auflage, 2003. S. 107
Weblinks
- Physiologische Grundlagen der Atmung und deren Störungen
- Lungen-Praktikum der Uniklinik-Saarland
- Atmungsregulation
- Übersicht der Atmungsformen und deren Entwicklung
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