Patronenkammer

Patronenkammer

Patronenlager – oder Kammer – bezeichnet das hintere Ende des Laufs einer Schusswaffe. Während der Lauf ansonsten nur die Bohrung für das Geschoss aufweist, wird an dieser Stelle die gesamte Patrone aufgenommen. Das Patronenlager ist gemäß den Abmessungen der jeweiligen Munition ausgeformt. Nach hinten wird das Patronenlager durch den Verschluss abgeschlossen.

Inhaltsverzeichnis

Bauformen

Beim Aufbau des Patronenlagers wird zwischen Schulteranlieger und Hülsenmundanlieger unterschieden. Durch die Ausformung des Patronenlagers und der daraus resultierenden besseren Abdichtung ist der Schulteranlieger für höhere Gasdrucke geeignet und wird überwiegend in Langwaffen genutzt. Der Hülsenmundanlieger findet vorwiegend Verwendung in Kurzwaffen. Abweichende Bauformen sind für beiden Waffentypen möglich. Die grundlegende Fertigung erfolgt durch eine zylindrische Bohrung am Laufende, die Feinarbeit und Abstimmung auf die später genutzte Patrone erfolgt mit einer Reibahle. Diese stellt das genaue Gegenstück zur späteren Patrone dar. Jede Patronenart unterliegt vorgegebenen äußeren Abmessungen, daher muss bei der Endfertigung auf höchste Maßhaltigkeit geachtet werden. Zu kurze Patronenlager verhindern eine kraftschlüssige und gasdichte Verriegelung, zu lange Patronenlager produzieren im Schuss unter Umständen gefährliche Gasdruckschwankungen.

Bild 1: Schema Patronenlager Schulteranlieger

Schulteranlieger

Nach einlegen einer Patrone in das Patronenlager wird die Patrone mit dem verriegeln des Verschlusses gegen den konisch ausgeformten Teil des Patronenlagers (vergl. Bild 1.2) gedrückt und gegen den Lauf abgedichtet. Hierdurch wird zusätzlich eine Zentrierung der Patrone erreicht. Im Moment der Zündung der Treibladung und der durch diese Verbrennung entstehenden Gasentwicklung in der Patrone bläht sich das Hülsenmaterial für wenige Millisekunden auf und erzeugt so eine gasdichte Verbindung zum Patronenlager. Der einzige nicht kraftschlüssig verbundene Teil der Patrone ist das Projektil, das durch die expandierenden Treibgase beschleunigt durch die Laufseele getrieben wird. Nachdem das Projektil den Lauf verlassen hat, baut sich der Gasdruck ab, das Hülsenmetall zieht sich wieder zusammen und hebt die gasdichte Verbindung auf.

Die in diesen Lagern eingesetzten Patrone bezeichnet man als Flaschenhalspatrone.

Ursprünglich als Gewehrpatrone entwickelt, wurde mit dem Beginn der modernen Kurzwaffenentwicklung um das Jahr 1890 Flaschenhalspatronen auch in entsprechend gefertigten Pistolen genutzt. Hugo Borchard entwickelte für seine Selbstladepistole C93 eine Flaschenhalspatrone im Kaliber 7,65 x 25mm. Ein weiteres klassisches Beispiel für die Nutzung der Flaschenhalspatrone ist die Pistole Mauser C96, die durch die Leistungsfähigkeit der Patrone im Kaliber 7,63 x 25mm mit einem Anschlagschaft als leichter Karabiner genutzt werden konnte.

In der heutigen Zeit finden Flaschenhalspatronen bis auf wenige Ausnahmen nur noch in Langwaffen Verwendung. Handelsübliche Patronen für diese Patronenlagerart erzeugen üblicherweise Gasdrucke im Bereich um 4.000 bar, bei manchen Großwildjagdpatronen oder militärischen Patronen wie der .50 BMG kann der Gasdruck bis zu 15.000 bar betragen.

Bild 2: Schema Patronenlager Hülsenmundanlieger

Hülsenmundanlieger

Eine andere Art der Hülsenabstützung ist die des Hülsenmundanliegers. In diesem Fall ist das Patronenlager geringfügig übermaßig zylindrisch gegenüber dem Lauf gebohrt. Der so entstehende Absatz (vergl. Bild 2.2) bildet für den Rand der eingelegten Patrone das abstützende Widerlager. Auch hier bläht sich im Schuss das Hülsenmetall leicht auf und dichtet den Lauf zum Verschluss hin ab. Diese Bauform des Patronenlagers wird in der Regel bei Pistolen und Langwaffen in Kurzwaffenkalibern eingesetzt.

Nach Aufkommen der ersten mit Patronen geladenen Langwaffen war diese Lagerart die allgemein gebräuchliche. Im Zeitraum um 1850 war die Herstellung flaschenhalsförmiger Patronenhülsen noch nicht möglich. Patronenhülsen waren damals glatt zylindrisch geformt. Erst um 1880 wurde in Europa die ersten Flaschenhalspatronen gefertigt, die entsprechend ausgeformte Patronenlager erforderlich machten.

Besonderheiten

Viele Patronenlager automatischer Waffen verfügen über Kannelierungen. Sie sollen eine Funktionsreserve für den selbsttätigen Nachladevorgang sicherstellen. Die beim Schuss entstehenden Gase üben ihren Druck so nicht nur von innen gegen das Hülsenmaterial aus, es wirkt so auch von außen ein gleich großer Gegendruck. Dieses vermeidet, dass die Hülse zu fest an die Patronenlagerwand gepresst wird, und erleichtert es, die Hülse auszuziehen. Dabei sind aber auch die Sauberkeit des Laufes und das Hülsenmaterial maßgebend. Ist das Hülsenmaterial zu weich, verformt es sich möglicherweise und presst sich in die Kannelierungen ein.[1]

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Pietzner, Waffenlehre, 1. Ausgabe: – Grundlagen der Systemlehre, Arbeiten zu Studium und Praxis im Bundesgrenzschutz, Teil 4, Seiten 61-62, Lübeck, 1998, ISBN 3-930732-32-7 (PDF)

Quellen

  • Frank C. Barnes: Cartridges of the World. Krause Publications, Iola (Wisconsin) 2006, ISBN 978-0-89689-297-2.

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