Paulinum (Universität Leipzig)

Paulinum (Universität Leipzig)
Baustelle des Paulinums im August 2010

Das Paulinum – Aula und Universitätskirche St. Pauli ist ein im Bau befindliches Gebäude der Universität Leipzig am Augustusplatz. Das Gebäude entsteht seit 2007 an der Stelle, an der am 30. Mai 1968 die Paulinerkirche gesprengt wurde. Das Paulinum als universitätseigenes Gebäude vereinigt unter seinem Dach sowohl wissenschaftliche Institute und die Aula der Universität als auch ihren Andachtsraum. Aula und Andachtsraum sollen für größere Veranstaltungen über einen variablen und transparenten Raumteiler miteinander verbunden werden können.

Die Fertigstellung des Gebäudes war ursprünglich für das Jubiläumsjahr der Universität 2009 geplant, war bis dahin aber nur zum Teil realisiert. Zur 600-Jahr-Feier im Dezember 2009 waren letztlich nur die Aula und das Foyer zugänglich. Die festliche Einweihung des Paulinums ist für 2013 geplant. Das Augusteum hingegen wird bereits zum Wintersemester 2011 in Benutzung gehen.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Paulinerkirche bis 1968

Linke Straßenecke: das Fürstenhaus

An dem Platz des heutigen Paulinums standen im 13. Jahrhundert Klostergebäude, welche am Beginn des 13. Jahrhunderts erbaut worden waren. Die Klosterkirche wurde 1240 geweiht. Einzelne Gebäude wurden im 15. Jahrhundert ersetzt. Die Paulinerkirche diente der Universität als Auditorium Maximum, Promotionsort, als Ort für Gottesdienste und Begräbnisstätte für Universitätsprofessoren.

Das am östlichen Stadtrand gelegene säkularisierte Dominikanerkloster einschließlich der dreischiffigen gotischen Kirche St. Pauli wurde ab 1543 von der Universität Leipzig als Collegium Paulinum genutzt.

Nach dem Umbau zog 1546 auch die medizinische Fakultät ins Paulinum. 1704 wurde im Paulinum ein Anatomisches Theater eröffnet. Nach dem Abriss der spätgotischen Klostergebäude 1830 und 1890, blieb von den Kollegiengebäuden nur das Fürstenhaus (erbaut um 1560) erhalten.[2]

Paulinerkirche (rechts) und Augusteum (links) um 1890

Zwischen 1833 und 1836 wurde südlich der Paulinerkirche ein neues Hauptgebäude, das Augusteum einschließlich einer Aula errichtet. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das alte Paulinum abgebrochen, und mit der Erweiterung des Augusteums um einen Mittel-, Süd- und Westflügel erhielt einer der neuen Gebäudeteile wieder den Namen Paulinum. Beide Gebäude wurden bei Bombenangriffen 1943 beschädigt. Die Universitätskirche St. Pauli wurde, trotz nur geringer Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg, aus politischen Gründen nach der teilweisen Sicherung des Inventars am 30. Mai 1968 gesprengt.

2007 abgerissenes Hauptgebäude der ehemaligen Karl-Marx-Universität

An ihrer Stelle entstand das Hauptgebäude des sozialistischen Baus der Karl-Marx-Universität Leipzig mit dem wuchtigen Bronzerelief Aufbruch, das sich genau an der Stelle des Giebels der gesprengten Paulinerkirche befand.

Gegenwärtig wird an der Stelle der gesprengten Paulinerkirche das Paulinum als Teil des Campus-Neubaus der Universität Leipzig gebaut. Das Bauwerk entsteht nach dem Entwurf des niederländischen Architekten Erick van Egeraat.

„Paulinum“ – Streit um Namen und Nutzungshoheit des Neubaus

Die Universität erhält mit dem Neubau des Paulinums ein Gebäude, das die neue Aula mit Andachtsraum und Arbeitsräume für Wissenschaftler der Fakultät Mathematik und Informatik enthält. Der Paulinervereins e.V. sieht in dem Gebäude den Wiederaufbau der gesprengten Universitätskirche St. Pauli und fordert die kirchliche Entscheidungbefugnis über seine Nutzung. Der Paulinerverein ist eine Bürgerinitiative, die sich seit Beginn des Neubaus dafür einsetzt, dass das Gebäude den Namen Universitätskirche St. Pauli tragen und kirchlicher Nutzungshoheit unterstehen soll.[3] Die Bürgerinitiative Für eine weltoffene, weltliche und autonome Universität Leipzig erkennt darin den Versuch, die durch das Grundgesetz vorgegebene Trennung von Staat und Kirche auszuhebeln und letztlich der Leipziger Universität Anschein und Gepräge einer christlichen Bildungsstätte zu verleihen. Die Bürgerinitiative wurde 2008 von Leipziger Bürgerinnen und Bürgern mit dem Ziel gegründet, den gefundenen Harms-Kompromiss (s.u.) zu verteidigen und alle Versuche einer einseitigen geistigen oder geistlichen Beeinflussung und Ausrichtung der Universität abzuwehren.[4] Unter der Vermittlung von Generalbundesanwältin Monika Harms beschlossen im Dezember 2008 Vertreter der Universität Leipzig, des Freistaates Sachsen, der evangelischen Landeskirche sowie der Stadt Leipzig. den sog. Harms-Kompromiss. Dieser sieht vor, dass das Gebäude den Namen Paulinum - Aula und Universitätskirche St. Pauli tragen soll.[5] Der Kompromiss bestätigt die in der Bauplanung vorgesehene multifunktionale Nutzung als Aula, fakultäre Arbeitsräume und Andachtsraum und bekräftigt, dass die Entscheidungskompetenz in allen Fragen rechtlich dem Bauherrn im Einvernehmen mit der Universität zukommt.[6]

Das Paulinum als Teil des neuen Universitätscampus

Paulinum im Bau (Rückseite Leibnizforum), September 2009

Der sozialistische Universitätsbau wurde beginnend im Februar 2007 abgerissen. Die Bauarbeiten für den neuen Universitätscampus begannen mit der Grundsteinlegung für die Mensa am Park am 15. Juli 2005. Im Oktober 2008 fand das Richtfest für das Paulinum statt. Am 17. September 2009 wurde die Glocke der gesprengten Paulinerkirche im neuen Paulinum unter Anteilnahme von Presse und Fernsehen angebracht.[7][8][9][10]

Zur 600-Jahr-Feier der Universität wurde am 2. Dezember 2009 im unfertigen Bau ein Festakt abgehalten.[11][12] Am 6. Dezember 2009, dem zweiten Advent, fand der erste Gottesdienst in dem dazu völlig überfüllten Neubau statt.[13][14]

Die Aula soll 550 Sitzplätze bieten. Weitere 120 finden sich auf der Empore. Gleichzeitig gibt es einen durch eine (weiterhin umstrittene) Glaswand abgetrennten Andachtsraum mit 120 Sitzplätzen für die geistliche Nutzung.[15] Die vor der Sprengung aus der Paulinerkirche geborgenen Epitaphien sowie der Altar sollen in diesen Andachtsraum integriert werden.

Literatur

  • Universität Leipzig (Hrsg.): Der neue Uni-Campus im Herzen der Stadt. Sonderveröffentlichung der Universität Leipzig, Leipziger Volkszeitung vom 18. Oktober 2008.
  • Universität Leipzig (Hrsg.) (2010): Geschichte der Universität Leipzig 1409–2009. 5 Bände. Leipzig: Leipziger Universitätsverlag, ISBN 978-3-86583-310-5

Weblinks

 Commons: Paulinum/Aula und Universitätskirche St. Pauli (Leipzig) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. [1] Webseite zum Baugeschehen ab 1990
  2. Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Bd. 1, Mitteldeutschland, Wasmuth, Berlin 1914, S. 205 f.
  3. Paulinerverein.de Website des Paulinervereins e. V. (Letzter Zugriff: 8. Dezember 2009)
  4. Bürger pro Uni - Webseite der Bürgerinitiative Für eine weltoffene, weltliche und autonome Universität
  5. MDR.de (16. Dezember 2008): Namensstreit um das „Paulinum“ ist beigelegt.
  6. Harms-Kompromiss Monika Harms: Erklärung vom 15. Dezember 2008
  7. LVZ 18. September 2009 Glocke der gesprengten Unikirche kehrt an ihren Platz zurück
  8. BILD 18. September 2009 Gestern 9.27 Uhr ...
  9. DIE ZEIT 50/2009 S.66: Halleluja! Halleeeeeluja!
  10. Leipzig Fernsehen (17. September 2009): Paulinerglocke Donnerstagfrüh „heimlich“ ins Paulinum gehoben. (Letzter Zugriff: 21. März 2010)
  11. Universität Leipzig: Website zum 600-Jahr-Jubiläum (Letzter Zugriff: 8. Dezember 2009)
  12. MDR Figaro (12. Februar 2009): Endlich ein Amen! Von Siegfried Stadler (Letzter Zugriff: 12. August 2009)
  13. Welt (8. Dezember 2009): Gottesdienst in Paulinerkirche wird zur Demo. (Letzter Zugriff: 12. Dezember 2009)
  14. DIE ZEIT 51/2009: Gibt es was zu feiern?
  15. Universität Leipzig: Der Campus in der Übersicht. Paulinum. (Letzter Zugriff: 20. März 2010)

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