Penrose-Effekt

Penrose-Effekt

Edith Elura Penrose, geborene Tilton (* 15. November 1914 in Los Angeles, Kalifornien; † 11. Oktober 1996 in Waterbeach, Cambridgeshire, Großbritannien), war eine amerikanisch-britische Ökonomin. Ihr Hauptwerk ist The Theory of the Growth of the Firm von 1959.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Penrose begann ihr Studium zunächst an ihrem Geburtsort Los Angeles. Sie wechselte nach Baltimore, wo sie an der Johns Hopkins University bei Fritz Machlup ihren Master und ihren PhD machte. Ihre Dissertation war eine Studie zum Wachstum der Hercules Powder Company. Nach Aufenthalten in Genf, Toronto und London kehrte Penrose 1950 für die nächsten 10 Jahre an die Universität nach Baltimore zurück. Im Zuge der McCarthy-Ära musste sie mit ihrem zweiten Mann mehr oder weniger freiwillig das Land wegen „unamerikanischer Umtriebe“ verlassen. Nach Aufenthalten in Australien – Guggenheim Fellowship an der Australian National University in Canberra – und an der Universität Bagdad kam sie 1960 nach London, wo sie für die nächsten 20 Jahre blieb.

Zunächst hälftig an der LSE und der SOAS tätig, wurde sie 1964 Professor für Ökonomie mit Schwerpunkt Asien an der SOAS. Diesen Lehrstuhl hatte sie bis 1978 inne. Von 1977 bis 1984 war sie am INSEAD tätig, die letzten beiden Jahre nach ihrer Emeritierung 1982 als Associate Dean.

Penrose heiratete 1934 sehr jung David Denhardt, der aber schon 1938 starb. Mit ihm hatte sie einen Sohn. Während ihrer Zeit an der Johns Hopkins Universität lernte sie Ernest Penrose kennen, der dort einen Wirtschaftslehrstuhl inne hatte und den sie 1944 heiratete. Sie arbeitete mit ihm zusammen für das International Labor Office in Genf und Toronto und als Berater für den amerikanischen Botschafter in London, John Winant. Mit Penrose, der 1984 starb, hatte Edith Penrose drei weitere Söhne.

Penrose erhielt Ehrendoktorwürden von den Universitäten Uppsala und Helsinki. Sie war Mitglied des „Economic Committee” des Economic and Social Research Council (ESRC) von 1970 bis 1976, des Councils der Royal Economic Society von 1975 bis 1980, Direktor der Commonwealth Development Corporation von 1975 bis 1978 und Mitglied des ODI von 1992 bis 1994.

Theory of the Growth of the Firm

Wesentliche Aussagen

Ein Unternehmen ist im Modell von Penrose ein Bündel von physischen und immateriellen Ressourcen. Das Management eines solchen Unternehmens kann also gleichgesetzt werden mit dem Management dieses Ressourcenbündels.

Eine Ressource, selbst wenn es sich um dieselbe Ressource handelt, ist für zwei Unternehmen nicht dasselbe[1]. Unterschiede zwischen zwei Unternehmen beruhen also einerseits auf unterschiedlichen Ressourcen, andererseits aber auf den Unterschieden in den productive services, die die Firmen mit diesen Ressourcen unternehmen.[2] Productive services sind dabei alle Leistungen, die für das Produkt des Unternehmens direkt (z.B. Herstellung oder Leistung) oder indirekt (z.B. F&E, interne Services) zu erbringen sind.

Die Services eines Unternehmens beruhen auf seinen spezifischen Ressourcen sind im spezifischen Kontext einzigartig, zum einen weil sie intrinsisch einzigartig sind (z.B. Mitarbeiter), zum anderen weil sie nur im jeweils spezifischen Kontext erzeugt werden können. Die Ressourcen eines Unternehmens zur Erzeugung von productive services sind aber niemals vollständig ausgelastet, da sie naturgemäß nur diskret und unteilbar vorhanden. Aus vorhandenen Ressourcen werden kontinuierlich neue Ressourcen generiert, neue productive services ersonnen, da mehr Wissen mehr Ressourcen ergibt und damit neue Services, die wiederum zu erhöhtem Wissen führen.[3]

Wachstum des Unternehmens entsteht, in dem bisher ungenutzte Ressourcen des Unternehmens produktiv gemacht werden.[4] Aus der spezifischen Art der Ressourcen ergibt sich auch die Richtung des Wachstums.

„Unused productive services are, for the enterprising firm, at the same time a challenge to innovate, an incentive to expand, and a source of competitive advantage. They facilitate the introduction of new combinations of resources - innovation - within the firm. The new combinations may be combinations of services for the production of new products, new processes for the production of old products, new organization of administrative functions.“

Penrose: The Theory of the Growth of the Firm[5]

Die Management-Aufgabe zum Wachstum eines Unternehmens besteht im Ausnutzen ungenutzter Ressourcen und dem Auffinden und der Integration neuer Ressourcen (insbesondere auch im Falle von M&A). Da auch Management-Ressource eine spezifische Ressource ist und Management ein spezifischer productive service, limitiert die vorhandene Management-Ressource das Wachstum des Unternehmens. Es ist davon auszugehen und auch empirisch verifiziert, dass Unternehmen nicht nicht mehrere Perioden beschleunigten Wachstums nacheinander realisieren können. Letzteres wird als Penrose-Effect bezeichnet.[6]

Rezeption

Praktisch alle Schulen des Resource-based View zitieren Penrose als ihren Ausgangspunkt. Im engeren Sinne auf ihrem Ansatz aufbauend sind die Ideen zur Nutzung von intangible assets (in der Bilanz ansatzweise als Immaterieller Vermögensgegenstand zu finden) von Itami und Roehl (1987)[7], die Kernkompetenzen-Theorie von Hamel und Prahalad (1990/94) [8] und der Knowledge-based View (z.B. Spender 1994) und daraus folgend Anforderungen an Wissensorganisation und Wissensmanagement (Nonaka und Takeuchi 1995)[9].

Werke

  • The Economics of the International Patent System, Baltimore, Johns Hopkins Press, 1951, ISBN 0837166535
  • The Theory of the Growth of the Firm, New York, John Wiley and Sons, 1959, ISBN 9780198289777
  • The Growth of the Firm - A Case Study: The Hercules Powder Company, Business History Review, Volume 34 Spring Issue, S. 1-23, 1960 (Veröffentlichung der Dissertation)
  • The Large International Firm in Developing Countries: The International Petroleum Industry, London, Allen & Unwin, 1968, ISBN 0837188504
  • New Orientations: Essays in International Relations, mit Peter Lyon, Frank Cass & Co, 1970, ISBN 0714625930
  • Iraq: International Relations and National Development, mit Ernest Penrose, Boulder, Westview Press, 1978, ISBN 0891588043

Literatur

  • Steve Thompson and Mike Wright: Edith Penrose's Contribution to Economics and Strategy, Managerial and Decision Economics, Volume 26 Issue 2, S. 57-66, John Wiley and Sons, 1995
  • Christos Pitelis (Hrsg.): The Growth of the Firm: The Legacy of Edith Penrose, Oxford University Press, 2002, ISBN 0199244162
  • Iman Seoudi, Matthias Huehn and Bo Carlsson: Penrose Revisited: A Re-Appraisal of the Resource Perspective, German University in Cairo, 2008, pdf, engl.

Einzelbelege

  1. Penrose, E.: The Theory of the Growth of the Firm, New York, John Wiley and Sons, 1959, S. 5
  2. ebd., S. 25
  3. ebd., S. 75-76
  4. ebd., S. 85-86
  5. ebd., S. 85
  6. siehe zum Beispiel Tan, D. and Mahoney, J.: Examining the Penrose Effect in an international Business Context: The Dynamics of Japanese Firm Growth in U.S. Industries, 2003, pdf, engl.
  7. Itami, H. and Roehl, T.: Mobilizing invisible assets., Cambridge, MA, Harvard University Press, 1987
  8. Hamel, G. and Prahalad, C.K.: Competing for the future, Boston, Harvard Business School Press, 1994
  9. Nonaka, I. & Takeuchi, H.: The knowledge creating company: How Japanese companies create the dynamics of innovation, New York, Oxford University Press, 1995
    Spender, J.C.: Organizational knowledge, collective practice and Penrose rents, International Business Review, Volume 3, S. 353-67, 1994

Weblinks


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