- Perikardtamponade
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Klassifikation nach ICD-10 I31.9 Krankheit des Perikards, nicht näher bezeichnet ICD-10 online (WHO-Version 2006) Unter einer Herzbeuteltamponade oder Perikardtamponade versteht man die Komplikation einer Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel, eines sogenannten Perikardergusses oder selten die Komplikation einer Luftansammlung im Herzbeutel, eines sogenannten Pneumoperikards. Bereits geringe Mengen an Flüssigkeit können zu einer Behinderung der Ventrikelfüllung, einem verminderten Schlagvolumen und somit zu einer lebensbedrohlichen Funktionsstörung des Herzens führen. Außerdem wird der Blutfluss in den Koronararterien vermindert und der Herzmuskel nur noch ungenügend mit Sauerstoff und den notwendigen Nahrungsbestandteilen versorgt. Eine Herzinsuffizienz entsteht. Bei der Flüssigkeit kann es sich um Blut (Hämoperikard), seröse Flüssigkeit (Hydroperikard), Eiter (Pyoperikard) oder Chylus (Chyloperikard) handeln. Das Herz wird von außen zusammengedrückt und so in seiner Funktion behindert. Vor allem die diastolische Füllung des Herzens ist dabei beeinträchtigt.
Inhaltsverzeichnis
Pathogenese
Zwischen Epikard und Perikard des Herzbeutels befindet sich ein mit 20-50 ml Gleitflüssigkeit (Liquor pericardii) gefüllter Spaltraum, der das Herz umgibt und die reibungsarme Beweglichkeit des Herzmuskels bei Kontraktion und Erschlaffung gewährleistet. Da das Perikard infolge seiner sehr geringen Elastizität keine Möglichkeit zur Ausdehnung hat, kommt es bei einer schnellen Flüssigkeitsvermehrung in diesem Spaltraum zu einer Kompression des Herzens, in deren Folge es sich nicht mehr ausreichend mit Blut füllen lässt und folglich auch nicht mehr pumpen kann: es kommt zum Pumpversagen.
Bei einer raschen Ansammlung von Flüssigkeit im Perikard reichen 150-200 ml für eine Tamponade aus (z.B. bei Einblutung), während bei einer langsamen Ansammlung 1000-2000 ml für eine Tamponade notwendig sind, da sich das Perikard langsam dehnen kann.
Ätiologie
- Trauma
- Stich- oder Schussverletzung, stumpfes Thoraxtrauma
- Zerreißung Koronararterie
- ausgedehnte Myokardverletzung, Herzruptur
- Läsionen von Lunge und Pleura
- (Spannungs-) Pneumoperikard v.a. bei Pneumothorax li. oder bds. und PEEP-Beatmung
- neoplastische Erkrankungen
- iatrogenes Trauma
- bakteriell
- idiopathisch, autoreaktiv
- viral
- urämisch
- akuter Myokardinfarkt mit Herzwandruptur
- nach Bestrahlung
- Postkardiotomiesyndrom
- Vaskulitiden, Kollagenosen
- Aortendissektion
- Pleuraerguss (ausgeprägt)
Symptomatik
Die Leitsymptome einer Herzbeuteltamponade setzen sich aus einer oberen Einflussstauung mit gestauten Halsvenen (nicht bei Hypovolämie), der Beck'schen Trias, wozu ein erniedrigter arterieller und ein erhöhter venöser Blutdruck (Hypotonie) sowie leise Herztöne gehören, einer Atemnot (Dyspnoe), einem reflektorisch, beschleunigten Herzschlag (Tachykardie), einem Pulsus paradoxus bis zu einem kardiogenen Schock mit einem Herz-Kreislauf-Stillstand zusammen. Weitere Symptome sind Lufthunger, Tachypnoe, eine stagnierende Urinausscheidung, ein Oppressionsgefühl, Schwitzen, kalte Extremitäten, Schwindel, Unruhe und eine akute Herzinsuffizienz mit einem "low-cardiac-output".
Diagnostik
- Inspektion: vermehrte Jugularvenenfüllung, Blässe, Kaltschweissigkeit
- Auskultation: leise Herztöne, Tachykardie
- Palpation: Herzspitzenstoß kaum/nicht tastbar, pulsus paradoxus (Abfall des syst. BD > 10 mmHg bei Inspiration)
- EKG: Niedervoltage, elektrischer Alternans, ggf. ST-Strecken- und T-Wellen-Veränderungen
- Echokardiografie: Nachweis, Lokalisation, Ausmaß eines Perikardergusses
- Röntgen Thorax: Verbreiterung der Herzsilhouette und des oberen Mediastinums, Bocksbeutelform des Herzens
- CT, MRT: Perikardergüsse bzw. -tamponaden gut darstellbar und nachweisbar, Methode zu aufwendig für kritisch Kranke
Die Methode der Wahl und ein sicheres und schnelles Verfahren zur Diagnostik ist die Echokardiografie. In der Regel besteht bei Vorliegen einer Herzbeuteltamponade nicht sehr viel Zeit. Das Herz muss zuerst entlastet werden.
Therapie
- symptomatisch:
- hämodynamische Stabilisierung, Verlegung auf eine Intensivstation
- Vermeidung einer Bradykardie
- Vermeidung von PEEP-Beatmung, wenn möglich
- kausal (Dekompression):
- Entlastung durch Perikardiozentese (Perikardpunktion = Abziehen der Flüssigkeit aus dem Herzbeutel) unter Ultraschallsicht
- geronnenes Blut kann man allerdings nicht abpunktieren
- Perikardfensterung
- Perikardiotomie (Eröffnen des Perikards) mit Anlage einer Perikarddrainage oder partieller Perikardektomie (Entfernung des Perikards)
- Thorakotomie (Eröffnen des Brustkorbs) mit Anlage einer Perikarddrainage und partieller oder kompletter Perikardektomie
- bei postoperativen herzchirurgischen Patienten (z.B. nach Klappen- oder Koronarbypass-Operationen) ist häufig ein retrosternaler Drain vorhanden, den man in der Akutsituation evtl. mit einem Sauger anlupfen bzw. entlasten kann.
- Entlastung durch Perikardiozentese (Perikardpunktion = Abziehen der Flüssigkeit aus dem Herzbeutel) unter Ultraschallsicht
Siehe auch
Literatur
- H. Barth, A. Böhle et al.: Chirurgie. Duale Reihe, Georg Thieme Verlag, Stuttgart (2. Auflage 2003), 995-996. ISBN 3-13-125292-8.
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