Atomarer Winter

Atomarer Winter

Der Begriff nuklearer Winter bezeichnet die Verdunklung der Erdatmosphäre als Folge der Explosion einer großen Zahl von nuklearen Sprengsätzen.

Auch wenn die Wirkungen der Atomwaffen spätestens seit ihrem Einsatz in Hiroshima und Nagasaki bekannt waren, begannen erst um 1970 amerikanische und sowjetische Wissenschaftler damit, die Effekte eines massiv geführten, großflächigen, vielleicht sogar weltweiten atomaren Krieges zu untersuchen. Erstmals publiziert wurde das Szenario eines nuklearen Winters 1982 in einer Veröffentlichung von Paul Crutzen und John Birks.[1] Eine der wichtigsten Arbeiten dieser Zeit, die sog. TTAPS-Studie (benannt nach den Initialen ihrer Autoren), wurde in den USA im Jahr 1983 veröffentlicht und erwähnt zum ersten Mal den Begriff nuklearer Winter.[2]

Sie beschreibt mehrere, voneinander unabhängige Effekte, die nach Ansicht der Autoren nach einem großflächigen Einsatz von Atomwaffen zu einem nuklearen Winter führen können:

  • durch die Wucht der Explosionen wird eine große Menge Staub in die Atmosphäre geschleudert
  • große Waldflächen werden durch die Explosionen entzündet und erzeugen dichten Rauch
  • Großbrände in den getroffenen Städten verbrennen große Mengen an Öl und Kunststoffen, die einen noch dichteren Rauch erzeugen als die Waldbrände.

Durch die enorme Hitze dieser großflächigen Feuer werden Rauch, Ruß und Staub sehr hoch in die Atmosphäre getragen, so dass es je nach Ausmaß der Zerstörung Wochen oder Monate dauerte, bis sie wieder abgesunken oder ausgewaschen seien. Während dieser Zeit werde ein Großteil des einfallenden Sonnenlichts von ihnen absorbiert, so dass die Oberflächentemperatur um etwa 11 bis 22 Grad Celsius zurückginge. Die Kälte einerseits und die dadurch entstehenden Ernteausfälle andererseits seien danach für eine viel höhere Anzahl an Opfern verantwortlich, als die Bomben selbst. Die Studie hält aus diesen Gründen einen regional begrenzten Atomkrieg für nicht führbar.

Die ersten Modellrechnungen zum Konzept des Nuklearen Winters litten unter den damals begrenzten Rechnerkapazitäten. So wurde nur ein kleiner Teil der Atmosphäre modelliert, und auch der Einfluss von Ozeanen auf das Klima konnte nicht berücksichtigt werden. In neuen Modellrechnungen [3] mit dem reduzierten Arsenal nach dem Ende des Kalten Krieges zeigt sich, dass die Effekte damals eher unterschätzt wurden. Unter Verwendung des NASA ModelE, das auch zur Simulation der Erderwärmung und anderer aktueller Klimafragen benutzt wird, konnten Robbock und Kollegen zeigen, dass die Durchschnittstemperatur auf der Erdoberfläche je nach Ausmaß des Nuklearschlages um 6-8 °C absinkt, aber dieser Effekt auch nach 10 Jahren noch spürbar ist.

Kritikpunkte

Kritiker bemängeln, dass sowohl die mögliche Taktik von Kernwaffeneinsätzen (z. B. Luft- oder Bodendetonation), die Verminderung der Brandgefahr in einem Verteidigungsfall (sog. "Entrümpelung", Schaffung von Brandschneisen, etc.), die Druck- und Sogwirkung der Kernwaffen (und die damit einhergehende Blaswirkung, die in der Lage ist, Entstehungsbrände zu löschen) sowie weitere Faktoren außer Acht gelassen oder nicht genügend berücksichtigt worden seien. Auch seien Brand-Daten aus den im Zweiten Weltkrieg mit Kernwaffen zerstörten Städten Hiroshima und Nagasaki nicht auf Verhältnisse anderer Länder übertragbar (Bauweise, Bauart, Einzelfeuerungsöfen, etc.).

Referenzen

  1. Paul J. Crutzen and John W. Birks: The atmosphere after a nuclear war: Twilight at noon (Abstract) In: Ambio, 11, 1982, S. 114-125.
  2. R. P. Turco, O. B. Toon, T. P. Ackerman, J. B. Pollack 2, and Carl Sagan: Nuclear Winter: Global Consequences of Multple Nuclear Explosions (Abstract) Science, 222 (4630), S. 1283 - 1292.
  3. Robock, A., L. Oman, and G. L. Stenchikov (2007), Nuclear winter revisited with a modern climate model and current nuclear arsenals: Still catastrophic consequences, J. Geophys. Res., 112, D13107, doi:10.1029/2006JD008235.

Siehe auch


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