Peter der Grosse

Peter der Grosse
Peter I. der Große
Der junge Peter der Große

Peter I. der Große, geboren als Pjotr Alexejewitsch Romanow (russisch Пётр I Вели́кий (Pjotr I Welikij) – Пётр Алексе́евич Рома́нов, * 30. Maijul./ 9. Juni 1672greg. in Moskau; †  28. Januarjul./ 8. Februar 1725greg. in Sankt Petersburg) war von 1682 bis 1721 Zar und Großfürst von Russland und von 1721 bis 1725 der erste Kaiser des Russischen Imperiums. Er gilt bis heute als einer der herausragendsten Politiker Russlands.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Am 9. Juni 1672 erblickte Peter im Moskauer Kreml das Licht der Welt. Der Vater des künftigen Kaisers Russlands, Alexei Michailowitsch, hatte zahlreiche Nachkommen, davon war Peter sein vierzehntes Kind. Peters Mutter war die zweite Frau von Alexei Michailowitsch, Natalia Kirillowna Naryschkina. Nach dem Tod seines Vaters 1676 und dem Ableben seines älteren Bruders Fjodor III. vier Jahre später, fand sich der junge Peter ungewollt mitten in einem Kampf um den Thron seines Landes wieder.

1682 wurde er zusammen mit seinem älteren Halbbruder Iwan V. zum Zaren ernannt. Regentin wurde jedoch zunächst Iwans Schwester Sophia, die ihre Macht wesentlich auf die Strelitzen stützte. Sophias Sturz im Jahre 1689 war Peters Regierungsantritt im Russischen Zarentum. Formal blieb Iwan bis zu seinem Tode im Jahre 1696 noch Zar neben Peter.

In den ersten Jahren als russischer Monarch beschäftigte sich der junge Zar vorwiegend mit dem Aufbau einer schlagkräftigen Armee. Zahlreiche Kriegsspiele bestimmten seinen Alltag. In Preobraschenskoje diente er zunächst als einfacher Soldat. 1691 reparierte Schiffbauer Carsten Brant den „Großvater der russischen Flotte“. Mit diesem Schiff unternahm Peter I. die erste Seereise nach Kolomensk. Zwei Jahre später segelte er von Wologda nach Archangelsk. Im April 1695 zog das russische Heer gegen Asow, das erst in einem zweiten Feldzug im Juli 1696 kapitulierte.

Im August 1697 wollte Peter im holländischen Zaandam Erfahrungen im Schiffbau sammeln. Er verbrachte dazu einige Tage im kleinen Holzhaus des Schmiedes Gerrit Kist. Er musste jedoch wegen einiger Eskapaden nach acht Tagen die Stadt verlassen. Der Komponist Albert Lortzing verarbeitete die Episode zu seiner 1837 uraufgeführten Oper „Zar und Zimmermann“. Erfolgreicher verlief sein Aufenthalt in Amsterdam. Am 20. August 1697 begann Peter als Arbeiter bei der Werft der Ostindischen Kompanie in Krummendijk bei Amsterdam, beim Werftmeister Gerrit Claesz Poel begann er eine Zimmermannslehre. Hier arbeitete Peter am Bau der Fregatte „Peter und Paul“. Peter erhielt von Poel ein glänzendes Zeugnis.

Begleiter auf dieser Reise und fast lebenslang ein enger Vertrauter Peters war Alexander Menschikow. Ein weiterer enger Freund und Zechkumpan, der gebürtige Genfer François Lefort, fungierte als nomineller Erster Gesandter dieser russischen Großen Ambassade (Velikoe Posol'stvo) in den Niederlanden (1697/98).

Im Sommer 1698 bekam Peter die Nachricht von einem Aufstand der Strelitzen in Moskau und kehrte eilig in die russische Hauptstadt zurück. Nach der blutigen Niederschlagung des Aufstandes leitete Peter umfangreiche Reformen ein, die sich an westeuropäischen Maßstäben orientierten. Zu seinen Umgestaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen gehörten die Förderung der Wirtschaft durch den Bau von Großbetrieben und der Unterstützung der Gründung von Privatunternehmen, Reformen im Schulwesen, das Verbot des Tragens von Bärten und altrussischer Kleidung, die stärkere Zentralisierung und Bürokratisierung der Verwaltung und die Erstellung einer Adelsrangstabelle.[1] [2]

Im Zweiten Nordischen Krieg (1700–1721) konnte Peter trotz zahlreicher Niederlagen und erheblicher Verluste mit dem Sieg in der Schlacht von Poltawa (1709) den Zugang zur Ostsee sichern und im Frieden von Nystad Russland als Führungsmacht in Nordosteuropa etablieren. Die Erfolge im Nordischen Krieg waren jedoch durch die Kapitulation im Türkenkrieg (1710–1711) und den Verzicht auf Asow und die dortige russische Flotte im Frieden vom Pruth getrübt.[3] [4]

1703 gründete Peter die Stadt Sankt Petersburg, die er ab 1710 ohne entsprechenden Erlass als neue Hauptstadt des Russischen Reiches bezeichnete.[5]

Sarkophag Peter des Großen in der Peter und Paul Kathedrale (hintere Reihe rechts)

Unmittelbar nach der Genesung von einer schweren Erkrankung (er litt an Harnverhaltung) brach Peter im Herbst 1724 zu einer längeren Seereise auf. Sie führt ihn unter anderem nach Schlüsselburg, wo er die Arbeiten am neuen Ladogakanal überprüfen wollte. Am 5. November kehrte er wieder nach Sankt Petersburg zurück, ging aber nicht an Land, sondern segelte stattdessen weiter am Finnischen Meerbusen entlang. Sein Ziel war die Gewehrfabrik bei Lachta. Bei anbrechender Dunkelheit zog ein Sturm auf. Unweit vom Ufer des Lachta-Sees entdeckte Peter der Große ein gekentertes Boot. Die Besatzung, Matrosen und Soldaten aus Kronstadt, rang um ihr Leben. Um zu helfen, watete er bis zur Hüfte in das eiskalte Wasser des Sees. Hierbei wurden sein persönliches Engagement und seine Rücksichtslosigkeit gegen sich selber deutlich. Am 8. Februar 1725 starb der zweiundfünfzigjährige Zar an den Folgen seiner Rettungstat (Blasenleiden in Verbindung mit einer Leberatrophie) in Sankt Petersburg.

Reformen

Peter der Große leitete zahlreiche Reformen in Russland ein, die zum Ziel hatten, Russland in einen modernen Staat zu verwandeln. Dazu gehörte die Einführung mittel-westeuropäischer Kleidung, und die traditionell langen Bärte wurden mit einer Bartsteuer belegt. Der julianische Kalender wurde in Russland eingeführt, obgleich im restlichen Europa in dieser Zeit bereits langsam der gregorianische Kalender übernommen wurde. Auch initiierte er die Akademie der Wissenschaften und führte eine Schriftreform durch. Sankt Petersburg wurde bewusst als eine europäische Stadt gegründet und gefördert. Auch im Hinblick auf Technik und Wissenschaft orientierte sich Peter I. an den damals modernen Vorbildern. Umfangreiche Veränderungen nahm der russische Monarch in der Verwaltung seines Reiches vor. Grundlage dieses Reformwerkes bildete das schwedische Reglement, das auf die spezifischen Verhältnisse Russlands zugeschnitten wurde. So schuf Peter I. die Bürgermeisterei, richtete einen Senat, der neue Gesetze vorbereitete und die örtlichen und zentralen Organe anleitete, als oberste Verwaltungsinstanz ein. Außerdem entstanden in seiner Regierung die Kollegien, etwa mit den Fachministerien in Westeuropa vergleichbar. Bahnbrechend war die Einführung der Rangtabelle 1722, die die Verwaltungs- und Militärlaufbahnen in 14 Rangklassen einteilte. Das russische Reich wurde verwaltungsmäßig in acht Gouvernements und etwa 50 Provinzen aufgegliedert worden.

Wirtschaft

Peter baute eine merkantilistische Wirtschaft auf. Dazu zählt besonders seine starke Förderung der Manufakturen. Beim Amtsantritt Peters existierten in Russland nur zehn Manufakturen. Die Förderung der Industrie stand in engem Zusammenhang mit den Bedürfnissen der Armee während der langen Kriegsjahre. Aber darüber hinaus entstanden auch viele Manufakturen und Fabriken, die Gebrauchsgüter herstellten. Einige Fabriken, unter ihnen die Spiegelfabrik Menschikows, arbeiteten schon für den Export. 1716 wurde das Spinnrad in Russland eingeführt. Noch ein Jahr vor seinem Tod ordnete Peter I. an, dass alle Findelkinder zu Handwerkern und Fabrikanten erzogen werden sollten. In seinem letzten Regierungsjahr gab es etwa 100 Fabriken, darunter einige mit mehr als 3000 Beschäftigten – herausragend die Waffenfabrik von Tula. Wesentlichen Anteil an der Entwicklung der Hüttenindustrie hatte der deutsche Bergbauspezialist Baron von Hennin, der Vorsitzender des Bergkollegiums war. Am Ende der Regierung registriert die Statistik einen ausgeglichenen Staatshaushalt von etwa 10 Millionen Rubel.

Kirche

Zar Peter I. hatte die russische Kirche stets als oppositionellen (starken) Gegner seiner Reformen betrachtet. Daher ließ er nach dem Tod des Patriarchen Adrian (1700) die Stelle des höchsten Geistlichen unbesetzt. Besonders verhasst waren ihm die Altgläubigen (Raskolniki), die er durch zahlreiche Gesetze bekämpfte. 1719 wurden die Jesuiten aus Russland vertrieben. Ab dem 25. Januar 1721 stellte der Zar die russisch-orthodoxe Kirche endgültig unter Staatsverwaltung. Das Geistliche Kollegium, später „Heiliger Synod“, ersetzte das seit 1593 bestehende Moskauer Patriarchat. Im vorletzten Jahr seiner Regierung holte Zar Peter I. noch zu einem entscheidenden Schlag gegen den Müßiggang in den Klöstern aus.

Außenpolitik

Der eherne Reiter in Sankt Petersburg

Durch die Umgestaltung der Armee und die Gründung der russischen Flotte konnte Peter der Große im Großen Nordischen Krieg nach anfänglichen Misserfolgen die Schweden zurückdrängen. An der Stelle einer schwedischen Festung (Nyenschanz) gründete er 1703 Sankt Petersburg, die spätere Hauptstadt. In der Schlacht bei Poltawa konnte er am 8. Juli 1709 die Schweden vernichtend schlagen. Damit hatte Russland wieder einen Zugang zur Ostsee im Norden – der Weg zu den Weltmeeren schien frei, und Peter gründete die Kaiserlich-Russische Marine. Der Schlacht vorausgegangen war ein Tauschgeschäft zwischen Peter I. und Friedrich Wilhelm I. 1716 kam das Bernsteinzimmer auf die Geschenkliste des Zaren. Nach der gewonnenen Schlacht, die Preußen einen Gebietszuwachs bescherte, „schenkte“ Peter I. 55 Leihsoldaten an Friedrich Wilhelm I., der sie seiner Elitetruppe hinzufügte.

Sonstiges

1721 änderte er seinen offiziellen Titel von Zar in Imperator (= Herrscher; diesen Titel trugen die Zaren offiziell bis 1917). Schon kränkelnd befahl er, in seinem Bemühen, Russland zu modernisieren, am 8. Februar 1724 die Errichtung einer Russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg. Seine Sommerresidenz war der Peterhof (siehe auch Neptunbrunnen).

Sein Beiname Der Große stimmt sowohl mit seinen Taten als auch mit seiner Körpergröße überein. Nach den Angaben von Augenzeugen soll Zar Peter tatsächlich ein gewaltiger Mann gewesen sein. Unterschiedliche Quellen nennen Maße zwischen 2,01 Metern und 2,15 Metern.

Testament

Peter hinterließ kein Testament. Die seit Napoleon aufkommende Behauptung, Peter habe in einem Testament alle künftigen Nachfolger verpflichtet, die Herrschaft Russlands über Europa anzustreben, ist eine propagandistische Fälschung. Seit 1828 wurde es als solches entlarvt, doch bis heute hat diese berüchtigte Fälschung immer wieder Anlaß zu Fehldeutungen und Unterstellungen gegeben.[6]

Nachkommen

Erste Ehefrau Jewdokija Lopuchina
Zweite Ehefrau Martha Skawronskaja (Katharina I.)

Aus der Ehe mit Jewdokija Lopuchina hatte Peter der Große drei Söhne:

  • Alexei (1690–1718), Zarewitsch von Russland und Vater von Peter II.,
  • Alexander (1691–1692),
  • Paul (1693).

Aus der Ehe mit Martha Skawronskaja (später Katharina I.) gingen sieben Kinder hervor, von denen nur zwei Töchter das Erwachsenenalter erreichten:

Literatur

  • Hartwig Ludwig Christian Bacmeister: Beiträge zur Geschichte Peters des Großen; 3 Bände; Hartkoch, Riga; 1774–1784
  • Hans-Heinrich Nolte: Kleine Geschichte Rußlands. Reclam-Verlag, Ditzingen 2003, (auch bei bpb) ISBN 3-15-010541-2
  • Viktor Ozerski: Herrscher Rußlands von Rurik bis Putin. Phönix-Verlag, Rostow-am-Don 2004, ISBN 5-222-05545-0
  • Robert K. Massie: Peter der Große. Sein Leben und seine Zeit. Fischer, Frankfurt/M. 1992, ISBN 3-596-25632-1
  • Reinhold Neumann-Hoditz: Peter der Große. In Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Rowohlt, Reinbek 2000, ISBN 3-499-50314-X
  • Alexander Moutchnik: Der „Strelitzen-Aufstand“ von 1698. In: Volksaufstände in Russland. Von der Zeit der Wirren bis zur „Grünen Revolution“ gegen die Sowjetherrschaft, Forschungen zur osteuropäischen Geschichte, Bd. 65, hrsg. Heinz-Dietrich Löwe, Harrassowitz Verlag, Wiesbaden, 2006, ISBN 3-447-05292-9
  • Reinhard Wittram: Peter I., Czar und Kaiser. Zur Geschichte Peter des Großen in seiner Zeit. Verlag Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1954, ISBN 3-525-36140-8
  • Jörg-Peter Findeisen: Das Ringen um die Ostseeherrschaft. Duncker & Humblot, Berlin 1992, ISBN 3-428-07495-5
  • Voltaire: Histoire de l'Empire de Russie sous Pierre le Grand, par l'auteur de l'histoire de Charles XII. Genf 1761 & 1763. Deutsch: Geschichte des russischen Reiches unter Peter des Großen. Frankfurt & Leipzig 1761 & 1764
  • Martha Schad (Hrsg.): Macht und Mythos. Die grossen Dynastien. Die Romanows. Weltbild Verlag, Augsburg 2000, Sammler Editionen
  • Olaf Brockmann: Der Bruch Peters des Großen mit Alt-Moskau. Korbs Diarium und Diplomatenberichte aus Moskau zu den Ereignissen der Jahre 1698 und 1699. In: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 38 (1990), S. 481 bis 503
  • Erich Donnert: Peter der Große. 1. Aufl. Leipzig : Koehler u. Amelang, 1988 ISBN 3733800311 / ISBN 3-7338-0031-1

Einzelnachweise

  1. Erich Donnert: Das Russische Zarenreich, München 1992, S. 127ff. ISBN 3-471-77341-X
  2. Hans-Heinrich Nolte: Kleine Geschichte Russlands, Bonn 2006, S. 89ff. ISBN 3-89331-651-5
  3. Erich Donnert: Das Russische Zarenreich, a. a. O.
  4. Hans-Heinrich Nolte: Kleine Geschichte Russlands, a. a. O.
  5. Wolf Schneider: Imperator ohne Gnade. In: Geo Epoche: Im Reich der Zaren, Hamburg 2001 ISBN 3-570-19322-5
  6. Das politische Testament Peters des Großen (PDF)

Weblinks


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