- Pfrunger Ried
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Naturschutzgebiet Pfrunger Ried Lage: Deutschland, Baden-Württemberg, Landkreis Ravensburg, Landkreis Sigmaringen Nächste Stadt: Pfullendorf Fläche: 7,79 km² Gründung: 1941 Das Pfrunger Ried ist nach dem Federsee mit 2600 ha das zweitgrößte Moorgebiet Südwestdeutschlands. Es liegt etwa 610 m ü. NN in den Landkreisen Sigmaringen und Ravensburg in der Nähe der Gemeinden Wilhelmsdorf und Ostrach. Umgeben wird es von tertiären Molassebergen, die in der Rinkenburg (718 m ü. NN) und dem Höchsten (837,8 m ü. NN) ihre höchsten Erhebungen erreichen.
Von der ehemals fast 3000 ha großen Moorfläche sind nur mehr geringe Teile erhalten geblieben. Fast 2000 ha wurden in Grünland verwandelt, etwa 400 ha mit Birken-und Schwarzerlen bestockt. 120 ha Wasserflächen entstanden durch das Torfstechen. Somit sind vor allem die Niedermoor- und Zwischenmoorbereiche bis auf wenige Reste verschwunden. Die Hochmoore sind jedoch weitflächig erhalten geblieben und weisen eine Fläche von fast 150 ha auf.
Das Naturschutzgebiet Pfrunger-Burgweiler Ried besteht in einer Ausdehnung von 780 ha seit 1980. Es wird intensiv wissenschaftlich und erlebnispädagogisch betreut und ist interessierten Besuchern auf mehreren Lehrpfaden zugänglich.
Im Jahr 2002 wurde das Pfrunger Ried in das Naturschutzgroßprojekt des Bundes aufgenommen. Der Förderzeitraum ist auf 10 Jahre ausgelegt. Ziel ist die Renaturierung des Moorgebiets durch Wiedervernässung.
Im Pfrunger-Burgweiler Ried entsteht eines der größten Bannwaldgebiete von Baden-Württemberg. Hierzu wird das Gebiet „Großer Trauben“ mit Hochmoorwald, seit 1980 Naturschutzgebiet, Bannwald seit 1991, über die Schnodenwiesen in den Distrikten „Tisch“ bis in die Hornung erweitert werden. Wenn dies gelungen ist, verfügt das Ried über rund 400 ha und damit eines der größten Bannwaldgebiete von Baden-Württemberg.[1]
Inhaltsverzeichnis
Entstehung
Das heutige Moorgebiet ist ein Rest eines nacheiszeitlichen Sees, der sich nach Abschmelzen des Rheingletschers nach und nach mit Sedimenten und mineralischen Einlagerungen verfüllte und somit teilweise verlandete. So entstanden Flachmoore und an manchen Stellen über ihnen Hochmoore. Diese Gebiete waren durch Tiefgründigkeit und Nässe gekennzeichnet und eigneten sich nicht für eine dauerhafte menschliche Besiedelung. Allerdings bildeten sich auch durch mineralische Einschwemmungen feste Inseln, auf denen die ersten festen menschlichen Siedlungen entstanden. Der Kernbereich des Gebietes blieb aber unbesiedelt und galt als unbebaubares, minderwertiges Land.
Besiedlung
Das Sumpfgebiet war über viele Jahrhunderte eher schwach besiedelt. Erst im 18. Jahrhundert kam es zu großeren Landnahmen. Im Pfrunger Ried trafen die Länder Baden, Hohenzollern und Württemberg aufeinander. Die Wälder um das Ried und das Moor selbst boten für Räuber- und Gesindebanden wie die des „Schwarzen Veri“ (Xaver Hohenleiter) im Frühjahr 1819 schnelle Rückzugsmöglichkeiten und Verstecke, was eine Strafverfolgung teils über Landesgrenzen hinweg erschwerte.
Wilhelmsdorf
Dieses Gebiet wurde 1824 von der königlich württembergischen Verwaltung einer strenggläubigen evangelischen Brüdergemeinde mit besonderen Rechten und Pflichten übereignet. Damit sollten weitere Auswanderungen von Nichtkatholiken aus dem nach den Napoleonischen Kriegen ohnehin geschwächten Lande vermieden werden.
So entstand die Siedlung Wilhelmsdorf, die sich nach ihrem Donator König Wilhelm I. von Württemberg benannte. Von den Bewohnern der katholischen Nachbargemeinden wurden die in den ersten Jahrzehnten ohne Privatbesitz lebenden Sektierer äußerst skeptisch betrachtet.
Im beginnenden 20. Jahrhundert erlebte das Gebiet durch den Torfabbau eine kurze Prosperität. Heute ist Wilhelmsdorf eine prosperierende Kleinstadt, die in vielen Belangen noch immer den Geist der ehemaligen Brüdergemeinde atmet. Vor allem im Schulwesen sowie im Sozialbereich weist die Kommune hervorragende Einrichtungen auf.
In den 1980er und 1990er Jahren wurde das Pfrunger Ried vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) in Zusammenarbeit mit Patienten und Arbeitstherapeuten der Suchtklinik Fachkrankenhaus Ringgenhof (siehe Zieglersche Anstalten) durch das Anlegen zweier Rundwanderwege bzw. Lehrpfade im Moor erschlossen. Die Instandhaltung der Rundwanderwege erfolgt seitdem durch Personen des Fachkrankenhauses.[2]
Ökologie
Fauna
Im Pfrunger-Burgweiler Ried befindet sich seit 2005[3] eine Biber-Population - seit Oktober 2008 nachweislich. Im oberen Bereich der Ostrach, die hier der Vorflutfunktion dient, wenige Meter unterhalb der Mündung des Hornbaches, errichteten ein oder mehrere Biber einen Staudamm quer durch die Ostrach. Der Damm hielt tausende Kubikmeter Wasser zurück, woraufhin das Wasser nicht nur bis zum oberen Rand der Böschung, sondern zum großen Ärgernis von landwirtschaftlichen Betrieben in Riedhausen und Laubbach auch schon über die Ufer getreten ist. Angrenzende Wiesen rechts der Ostrach wurden überflutet. Der Hornbach überflutete seinerseits den Weg zwischen Ostrachbrücke bei der Laubachmühle und den Parkplatz bei Riedhausen. Dieser Weg soll nach Aussagen der Projektleitung auch in Zukunft als Rad- und Wanderweg im Rahmen der Besucherlenkung erhalten bleiben. Ende November 2008 wurden die von den streng geschützten Nagern in die Ostrach und in den Tiefenbach aus Reisig und Ästen gebauten Dämme um 40 Zentimeter abgetragen, gänzlich durfte das Bauwerk nicht beseitigt werden. Um im in Zukunft von der Ostrach abzuhalten, wurde ein Weidezaundraht mit Stromführung über dem Wasserspiegel angelegt.[4]
Ein Naturschutz-Großprojekt hat das Ziel, die Kerngebiete zu vernässen um den Urzustand des Rieds wieder herzustellen, Bagger und Hubschrauber werden dazu eingesetzt. Unter anderem werden Holzstämme zu den Barrieren transportiert, die das Abfließen des Wassers über die einst erstellten Entwässerungsgräben verhindern sollen. Grabenwehre haben stellenweise bereits zu sichtbaren Erfolgen geführt. Das rund sieben Millionen Euro teure Projekt soll 2012 beendet sein.[5]
Sonstiges
Ein lokalpolitisches Kuriosum ist der Namensstreit des Moorgebiets: In der Bevölkerung hat sich die Bezeichnung "Pfrunger Ried" eingebürgert. Auf der Homepage der Gemeinde Ostrach findet sich allerdings zur Namensgebung die Anmerkung: Da der größere Teil des Riedes auf der Gemarkung der Gemeinde Ostrach liegt, ist die Bezeichnung "Burgweiler-Pfrunger Ried" fachlich korrekt und sollte statt Pfrunger- bzw. Pfrunger-Burgweiler Ried verwendet werden.[6]
Die Homepage der Gemeinde Wilhelmsdorf spricht hingegen vom "Pfrunger-Burgweiler Ried".[7]
Quellen
- ↑ Ruth Broda: Im Pfrunger-Burgweiler Ried entsteht eines der größten Bannwaldgebiete von Baden-Württemberg. Wo die Natur noch Natur sein darf. In: Südkurier vom 31. Dezemeber 2008
- ↑ http://www.nabuwilhelmsdorf.de
- ↑ Laut Pia Wilhelm, Mitarbeiterin im Naturschutzzentrum des Schwäbischen Heimatbundes Pfrunger-Burgweiler Ried
- ↑ Josef Unger: Wasserstau im Pfrunger-Burgweiler Ried bei Arbeitseinsatz beseitigt. Biberdamm nun etwas niedriger. In: Südkurier vom 21. November 2008
- ↑ Florian Unger: Natur. Staudamm quer durch die Ostrach. Im Pfrunger-Burgweiler Ried sind Biber am Werk - Sorge um Stauung und überflutete Wiesen. In: Südkurier vom 11. November 2008
- ↑ ostrach.de, Link Natur
- ↑ gemeinde-wilhelmsdorf.de, Link Natur
Literatur
- Lothar Zier: Das Pfrunger Ried. Schwäbischer Heimatbund Stuttgart, 2. Auflage, 1998 ISBN 3-88251-255-5
- A. Wagner, I. Wagner: Pfrunger Ried, Pflege und Entwicklungsplan. Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Bad.-Württ. 85, Karlsruhe 1996, ISSN 0342-6858
Weblinks
- Naturschutz im Regierungsbezirk Tübingen - Das Pfrunger-Burgweiler Ried
- Schwäbischer Heimatbund - Das Pfrunger-Burgweiler Ried
- Das Torfwerk Pfrungen
- Naturschutzgroßprojekt Pfrunger-Burgweiler Ried
47.9039.393Koordinaten: 47° 54′ 11″ N, 9° 23′ 35″ O
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