- Philosemit
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Der Ausdruck Philosemitismus bezeichnet eine dem Judentum in besonderer Weise zugeneigte und sympathisierende Haltung. Weiter wird mit Philosemitismus die positive Umdeutung ursprünglich antisemitischer Klischees bezeichnet. Zum Beispiel hat die Zuschreibung einer hohen Intelligenz eine Nähe zum antisemitischen Klischee der Verschlagenheit.
Inhaltsverzeichnis
Begriffsgeschichte
Er wurde zunächst 1880 durch Heinrich von Treitschke als antisemitischer Kampfbegriff gegen den Linksliberalismus in Deutschland gebraucht.
Typen des Philosemitismus
Hans-Joachim Schoeps unterscheidet fünf Typen des Philosemitismus:
- christlich-missionarischer Philosemitismus
- biblisch-chiliastischer Philosemitismus
- utilitaristischer Philosemitismus
- liberal-humanitärer Philosemitismus
- religiöser Philosemitismus, der letztlich zur Konversion zum Judentum führt
Christlich-missionarischer Philosemitismus
Philosemiten wie Johannes Reuchlin oder Johann Christoph Wagenseil verhehlten bei allem Sachinteresse am Judentum niemals diese Bekehrungsabsichten – ebenso wie später der dem Judentum gleichfalls zugeneigte Pietismus.
Auch bedeutende christliche Theologen des 19. Jahrhunderts machten sich um den Schutz des Judentums vor Verleumdungen verdient, darunter Franz Delitzsch und Hermann Strack. Sie zählten dabei zu den aktivsten Judenmissionaren.
Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhundert führte der deutsche Philosemitismus einerseits zur Empfehlung der Judentaufe, um eine Abgrenzung zu beseitigen (Theodor Mommsen), andererseits führte die Unterstützung des Zionismus durch Konservative wiederum zu einer gewissen Ausgrenzung. Auf philosemitischer Grundlage entstand 1896 der so genannte christliche Zionismus.
Literatur
- Monographien
- Irene A. Diekmann (Hrsg.): Geliebter Feind, gehaßter Freund. Antisemitismus und Philosemitismus in Geschichte und Gegenwart. Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2008, ISBN 978-3-86650-334-2.
- Hanno Loewy (Hrsg.): Gerüchte über die Juden. Antisemitismus, Philosemitismus und aktuelle Verschwörungstheorien. Klartext-Verlag, Essen 2005, ISBN 3-89861-501-4.
- Irving Massey: Philo-semitism in the 19th-century German literature (Condition Judaica; 29). Niemeyer, Tübingen 2000, ISBN 3-484-65129-6.
- Hans Joachim Schoeps: Aus frühchristlicher Zeit. Philosemitismus im Barock. Symmachusstudien. In: Ders.: Gesammelte Schriften 1,3. Olms, Hildesheim 1998, ISBN 3-487-09392-8 (Nachdruck der Ausgabe Tübingen 1952).
- Moshe Zuckermann: Zwischen Antisemitismus und Philosemitismus. Welche Solidarität soll es sein?. Aphorisma-Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-86575-510-0.
- Aufsätze
- Michael Brenner: „Gott schütze uns vor unseren Freunden“. Zur Ambivalenz des Philosemitismus im Kaiserreich. In: Jahrbuch für Antisemitismusforschung, 2 (1993), S. 174-199.
- Frank Stern: Philosemitismus. Stereotype über den Feind, den man zu lieben hat. In: Babylon. Beiträge zur jüdischen Gegenwart, 8 (1991), S. 15-26.
- Wolfgang Benz: Reaktionen auf den Holocaust. Antisemitismus, Antizionismus und Philosemitismus. In: Tribüne. Zeitschrift zum Verständnis des Judentums, 148 (1998), S. 132-143.
- Thomas Weber: Anti-Semitism and philo-Semitism among the British and German Elites. Oxford and Heidelberg before the First World War. In: English Historical Review, 118 (2003), S. 86-119.
- Dagmar Herzog: Carl Scholl, Gustav Struve, and the problematics of philosemitism in 1840s Germany. Radical Christian dissent and the Reform Jewish response. In: Jewish History, 9,2 (1995), S. 53-72.
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