- Phoenicopterus
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Flamingos Kubaflamingos (Phoenicopterus ruber ruber)
Systematik Unterstamm: Wirbeltiere (Vertebrata) Überklasse: Kiefermäuler (Gnathostomata) Reihe: Landwirbeltiere (Tetrapoda) Klasse: Vögel (Aves) Ordnung: Flamingos Familie: Flamingos Wissenschaftlicher Name der Ordnung Phoenicopteriformes Fürbringer, 1888 Wissenschaftlicher Name der Familie Phoenicopteridae Bonaparte, 1831 Die Flamingos (Phoenicopteriformes, Phoenicopteridae) sind eine Ordnung und Familie der Vögel. Kennzeichnend für alle Arten sind das mehr oder weniger intensiv rosafarbene Gefieder sowie der hochspezialisierte Schnabel und der Zungenapparat. Der Schnabelrand weist eine Lamellenstruktur auf, die zusammen mit der Zunge einen Filterapparat bildet, mit dem Flamingos Plankton aus dem Wasser filtern können. Die Familie umfasst je nach Sichtweise fünf bis sechs Arten.
Inhaltsverzeichnis
Merkmale
Alle Flamingoarten sind einander sehr ähnlich. Sie haben lange, dünne Beine, einen langen Hals und ein rosa Gefieder. Aufrecht stehend sind Flamingos 90 bis 155 cm hoch. Der Geschlechtsdimorphismus ist gering, die Geschlechter sind gleich gefärbt, Männchen sind im Schnitt jedoch etwas größer als Weibchen. Im Verhältnis zur Körpergröße sind Hals und Beine bei ihnen länger als bei allen anderen Vögeln. Gemessen an der Länge des Halses ist die Zahl der Halswirbel mit 17 nicht überdurchschnittlich groß; bei Schwänen z. B. sind es 25. Der Kopf ist im Verhältnis zur Körpergröße sehr klein, ebenso die Füße; beim Rosa-, Chile- und Zwergflamingo zeigt die erste Zehe nach hinten und die übrigen drei nach vorn (anisodaktyl), den Anden- und Jamesflamingos fehlt die erste Zehe (tridaktyl). Die nach vorne gerichteten Zehen sind durch Schwimmhäute verbunden.
Die Rosafärbung des Gefieders ist auf die Aufnahme von Carotinoiden mit der Nahrung zurückzuführen. Diese sind vor allem in planktonischen Algen enthalten. Der Flamingo-Organismus kann diese Carotinoide mit Hilfe von Enzymen in der Leber umwandeln; dabei entstehen mehrere Pigmente, vor allem Canthaxanthin, das in Haut und Federn ausgewachsener Flamingos eingelagert wird.
Jungvögel haben ein graues Gefieder mit keinen oder wenigen rosa Pigmenten. Ebenso führt die unnatürliche Ernährung von Zoo-Flamingos dazu, dass sie ein eher weißes Gefieder haben.
Ein weiteres Kennzeichen der Flamingos ist der nach unten geknickte Seihschnabel, mit dem sie - mit der Oberseite nach unten - Nahrung aus dem Wasser oder Schlamm filtern. Die Schnabelränder sind mit feinen Lamellen besetzt, die eine ähnliche Funktion wie die Barten der Bartenwale erfüllen.
Flamingos sind gute Schwimmer, nutzen diese Fähigkeit aber nicht oft. Ihre langen Beine ermöglichen ihnen auch noch das Waten in größeren Tiefen. Im Flug halten sie den Hals gestreckt, die Flügel werden schnell und regelmäßig geschlagen; Gleitphasen sind selten. Sie erreichen Fluggeschwindigkeiten von 50 bis 60 km/h. In Gruppen fliegende Flamingos bilden meist energiesparende V-Formationen. Sowohl vor dem Start als auch nach der Landung werden für gewöhnlich einige laufende Schritte getan.
Verbreitung und Lebensraum
Obwohl Flamingos oft für Vögel tropisch-warmer Regionen gehalten werden, sind sie vor allem auf der Südhalbkugel der Erde auch in gemäßigten und kalten Zonen zu finden. Am häufigsten sind Flamingos in Afrika sowie in Süd- und Mittelamerika vertreten, in Asien reicht das Vorkommen von Anatolien über den Iran bis in den Westen Indiens. Größere Vorkommen in Europa gibt es in Spanien (z. B. Coto de Doñana), Südfrankreich (Camargue), auf Sardinien und in Griechenland.
Im Zwillbrocker Venn, einem Feuchtgebiet an der deutsch-niederländischen Grenze, gibt es eine kleine von ehemaligen Gefangenschaftsflüchtlingen begründete Flamingo-Kolonie mit Rosa- und Chile-Flamingos, die die nördlichste Flamingo-Kolonie der Welt darstellt.
Das ideale Habitat für Flamingos sind alkalische oder salzige Seen. Manche dieser Gewässer haben hohe Anteile an Chloriden, Natriumcarbonaten, Sulfaten oder Fluoriden. Unter solchen Bedingungen kann kaum ein anderes Wirbeltier existieren; die Flamingos trinken dennoch das Wasser und ernähren sich von den wenigen Organismen, die diese Umwelt tolerieren. Nicht alle Seen, die Flamingos beherbergen, sind derart extrem. Vor allem für die großen Arten gilt, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Fehlen von Fischen und der Anwesenheit von Flamingos gibt. Fische sind für Flamingos Nahrungskonkurrenten; wo Fische zahlreich sind, fehlen Flamingos. Bei den kleineren Flamingo-Arten spielt diese Wechselwirkung eine geringere Rolle, da sie vor allem von Kieselalgen und Cyanobakterien leben. Selten findet man Flamingos auch in Meeresbuchten, so an den Küsten Tunesiens und Mauretaniens.
Extrem sind auch die Höhen, in denen Flamingos vorkommen können. In den Anden brüten Flamingos noch in Höhen von 3500 bis 4700 m. Den Winter verbringen sie auf dem Altiplano, wo die Temperaturen nachts auf -30 °C sinken können.
Lebensweise
Aktivität
Flamingos sind tag- und nachtaktiv, viele Arten fressen sowohl am Tage als auch in der Nacht. In der Camargue sind brütende Vögel tag- und nachtaktiv, während nicht brütende fast nur nachts unterwegs sind und tagsüber schlafen. In Afrika sind Rosaflamingos hingegen überwiegend am Tage, Zwergflamingos dagegen zumeist in der Nacht aktiv.
Alle Flamingos sind sehr gesellig, die Kolonien bestehen oft aus Tausenden oder Zehntausenden Individuen. Am größten sind einige Kolonien des Zwergflamingos in Ostafrika, die bis zu eine Million Individuen umfassen können.
In den Kolonien zeigen Flamingos zahlreiche ritualisierte Verhaltensweisen. Eine Reihe von Bewegungsabläufen wurde kategorisiert. Die Nomenklatur stammt von dem Zoologen Phil Kahl und ist bis heute üblich[1].
- Alert posture: Hierbei strecken Flamingos, die den Hals für gewöhnlich S-förmig gebogen halten, den Hals senkrecht empor. Diese Geste sieht man meistens, wenn Flamingos aufgeschreckt werden oder eine Gefahr wittern. Ausgehend von einem Individuum übernehmen die benachbarten Vögel die Geste.
- Head-flagging: Dieses Verhalten folgt meistens der alert posture. Hierbei wird der Hals gestreckt, der Schnabel aufwärts gerichtet und der Kopf hin und her geschwenkt. Mit zunehmender Dauer erhöht sich die Geschwindigkeit, die letztlich bei zweimal je Sekunde liegt.
- Wing-salute: Oft folgt diese Geste auf das Head-flagging. Mit weiterhin gestrecktem, aber still gehaltenem Hals werden die Flügel ausgebreitet und die Schwanzfedern aufgerichtet. Etwa zehn Sekunden bleibt der Flamingo reglos in dieser Position, ehe er mit einer anderen Geste fortfährt. Da oft Hunderte Vögel beinahe gleichzeitig den wing-salute ausführen, erscheint es aus der Ferne, als würde die Kolonie schlagartig ihre Farbe ändern.
- Inverted Wing-salute: In dieser Geste wird der Hals horizontal nach vorn gestreckt. Die Flügel werden nur leicht gespreizt, die Schwanzfedern aufgerichtet.
- Twist-preen: Hierbei wird ein Flügel abgewinkelt; die Handschwingen hängen herab, ihre schwarze Färbung ist weithin gegen den rosa Vogel sichtbar. Gleichzeitig wird der Kopf nach hinten gebogen, als wollte der Vogel sein Gefieder unter der geöffneten Schwinge putzen (to preen). Die Geste ist sehr kurz und folgt meistens auf das Wing-salute.
- Wing-leg stretch: Ein Flügel und ein Bein werden zu einer Seite ausgestreckt. Auch diese Geste ist sehr kurz. Sie folgt bei den großen Arten manchmal auf den Wing-salute.
- Marching: Eine Gruppe von Hunderten oder gar Tausenden Flamingos läuft mit vorgestreckter Brust und ausgestrecktem Hals. Sie wechseln abrupt die Richtungen. Oft wird das Head-flagging gleichzeitig ausgeführt. Ein Ausstrecken der Flügel ist in den dicht beieinander stehenden Marschgruppen nicht möglich.
- False-feeding: Diese Geste tritt während des Marching auf. Vor einem Richtungswechsel halten die Vögel ihre Köpfe in das Wasser und führen Bewegungen wie bei der Nahrungssuche aus, ehe sie mit der nächsten Verhaltensweise fortfahren.
Broken-neck: Hierbei wird der Hals in der Mitte so stark gebogen, dass die Schnabelspitze den Halsansatz berührt. Die Geste tritt oft während des Marching auf.
- Hooking: Dies ist eine Drohgeste, bei der der Hals vorgestreckt wird; der Kopf sieht nach unten, der Schnabel deutet rückwärts zur Brust. Die Federn auf Schultern und Rücken werden aufgerichtet. So nähert sich der Flamingo dem Angreifer oder einem Artgenossen, den es fernzuhalten gilt.
- Neck-swaying threat: Diese Geste folgt als weitere Drohung dem Hooking, wenn dieses allein keinen Erfolg hatte. Der Flamingo schwenkt den Kopf auf und ab, hält das Rückengefieder weiterhin aufgerichtet und gibt knurrende Laute von sich. Einer solchen Geste kann ein Kampf folgen. Zu Kämpfen zwischen Artgenossen kann es kurz nach der Paarbildung kommen, wenn die Niststätte gewählt wird. Zu späteren Zeitpunkten sieht man sie nicht mehr.
Die meisten dieser Gesten hat man bei allen Flamingo-Arten beobachtet, obwohl sie in den Details voneinander abweichen. Anden- und Jamesflamingo scheinen ein geringeres Spektrum an Gesten als die anderen Arten zu haben.
Ernährung
Flamingos haben sich auf eine Ernährung von Organismen des Planktons spezialisiert. Diese werden mit den Lamellen des Seihschnabels aus dem Wasser gefiltert, deren Funktion den Barten der Bartenwale vergleichbar ist. Auf den Lamellen sitzen wiederum feine Härchen.
Zur Nahrungsaufnahme wird der Schnabel seitlich durch das Wasser geschwungen und dabei nur halb geöffnet gehalten. Die Zunge fährt beständig vor und zurück, um Wasser in den Schnabel und wieder hinaus zu befördern. Dabei gerät Wasser mit Nahrungspartikeln in den Innenraum des Schnabels. Die kleineren Arten haben äußere Lamellen, die das Passieren zu großer Bestandteile verhindern. Die inneren Lamellen liegen hingegen waagerecht und erfüllen im Moment des Hereinströmens noch keine Funktion. Erst wenn das Wasser hinausgepresst wird, richten sich die inneren Lamellen auf und hindern die Nahrungsbestandteile daran, nach außen zu gelangen. Gaumen und Zunge sind mit kleinen, nach hinten weisenden Stacheln besetzt, die für den Transport der Partikel in Richtung des Verdauungstrakts sorgen.
Der ganze Vorgang des Ein- und Ausfahrens der Zunge geschieht extrem schnell; die großen Arten können vier- bis fünfmal je Sekunde Wasser in den Schnabel hinein- und hinauspumpen, während der Zwergflamingo dies sogar zwanzigmal je Sekunde vermag.
In den Details dieser Filterfunktion unterscheiden sich die Arten beträchtlich voneinander. Die großen Flamingos (Rosa- und Chileflamingo) haben einen ovalen Oberschnabel, der nicht genau auf den Unterschnabel passt, sondern eine etwa 6 mm große Lücke für die Zunge lässt. Die Lamellen sind voneinander jeweils etwa 0,5 mm entfernt; äußere Lamellen wie bei den kleineren Flamingos gibt es nicht. Die Nahrungspartikel, die gefressen werden, haben demnach eine Größe zwischen 0,5 und 6 mm. Dies sind vor allem Kleinkrebse, Mückenlarven, Mollusken und Ringelwürmer. Innerhalb dieses Spektrums gibt es regional unterschiedliche Vorlieben. In Europa überwiegen Kiemenfüßer der Gattung Artemia; in der Karibik werden neben Sumpffliegenlarven vor allem kleine Schnecken vertilgt; in den Seen Ostafrikas spielen Zuckmückenlarven und Ruderfußkrebse die größte Rolle.
Die kleinen Flamingos (Zwerg-, Anden- und Jamesflamingo) haben einen im Querschnitt dreieckigen Oberschnabel, der lückenlos auf den Unterschnabel passt. Bei ihnen gibt es äußere Lamellen, die zu große Nahrungspartikel daran hindern, in den Schnabel zu gelangen. Diese Lücken sind beim Zwergflamingo 1 × 0,4 mm groß. Die Abstände zwischen den inneren Lamellen betragen maximal 0,05 mm. Die Nahrungspartikel haben also eine Größe zwischen 0,05 und 0,4 mm. In dieser Größe dienen nur noch Cyanobakterien und Kieselalgen als Nahrung.
Die unterschiedlichen Anpassungen haben zur Folge, dass Rosa- und Zwergflamingos nebeneinander nach Nahrung filtern können, ohne sich gegenseitig Konkurrenz zu machen. Die von Zwergflamingos vertilgte Nahrung wäre für Rosaflamingos zu klein, die Nahrung der Rosaflamingos für Zwergflamingos zu groß.
In einer Studie wurde der tägliche Nahrungsbedarf von Rosaflamingos in Venezuela ermittelt. Diese nehmen täglich 270 Gramm Nahrung zu sich, was 50.000 Insektenlarven entspricht. Eine Gruppe von 1500 Flamingos verzehrt demnach täglich das Äquivalent von 75 Millionen Larven[2]. Ein Zwergflamingo nimmt im Nakuru-See täglich 60 Gramm Cyanobakterien zu sich. Da sich dort regelmäßig Kolonien von einer Million Zwergflamingos versammeln, bedeutet dies eine tägliche Ausbeute von 60 Tonnen Cyanobakterien.
Fortpflanzung
Kolonien
Flamingos sind während einer Brutzeit monogam, oft auch darüber hinaus. Während sie in manchen Regionen jährlich brüten, lassen anderswo ganze Kolonien eine Brut ausfallen. So brüten Flamingos in Ostafrika etwa alle zwei Jahre. Ob eine Brut stattfindet, hängt von den äußeren Bedingungen ab, vor allem vom Regen und vom Wasserstand. Manchmal brüten verschiedene Arten gemeinsam in gemischten Kolonien - beispielsweise Rosa- und Zwergflamingos in Ostafrika oder Anden- und Jamesflamingos in Südamerika.
In großen Kolonien in Seen errichten Flamingos ihre Nester, wenn der Wasserstand so weit sinkt, dass große Teile des Sees nahezu trockengefallen sind. Auf Inseln sind die Kolonien kleiner. Vorzugsweise sind diese Inseln schlammig und vegetationslos, manchmal aber auch felsig oder dicht bewachsen.
Nest
In den meisten Kolonien sind die Nester kegelförmige Schlammanhäufungen. So ein Kegel hat an der Basis einen Durchmesser von 35 bis 56 cm, an der Spitze 22 bis 40 cm; die Höhe beträgt meistens 30 bis 45 cm. In der Spitze des Kegels befindet sich eine bis zu 20 cm tiefe Aushöhlung. Dieser Schlammkegel schützt das Gelege vor Überschwemmung, wenn der Wasserspiegel steigen sollte. Oft benutzen die Partner ein bereits existierendes Nest des Vorjahres. Steht ein solches nicht zur Verfügung, wird der Schlammhügel von beiden Partnern errichtet, indem Schlamm mit dem Schnabel zwischen die Beine befördert und dort aufgetürmt wird. Die Weibchen sind beim Nestbau aktiver als die Männchen. Die Nester stehen sehr dicht beieinander. Bei den riesigen Kolonien der Zwergflamingos findet man beispielsweise bis zu fünf Nester je Quadratmeter.
Bei den Kolonien, deren Mitglieder auf felsigem oder bewachsenem Grund brüten, dient als Nest hingegen ein Ring von Steinen oder faulendem Pflanzenmaterial.
Meistens wird nur ein Ei gelegt. Gelege mit zwei Eiern kommen in weniger als 2 % der Nester vor. Die Eier sind weiß, manchmal auch bläulich überhaucht. Sie haben einen Durchmesser von 7,8 bis 9 x 4,9 bis 5,5 cm. Das Gewicht beträgt 115 bis 140 g. Beide Partner brüten abwechselnd.
Jungenaufzucht
Die Jungen schlüpfen nach 27 bis 31 Tagen. Sie haben zunächst ein graues Dunenkleid und einen geraden Schnabel. Fünf bis zwölf Tage verbleiben sie im Nest. Während dieser Zeit werden sie von den Altvögeln mit einer Kropfmilch versorgt, die im oberen Verdauungstrakt erzeugt wird. Mit einem Anteil von 9 % Proteinen und 15 % Fett ähnelt diese Milch der Konsistenz von Säugetiermilch, wird aber sowohl von Männchen als auch von Weibchen produziert. Die Milch wird direkt vom Schnabel des Altvogels in den des Jungen gegeben.
Wenn das Junge das Nest verlässt, kann es eigenständig gehen und schwimmen und schließt sich mit anderen Jungen zu „Kindergärten“ zusammen, die Hunderte oder Tausende von Individuen umfassen können. Beim Zwergflamingo sind es bis zu 300.000 Junge, die sich in einer Kolonie zusammenfinden. Die Jungen werden von Altvögeln bewacht; anfangs kommt hierbei ein Altvogel auf zehn Junge, später nur noch auf hundert Junge. Die Elternvögel erkennen ihr eigenes Junges an den Lautgebungen; sie übernehmen weiter die Fütterung, bis das Junge im Alter von zehn bis zwölf Wochen einen effektiven Seihschnabel entwickelt hat und nicht mehr auf die Milch angewiesen ist.
Bruterfolg und Lebenserwartung
Obwohl Flamingos oft bereits mit drei Jahren das erste Mal brüten, sind diese Bruten fast nie erfolgreich. In Spanien waren bei Beobachtungen 91,7 % der Bruten von siebenjährigen Vögeln erfolgreich. Jüngere und ältere Vögel hatten erheblich weniger Erfolg. So brachten von den drei- bis fünfjährigen Flamingos nur 13,6 % ihre Jungen durch, von den neunjährigen nur 50 %. Bedroht sind Gelege unter anderem durch Möwen, Krähen, Greifvögel und Marabus. Gefährlicher aber sind unvorhergesehene Änderungen des Wasserstands. Steigt das Wasser so hoch, dass es die Schlammkegel dauerhaft überflutet, kann die Brut einer gesamten Kolonie fehlschlagen. Auch das andere Extrem, das Sinken des Wasserstands bis zur Austrocknung der Nestumgebung, ist gefährlich: Die Altvögel können in der Nähe des Nests keine Nahrung mehr beschaffen, und Landraubtiere erhalten Zugang zu den Nestern. Die durchschnittliche Lebenserwartung von Flamingos beträgt zwanzig bis dreißig Jahre; vereinzelt können die Vögel sogar bis zu fünfzig Jahre alt werden.
Stammesgeschichte
Flamingos sind eine sehr alte Vogelgruppe, die auf das Oligozän zurückgehen - oder gar auf das Eozän, wenn man die Vogelgattung Juncitarsus zu den Flamingos rechnet. Letzteres ist aber wahrscheinlich nicht gerechtfertigt, weil Juncitarsus in einigen Skelettmerkmalen, vor allem im Tarsometatarsus, den Regenpfeifern näher steht[3].
Die ältesten Flamingos werden einer Familie Palaelodidae oder Unterfamilie Palaelodinae zugeordnet. Die Gattung Palaelodus war vom Oligozän bis ins Miozän, nach einem nicht eindeutig zuzuordnenden Knochenfund gar bis ins Pleistozän artenreich verbreitet. Fossilien fand man in Europa, Nord- und Südamerika sowie Australien[4].
Die rezente Gattung Phoenicopterus ist ebenfalls bereits aus dem Oligozän beschrieben, in Form der Art Phoenicopterus croizeti[4].
Systematik
Äußere Systematik
Es war früher üblich, Flamingos den Schreitvögeln zuzuordnen. Nicht nur das äußere Erscheinungsbild, sondern auch anatomische Details stimmen überein: die Struktur der Dunen junger Flamingos sowie die Beschaffenheit des Beckens und der Rippen weisen starke Parallelen zu den Störchen auf. In der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde es gebräuchlicher, Flamingos in die Nähe der Gänsevögel zu stellen. Wie bei diesen sind die Jungen Nestflüchter, die Zehen mit Schwimmhäuten verbunden, und die Federlinge (auf Vögeln parasitierende Kieferläuse) beider Taxa sind eng miteinander verwandt. Eine dritte Hypothese wurde in den 1980ern aufgestellt: Aufgrund von Fossilfunden und mancher ethologischer Parallelen kam man zu dem Schluss, die Flamingos seien mit Austernfischern und Säbelschnäblern verwandt und somit als Familie den Regenpfeiferartigen zuzuordnen[5].
Auch neuere molekulargenetische Analysen haben nicht die erhoffte Klarheit gebracht. Die DNA-Hybridisierungen von Sibley und Ahlquist platzierten die Flamingos zunächst wieder dort, wo sie ganz am Anfang standen: in der Nähe der Schreitvögel, von denen sie sich vor 48 Millionen Jahren getrennt hätten[6]. Andere Untersuchungen aber schienen die Gänsevögel-Hypothese zu bestätigen, kaum noch eine die Watvögel-Hypothese. Neben diesen dreien gibt es eine jüngere, auf morphologischen Merkmalen basierende Hypothese, welche die Flamingos als Schwestergruppe der Lappentaucher einstuft[7].
Innere Systematik
Es gibt zwei Konzepte der inneren Systematik: die Aufteilung der Flamingos auf drei Gattungen Phoenicopterus, Phoeniconaias und Phoenicoparrus, oder die Vereinigung aller Arten in einer gemeinsamen Gattung Phoenicopterus. Während die letztere Variante die ältere ist, ist auch die erstgenannte nicht neu: Phoenicoparrus wurde 1856 von Charles Lucien Jules Laurent Bonaparte aufgestellt, Phoeniconaias 1869 von George Robert Gray. Beide Varianten findet man bis heute. Die Gattung Phoenicopterus unterscheidet sich von den beiden anderen durch einen weniger spezialisierten Lamellenapparat, Phoeniconaias und Phoenicoparrus sind durch Fehlen oder Vorhandensein einer Hinterzehe unterschieden. Im Folgenden wird die Aufteilung in drei Gattungen dargestellt:
- Phoenicopterus
- Rosaflamingo, Phoenicopterus ruber
- Chileflamingo, Phoenicopterus chilensis
- Phoeniconaias
- Zwergflamingo, Phoeniconaias minor
- Phoenicoparrus
- Andenflamingo, Phoenicoparrus andinus
- Jamesflamingo, Phoenicoparrus jamesi
Der Kubaflamingo wird heute meistens als Unterart des Rosaflamingos geführt. In diesem Fall erhält der Rosaflamingo den Artnamen ruber. Führt man Kuba- und Rosaflamingo als getrennte Arten, ist der Kubaflamingo ruber und der Rosaflamingo roseus.
Flamingos und Menschen
Wechselbeziehungen
Flamingos sind bereits in steinzeitlichen Höhlenzeichnungen Spaniens abgebildet, die auf das Jahr 5000 v. Chr. zurückgehen. Im alten Ägypten hatte eine Hieroglyphe, die die Farbe Rot darstellte, die Form eines Flamingos. Oft wurde der legendäre Phönix als ein Flamingo dargestellt; von dieser Verbindung kommt auch die Wurzel Phoeni-, die sich in den wissenschaftlichen Namen aller Flamingo-Gattungen findet.
Bei den Römern galten Flamingozungen als Delikatessen, die bei den Banketten der Reichsten aufgetischt wurden. Plinius der Ältere beschreibt in seiner Naturalis historia den herausragenden Geschmack der Zungen. Über einen Zeitraum von zweihundert Jahren finden sich Hinweise auf diese Luxusspeise. Wahrscheinlich waren Flamingos in vorrömischer Zeit im Mittelmeerraum weit verbreitet, und wurden durch die Vorlieben der reichen Römer erheblich dezimiert.
Auch in anderen Regionen der Welt wurden Flamingos gejagt, wenn auch nicht wegen ihrer Zungen, so doch wegen ihres Fleisches und ihrer Eier. Mehrere Indianervölker der Anden haben diese Jagd seit langem betrieben, aber auch in Tunesien, Indien und der Türkei war sie bis ins 20. Jahrhundert üblich. Die Federn waren dagegen nie begehrt, da sie nach dem Rupfen ihre rosa Farbe verlieren.
Seit langem werden Flamingos auch für Zoos und Parks gefangen. Dort zeigte sich, dass die Flamingos ihre rosa Farbe verloren und zudem nicht brüteten. Heute ist es möglich, mit einer speziell entwickelten Ernährung Rosa- und Chileflamingo in Zoos zu halten und eine Vermehrung zu ermöglichen; bei den kleinen Arten ist dies jedoch nicht gelungen, da die Zoos diesen hochspezialisierten Tieren ihre Nahrung nicht in befriedigender Qualität zur Verfügung stellen können.
Bedrohung und Schutz
Die IUCN stuft den Rosaflamingo als nicht gefährdet und Chile-, Zwerg- und Jamesflamingo als gering gefährdet ein. Als einzige gefährdete Art gilt der Andenflamingo. Er hat seine wenigen Brutgebiete in unzugänglichen Gegenden des Altiplano und die Gesamtpopulation wird auf weniger als 50.000 geschätzt. Der Jamesflamingo galt ab 1924 sogar als ausgestorben, wurde aber 1957 wiederentdeckt. Im Jahr 2000 wurde er aus dem Status gefährdet nach gering gefährdet zurückgestuft.
Die drei anderen Arten sind zahlreicher, können aber lokal gefährdet sein. Der Zwergflamingo ist in Ostafrika zwar enorm individuenreich, hat dort aber insgesamt nur wenige Brutgebiete. In Westafrika ist er mit 6000 Individuen eine Seltenheit.
Problematisch ist für Flamingopopulationen besonders die Habitatzerstörung: Seen werden trockengelegt, Fische werden in zuvor fischfreien Seen ausgesetzt und treten als Nahrungskonkurrenten auf und Salzseen werden für die Salzgewinnung erschlossen und sind so nicht mehr für Flamingos nutzbar.
Quellen und weiterführende Informationen
Zitierte Quellen
Die Informationen dieses Artikels entstammen zum größten Teil den unter Literatur angegebenen Quellen, darüber hinaus werden folgende Quellen zitiert:
- ↑ M. P. Kahl: Ritualized Displays. In: J. Kear and H. Duplaix-Hall (Hrsg.): Flamingos. Poyser, Berkhamsted 1975, S. 142-149
- ↑ C.L. Casler & E.E. Este: Caribbean Flamingos Feeding at a New Solar Saltworks in Western Venezuela. In: Waterbirds: The International Journal of Waterbird Biology 2000, Nr. 23, S. 95-102
- ↑ J. Cracraft: Toward a phylogenetic classification of the recent birds of the world (Class Aves). In: The Auk 1981, Nr. 98, S. 681-714
- ↑ a b Jiri Mlikovsky: Cenozoic Birds of the World. Part 1: Europe. Prag: Ninox Press, 2002 (PDF)
- ↑ Alan Feduccia: Osteological evidence for shorebird affinities of the flamingos. In: The Auk 1976, Nr. 93(3), S. 587-601
- ↑ C.G. Sibley & J.E. Ahlquist: Phylogeny and classification of birds based on the data of DNA-DNA-hybridization. In: Current Ornithology 1983, Nr. 1, S. 245-292
- ↑ Marcel Van Tuinen, Dave Brian Butvill, John A. W. Kirsch, S. Blair Hedges: Convergence and Divergence in the Evolution of Aquatic Birds. In: Proceedings of the Royal Society: Biological Sciences 2001, Bd. 268, Nr. 1474, S. 1345-1350
Literatur
- Josep del Hoyo et al.: Handbook of the Birds of the World, Band 1 (Ostrich to Ducks). Lynx Edicions, 1992, ISBN 8487334105
- Malcolm & Carol Ogilvie: Flamingos. Alan Sutton, 1986, ISBN 0862992664
Weblinks
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