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PiCCO (Pulse Contour Cardiac Output, dt. Pulskontur-Herzzeitvolumen) ist eine von der Münchner Firma Pulsion Medical Systems entwickelte Methode zum Monitoring wichtiger Hämodynamik und Kreislaufdaten von Patienten auf Intensivstationen. Auch die angebotenen Geräte tragen den Markennamen PiCCO.
Inhaltsverzeichnis
Physiologischer Hintergrund
Die Methode bedient sich zur Kalibrierung zunächst der Thermodilution nach der Stewart-Hamilton-Methode, die spätere kontinuierlichen Messung des Herzzeitvolumens erfolgt mittels Pulskonturanalyse.
Thermodilution
Bei der Thermodilution wird ein festgelegtes Volumen einer unter 10 °C gekühlten isotonischen Kochsalz- oder Glukose-Lösung schnell intravenös injiziert. Die kalte Flüssigkeit durchläuft den rechten Herzvorhof und die rechte Herzkammer, dann die Lungengefäße und das linke Herz, woraufhin sie in den Körperkreislauf strömt. Am Messpunkt, z. B. der Femoralarterie, wird die Temperatur des vorbeiströmenden Blutes (mit der kalten Flüssigkeit) gemessen und eine sogenannte Thermodilutionskurve aufgezeichnet. Sie ist abhängig vom Herzzeitvolumen und der in den vasalen und extravasalen Kompartimenten liegenden Flüssigkeitsmenge. Die Vorlast für das Herz kann in Form des globalen endddiastolischen Volumens (GEDV) oder des intrathorakalen Blutvolumens (ITBV) bestimmt werden; zusätzlich wird das extravasale Lungenwasser EVLW, ein Parameter für drohendes Lungenödem errechnet. Zudem kann die Kontraktilität des Herzmuskels beurteilt werden (dPmax, GEF, CPI).
Kontraktilität, Vorlast und Nachlast sind nach dem Frank-Starling-Mechanismus Determinanten des Herzzeitvolumens.
Pulskonturanalyse
Nach der initialen Kalibrierung kann das Herzzeitvolumen dann kontinuierlich in Echtzeit durch eine Pulskonturanalyse verfolgt werden. Das Schlagvolumen ist hierbei proportional zu der Fläche unter dem systolischen Teil der Druckkurve; multipliziert mit der Schlagfrequenz ergibt sich das Herzzeitvolumen. Der Frank-Starling-Mechanismus wurde 1899 von Frank beschrieben und beruht auf dem Windkesseleffekt (Weber 1851; das Windkesselmodell beschreibt Speicherungs- und Entspeicherungsvorgänge der Aorta (Hauptschlagader) und der großen Arterien).
Messtechnik
Über zwei Katheter, die in eine herznahe Vene (Zentraler Venenkatheter) sowie in eine Arm- oder Beinarterie des Patienten platziert werden, können Herzzeitvolumen und weitere volumetrische Parameter für Vorlast und Lungenödem gemessen werden. Der Arterienkatheter kann gleichzeitig zur regulären Blutdruckmessung verwendet werden. Ein Katheter mit Drucksensor in der Arteria pulmonalis (Swan-Ganz-Katheter) ist nicht erforderlich.
Interpretation
Große Schwankungen der arteriellen Druckkurve unter der Beatmung sind neben den Vorlastparametern ITBV und GEDV ein weiteres Maß für positive Volumenreagibilität, d. h. für den Effekt von infundierter Flüssigkeit auf den Kreislauf. Eine vom PiCCO gemessene Schlagvolumenvariation (SVV) über 10 Prozent beim kontrolliert beatmeten, rhythmischen Patienten lässt auf einen Volumenmangel schließen.
Im Vergleich zu druckbasierten Methoden der Messung der Hämodynamik, wie dem Pulmonaliskatheter, werden hier „volumetrische“ Parameter gemessen. So wird beispielsweise die Vorlast beim Pulmonaliskatheter mittels Pulmonalarterienverschlussdruck ("Wedgedrucks") und vom PiCCO als intrathorakaler Blutvolumenindex ITBI abgeschätzt. Andere Parameter, wie z. B. der Herzindex (CI) und systemischer Widerstandsindex (SVRI), werden bei beiden Verfahren gleichartig angegeben. Die Bestimmung eines Vorlastparameters, des Herzindex und des systemischen Widerstandes erlaubt es, Schockformen zu differenzieren und geeignete therapeutische Interventionen zu identifizieren. Um die gemessenen Parameter vergleichen zu können, empfiehlt sich eine Normalisierung auf die Körperoberfläche. Ein solcher Parameter wird als Index bezeichnet (Beispiel: ITBI versus ITBV).
Ob die Messung volumetrischer Parameter Vorteile gegenüber der Messung druckbasierter Parameter bietet, ist derzeit nicht hinreichend belegt, aber viele S2 und S3 Guidelines stellen ein volumetrisches Monitoring über ein Druckmonitoring.[1], [2] In mehreren Studien wurde aber eine Überlegenheit volumetrischer Messungen gegenüber Druckmessungen zumindest in der Vorhersage von der Auswirkung von Flüssigkeitsgaben auf die Herzauswurfleistung gezeigt. Volumetrische Strategien konnten auch Outcome Effekte zeigen [3].
Die PiCCO-Messung stellt ein angebotsseitiges Monitoring dar (Sicherstellung der Sauerstoffbereitstellung an Organe). In der Rivers-Studie zur Behandlung der frühen Sepsis[4] – einer der wenigen Studien, die Überlebensvorteile des hämodynamischen Monitorings bei septischem Schock belegen – wurde allerdings zusätzlich zum angebotsseitigen Monitoring die ScVO2 als verbrauchsseitiges Monitoring (Überwachung des Sauerstoffverbrauchs) zur Therapieoptimierung genutzt, um einen Überlebensvorteil sicherzustellen. Moderne Monitoringstrategien setzten auf die gleichzeitige Überwachung der Oxigenierungsbalance, also das Gleichgewicht zwischen Sauerstoffbereitstellung (DO2, Delivery O2) und Sauerstoffverbrauch (VO2, Consumption O2), was sich in der ScVO2 widerspiegelt.
Moderne PiCCO Plattformen (PiCCO2 Philips Module) stellen diese Optionen des Monitorings zur Verfügung.
Vorteile des PiCCO-Systems gegenüber dem Pulmonaliskatheter sind die längere mögliche Liegedauer des Messkatheters und die nicht notwendige Passage des Herzens und der Herzklappen bei der Katheteranlage.
Die Kalibrierbarkeit des PiCCO Systems liefert in erster Linie physiologische Informationen über Fluss, Vorlast, Nachlast und Kontraktilität. In zweiter Linie wird durch die Rekalibrierung die kontinuierliche HZV-Messung an Extremsituationen angepasst. Dadurch werden Effekte durch Schock, Zentralisierung, Vasopressortherapie, etc. kompensiert.
Weblinks
- Eric Seiler: "Der Picco-Katheter" - Schon wieder ein neues technisches Spielzeug? Facharbeit Klinikum Uni Münster [1]
- A. Zowislo: Möglichkeiten des erweiterten hämodynamischen Monitoring - Vergleich von Pulmonalarterienkatheter und der PiCCO-Methode bei hämodynamisch instabilen Patienten. (www.zwai.net, abgerufen Juli 2008)
- Herstellerseite der Pulsion Medical Systems AG
Literatur
- ↑ http://www.egms.de/static/de/journals/gms/2010-8/000103.shtml
- ↑ http://www.uni-duesseldorf.de/awmf/ll/001-016k.htm
- ↑ Goepfert et al;Goal-directed fluid management reduces vasopressor and catecholamine use in cardiac surgery patients;Intensive Care Med. 2007 Jan;33(1):96-103. Epub 2006 Nov 21; PMID:17119923
- ↑ Rivers et al; Early Goal-Directed Therapy in the Treatment of Severe Sepsis and Septic Shock; N Engl J Med 2001; 345:1368-1377
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