Poder Popular (Kuba)

Poder Popular (Kuba)

Die Asamblea Nacional del Poder Popular (span. für Nationalversammlung der Macht des Volkes) ist die Bezeichnung für das Parlament der Republik Kuba entsprechend der kubanischen Verfassung vom 15. Februar 1976.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Zwischen der kubanischen Revolution von 1959 und den ersten Wahlen zur Nationalversammlung der Poder Popular war der politische Willensbildungsprozess auf Kuba durch die basisdemokratische Aktivität der Bevölkerung in den Massenorganisationen (Gewerkschaften, Komitees zur Verteidigung der Revolution, Kubanischer Frauenverband, Studentenorganisationen, etc.) bestimmt. Wichtige Gesetze wurden in den Zeitungen des Landes veröffentlicht, in den Massenorganisationen diskutiert und abschließend durch die Revolutionsregierung beschlossen. Da die meisten Kubaner Mitglieder in verschiedenen Organisationen waren, waren diese Diskussionprozesse langwierig und überlagerten sich. Die Schaffung einer parlamentarischen Struktur sollte einerseits den basisdemokratischen Ansatz erhalten, andererseits durch Institutionalisierung den Willensbildungsprozess straffen und transparenter machen.

1974 beschloss die kubanische Regierung die Durchführung von Wahlen zunächst nur für die Provinz Matanzas. 1975 wurde in der Provinz Matanzas das erste Provinzparlament gewählt. Die dort gemachten Erfahrungen führten zu den ersten Wahlen zur Poder Popular auf Gemeinde- und Provinzebene am 10. Oktober und am 17. Oktober 1976, an denen 95,2% der Kubaner über 16 Jahren teilnahmen.

Am 2. Dezember 1976 fanden die ersten Wahlen zur Nationalversammlung der Poder Popular statt, die ihrerseits den Staatsrat wählten.

Poder Popular auf nationaler Ebene

Die Asamblea Nacional del Poder Popular (Nationalversammlung der Volksmacht) hat als kubanisches Parlament konstituierende und gesetzgebende Macht (Artikel 70 der kubanischen Verfassung). Die Delegierten werden von den Massen- und Studentenorganisationen (Komitees zur Verteidigung der Revolution, Frauenverband, Zentralgewerkschaft, Studentenorganisation etc.) vorgeschlagen und in gleicher, freier, geheimer und direkter Wahl von der wahlberechtigten Bevölkerung für fünf Jahre gewählt. Sie betreiben keinen privaten Wahlkampf und stellen keine eigenen politischen Programme vor.

Die Nationalversammlung tritt zwei Mal im Jahr zu ordentlichen Sitzungen zusammen. Auf Antrag von einem Drittel der Delegierten müssen außerordentliche Sitzungen der Nationalversammlung einberufen werden. Außerordentliche Versammlungen können auch vom Staatsrat einberufen werden.

Die Nationalversammlung der Volksmacht wählt den Staatsrat. Der Staatratsvorsitzende ist Staatschef und Regierungschef. Der Staatsrat ist gegenüber der Poder Popular rechenschaftspflichtig. Die Poder Popular berät und entscheidet über alle Gesetze, die politischen Leitlinien und den Staatshaushalt.

Die Prinzipien des Poder Popular sind basisdemokratisch und folgen in wichtigen Aspekten der Tradition der Räterepublik, wie sie durch die Pariser Kommune begründet wurde.

Zentrale Elemente der kubanischen Volksherrschaft sind:

  • Die Abgeordneten unterliegen der Kontrolle durch die Bevölkerung und sind ihr gegenüber rechenschaftspflichtig.
  • Die Abgeordneten werden mit einem imperativen Mandat gewählt, d. h. sie sind jederzeit abwählbar.
  • Freiheit der Diskussion, Kritik und Selbstkritik gehören zu den Grundprinzipien der Poder Popular.
  • Die Abgeordneten verfügen weder über Privilegien noch über ökonomische Vorteile. Ihre Bezüge bestehen aus Lohnfortzahlungen der Arbeitsstellen, in denen sie vor ihrer Wahl tätig waren.

Poder Popular auf Provinzebene

Die Asamblea Provincial del Poder Popular (Provinzversammlung der Volksmacht) gibt es in allen 14 Provinzen sowie auf der Isla de la Juventud. Ihre Delegierten werden für fünf Jahre gewählt. Ihre Hauptfunktion besteht in der Erstellung von Entwicklungsplänen für die jeweilige Provinz und in der Kontrolle der Provinzverwaltungen.

Poder Popular auf kommunaler Ebene

Die Asambleas Municipales del Poder Popular (Kommunalversammlungen der Volksmacht) werden in den 169 Gemeinden (Municipios) gewählt. Die Wahlen finden alle zweieinhalb Jahre statt.

Wahlen

Das Wahlrecht haben alle kubanischen Staatsbürger über 16 Jahre mit Ausnahme von Gefängnisinsassen und Menschen, die durch Gerichtsentscheidung für nicht zurechnungsfähig erkannt wurden. Für die Nationalversammlung beginnt das passive Wahlrecht mit 18 Jahren.

Zusammensetzung der Nationalversammlung VII. Legislaturperiode (Wahl 2008)

Bei dieser Wahl wurde für jeden zu vergebenden Sitz genau ein Kandidat aufgestellt. Parlamentspräsident ist Ricardo Alarcón de Quesada.

absolute Zahl Prozent
Abgeordnete insgesamt 614 100%
Männer 349 56,84%
Frauen 265 43,16%
Mittlerer Bildungsabschluss 127 20,68%
Hochschulabschluss 481 78,34%
Weiße 395 67,16%
Mulatten 101 11,00%
Schwarze 118 21,84%
Neue Delegierte 390 63,52%

374 (60,91%) der Delegierten wurde nach dem Triumph der Revolution am 1. Januar 1959 geboren und 134 (21,82%) waren zu diesem Zeitpunkt Kinder jünger als 10 Jahre. 106 Delegierte (17,26%) haben noch das kapitalistische Kuba bewusst erlebt.[1]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Granma: Parlamento cubano representa a diversos sectores sociales vom 24. Februar 2008

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