- Asamblea Nacional del Poder Popular
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Die Asamblea Nacional del Poder Popular (span. für Nationalversammlung der Volksmacht) ist die Bezeichnung für das Parlament von Kuba entsprechend der kubanischen Verfassung vom 15. Februar 1976. Das Parlament ist nicht frei gewählt sondern in Scheinwahlen nach Einheitslisten bestimmt, Oppositionsvertreter sind nicht im Parlament vertreten und der Einfluss des Parlamentes auf die politischen Entscheidungen ist de facto gering. Die Macht liegt bei der Kommunistischen Partei Kubas (PCC).[1]
Die derzeit 614 Abgeordneten werden in Ein-Personen-Wahlkreisen formal bestimmt. Es ist jeweils nur ein Kandidat zugelassen, ein Wahlkampf findet nicht statt. Die Wahlperiode dauert 5 Jahre, die letzten „Wahlen“ waren am 20. Januar 2008. Das Parlament tagt in zwei Sessionen im Jahr. In der Zwischenzeit nimmt der 31-köpfige Ministerrat die Funktion des Gesetzgebers wahr. Eine Gewaltenteilung ist nicht gegeben. Parlamentspräsident ist Ricardo Alarcón de Quesada.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Vor der kubanischen Revolution von 1959 bestand in Kuba ein Zwei-Kammern-Parlament aus Senat und Repräsentantenhaus. Die letzten Wahlen zu diesem Parlament waren die Wahlen vom 1. November 1956, bei der die Hälfte der Abgeordneten in beiden Häusern neu gewählt wurde.
In den folgenden 20 Jahren bestand kein Parlament. In seinem Manifest vom Juli 1957 hatte Fidel Castro angekündigt, nach dem Sieg der Revolution die kubanische Verfassung von 1940 wieder einzusetzen und freie Wahlen durchzuführen, sobald die Revolution erfolgreich sei. Im April 1959, nachdem er die Macht errungen hatte, sprach er davon, die Wahlen zu verschieben und in einer Rede am 1. Mai 1960 erklärte er die Idee der liberalen Demokratie und von Wahlen für „dekandent“ und verzichtete auf die Legitimation seines Regimes durch Wahlen. Auch die Einführung einer Rätedemokratie wurde mit dem Verweis auf damit verbundene Bürokratie abgelehnt. Seit 1965 war Kuba ein Einparteiensystem und die kommunistische Partei die einzig erlaubte politische Kraft.[2]
Das Regime Fidel Castros begründete den Verzicht auf demokratische (und sogar auf scheindemokratische) Institutionen damit, dass der politische Willensbildungsprozess auf Kuba durch die basisdemokratische Aktivität der Bevölkerung in den Massenorganisationen (Gewerkschaften, Komitees zur Verteidigung der Revolution, Kubanischer Frauenverband, Studentenorganisationen, etc.) bestimmt würde.
1974 beschloss die kubanische Regierung die Durchführung von (Schein-)Wahlen zunächst nur für die Provinz Matanzas. 1975 wurde in der Provinz Matanzas das erste Provinzparlament bestimmt. Die dort gemachten Erfahrungen führten zu den ersten Wahlen zur Poder Popular auf Gemeinde- und Provinzebene am 10. Oktober und am 17. Oktober 1976. Wie in den Volksdemokratien üblich, vermeldete das Regima hohe Wahlbeteiligungen (95 % der Kubaner über 16 Jahren nahmen teil) und Zustimmungsquoten.
Am 2. Dezember 1976 fanden die ersten Wahlen zur Nationalversammlung der Poder Popular statt, die ihrerseits den Staatsrat bestätigten.
Poder Popular auf nationaler Ebene
Die Asamblea Nacional del Poder Popular (Nationalversammlung der Volksmacht) hat als kubanisches Parlament gemäß Artikel 70 der kubanischen Verfassung formal konstituierende und gesetzgebende Macht. In der Praxis dient sie dem Abnicken der Vorgaben Castros und der Partei.
Die Abgeordneten werden von den gleichgeschalteten Massen- und Studentenorganisationen (Komitees zur Verteidigung der Revolution, Frauenverband, Zentralgewerkschaft, Studentenorganisation etc.) vorgeschlagen. Es steht jeweils nur ein Kandidat zur „Wahl“. Die Bestätigung der Kandidaten erfolgt in gleicher, freier, geheimer und direkter Wahl durch die wahlberechtigten Bevölkerung. Sie betreiben keinen Wahlkampf und stellen keine eigenen politischen Programme vor.
Die Nationalversammlung tritt lediglich zwei Mal im Jahr zu ordentlichen Sitzungen zusammen. Auf Antrag von einem Drittel der Delegierten müssen außerordentliche Sitzungen der Nationalversammlung einberufen werden. In der Praxis kommt dies jedoch nicht vor. Außerordentliche Versammlungen können auch vom Staatsrat einberufen werden.
Die Nationalversammlung der Volksmacht bestimmt den Staatsrat. Der Staatratsvorsitzende ist Staatschef und Regierungschef. Der Staatsrat ist gegenüber der Poder Popular formell rechenschaftspflichtig. Die Poder Popular berät und entscheidet über alle Gesetze, die politischen Leitlinien und den Staatshaushalt.
Poder Popular auf Provinzebene und auf kommunaler Ebene
Genauso wie das nationale Parlament werden auch die Abgeordneten der Provinz- und Kommunalparlamente in Scheinwahlen bestimmt und verfügen in der zentralistischen Struktur des „Demokratischen Zentralismus“ über kaum politischen Einfluß[3]
Die Asamblea Provincial del Poder Popular (Provinzversammlung der Volksmacht) gibt es in allen 14 Provinzen sowie auf der Isla de la Juventud. Ihre Delegierten werden für fünf Jahre bestimmt. auf dem Papier besteht ihre Hauptfunktion in der Erstellung von Entwicklungsplänen für die jeweilige Provinz und in der Kontrolle der Provinzverwaltungen.
Die Asambleas Municipales del Poder Popular (Kommunalversammlungen der Volksmacht) werden in den 169 Gemeinden (Municipios) gewählt. Die Wahlen finden alle zweieinhalb Jahre statt.
Wahlen
Das Wahlrecht haben alle kubanischen Staatsbürger über 16 Jahre mit Ausnahme von Gefängnisinsassen und Menschen, die durch Gerichtsentscheidung für nicht zurechnungsfähig erkannt wurden. Für die Nationalversammlung beginnt das passive Wahlrecht mit 18 Jahren.
Zusammensetzung der Nationalversammlung VII. Legislaturperiode (Wahl 2008)
Bei dieser Wahl wurde für jeden zu vergebenden Sitz genau ein Kandidat aufgestellt. Parlamentspräsident ist Ricardo Alarcón de Quesada.
absolute Zahl Prozent Abgeordnete insgesamt 614 100 % Männer 349 57 % Frauen 265 43 % Mittlerer Bildungsabschluss 127 21 % Hochschulabschluss 481 78 % Weiße 395 67 % Mulatten 101 11 % Schwarze 118 22 % Neue Delegierte 390 64 % 374 (61 %) der Delegierten wurden nach dem 1. Januar 1959 geboren und 134 (22 %) waren zu diesem Zeitpunkt jünger als 10 Jahre. 106 Delegierte (17 %) haben das vorrevolutionäre Kuba bewusst erlebt.[4]
Parlamentspräsidenten
- Blas Roca Calderío 1976–1981
- Flavio Bravo 1981–1990
- Juan Escalona Reguera 1990–1993
- Ricardo Alarcón de Quesada 1993–heute
Parlamentssitz
Der Sitz des Parlamentes ist nicht das Capitolio, der Sitz von Senat und Repräsentantenhaus vor der Revolution, sondern ein Gebäude gegenüber dem Capitolio.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Felix Braunsdorf: Wie wahrscheinlich ist eine demokratische Transformation Kubas?, 2010,ISBN 3640687558, Seite 5, Online
- ↑ Raimund Krämer und Dirk Krüger: Das politische System Kubas; in: Klaus Stüwe, Stefan Rinke: Die politischen Systeme in Nord- und Lateinamerika: Eine Einführung, 2007, ISBN 3531142526, Seite 371, Online
- ↑ Raimund Krämer und Dirk Krüger: Das politische System Kubas; in: Klaus Stüwe, Stefan Rinke: Die politischen Systeme in Nord- und Lateinamerika: Eine Einführung, 2007, ISBN 3531142526, Seite 373, Online
- ↑ Granma: Parlamento cubano representa a diversos sectores sociales vom 24. Februar 2008
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