- Polizeiliche Nacheile
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In der juristischen Fachsprache bezeichnet Nacheile die Verfolgung eines flüchtigen Verdächtigen durch Polizeibeamte über die Grenzen ihres Zuständigkeitsbereichs hinaus. Entsprechende Verfahrensregelungen finden sich u.a. im § 167 Gerichtsverfassungsgesetz (Verfolgung von Flüchtigen über Landesgrenzen) sowie diversen Länderabkommen.
Umgangssprachlich meint Nacheile jegliche Verfolgung einer Person oder eines Fahrzeuges – zu Fuß (Nachlaufen) oder mit einem Fahrzeug (Verfolgungsfahrt) – mit dem Ziel, dieser/dessen habhaft zu werden, gegebenenfalls unter Abgabe von Standortmeldungen.
Verfolgungsfahrten finden meistens bei der Polizei als Polizeieinsatz statt, seltener bei Privatpersonen.
Inhaltsverzeichnis
Polizei
Die Polizei gehört zur Exekutive eines Staates und ist somit zuständig für das Verfolgen, Stellen und Übergeben von Straftätern an die Justiz.
Zu einer Verfolgungsfahrt (auch Sonderrechtsfahrt) kommt es, wenn eine oder mehrere Personen versuchen, sich mit Hilfe eines Kraftfahrzeugs der Anhaltung durch Polizeivollzugsbeamte zu entziehen. Zu einer Verfolgungsfahrt wird der routinemäßige Anhaltevorgang eines Autofahrers durch die Polizei in dem Moment, wenn die Anhaltesignale absichtlich missachtet werden und die Fahrt (meistens in sehr hoher Geschwindigkeit) fortgesetzt wird.
Eine Verfolgungsfahrt wird in der Regel mit Streifenwagen durchgeführt. In seltenen Fällen, z.B. Geiselnahmen, bei denen der oder die Täter mit ihren Geiseln in einem Fahrzeug flüchten, wird das Mobile Einsatzkommando (MEK) hinzugezogen. Diese Spezialisten nehmen in zivilen Einsatzfahrzeugen die Verfolgung auf.
Es wird versucht, den Flüchtenden bzw. das zu verfolgende Fahrzeug zu stoppen. Hier ergeben sich nationale Unterschiede: In Deutschland versucht man das Risiko für andere Verkehrsteilnehmer so gering wie möglich zu halten und folgt dem Fahrzeug, bis sich die Möglichkeit bietet, es durch Überholen und Ausbremsen oder, in seltenen Fällen, durch Rammen mit dem Polizeifahrzeug zum Anhalten zu bewegen.
Flüchtende Personen entziehen sich der Polizei aus vielen Gründen, z.B. fürchten sie die Feststellung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit (bspw. Gegenstände in deren rechtswidrigem (Diebesgut) oder illegalem (Sprengstoff, Drogen o.a.) Besitz oder Trunkenheit am Steuer) oder die Festnahme, den Polizeigewahrsam oder die Verhaftung.
Dabei ist taktisch zu beachten, dass die Fahrzeuge keine Traube bilden, sondern weit im voraus Straßensperren errichten bzw. Posten bilden. Eine weitere Möglichkeit ist das Verlegen von Nagelgurten auf der Straße.
Eine Nacheile ohne den Zweck einer Anhaltung kann auch im Rahmen einer Observation stattfinden.
Schengener Durchführungsübereinkommen
Das Schengener Durchführungsübereinkommen von 1990 erlaubt es, die Verfolgung von Verdächtigen auf dem Staatsgebiet eines anderen Schengen-Landes fortzusetzen, ohne zuvor die Zustimmung dieses Landes einzuholen.
Angesichts des Wegfalls der Grenzkontrollen zwischen den Unterzeichnerstaaten des Schengener Abkommens wurde zur wirksamen Verbrechensbekämpfung die grenzüberschreitende Nacheile eingeführt. Dabei haben jedoch die nacheilenden Beamten eines fremden Nationalstaats am Zugriffsort lediglich eingeschränkte Befugnisse. Zunächst muss es sich um eine polizeiliche Maßnahme auf dem Gebiet der Strafverfolgung oder Strafvollstreckung handeln, die von Polizeivollzugsbeamten durchgeführt wird, wobei die örtliche Polizei nicht zeitgerecht verständigt werden kann oder nicht rechtzeitig zur Stelle ist, um die Verfolgung zu übernehmen. Die ausländischen Beamten können die Person nur festhalten. Eine Festnahme ist den örtlichen Polizeikräften vorbehalten. Sie dürfen nur in Grenznähe agieren (bis zu einer Tiefe von 30 Kilometern) und auch Privatgrundstücke dürfen dabei nicht betreten werden. Dabei müssen sie uniformiert, ihre Fahrzeuge als Polizeifahrzeuge gekennzeichnet sein und von der Dienstwaffe darf nur in Notwehr Gebrauch gemacht werden.
USA
Verfolgungsfahrten kommen dort weitaus häufiger vor als in Europa. Die dortigen Polizeifahrzeuge sind zu diesem Zweck oft noch zusätzlich mit einem Rammbock ausgestattet. Auch hier wird versucht, Unbeteiligte zu schützen, doch aufgrund der Straßenverhältnisse und der höheren Gefährdung durch bewaffnete Straftäter werden oft auch innerhalb von Städten wie beispielsweise Los Angeles rabiate Methoden angewandt.
In der Vergangenheit kam es dabei immer wieder zu schweren Unfällen, bei denen der Flüchtende die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor und Unbeteiligte schwer verletzt oder gar getötet wurden, oder gelegentlich die verfolgenden Polizisten die Gewalt über ihr Fahrzeug verloren. Seit der Häufung dieser Vorfälle sind Verfolgungsfahrten, insbesondere in Kalifornien, zu einer umstrittenen Angelegenheit geworden.
Literatur
- Creifelds - Rechtswörterbuch. 13. Auflage. Verlag C.H. Beck, München, 1996, ISBN 3-406-40130-9
Weblinks
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