Polykondensation

Polykondensation

Eine Polykondensationsreaktion ist eine stufenweise über stabile, aber weiterhin reaktionsfähige Zwischenprodukte ablaufende Kondensationsreaktion, bei der aus vielen niedrigmolekularen Stoffen (Monomere) unter Abspaltung einfach gebauter Moleküle (meist Wasser) Makromoleküle (Polymere/Copolymere) gebildet werden. Diese werden auch Polykondensate genannt und gehören oft zu den Kunststoffen. Es gibt aber natürliche Polymere, z. B. Polykieselsäuren, die durch Polykondensationsreaktionen entstehen. Damit ein Monomer an der Reaktion teilnehmen kann, muss es mindestens zwei funktionelle Gruppen besitzen, die besonders reaktionsfähig sind (z. B. –OH, –COOH, –CO, …). Dieser Vorgang erfolgt mehrmals hintereinander, bis sich ein Makromolekül gebildet hat. Dabei unterscheidet man zwischen gleichartigen Monomeren (Polymerisation) und Monomeren verschiedener Art (z. B. Diol und Carbonsäure, Copolymerisation).

Im Gegensatz zur Polymergewinnung durch Polymerisation oder Polyaddition werden bei der Polykondensation ein oder mehrere Nebenprodukte frei. Diese Nebenprodukte (Wasser, Ammoniak, Alkohole, Chlorwasserstoff usw.) müssen kontinuierlich abgeführt werden, sonst stoppt die Polykondensation aus thermodynamischen Gründen bei sehr niedrigen Molmassen (Prinzip von Le Chatelier).

Der Reaktionsumsatz muss mindestens 99 % betragen, um ein echtes Polykondensat hoher molarer Masse zu bekommen. Weiterhin muss das Verhältnis der eingesetzten Mengen an jeweiligem Monomer so exakt wie möglich dem durch die Reaktion vorgegebenen stöchiometrischen Verhältnis angepasst werden, sonst gelangt man zu einem Punkt, an dem alle Oligomere die gleichen aktiven Enden besitzen und nicht mehr miteinander reagieren können.

Die Polykondensation reagiert meist sehr empfindlich auf Verschmutzungen der Edukte.

Inhaltsverzeichnis

Historische Informationen

Die erste Polykondensation gelang dem deutschen Chemiker und Nobelpreisträger Adolf von Baeyer 1872. Er beschrieb die Polykondensation von Phenol und Formaldehyd zu Bakelit und legte damit die Grundlage für die heutige Polymerchemie. Im großen Maßstab produziert wurde Bakelit erstmals 1909 von Leo Hendrik Baekeland und wurde jahrzehntelang in vielen Bereichen eingesetzt. Es wird auch heute noch hergestellt.

Hermann Staudinger, der sich hauptsächlich mit der Polymerchemie befasste, erklärte in Thesen die Polymerisation schließlich als Kettenreaktion, bei der Makromoleküle entstehen.

Anwendung

Die Polykondensation ist eines der wichtigsten Verfahren der Polymerchemie. Durch sie lassen sich zahlreiche wichtige Kunststoffe, wie zum Beispiel Phenoplast (z. B. Bakelit), Polyester und Polyamide großtechnisch herstellen. Von großer Bedeutung ist die Polykondensation auch bei der Herstellung von Klebstoffen, wie beispielsweise Phenolformaldehydklebstoffen, und in der Herstellung von Bremsbelägen für Kraftfahrzeuge.

Beispiele

Phenoplast

Erste Stufe

Erste Stufe der Herstellung von Phenoplast

Durch Reaktion von Phenol mit einem Aldehyd entsteht unter Mitwirkung eines Katalysators ein erstes Zwischenprodukt.

Zweite Stufe

Zweite Stufe der Herstellung von Phenoplast

Dieses Zwischenprodukt reagiert unter Abspaltung von Wasser nochmals mit Phenol. Dabei handelt es sich um eine Kondensation.

Räumliche Vernetzung

Struktur von Bakelit

Strukturformel von räumlich vernetztem Phenoplast

Laufen diese beiden Stufen mehrmals mit dem zweiten Zwischenprodukt an Stelle von Phenol in Stufe 1 ab, dann kommt es zu einer Copolymerisation und einer räumlichen Vernetzung und man spricht von Polykondensation.

Dabei entsteht ein Phenoplast (auch Phenolharz, Phenol-Formaldehyd-Kondensat oder Bakelit genannt).

Polyester

Polykondensation zu Polyester

Durch Reaktion von zwei Diolen (Verbindungen mit zwei Alkoholgruppen, hier Ethandiol) mit Carbonsäuren (hier Terephthalsäure) entsteht unter Abspaltung von Wasser ein Polyester (z. B. Polyethylenterephthalat (PET)). Läuft diese Reaktion unter Einbeziehung des Reaktionsproduktes als Ausgangsstoff mehrstufig ab, handelt es sich um eine Polykondensation. Wird statt Ethandiol beispielsweise Glycerin als Ausgangsstoff verwendet, dann kommt es zu einer räumlichen Vernetzung und der Entstehung eines Duroplast.

DNA/RNA

Bei der Replikation der DNA und der Transkription der RNA handelt es sich auch um eine Polykondensation, bei der die Monomere als Nucleotide bezeichnet werden und Wasser abgespalten wird. Diese Nucleotide entstehen auch durch eine einfache Kondensation aus Phosphorsäure, Pentose und einer von fünf Nukleobasen unter Abspaltung von Wasser.

Diese Reaktionen laufen unter dem Einfluss von Biokatalysatoren (Enzyme) ab, die auch die genaue Anordnung der verschiedenen Nukleobasen steuern. Weiterhin kann man diese Reaktion auch als eine Neutralisationsreaktion der Nukleinsäure mit den Nukleinbasen verstehen.

weitere Beispiele

Technische Verfahren

  • Lösungspolykondensation
  • Schmelzpolykondensation
  • Grenzflächenpolykondensation
  • Festphasenpolykondensation
  • Fällungspolykondensation

Siehe auch


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