Porphyrius

Porphyrius

Porphyrios (ursprünglich Malchos; * 234 n. Chr. in Tyros, † im frühen 4. Jahrhundert) war ein neuplatonischer Philosoph, der auf dem Gebiet der Logik eine starke Nachwirkung erzielte. Er ist auch unter der lateinischen Namensform Porphyrius bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Porphyrios war syrischer Herkunft und hieß ursprünglich wie sein Vater Malik (gräzisiert Malkos oder Malchos), was König bedeutet und ins Griechische als Basileus übersetzt wurde; darauf spielt auch sein späterer Name Porphyrios (der Purpurgewandete) an. Über sein Leben informieren Hinweise in seinen eigenen Werken und eine Biographie, die Eunapios von Sardes verfasste.

Er stammte aus einer angesehenen Familie und erhielt eine sorgfältige Erziehung. Zum Studium begab er sich nach Athen in die Platonikerschule des berühmten Philologen und Philosophen Longinos, mit dem ihn dann eine lebenslange Freundschaft verband. Von Longinos erhielt er den Namen Porphyrios.

263 siedelte er aber nach Rom über, wo sich eine rivalisierende Schule befand, die von dem Neuplatoniker Plotin geleitet wurde. Plotin vertrat eine andere Ontologie als Longinos, konnte Porphyrios von seiner Lehre überzeugen und gewann ihn so als eifrigen Schüler. Aber Porphyrios erkrankte, litt an Melancholie und erwog sogar, seinem Leben ein Ende zu setzen. Um ihn davon abzubringen, veranlasste ihn Plotin 268 zur Übersiedlung nach Lilybaion (heute Marsala) auf Sizilien. Dort blieb Porphyrios längere Zeit.

Später kehrte er, wie Eunapios schreibt, nach Rom zurück und übernahm die Leitung der Schule des inzwischen verstorbenen Plotin. Die Glaubwürdigkeit dieser Nachricht ist aber umstritten. Sein bekanntester Schüler war der ebenfalls aus Syrien stammende Iamblichos von Chalkis. Erst im Alter heiratete Porphyrios Marcella, die Witwe eines Freundes. Über das Ende seines Lebens ist nichts bekannt.

Porphyrios teilte die Grundüberzeugungen Plotins, auch hinsichtlich der Streitfrage, ob die Ideen innerhalb des Nous existieren. Daher gehört er zu der seit dem 19. Jahrhundert als Neuplatonismus bezeichneten Strömung. Im Unterschied zu Plotin schätzte er aber Aristoteles und akzeptierte dessen Kategorienlehre.

Werke

Porphyrios war ein umfassend gebildeter Universalgelehrter. Der Kirchenvater Augustinus nannte ihn den gelehrtesten der Philosophen. Porphyrios verfasste Schriften zu verschiedenen Bereichen der Philosophie: zur Logik, Metaphysik, Ethik, Seelenkunde, Philosophiegeschichte. Er kommentierte nicht nur Dialoge Platons einschließlich des Staats, sondern auch Schriften des Aristoteles (darunter die Physik). In seinen mehr als 60 Werken befasste er sich mit Religion und Mythos, Rhetorik und Grammatik, Literarkritik, Mathematik, Musik und Astronomie. Nur ein Teil davon ist erhalten.

Logik

Die weitaus größte Nachwirkung unter den Schriften des Porphyrios hatte die Isagoge (griech. eisagogé: „Einführung“), eine für Anfänger gedachte Erklärung der Kategorien des Aristoteles. Schon im Vorwort stellt Porphyrios bezüglich der von Aristoteles unterschiedenen Arten (lat. species) und Gattungen (lat. genera) jene drei Fragen, die den Kern des mittelalterlichen Universalienstreits bilden:

  1. Sind Universalien (Allgemeinbegriffe) eine eigenständige Realität oder existieren sie nur in unserem Denken?
  2. Wenn sie eigenständig sind, sind sie körperlich oder unkörperlich?
  3. Sind sie an die Objekte der Sinneswahrnehmung gebunden oder existieren sie unabhängig von ihnen?

Porphyrios will diese Fragen jedoch ausdrücklich nicht beantworten. Die Diskussion fand dann im kommentierenden Schrifttum statt. Schon in der Antike wurden griechische Kommentare verfasst. Ins Lateinische wurde die Isagoge zuerst von Marius Victorinus, dann von Boethius übersetzt. An Porphyrios erinnert die spätmittelalterliche arbor porphyriana (lat.: „Porphyrischer Baum“), eine ursprünglich arabische bildliche (baumartige) Darstellung der Über- und Unterordnung von Gattungen und Arten.

Philosophiegeschichte

Die Philosophiegeschichte des Porphyrios ist bis auf Fragmente verloren. Erhalten ist sein Leben des Pythagoras. Als Quelle hat diese Biographie höheren Rang als die gleichnamige Schrift des Iamblichos. Nach Plotins Tod hat Porphyrios dessen Schriften, die er ordnete und redigierte, in der bis heute üblichen Gliederung in neun Büchern als Enneaden veröffentlicht. Dieser Sammlung fügte er als Einleitung eine als Quelle sehr wertvolle Biographie Plotins bei.

Religion

Plotin legte großen Wert auf die Bekämpfung von Religionen, die er für schädlich hielt. Daher polemisierte er gegen die Gnostiker und übertrug Porphyrios die Aufgabe, die Lehre der Christen zu widerlegen. Diesem Auftrag folgend verfasste Porphyrios die Kampfschrift Gegen die Christen. Seine historische Bibelkritik (besonders an den Prophezeiungen im Buch Daniel und an den Evangelien) und einige seiner sonstigen Argumente nahmen manches vorweg, was noch heute in Auseinandersetzungen um das Christentum eine Rolle spielt. Die Kirchenväter des 4. Jahrhunderts kannten das Werk und setzten sich damit auseinander; eine Reihe von Apologeten unternahmen Anstrengungen, Porphyrios zu widerlegen. Noch im frühen 5. Jahrhundert wurde die Schrift des Porphyrios gelesen, doch 448 ließen die Kaiser Theodosius II. und Valentinian III. sämtliche noch auffindbaren Exemplare öffentlich verbrennen. Daher ist das Werk nicht erhalten. Es kann aber aus Zitaten zum Teil rekonstruiert werden. Auch die Entgegnungen der christlichen Autoren sind fast gänzlich verloren.

Religiöse Ethik

In der Schrift Über die Enthaltung vom Beseelten vertrat Porphyrios einen sowohl ethisch (mit Gerechtigkeitserwägungen) begründeten als auch asketisch motivierten Vegetarismus. Er kritisierte auch die Tieropfer, die einer philosophisch aufgefassten Religionsausübung nicht angemessen seien. Als einzig wesentliches Ziel betrachtete er die Reinigung und Reinhaltung der Seele, womit ihr das Ausscheiden aus dem Kreislauf der Seelenwanderung ermöglicht werden sollte.

Siehe auch

Isagoge

Textausgaben

  • Porphyrii philosophi fragmenta, hrsg. Andrew Smith, Teubner, Stuttgart 1993, ISBN 3-8154-1721-X (kritische Ausgabe der Fragmente aus verlorenen Werken des Porphyrios)
  • Porphyrii philosophi Platonici opuscula selecta, hrsg. August Nauck, Olms, Hildesheim 1977, ISBN 3-487-00421-6 (Nachdruck der 1886 erschienenen kritischen Teubner-Ausgabe von: Vita Pythagorae, De antro nympharum, De abstinentia, Ad Marcellam)
  • Porphyrii sententiae ad intelligibilia ducentes, hrsg. Erich Lamberz, Teubner, Leipzig 1975
  • Porphyrios: Pros Markellan, hrsg. Walter Pötscher, Brill, Leiden 1969 (kritische Ausgabe mit deutscher Übersetzung und Kommentar)
  • Porphyrios: Kommentar zur Harmonielehre des Ptolemaios, hrsg. Ingemar Düring, Olms, Hildesheim 1978, ISBN 3-487-06667-X (Nachdruck der 1932 in Göteborg erschienenen kritischen Ausgabe)
  • Porphyre: La vie de Plotin, hrsg. Luc Brisson u.a., 2 Bände, Paris 1982-1992 (griechischer Text mit französischer Übersetzung, Kommentar und zahlreichen Einzelstudien verschiedener Gelehrter)

Quelle

  • Porfirio: Vangelo di un pagano, hrsg. Angelo Raffaele Sodano, Milano 1993, ISBN 88-18-20023-2 (enthält S. 195-252 den griechischen Text der Porphyrios-Biographie des Eunapios mit italienischer Einführung und Übersetzung)

Übersetzungen

  • Detlef Weigt: Porphyrios: Über die Enthaltsamkeit von fleischlicher Nahrung, Superbia, Leipzig 2004, ISBN 3-937554-03-3 (Übersetzung der Schrift Über die Enthaltung vom Beseelten; bearbeitete Fassung einer Übersetzung von 1879, ohne Kommentar)
  • Gillian Clark: Porphyry: On Abstinence from Killing Animals, Cornell University Press, Ithaca (N.Y.) 2000, ISBN 0-8014-3692-3 (englische Übersetzung der Schrift Über die Enthaltung vom Beseelten mit Kommentar)
  • Robert M. Berchman: Porphyry: Against the Christians, Brill, Leiden 2005, ISBN 90-04-14811-6 (englische Übersetzung der Fragmente des Werks Gegen die Christen mit ausführlicher Einführung)
  • Jonathan Barnes: Porphyry: Introduction, Clarendon Press, Oxford 2003, ISBN 0-19-924614-9 (englische Übersetzung der Isagoge mit ausführlichem Kommentar)
  • Steven K. Strange: Porphyry: On Aristotle Categories, Duckworth, London 1992, ISBN 0-7156-2244-7
  • Richard Harder: Porphyrios: Über Plotins Leben und über die Ordnung seiner Schriften (= Plotins Schriften, übersetzt von Richard Harder, Bd. 5c: Anhang), Meiner, Hamburg 1958
  • Carlos J. Larrain: Die Sentenzen des Porphyrios, Lang, Frankfurt a. M. 1987, ISBN 3-8204-8683-6 (enthält neben der deutschen Übersetzung von Larrain die lateinische Übersetzung des Humanisten Marsilio Ficino und eine Untersuchung der handschriftlichen Überlieferung)

Bibliographie

  • Giuseppe Girgenti: Porfirio negli ultimi cinquant'anni, Milano 1994, ISBN 88-343-0813-1 (enthält Zusammenfassungen der im Zeitraum 1940-1994 erschienenen Veröffentlichungen)

Literatur

  • Andrew Smith: Porphyry's Place in the Neoplatonic Tradition, Nijhoff, Den Haag 1974, ISBN 90-247-1653-5
  • Heinrich Dörrie u.a.: Porphyre. Huit exposés suivis de discussions, Genève 1966 (= Entretiens sur l'antiquité classique Bd. 12; enthält Aufsätze führender Philosophiehistoriker, teilweise deutsch)

Weblinks


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