- Postglossatoren
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Kommentatoren ist die Bezeichnung für eine Gruppe von Rechtsgelehrten, die sich zwischen dem späten 13. und dem Ende des 15. Jahrhunderts mit der Auslegung der Texte des Corpus Iuris Civilis beschäftigten. Andere Bezeichnungen für die Angehörigen der Kommentatorenschule sind Postglossatoren oder Konsiliatoren.
Begriff
Nach der Wiederentdeckung der Digesten im 11. Jahrhundert wurden die römischen Rechtsquellen zunächst mit kleinen Erläuterungstexten (Glossen) versehen, die am Rand des Textes oder sogar zwischen den Zeilen notiert wurden und zunächst nur kurze Hinweise zur Bedeutung von einzelnen Wörtern oder zu parallelen Textstellen enthielten. Ebenso verfuhr man mit den Quellen des Kirchenrechts (insbesondere den Texten des Corpus Iuris Canonici), die im Mittelalter und in der frühen Neuzeit für die Rechtspraxis eine ebenso große Rolle spielten wie die römischen Rechtstexte. Mit der Zeit kamen immer detailliertere Erläuterungen hinzu. So entstanden umfangreiche Glossenapparate. Die Verfasser dieser Glossen und Glossenaparate nannte man Glossatoren. Die Arbeit der Glossatoren fand ihren Abschluss im Glossenapparat des Accursius (1181/85-1259/63), der in der Mitte des 13. Jahrhunderts entstand. Darin fasste Accursius die verschiedenen existierenden Glossenapparate zu einem einzigen Erläuterungswerk zusammen.
Die Juristen nach Accursius schrieben keine Glossen mehr, sondern ausführlichere Erläuterungen zu den einzelnen Gesetzesstellen (leges) des Corpus Iuris bzw. deren Unterabschnitten (Paragraphen). Diese Erläuterungen, die dem Quellentext weniger eng folgten als die früheren Glossen nannte man Kommentare. Die Angehörigen der neuen Richtung der Rechtswissenschaft bezeichnet man - weil sie den Glossatoren zeitlich nachfolgten - als Postglossatoren, im Hinblick auf die von ihnen hervorgebrachten Texte als Kommentatoren.
Die Kommentatoren waren in weit größerem Umfang als ihre Vorgänger praktisch tätig. Sie erteilten insbesondere Rechtsgutachten zu schwierigen Fällen. Diese Rechtsgutachten, die oft gesammelt und veröffentlicht wurden, nennt man consilia oder Konsilien. Von der Gutachtertätigkeit rührt die Bezeichnung der Kommentatoren als Konsiliatoren her.
Wichtige Vertreter
Die ersten Juristen, die sich zur Kommentatorenschule rechnen lassen, waren - wie Petrus de Bellaperthica und Jacobus de Ravanis († 1296) - Ende des 13. Jahrhunderts in Südfrankreich tätig. Insbesondere Cinus de Pistoia (ca. 1270-1336) machte die neue Richtung in Italien bekannt. Zu den Schülern des Cinus gehört Bartolus de Saxoferrato (1313-1357), der gemeinsam mit seinem Schüler Baldus de Ubaldis (1327-1400) der bedeutendste Vertreter der Kommentatorenschule sein dürfte, die Ansichten dieser beiden Juristen erlangte in der gerichtlichen Praxis fast gesetzesgleiche Wirkung. Aus dem 15. Jahrhundert verdienen Paulus de Castro (†1441) und Iason de Mayno (1435-1519) Erwähnung.
Iason de Mayno war Lehrer des Andreas Alciatus (1492-1550), des Begründers der neuen humanistischen Jurisprudenz (auch: mos gallicus), die auf einem exakten philologischen und historischen Quellenverständnis beruhte und sich weniger um die praktische Anwendung des rezipierten römischen Rechts sorgte. Auch nach Iason gab es jedoch praktisch orientierte Juristen, die nach der Methode der Kommentatoren arbeiteten. Diese Anhänger des sogenannten mos italicus (italienische Methode, weil die wichtigsten Kommentatoren Italienier waren, während die Hauptvertreter der neuen humanistischen Rechtswissenschaft in Frankreich wirkten) im 16. und 17. Jahrhundert werden aber nicht mehr als Mitglieder der Kommentatorenschule angesehen.
Literatur
- Norbert Horn: Die legistische Literatur der Kommentatorenzeit und die Ausbreitung des gelehrten Rechts. In: Helmut Coing (Hrsg.): Handbuch der Quellen und Literatur der neueren Europäischen Privatrechtsgeschichte. Band 1. München 1973, ISBN 3-406-03631-7. S. 261-364.
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