Postglaziale Landhebung

Postglaziale Landhebung
Die Auswirkungen der postglazialen Landhebung in Stockholm.

Postglaziale Landhebung oder isostatische Bodenhebung wird der Aufstieg jener Landmassen genannt, die während der letzten Eiszeit bis ins Holozän von Inlandeis bedeckt waren. Der Effekt tritt vor allem in Schottland, Nordeuropa (Fennoskandische Landhebung) und Ostsibirien sowie in Kanada und Alaska auf.

Inhaltsverzeichnis

Ursachen und Ablauf

Ursachen und Ablauf der postglazialen Landhebung

Nordeuropa, Ostsibirien (Westsibirien war nicht vergletschert) und Nordamerika waren vor mehr als 11.000 Jahren für Jahrhunderte von bis zu 3 Kilometer dicken Eispanzern bedeckt. Das Gewicht des Eises ließ die betroffene Erdkruste in den Erdmantel sinken. Die flüssigen Bestandteile des viskosen Erdmantels flossen daraufhin seitlich ab und wölbten so die Erdkruste außerhalb der jeweiligen Eispanzer auf.

Als sich die Gletscher zurückzogen und sich damit die Massenauflasten zu reduzieren begannen, kam es zu Umkehrprozessen: Die Mantelmaterialen flossen zurück in Richtung der Zentren der ehemaligen Eispanzer und folglich setzte eine Hebung der betroffenen Erdkruste ein. Außerhalb der Ausdehnungsgebiete des ehemaligen Eises begannen hingegen Landsenkungsvorgänge. Durch die enorme Zähigkeit des Mantels wird dieser Ausgleichsprozess noch einige Tausend Jahre andauern, bis ein isostatisches Gleichgewicht erreicht ist. Das Ausmaß der postglazialen Landhebung ist sowohl von der Viskosität des Erdmantels als auch von der vertikalen Ausdehnung der ehemaligen Eisschicht abhängig.

Studien haben ergeben, dass diese Hebung in zwei zeitlichen Phasen abläuft. In der ersten Phase, die vor etwa 2000 Jahren abgeschlossen war, betrug die Hebung bis zu 75 Millimeter pro Jahr. Mit Beginn der zweiten Phase verringerte sich die Hebung auf 25 Millimeter pro Jahr und sie nimmt weiter ab. Die heutige Hebung beträgt etwa 10 Millimeter pro Jahr und ist regional unterschiedlich.

Aus der Hebungsgeschichte von isostatisch aufsteigenden Landmassen lässt sich die Zähigkeit des Erdmantels abschätzen. Entsprechende Hebungsmodelle liefern eine mittlere dynamische Viskosität von 1021 Pa·s. [1]

Auswirkungen

Das Messen von Postglazialer Landhebung an der Ostseeküste in Vaasa (Finnland).

Die Auswirkungen der postglazialen Landhebung bestehen in vertikalen und horizontalen Erdkrustenbewegungen. In Kombination kommt es somit zu Veränderungen der Neigung der Erdoberfläche. Es existieren weitere Auswirkungen, welche aus den vertikalen und horizontalen Erdkrustenbewegungen resultieren. Deren Registrierung ist ein Problem der theoretisch physikalischen Geodäsie. Folgende Tabelle soll einen Überblick über Auswirkungen und anwendbare Messverfahren geben:

Überblick

Auswirkung Geodätische Messverfahren Bemerkung
Vertikale Krustenbewegungen GPS-Netz „BIFROST“
Horizontale Krustenbewegungen
  • GNSS (absolut und relativ)
GPS-Netz „BIFROST“
Veränderungen des globalen Meereswasserspiegels  
Veränderungen im Gravitationsfeld der Erde
  • terrestrische Schweremessungen
    (Gravimeter)
  • Satellitenmissionen, z.B. „Grace"
punktweise Messung

flächenhafte Messung
Veränderung der Erdrotationsbewegung
(und Einfluss auf die Polwanderung)
 
Spannungen/ Erdbeben
(insbesondere Intraplattenbeben)
 

Beispiele

Die postglaziale Landhebung beeinflusst die Topographie der vorgenannten Regionen. So war der schwedische See Mälaren eine Bucht der Ostsee, die durch die Hebung abgeschnitten wurde. In Dänemark kommt es nördlich einer zentralen Kippachse (Ringkøbing-Fünen-Schwelle) zu einer Landhebung, während der südliche Teil und Norddeutschland sich senken. Gleiches gilt für den Norden und Süden Großbritanniens. Zusammen mit dem Anstieg des Meeresspiegels aufgrund des Treibhauseffektes könnte diese Senkung im Gebiet der Themsemündung zu bedrohlichen Überschwemmungen führen.

In Nordamerika hatte die postglaziale Landhebung entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Großen Seen. Der Obere See war zusammen mit dem Michigansee und dem Huronsee früher Teil eines riesigen Sees. Die Landhebung führte zur Trennung in drei Gewässer.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. G. Kaufmann, K. Lambeck: Glacial isostatic adjustment and the radial viscosity profile from inverse modeling. In: Journal of Geophysical Research. 107, Nr. B11, 2002, S. 2280. Bibcode: 2002JGRB..107.2280K. doi:10.1029/2001JB000941. PDF

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Synonyme:

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