August Heinrich Lafontaine

August Heinrich Lafontaine

August Heinrich Julius Lafontaine (* 5. Oktober 1758 in Braunschweig; † 20. April 1831 in Halle) war ein deutscher Schriftsteller.

Lafontaine studierte an der Universität Helmstedt Theologie und bekleidete bis 1789 meist Hauslehrerstellen. 1792 folgte er dem preußischen Heer als Feldprediger in die Champagne. Danach zog er sich 1800 auf ein Landgut bei Halle/Saale zurück und begann zu schreiben. Er verfasste über 60 Romane und Erzählungen überwiegend trivialen und sentimentalen Inhalts. In Übersetzungen erschienen seine Bücher auch in allen Ländern Europas. Zu seiner Zeit war Lafontaine einer der meistgelesenen Schriftsteller Deutschlands, aber später geriet er fast vollständig in Vergessenheit.

Lafontaine ist Erfinder und zugleich Koryphäe der spießbürgerlich-moralisch-sentimentalen Richtung, die der Roman, wie das Drama unter Ifflands und Kotzebues Führung, in Deutschland zum Ende des 18. und am Anfang des 19. Jahrhunderts einschlug.

Sein ursprünglich hübsches, gefällig und leicht darstellendes Talent verflachte er durch Vielschreiberei. Mehr als 100 Bände Romane hat er verfasst, wobei ihm widerfahren ist, dass er in späteren Werken vergessene Erfindungen der frühern nochmals erfand.

Ein schlechtes Urteil über Lafontaine fällt Eduard Engel im 1. Band seiner „Geschichte der Deutschen Literatur“ (1917):

„Nur der Vollständigkeit wegen sei als Romanschreiber noch August Lafontaine (1759-1831) genannt, ursprünglich Theologe, später einer der fruchtbarsten und furchtbarsten Massenschriftsteller Deutschlands. Er soll über 150 Bände mit Romanen und Novellen gefüllt haben, die einst alle von einem ansehnlichen Leserkreise bewundert und verschlungen wurden. Heut ist er bis auf die letzte Zeile vergessen, obwohl er über eine nicht geringe Erfindung und erzählerische Gewandtheit gebot.“

Lafontaines Leben wird in Arno Schmidts Funkdialog „Quinctius Heymeran von Flaming – Eine Schuld wird beglichen“ ausführlich beschrieben. Schmidt nimmt Lafontaine gegen dessen Kritiker engagiert in Schutz und billigt den frühen Werken, darunter unter anderem „Klara du Plessis und Klairant. Eine Familiengeschichte französischer Emigrierten“ (Berlin, 1795), durchaus beachtliche literarische Qualitäten und Originalität zu.

Anlässlich der 250. Wiederkehr des Geburtstages von Lafontaine am 5. Oktober 2008 hat der Verlag Zweitausendeins in Frankfurt am Main das Werk Leben und Thaten des Freiherrn Quinctius Heymeran von Flaming in einer bibliophilen Ausstattung in zwei Bänden neu aufgelegt.

Werke (Auswahl)

  • Die Gewalt der Liebe in Erzählungen. Berlin, 1791-94, 4 Bde.
  • Der Naturmensch. Halle 1792
  • Moralische Erzählungen. Berlin, 1794-1802, 6 Bde.
  • Klara du Plessis und Klairant. Eine Familiengeschichte Französischer Emigrierten. Berlin, 1795
  • Leben und Thaten des Freiherrn Quinctius Heymeran von Flaming. Berlin, 1795-96, 4 Bde. Neuausgabe: Zweitausendeins, Frankfurt a.M., 2008, ISBN 978-3-86150-877-9
  • Die Familie von Halden. Berlin, 1797, 2 Bde.
  • Der Sonderling. Halle, 1799, 3 Bde.
  • Kleine Romane und moralische Erzählungen. Berlin, 1799-1810, 12 Bde.
  • Leben eines armen Landpredigers. Berlin 1800-01, 2 Bde.
  • Erzählungen aus dem häuslichen Leben. Görlitz, 1805-07, 2 Bde.
  • Die Gefahren der großen Welt oder Bertha von Waldeck. Halle u. Leipzig, 1811, 2 Bde.
  • August Heinrich Julius Lafontaine: Lesebuch, Herausgegeben von Ingeborg von Lips, Literatur aus Mitteldeutschland, Band 1, Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale), 2008, ISBN 9783898125543
  • Das Herz wandte sich mir in der Brust um. Literarische Briefe von den Kriegen der Französischen Revolution von August Heinrich Julius Lafontaine, Hrsg. von Ingeborg und Hermann von Lips, Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale), 2008, ISBN 978-3-89812-579-6

Literatur

  • Franz Muncker: Lafontaine, August. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 17, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 512–520.
  • Marion Beaujean: Lafontaine, August. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, S. 406–408.
  • Dirk Sangmeister: Bibliographie August Lafontaine. Bielefeld: Aisthesis Verl., 1996. (Bielefelder Schriften zur Linguistik und Literaturwissenschaft. Bd. 7.) ISBN 3-89528-158-1
  • Dirk Sangmeister: August Lafontaine oder Die Vergänglichkeit des Erfolges. Leben und Werk eines Bestsellerautors der Spätaufklärung. Tübingen: Niemeyer, 1998. (Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung. Bd. 6.) ISBN 3-484-81006-8

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • August Heinrich Julius Lafontaine — (* 5. Oktober 1758 in Braunschweig; † 20. April 1831 in Halle) war ein deutscher Schriftsteller. Lafontaine studierte an der Universität Helmstedt Theologie und bekleidete bis 1789 meist Hauslehrerstellen. 1792 folgte er dem preußischen Heer als… …   Deutsch Wikipedia

  • Lafontaine, August Heinrich Julius — Lafontaine, August Heinrich Julius, geb. 1756 zu Braunschweig, wo sein Vater Maler war, besuchte das dortige Gymnasium und studirte später in Helmstädt Theologie. 1786 Hauslehrer beim General von Thadden in Halle, ging er 1792 als Feldprediger… …   Damen Conversations Lexikon

  • Christian August Heinrich Clodius — (* 21. September 1772 in Altenburg; † 30. März 1836 in Leipzig) war ein deutscher Dichter und Philosoph. Er war der Sohn von Christian August Clodius. Seine Bildung bekam er aber von seiner begabten Mutter Julie Clodius. Er galt als frühreifes… …   Deutsch Wikipedia

  • Lafontaine —   [lafɔ̃ tɛn],    1) August Heinrich Julius, Pseudonyme Gustav Freier, Mịltenberg, Sẹlchow, Schriftsteller, * Braunschweig 5. 10. 1758, ✝ Halle (Saale) 20. 4. 1831; aus französischer Emigrantenfamilie; studierte 1777 80 in Helmstedt Theologie,… …   Universal-Lexikon

  • Lafontaine — (spr. fongtän ), 1) Jean de, Frankreichs größter Fabeldichter, geb. 8. Juli 1621 zu Château Thierry in der Champagne, gest. 13. April 1695 in Paris, trat nach völlig vernachlässigter Erziehung in seinem 20. Jahre bei den Oratoriern in Reims ein,… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Lafontaine — (spr. Lafongtähn), 1) Jean de L., geb. 8. Juli 1621 in Chateau Thierry, trat 1640 in den Orden des Oratoriums, welchen er aber nach 11/2 Jahren wieder verließ; seit 1643 warf er sich auf das Studium der Poesie u. wurde dann Maître des eaux et… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • August Lafontaine — Portrait August Lafontaine (Frontispiz zu Grubers Biographie von 1833) …   Deutsch Wikipedia

  • August Lafontaine — Pour les articles homonymes, voir Lafontaine. August Lafontaine …   Wikipédia en Français

  • August Bebel — (1898) Ferdinand August Bebel (* 22. Februar 1840 in Deutz bei Köln; †  13. August 1913 in Passugg, Schweiz) war einer der Begründer der organisierten sozialdemokratischen Arbeiterbewegung in Deut …   Deutsch Wikipedia

  • August Friedrich Langbein — August Friedrich Ernst Langbein August Friedrich Ernst Langbein (* 6. September 1757 auf Schloss Klippenstein in Radeberg; † 2. Januar 1835 in Berlin) war ein seiner Zeit vielgelesener deutscher Dichter und Romanschriftsteller. Inhaltsverzeichnis …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”