August Lafontaine

August Lafontaine
Portrait August Lafontaine (Frontispiz zu Grubers Biographie von 1833)
Portrait August Lafontaine von Jean-Laurent Mosnier (um 1798)

August Heinrich Julius Lafontaine (* 5. Oktober 1758 in Braunschweig; † 20. April 1831 in Halle) war ein deutscher Schriftsteller.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Lafontaine war Sohn eines Hofmalers, dessen Vorfahren nach Deutschland eingewanderte Hugenotten waren. Er studierte an der Universität Helmstedt Theologie, verließ 1780 die Universität ohne Abschlussexamen als Kandidat. Bis 1789 bekleidete er meist Hauslehrerstellen und war Privatlehrer für alte Sprachen. In Halle legte er sein Predigerexamen ab und heiratete 1791 die Tochter eines geistlichen Amtskollegen. 1792 folgte er dem preußischen Heer als Feldprediger in die Champagne. Danach zog er sich 1800 auf ein Landgut bei Halle/Saale zurück und begann zu schreiben. Er verfasste über 60 Romane und Erzählungen überwiegend trivialen und sentimentalen Inhalts. Genau bestimmen lässt sich der Umfang seines Werks heute nicht mehr, da er auch unter Pseudonymen wie Miltenberg, Selchow und Gustav Freier Bücher veröffentlichte. 1811 führte er Reisen nach Venedig und Wien durch. In Übersetzungen erschienen seine Bücher auch in allen Ländern Europas. Zu seiner Zeit war Lafontaine einer der meistgelesenen Schriftsteller Deutschlands, aber später geriet er fast vollständig in Vergessenheit. Zu seinen berühmtesten Lesern gehören Napoleon, Franz Grillparzer, Joseph von Eichendorff und die Königin Luise von Preußen.[1]

Lafontaine ist Erfinder und zugleich Koryphäe der spießbürgerlich-moralisch-sentimentalen Richtung, die der Roman, wie das Drama unter Ifflands und Kotzebues Führung, in Deutschland zum Ende des 18. und am Anfang des 19. Jahrhunderts einschlug.

Ein schlechtes Urteil über Lafontaine fällt Eduard Engel im 1. Band seiner „Geschichte der Deutschen Literatur“ (1917):

„Nur der Vollständigkeit wegen sei als Romanschreiber noch August Lafontaine (1759-1831) genannt, ursprünglich Theologe, später einer der fruchtbarsten und furchtbarsten Massenschriftsteller Deutschlands. Er soll über 150 Bände mit Romanen und Novellen gefüllt haben, die einst alle von einem ansehnlichen Leserkreise bewundert und verschlungen wurden. Heut ist er bis auf die letzte Zeile vergessen, obwohl er über eine nicht geringe Erfindung und erzählerische Gewandtheit gebot.“

Lafontaines Leben wird in Arno Schmidts Funkdialog „Quinctius Heymeran von Flaming – Eine Schuld wird beglichen“ ausführlich beschrieben. Schmidt nimmt Lafontaine gegen dessen Kritiker engagiert in Schutz und billigt den frühen Werken, darunter unter anderem „Klara du Plessis und Klairant. Eine Familiengeschichte französischer Emigrierten“ (Berlin, 1795), durchaus beachtliche literarische Qualitäten und Originalität zu.

Anlässlich der 250. Wiederkehr des Geburtstages von Lafontaine am 5. Oktober 2008 hat der Verlag Zweitausendeins in Frankfurt am Main das Werk Leben und Thaten des Freiherrn Quinctius Heymeran von Flaming in einer bibliophilen Ausstattung in zwei Bänden neu aufgelegt. Die Stadt Halle (Saale) widmete Lafontaine im selben Jahr ihre Leseaktion "Halle liest", in deren Rahmen auch die im mdv erschienene Zusammenstellung "Lesebuch" vorgestellt wurde.[2] Dessen Herausgeberin sorgte zudem im Oktober 2007 für ein Zusatzschild für die hallische Lafontainestraße.[3] Diese befindet sich wenige Hundert Meter von seinem Wohnhaus entfernt und wurde ihm zu Ehren 1885 so benannt.[4]

Werke (Auswahl)

  • Die Gewalt der Liebe in Erzählungen. Berlin, 1791-94, 4 Bde.
  • Der Naturmensch. Halle 1792
  • Moralische Erzählungen. Berlin, 1794-1802, 6 Bde.
  • Klara du Plessis und Klairant. Eine Familiengeschichte Französischer Emigrierten. Berlin, 1795
  • Leben und Thaten des Freiherrn Quinctius Heymeran von Flaming. Berlin, 1795-96, 4 Bde. Neuausgabe: Zweitausendeins, Frankfurt a.M., 2008, ISBN 978-3-86150-877-9
  • Die Familie von Halden. Berlin, 1797, 2 Bde.
  • Der Sonderling. Halle, 1799, 3 Bde.
  • Kleine Romane und moralische Erzählungen. Berlin, 1799-1810, 12 Bde.
  • Leben eines armen Landpredigers. Berlin 1800-01, 2 Bde.
  • Erzählungen aus dem häuslichen Leben. Görlitz, 1805-07, 2 Bde.
  • Amalie Horst.1810, 2 Bde.
  • Die Gefahren der großen Welt oder Bertha von Waldeck. Halle u. Leipzig, 1811, 2 Bde.
  • Die Pfarre an der See. 1816, 3 Bde.
  • Rudolf von Werdenberg.1819, 3 Bde.
  • Die Geschwister oder Die Reue. 1819, 2 Bde.
  • Die Wege des Schicksals. 1820, 2 Bde.
  • August Heinrich Julius Lafontaine: Lesebuch, Herausgegeben von Ingeborg von Lips, Literatur aus Mitteldeutschland, Band 1, Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale), 2008, ISBN 9783898125543
  • Das Herz wandte sich mir in der Brust um. Literarische Briefe von den Kriegen der Französischen Revolution von August Heinrich Julius Lafontaine, Hrsg. von Ingeborg und Hermann von Lips, Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale), 2008, ISBN 978-3-89812-579-6

Literatur

Marion Beaujean: Lafontaine, August. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, S. 406–408.

  • Johann Gottfried Gruber: August Lafontaine's Leben und Wirken. Schwetschke und Sohn, Halle 1833 (Digitalisat)

Franz Muncker: Lafontaine, August. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 17, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 512–520.

  • Dirk Sangmeister: Bibliographie August Lafontaine. Bielefelder Schriften zur Linguistik und Literaturwissenschaft, Band 7. Aisthesis, Bielefeld 1996, ISBN 3-89528-158-1
  • Dirk Sangmeister: August Lafontaine oder Die Vergänglichkeit des Erfolges. Leben und Werk eines Bestsellerautors der Spätaufklärung. Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung, Band 6, Niemeyer Verlag, Tübingen 1998, ISBN 3-484-81006-8
  • Cord-Friedrich Berghahn (Hrsg.), Dirk Sangmeister (Hrsg.): August Lafontaine (1785-1831). Ein Bestsellerautor zwischen Spätaufklärung und Romantik. Verlag für Regionalgeschichte, 1. Auflage 2009, ISBN 978-3-89534-862-4
  • Franz-Ulrich Jestädt u. Thomas Kaminski: 250 Jahre (1758-2008): August Lafontaine [und] Carl Gottlob Cramer. Erfurt: Ulenspiegel, 2008. 76 S.

Einzelnachweise

  1. Halle liest 2008 weiter (Artikel der Seite halleforum.de vom 8. Januar 2008)
  2. Halle liest Lafontaine (Artikel der Seite halleforum.de vom 22. April 2008)
  3. Hallesche Stadtgeschichte "im Vorübergehen" (Artikel der Seite halleforum.de vom 16. Oktober 2007)
  4. Fließ hinab mein stilles Leben ... (Artikel der Seite halleforum.de vom 2. Oktober 2008)

Weblinks

Literatur von und über August Lafontaine im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek


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