Preussen (Schiff)

Preussen (Schiff)
Die Preußen beim Auslaufen aus dem New Yorker Hafen unter Vollzeug (27. Mai 1908, Foto)
Zum Vergleich: die „Royal Clipper“ vor Kroatien
Briefmarke mit dem Motiv der Preußen
Die Preussen im Hamburger Hafen
Die Preußen im Hamburger Hafen

Das Fünfmastvollschiff Preußen (1902–1910) der Reederei F. Laeisz ist das bekannteste Schiff, das nach dem deutschen Königreich Preußen benannt wurde. Es war das größte reine Rah-Segelschiff Deutschlands und der Welt, das nie mit einem Hilfsantrieb ausgerüstet wurde.

Größer waren lediglich der Welt größtes Segelschiff, die französische Fünfmastbark France II, welche anfänglich mit zwei Diesel-Motoren ausgerüstet war, die R. C. Rickmers, eine deutsche Auxiliar-Fünfmastbark der Reederei Rickmers und der stählerne US-amerikanische Siebenmastgaffelschoner Thomas W. Lawson, der größte Schoner und das größte Segelschiff der Welt, das nie einen Hilfsantrieb besaß.

Die Royal Clipper, ein fünfmastiges Vier-Sterne-Luxus-Kreuzfahrtschiff, wurde 2000 nach dem Vorbild der Preußen gebaut. Es gibt jedoch deutliche Unterschiede, abgesehen von der Nutzung auch in der Takelage.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Die Preußen wurde 1902 auf der Werft der Joh. C. Tecklenborg AG in Geestemünde (Bremerhaven) aus hochwertigem Siemens-Martin-Stahl gebaut und war das einzige Schiff seiner Art in der Welthandelsflotte. Es fuhr unter der Flagge der Hamburger Reederei F. Laeisz (FL) und war der größte und schnellste Segler der Flying-P-Linie. Das bis dahin Preußen genannte Vollschiff der Reederei wurde in Posen umbenannt, nach der damals preußischen Stadt Posen (poln. Poznań).

Die Rumpfkonstruktion entsprach dem Dreiinselschiffs-Typ, dem von F. Laeisz bevorzugten Schiffstyp bei allen Vier- und Fünfmastrahseglern. Alle Masten und Spieren mit Ausnahme der Besangaffel waren aus Stahlrohr gefertigt. Die Preußen fuhr als Fünfmastvollschiff ein modernes Standardrigg mit doppelten Mars- und Bramrahen und Royalsegeln, also 30 Rahsegeln in sechs Stockwerken an allen fünf Masten. Dazu hatte sie „Jarvis“-Brasswinden (benannt nach dem schottischen Kapitän John Charles Barron Jarvis (1857-1935)) an allen Masten, des weiteren andere mechanische Hilfsmittel zur Unterstützung der Arbeit an Deck. Sie war ein starkes Schiff und brauchte keinen Sturm zu scheuen (Tradition der FL-Segler). Sie besaß einen schärfer gebauten Bug und Achtersteven als jeder Klipper vor ihr. Die Preußen war wegen ihrer ausgezeichneten Segeleigenschaften problemlos zu manövrieren, auch wenn bei Windstärke 8 und mehr wegen des Drucks auf die Ruderanlage zwei-vier Mann das 2 m hohe Doppelruderrad halten mussten; selbst bei Windstärke 9 konnte sie noch wenden. Bereits bei Windstärke 1 konnte die Preußen je nach Kurs zum Wind bereits bis zu 4 kn Fahrt aufnehmen.

Britische Seeleute ihrer Zeit hielten sie für den schnellsten Segler: nie eingestellte Rekordreise nach Iquique in 57 Tagen 1903, höchste Etmale 392 sm (voll beladen) und 426 sm, „fahrplanmäßige“ Reisen, zwei komplette Rundreisen nach Chile im Jahr. Am 12. März 1910 segelte sie im englischen Kanal auf der 12–16 Uhr Wache die Distanz von 135 Kilometer, das entspricht 18,25 kn (33,8 hm/h) und bedeutet, dass sie zeitweise über 20 Knoten gelaufen sein musste, um diesen Durchschnitt zu erzielen. Auf ihrer Weltreise im Jahre 1908, mit Petroleum von New York nach Japan, nahm Kapitän Petersen Kurs auf das Kap der Guten Hoffnung. Östlich davon nahm sie die Route durch die 40er und 50er Breitengrade mit zuverlässigen Westwinden. Vom 11. Juli. bis 6. August 1908 legte sie in 27 Tagen 6.944 Seemeilen (12.860 km) zurück. Das entspricht einem Durchschnitt von 10,72 sm/h oder 19,7 km/h. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Konstruktion verdiente das Schiff trotz der überwiegenden Ballastfahrten nach Chile Geld; FL war auch Eigner der Salpeterladungen, die dann entsprechend verkauft wurden. Ein Vergleich mit dem bekanntesten Klipper: die berühmte Cutty Sark transportierte circa 1.700 tons mit 35 Mann, die Preußen dagegen 7874 tons (à 1,016 t, = 8.000 t) mit 45-49 Mann. Die seltene Auslastung der Schiffskapazität bei der Ausreise lag vor allem am mangelnden Frachtaufkommen für Segler nach Chile (Dampfer-Konkurrenz). Selbst kleinere Segler hatten in dieser Zeit aufgrund des Niedergangs der Segelschifffahrt oft keine Fracht erhalten.

Sie machte insgesamt 13 Reisen unter ihren beiden Schiffsführern, Kapt. Boye Richard Petersen und Kapt. Jochim Hans Hinrich Nissen, davon zwölf nach Chile, eine 1908 über New York nach Yokohama, Chile und zurück nach Europa:

  • 10. März - 13. April 1908    Hamburg - New York
  • 27. Mai - 16. September   New York - Yokohama  Kistenöl in Charter für Standard Oil Co. durch Funch, Edye & Co.
  • 16. Oktober - 30. Dezember   Yokohama - Taltal
  • 20. Januar - 5. April 1909   Tocopilla - Hamburg Ladung Salpeter

Die Preußen kollidierte am 6. November 1910 im Ärmelkanal mit dem englischen Dampfer Brighton, der vorschriftswidrig vor dem Bug des Seglers kreuzte. Als man sie mit drei Schleppern in den Hafen von Dover bringen wollte, rissen die Trossen wegen aufkommenden Sturms, und die Preußen strandete nach dem vergeblichen Versuch, sich selbstständig freizusegeln, auf den Klippen vor dem rettenden Hafen. Es gelang nicht einmal mit zwölf Schleppern, das Vollschiff zu befreien. Die wertvolle Ladung, unter anderem Klaviere, wurde später abgeborgen. Das Wrack verfiel mit der Zeit. F. Laeisz verlor im Kanal durch Dampferkollisonen 1913 auch die Pangani (30 Tote) und die Pilochry, umgekehrt sanken durch Havarien mit den Laeisz-Seglern Pisagua 1912 und Passat 1928 der jeweilige Dampfer. In allen Fällen kreuzten die Dampfer vorschriftswidrig vor dem Segler oder wichen falsch aus.

Schiffsdaten

Literatur

  • Horst Hamecher: Fünfmast-Vollschiff »PREUSSEN«, Königin der See. Der Lebensweg eines Tiefwasserseglers.  Hamecher Eigenverlag, Kassel 1993; ISBN 3-920307-46-1
  • Jochen Brennecke: Windjammer.  Der große Bericht über die Entwicklung, Reisen und Schicksale der "Königinnen der Sieben Meere". Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 1984 (3. Aufl.); Kap. XXII - Die Größten unter den Segelschiffen der Welt, S. 291-297; ISBN 3-7822-0009-8
  • Hans-Jörg Furrer: Die Vier- und Fünfmast-Rahsegler der Welt.  Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 1984, S. 168; ISBN 3-7822-0341-0
  • Heinz Blöß: Glanz und Schicksal der "Potosi" und "Preußen", Hamburgs und der Welt größte Segler. Schmidt Verlag, Kiel 1960
  • W. Kaemmerer: Das Fünfmast-Vollschiff Preußen, erbaut von Joh. C. Tecklenborg A.-G., Schiffswerft und Maschinenfabrik in Bremerhaven-Geestemünde. Zeitschrift der Vereins deutscher Ingenieure, Bd. 48, Nr. 34, Berlin 1904
  • Hans Georg Prager: „F. Laeisz“ vom Frachtsegler bis zum Bulk Carrier.  Koehlers Verlagsgesellschaft mbH, Herford 1974; ISBN 3-7822-0096-9
  • Peter Klingbeil: Die Flying P-Liner. Die Segelschiffe der Reederei F. Laeisz.  Verlag "Die Hanse", Hamburg 1998 u. 2000; ISBN 3-434-52562-9
  • Manfred Prager: Vergleich zwischen dem Fünfmastvollschiff  "Preußen" und der Fünfmastbark  "Potosi" auf den Reisen nach der Westküste Südamerikas und zurück. Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie: Zeitschrift für Seefahrt und Meereskunde, Hamburg & Berlin 1908; ISSN 0174-8114
  • Schiff und Zeit. Fachzeitschrift der Deutschen Gesellschaft für Schiffahrts- und Marinegeschichte. Fünfmastvollschiff  "Preußen". Heft 5/1977, Herford 1977, Bestell-Nr.: 5872
  • Jens Jansson: SOS - Schicksale deutscher Schiffe - Weiße Segel über blauen Wogen - Heft Nr. 51 - Fünfmastvollschiff  "Preußen".   S. 2 ff., Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt 1976

Weblinks


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