August d. J. Herzog zu Braunschweig-Lüneburg

August d. J. Herzog zu Braunschweig-Lüneburg
Portrait (1666)

August der Jüngere (* 10. April 1579 in Dannenberg; † 17. September 1666 in Wolfenbüttel) Herzog zu Braunschweig-Lüneburg, Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel, regierte von 1635 bis zu seinem Tode 1666 und galt als einer der gelehrtesten Fürsten seiner Zeit.

Aufgrund seines immensen Interesses an Handschriften und Büchern entfaltete er eine intensive Sammeltätigkeit und schuf damit in Wolfenbüttel die für seine Zeit größte Bibliothek Europas, die Herzog August Bibliothek.

Inhaltsverzeichnis

Jugend

August wurde als siebtes und letztes Kind des Herzogs Heinrich von Dannenberg (1533-1598) aus der Celler Linie der Welfen-Dynastie geboren und hatte aufgrund dieser Position praktisch keine Aussicht auf eine Regentschaft. Schon früh jedoch beeindruckte er seine Lehrer durch seine geistigen Fähigkeiten, so dass sie seine Eltern drängten, den Fünfzehnjährigen studieren zu lassen.

So studierte er schließlich in Rostock, Tübingen und Straßburg, wobei er Latein, Griechisch, Italienisch, Französisch und Englisch lernte. Nach seinen Studien bereiste er mehrere Jahre Europa und besuchte dabei Italien, Frankreich, Holland und England.

Im Alter von 25 Jahren ließ er sich in Hitzacker an der Elbe nieder, wo er mit höchstens 30 Bediensteten einen bescheidenen Hof aufbaute. Die Herrschaft umfasste ein Elbfischerdorf mit rund 500 Einwohnern, das keine besondere Herausforderung für den jungen, begabten Mann darstellte. Obwohl von robuster Natur und begeisterter Reiter entschied er sich gegen eine Karriere beim Militär. Auch eine Position im Klerus strebte er nicht an, obwohl er dort seiner Leidenschaft für Wissenschaft und Bücher leicht hätte nachgehen können.

Stattdessen verbrachte er 30 Jahre in Hitzacker, das er zu einem kleinen Musterstaat umbaute, und sammelte mit einem bescheidenen Etat Bücher. Eine frühe Quelle berichtet gar von einem ersten Bibliotheksgebäude in Hitzacker, obwohl profane Bibliotheksbauten nördlich der Alpen selbst in großen Residenzen zu dieser Zeit unüblich waren. Auch brachte er seine Herrschaft mit diplomatischem Geschick glücklich durch die Wirren des Dreißigjährigen Krieges.

In dieser Zeit tat er sich auch als Hexenjäger hervor. Unter seiner Herrschaft wurden 40 Personen als Hexen hingerichtet.

Regierungszeit

Denkmal für Herzog August den Jüngeren auf dem Marktplatz in Wolfenbüttel, errichtet im Jahre 1904

Nach dem Aussterben der Wolfenbütteler Linie der Welfen-Dynastie (Mittleres Haus Braunschweig) im Jahre 1634 wurde der Thron des Teilfürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel vakant.

August zeigte trotz schlechter Ausgangslage Ambitionen, die Thronfolge anzutreten und konnte sich in einem hochkomplizierten Erbfolgestreit gegen sechs andere Familienmitglieder durchsetzen. Zu diesem Zweck holte er sich sogar persönlich die Rückendeckung des Kaisers Ferdinand II. aus Wien.

Im Erbfolge-Vertrag vom 14. Dezember 1635 wurde schließlich August im Alter von 56 Jahren offiziell Thronfolger. Aufgrund des weiterhin tobenden Krieges musste er jedoch noch neun weitere Jahre in Braunschweig auf der Burg Dankwarderode ausharren, bevor er 1644 endgültig seine arg in Mitleidenschaft gezogene Residenz in Wolfenbüttel beziehen konnte. Dabei brachte er bereits 55 Bücherkisten mit einem Gewicht von 470 Zentnern mit, den Grundstock seiner Bibliotheca Augusta.

Ähnlich wie in Hitzacker führte er auch in Wolfenbüttel umfangreiche Reformen durch; so machte er sich als erstes an den Aufbau eines funktionierenden Kirchen-, Schul- und Justizwesens und erfasste systematisch alle Kriegsschäden in allen Gemeinden seines Fürstentums, um seine Finanzplanung für den Wiederaufbau zu erstellen. Beträchtliche Einkünfte aus dem Bergbau im Harz und seine vergleichsweise bescheidene Hofhaltung ermöglichten eine schnelle Erholung des Landes.

Eine seiner wichtigsten Regierungsmaßnahmen war die Planung und Ausführung einer Handwerkervorstadt westlich der Schlossfestung Wolfenbüttel, die Wolfenbüttler Auguststadt.

Kulturelle Leistungen

August setzte sich sehr für die Entwicklung der deutschen Sprache als Literatursprache ein. Im Gegensatz zu vielen Gebildeten seiner Zeit war er stolz darauf, seine Werke in seiner Muttersprache verfasst zu haben. Er interessierte sich außerdem für Geheimlehren und Alchimie und stand lange Jahre in brieflicher Verbindung mit Johann Valentin Andreae, dem vermutlichen Gründer der Rosenkreuzer.

Im Februar 1632 traf Herzog August auf dem Halberstädter Kreistag Fürst Ludwig I. von Anhalt-Köthen. Dieser nahm das Treffen zum Anlass, den Fürsten in die Fruchtbringende Gesellschaft aufzunehmen, einer losen Vereinigung von adligen und bürgerlichen Gebildeten mit dem Ziel, Deutsch zu einer einheitlichen Hochsprache in Orthographie und Grammatik zu entwickeln.

Als Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft wurde Herzog August der Gesellschaftsname der Befreiende verliehen. Als Devise wurde ihm vom Schlage und als Emblem Gamanderle <Teucrium chamaedrys L.> zugewiesen. Im Köthener Gesellschaftsbuch ist Herzog August unter der Nr. 227 zu finden. Dort wurde auch das Reimgesetz vermerkt, mit welchem er sich für die Aufnahme bedankte:

Gamanderley befreyt vom schlag, hilfft das man meidet
Das Zipperlein, so macht das schmertzen
mancher leidet,
Befreyend heiß ich drumb vom Schlag: Es muß darzu
gesucht sein ins gemein vor Vnserm leib die ruh,
Den lastern aber thut sich die Seel vnterwerffen,
Doch hat die Tugend hie sich sehen laßen dörffen,
Die macht aus Knechten herrn, die spricht die Fürsten frey
Von so viel vnd so lang geübter Tyranney.

Im Rahmen dieser Bestrebungen stellte er den jungen Gelehrten Justus Georg Schottelius (1612-1676) als wissenschaftlichen Mitarbeiter und Prinzenerzieher ein, der vielen heute als Vater der deutschen Grammatik gilt. Durch seine Leistungen wurde Wolfenbüttel das Zentrum der deutschen Sprachforschung, ein Treffpunkt von Schriftstellern und Wissenschaftlern. Dazu hat sicherlich auch Augusts Bibliothek, die damals als die größte in Europa galt, wesentlich beigetragen. Zum Ende des 17. Jahrhunderts wurden in Deutschland erstmals mehr Bücher auf Deutsch als auf Latein gedruckt.

Unter dem Pseudonym Gustavus Selenus veröffentlichte er im Jahr 1616 das erste deutschsprachige Schachlehrbuch, Das Schach- oder Königsspiel, und im Jahr 1624 das 500-seitige Werk Cryptomenytices et Cryptographiae libri IX, das zu seiner Zeit als Standardwerk für Kryptologie und Kryptographie galt.

Vier Jahre nach seinem Regierungsantritt wurde 1648 der Westfälische Friede geschlossen und bis zu seinem Tode im Jahre 1666 führte August keinen Krieg. Hingegen entwickelte er Wolfenbüttel – getreu seinem Wahlspruch „Alles mit Bedacht“ – zu einem geistigen und kulturellen Zentrum, das nach ganz Europa ausstrahlte. Seine Bibliothek, die er als Fürst und Herzog mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln systematisch ausbaute, wurde zur größten Sammlung von Handschriften und gedruckten Büchern des Kontinents.

Heute ist die Herzog August Bibliothek eine bedeutende Bibliothek und Forschungsstätte mit besonderem Schwerpunkt auf dem Spätmittelalter und der frühen Neuzeit.

Nachkommen

Prinzessin Klara Maria von Pommern

Erste Ehe am 13. Dezember 1607: Clara Maria von Pommern (* 10. Juli 1574; † 19. Februar 1623), Tochter von Herzog Bogislaw XIII. von Pommern (* 9. August 1544; † 7. März 1606)

  • Tochter (*/† 17. April 1609)
  • Sohn (*/† 10. Mai 1610)

Zweite Ehe am 26. Oktober 1623: Dorothea von Anhalt-Zerbst (* 25. September 1607; † 26. September 1634), Tochter von Rudolf von Anhalt-Zerbst (* 28. Oktober 1576; † 20. August 1621)

  • Heinrich August (* 28. April 1625; † 30. September 1627)
  • Rudolf August (* 16. Mai 1627; † 26. Januar 1704)
  • Sibylle Ursula (* 4. Februar 1629; † 12. Dezember 1671) - am 13. September 1663 verheiratet mit Christian Herzog von Holstein-Glücksburg (* 19. Juni 1627; † 17. November 1698)
  • Clara Augusta (* 25. Juni 1632; † 6. Oktober 1700) - am 7. Juni 1653 verheiratet mit Herzog Friedrich von Württemberg-Neuenstadt (* 19. Dezember 1615; † 24. März 1682)
  • Anton Ulrich (* 4. Oktober 1633; † 27. März 1714)

Dritte Ehe 1635: Elisabeth Sophie von Mecklenburg (* 20. August 1613; † 2. Juli 1676), Tochter von Johann Albert II. von Mecklenburg (* 5. Mai 1590; † 23. April 1636)

  • Ferdinand Albrecht I. (* 22. Mai 1636; † 23. April 1687)
  • Maria Elisabeth (* 7. Januar 1638; † 15. Februar 1687) - 1663 verheiratet mit Adolf Wilhelm II. (* 15. Mai 1632; † 21. November 1668), Herzog von Sachsen-Eisenach
  • Christoph Franz (* 1. August 1639; † 8. Dezember 1639)

Literatur

  • Paul Raabe (Hrg.), Herzog August - Sammler, Fürst, Gelehrter, Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel Ausstellungskatalog 1979, ISBN 3-88373-007-6
  • Maria von Katte, Enge Grenzen - weiter Horizont, Die Bildungsreisen Augusts des Jüngeren zu Braunschweig und Lüneburg von 1598 bis 1603, herausgegeben im Auftrag des Museumsvereins Hitzacker (Elbe) und Umgebung e.V., Wolfenbüttel 2004

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