- Prophet Jesaja
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Nevi'im (Prophetenbücher) des Tanach „Vordere“ Propheten „Hintere“ Propheten „Große“:
„Kleine“ (Zwölfprophetenbuch):
Jesaja (hebr. ישעיהו) ist neben Jeremia, Ezechiel und anderen einer der großen Schriftpropheten des Tanach, der Hebräischen Bibel. Im Kanon des Alten Testaments steht sein Buch an erster Stelle der Prophetenbücher. Jesaja wirkte im damaligen Südreich Juda zwischen 740 und 701 v. Chr. in der Zeit der Bedrohung durch die antike Großmacht Assyrien.
Er verkündete Juda, Israel und Assur Gottes Gericht, aber auch eine endzeitliche Wende zu universalem Frieden, Gerechtigkeit und Heil. Als erster Prophet Israels verhieß er den Israeliten einen zukünftigen Messias als gerechten Richter und Retter der Armen (vgl. Jesaja-Apokalypse).
Das gleichnamige biblische Buch wurde im Mittelalter in 66 Kapitel unterteilt. Davon weist historisch-kritische Bibelforschung die ersten 39 Kapitel dem Propheten Jesaja zu, Kapitel 40 bis 55 führt sie auf einen spätexilischen Propheten zurück, den sie Deuterojesaja nennt, die restlichen Kapitel auf den nachexilischen Tritojesaja.
Inhaltsverzeichnis
Entstehungshypothesen
Seit dem 19. Jahrhundert wird das Jesaja-Buch verschiedenen, teilweise unbekannten Autoren zugeschrieben, deren Verkündigung später in einem Entwicklungsprozess zu einem Buch Jesaja zusammengefasst wurden. Auf die Autorschaft des Propheten Jesaja im 8. Jahrhundert v. Chr. führt man weitgehend die Kapitel 1 bis 39 des Jesajabuchs zurück. Spätere Zusätze enthalten darin nach heutiger historisch-kritischer Sicht vor allem die Kapitel 24-27 und 33-39.
Die Kapitel 40-55 werden dem spätexilischen „Deuterojesaja“ (zweiter Jesaja) zugeschrieben, Kapitel 56-66 des Buches entweder einem einzigen Autor „Tritojesaja“ (dritter Jesaja) oder noch weiteren verschiedenen Autoren. Diese späteren Autoren könnten Teil einer von dem ursprünglichen Jesaja begründeten Denkschule oder Traditionslinie von Propheten gewesen sein.
Historisch-kritische Theologen nehmen an, dass diese Schriften schon in vorchristlicher Zeit in einem Buch zusammengefasst wurden und das Wissen um dessen komplizierte Entstehung danach verloren ging. Denn schon die berühmte Jesajarolle der Schriftfunde aus Qumran (1947), die nach Radiokarbon-Untersuchungen von 1991 und 1994 um 200 v. Chr. niedergeschrieben wurde, war eine Einheit. Auch die Septuaginta, entstanden seit dem 3. Jahrhundert v. Chr., unterteilte das Buch nicht.
Im 12. Jahrhundert n. Chr. stellte der jüdische Kommentator Abraham Ibn Esra zum ersten Mal die einheitliche Autorenschaft des Buches Jesaja in Frage. In seinem Jesajakommentar erklärte er, die zweite Hälfte (ab Kapitel 40) sei das Werk eines Propheten, der während des Babylonischen Exils lebte, bis kurz nach der Rückkehr nach Zion. Diese Auffassung setzte sich im 18. und 19. Jahrhundert in der historisch-kritischen Theologie durch:
„Alle, mit Ausnahme der konservativen Gelehrten, übernehmen heute die Hypothese Döderleins, dass die in Kapitel 40 bis 66 des Buches Jesaja enthaltenen Prophezeiungen nicht Worte des Propheten Jesaja aus dem 8. Jahrhundert v. Chr. sind, sondern aus späterer Zeit stammen.“
Aufgrund weiterer Beobachtungen von literarischen Spannungen und Widersprüchen stellte man auch die Einheit des ersten Buchteils zunehmend in Frage: So wurden beispielsweise Kapitel 15 und 16 einem unbekannten Propheten zugewiesen; Kapitel 23 bis 27, 34-35 wurden Jesaja abgesprochen, da deren Stoffe und Sprache bereits stark den Kapiteln 40 bis 66 ähnelt.
Der Exeget Charles C. Torrey fasste die Forschungslage wie folgt zusammen:
„Der einst große ‚Prophet des Exils‘ ist zu einer völlig unscheinbaren Figur zusammengeschrumpft und wird unter dem Wirrwarr von Bruchstücken fast begraben.“
Viele Evangelikale gehen von der Einheit des Jesajabuchs aus.[1] Sie erklären die sprachlichen und inhaltlichen Unterschiede zwischen den angenommenen Autoren als prophetische Zukunftsschau des ersten Jesaja. Diese vorkritische Sicht sehen historisch-kritisch ausgerichtete Theologen in der Regel als unhaltbar an. Denn ab Kapitel 40 redet der Autor von Babylon als herrschender Macht und setzt die Babylonische Gefangenschaft der Israeliten, die er trösten will, voraus. Diese fand erst über 120 Jahre nach den Ereignissen statt, die im ersten Buchteil eine Rolle spielen. Als Argumente für mehrere Autoren des Buches werden insbesondere genannt:
- Jesaja als Schreiber im 8. Jahrhundert v.Chr. hätte die Trostworte der Kapitel 40ff an die erst 150 Jahre später im Exil lebenden Juden nicht schreiben können. Der Fall Jerusalems und das Exil seien nicht voraussehbar gewesen.
- Die Vorhersage der Eroberung Babylons im Jahr 539 v.Chr. sogar unter Nennung des Namens des Eroberers „Kyros“ (Jesaja 44,28; 45,1) sei einem im 8. Jahrhundert v.Chr. lebenden Jesaja nicht möglich gewesen.
- Der Autor der Kapitel 40ff muss die babylonischen Verhältnisse gekannt haben (Jesaja 44,27; 45,1: Flüsse, die das Land durchqueren, 43,14: Schifffahrt darauf, Kapitel 47: üppiges Leben in Babylon).
- Unterschied im Sprachgebrauch und Stil.
Dagegen wird eingewandt:
- Jesaja konnte als ein Prophet Gottes Zukünftiges voraussagen. Und gerade das stärke die Bedeutung der Trostworte der Kapitel 40ff für die Juden im Exil: Gott hat ihre Gefangenschaft vorhergesehen, aber genauso gewiss ist auch die Vorhersage der Errettung aus der Gefangenschaft.
- Während einige computergestützte statistische Untersuchungen zu dem Ergebnis kommen, dass beide Teile unmöglich auf einen einzigen Autor zurückgeführt werden können, kommen andere computergestützte Untersuchungen zu anderen Ergebnissen.
- Das markante Motiv von Licht und Finsternis findet sich im gesamten Buch. Themen des zweiten Teils finden sich auch schon im ersten (z.B. Trost in 12,1 und 30,19ff).
- Verglichen mit den geographischen, zoologischen und botanischen Kenntnissen Hesekiels, der eindeutig im babylonischen Exil zu Hause war, fallen die Kenntnisse Jesajas spärlich aus. Er kann sein Wissen durchaus z.B. von Assyrern erworben haben, die nach Samarien deportiert worden waren. Der Schreiber von Kapitel 40ff hatte Kenntnisse über Zedern, Zypressen und Eichen, die es in Babylonien so nicht gibt (Jesaja 41,19; 44,14).
- Der vorliegende Urtext geht geschlossen von einem einzigen Buch aus (vgl. auch die in Qumran gefundene Jesaja-Rolle und die Septuaginta).
- Die neutestamentlichen Autoren sprechen von dem „Propheten Jesaja“, wenn sie Verse aus Kapitel 40ff zitieren und gehen damit offensichtlich von einem einzigen Verfasser des Buches aus (Johannes 12,38-41 zitiert Jesaja 53,1 und 6,9.10 als von einem „Jesaja“ stammend; Matthäus 12,17 nimmt Bezug auf Jesaja 42,1; Matthäus 3,3 und Lukas 3,4 auf Jesaja 40,3; Apostelgeschichte 8,28 auf Jesaja 53,1; Römer 10,20 auf Jesaja 65,1)
- Der außerbiblische Autor Ben Sira betrachtete um 180 v.Chr. die Kapitel 40ff wie selbstverständlich als von Jesaja, dem Sohn des Amoz, geschrieben; genauso der jüdische Schriftsteller Josephus Ende des 1. Jahrh. n.Chr. (Josephus, Antiquitates XI, 1.2, §§ 5-6).
- Bei Zeitgenossen Jesajas und Propheten des 7. Jahrh. v.Chr. finden sich Berührungen und Anklänge zu Kapitel 40ff (z.B. Jesaja 41,15f. und Micha 4,13; Jesaja 47,2 und Micha 1,1; Jesaja 48,2 und Micha 3,11; Jesaja 26,21 und Micha 3,1; Jesaja 47 und Nahum 3,4f; Jesaja 52,7 und Nahum 2,1; Jesaja 47,8.10 und Zefanja 2,15; Zefanjas Nähe zu Jesaja 13; 21,1-10 und 40-66; Jesaja 41,7 44,12-15 46,7 und Jeremia 10,1-16). Wer für einen Deuterojesaja eintritt, nimmt allerdings an, dieser habe sich an die Zeitgenossen des ersten Jesajas angelehnt. [2]
Inhalt
Das Buch ist in folgende Abschnitte unterteilt:
- Gericht über Juda und Jerusalem (Kap. 1 bis 5)
- Jesajas Wirken in der Anfangszeit (Kap. 6 bis 9)
- Ein Rest wird gerettet (Kap. 10 bis 12)
- Das Gericht über die Völker (Kap. 13 bis 23 und 34)
- Weltgericht und Erlösung Israels (Kap. 24 bis 27)
- Zwischen Assyrien und Ägypten (Kap. 28 bis 33)
- Die Assyrer vor Jerusalem (Kap. 35 bis 39)
- Trost für die Verschleppten (Kap. 40 bis 55)
- Die kommende Heilszeit (Kap. 56 bis 66)
Die ersten 39 Kapitel bestehen überwiegend aus Prophezeiungen, in denen Jesaja den Nationen droht, die Juda verfolgen. Zu den Nationen gehören unter anderem Assyrien, Ägypten, Babylonien, Syrien und Moab. Generell besagen die Prophezeiungen, dass Gott der Herr der Welt sei und alle ungläubigen Völker bestraft, die sich sicher genug fühlen. Jesaja erwähnt hier auch einen Messias, eine geweihte Person, die Macht von Gott bekommen hat, und dessen Königreich, in dem Gerechtigkeit vorherrschen werde. Interessant an dieser Prophezeiung ist, dass Jesaja konkret darüber schreibt, von wem dieser Messias abstammen wird. Bei Jesaja 11,1 heißt es nämlich, dass der Messias ein Nachkomme von König David sein wird.
Ab Kapitel 40 wird die Befreiung der nach Babylonien verschleppten Juden vorhergesagt. Dabei beteuert der Autor, dass die Juden das auserwählte Volk des Herrn seien und dass JHWH ihr einziger Gott sei.
Die letzten Abschnitte enthalten poetisch formulierte Prophezeiungen über die prächtige Zukunft Zions. Obwohl das Buch die Verdammung von falschen Götzendienern erwähnt, endet es mit einer Nachricht der Hoffnung auf einen rechtschaffenen Herrscher. Die Wirkungszeit des Propheten in Jerusalem beträgt etwa 40 Jahre.
Im Buch Jesaja werden die Seraphim dargestellt und Immanuel und die Verheißung des Friedefürsten erwähnt.
Siehe auch
Literatur
Einführung
- Ulrich Berges: Das Buch Jesaja. Komposition und Endgestalt. Herders biblische Studien, Band 26. Herder, Freiburg u.a. 1998 - ISBN 3-451-26592-3
- Peter Höffken: Jesaja. Der Stand der theologischen Diskussion. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004 ISBN 3-534-15589-0
- Otto Kaiser: Jesaja/Jesajabuch. In: Theologische Realenzyklopädie 16 (1987), S. 636-658 (Einführung und Lit.)
- Claus-Dieter Stoll: Umstrittene Verfasserschaft am Beispiel des Jesaja-Buches, in: E. Hahn, R. Hille, H.-W. Neudorfer (Hrsg.): Dein Wort ist Wahrheit. Festschrift für Gerhard Maier. Beiträge zu einer schriftgemäßen Theologie, Wuppertal 1997, ISBN 3-417-29424-X, S. 165 - 187.
Kommentare
- Wim Beuken: Jesaja 1-12. Herders theologischer Kommentar zum Alten Testament. Herder, Freiburg i. Br. u.a. 2003. (367 S.) - ISBN 3-451-26834-5
- Joseph Blenkinsopp: Isaiah. New York 2000-2003
- Bd. 1: Isaiah 1-39. A New Translation with Introduction and Commentary. The Anchor Bible 19. Doubleday, New York 2000. (524 S.) - ISBN 0-385-49716-4
- Bd. 2: Isaiah 40-55. A New Translation with Introduction and Commentary. The Anchor Bible 19A. Doubleday, New York 2002. (411 S.) - ISBN 0-385-49717-2
- Bd. 3: Isaiah 56 - 66. A New Translation with Introduction and Commentary. The Anchor Bible 19B. Doubleday, New York 2003. (348 S.) - ISBN 0-385-50174-9
- Peter Höffken: Das Buch Jesaja. Neuer Stuttgarter Kommentar - Altes Testament, Verlag Katholisches Bibelwerk 1993/1998
- Bd.1: Kapitel 1-39. 1993 (272 S.) - ISBN 3-460-07181-8
- Bd.2: Kapitel 40-66. 1998 (282 S.) - ISBN 3-460-07182-6
- Jan L. Koole: Isaiah. Bd. 3/3: Isaiah chapters 56-66. Historical commentary on the Old Testament. 2001. (531 S.) - ISBN 90-429-1065-8
- John A. Martin: Jesaja, in: John F. Walvoord/Roy F. Zuck (Hrsg.): Das Alte Testament erklärt und ausgelegt, Band 3, Neuhausen-Stuttgart 2. Auflage 1998, ISBN 3-7751-1570-6
- Dieter Schneider: Der Prophet Jesaja. Wuppertaler Studienbibel.AT. Brockhaus, Wuppertal/Zürich 1988/1990. (allgemeinverständlich, anwendungsorientiert)
- Bd. 1: Kap. 1 bis 39. 1988 (496 S.) - ISBN 3-417-25216-4
- Bd. 2: Kap. 40 bis 66. 1990 (335 S.) - ISBN 3-417-25217-2
- Hans Wildberger: Jesaja, in: Biblischer Kommentar Altes Testament, Band 1-3, Neuenkirchen 1972-1982 (großer und umfassender, wissenschaftlicher Kommentar)
Einzelstudien
- Adrian Schenker: Knecht und Lamm Gottes (Jesaja 53). Übernahme von Schuld im Horizont der Gottesknechtlieder. Stuttgarter Bibelstudien 190. Verl. Kath. Bibelwerk, Stuttgart 2001 - ISBN 3-460-04901-4
- Ernst Modersohn: Der einzigartige Tausch. Auslegungen zu Jesaja 53, VLM Verlag, TELOS-Bücher, Lahr 6. Aufl. 1994, ISBN 3-88002-548-7
- Hanna Liss: Die unerhörte Prophetie. Kommunikative Strukturen prophetischer Rede im Buch Yesha'yahu. Arbeiten zur Bibel und ihrer Geschichte 14. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2003 - ISBN 3-374-02055-0
Einzelnachweise
- ↑ Siehe dazu unter anderem:
- O.T. Allis: The Unity of Isaiah, Philadelphia 1950/London 1952.
- G.L. Archer: Einleitung in das Alte Testament, Bd. 2, Bad Liebenzell 1989, S. 215 ff.
- John A. Martin: Jesaja, in: John F. Walvoord/Roy F. Zuck (Hrsg.): Das Alte Testament erklärt und ausgelegt, Band 3, Neuhausen-Stuttgart 2. Auflage 1998, ISBN 3-7751-1570-6, S. 6 f.
- William McDonald: Kommentar zum Alten Testament, Bielefeld 1. Auflage 2005, S. 926 - 928, ISBN 3-89397-657-4.
- Claus-Dieter Stoll: Umstrittene Verfasserschaft am Beispiel des Jesaja-Buches, in: E. Hahn, R. Hille, H.-W. Neudorfer (Hrsg.): Dein Wort ist Wahrheit. Festschrift für Gerhard Maier. Beiträge zu einer schriftgemäßen Theologie, Wuppertal 1997, ISBN 3-417-29424-X, S. 165 - 187.
- E. Young: Who Wrote Isaiah?, Grand Rapids 1958.
- ↑ Claus-Dieter Stoll: Umstrittene Verfasserschaft am Beispiel des Jesaja-Buches, in: E. Hahn, R. Hille, H.-W. Neudorfer (Hrsg.): Dein Wort ist Wahrheit. Festschrift für Gerhard Maier. Beiträge zu einer schriftgemäßen Theologie, Wuppertal 1997, ISBN 3-417-29424-X, S. 165 - 187.
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