Proskinese

Proskinese
Jehus fußfällige Unterwerfung vor Salmanassar
Byzantinisches Elfenbeinrelief des 10. Jahrhunderts; links unten ein Stifter, der sich in der byzantinischen Form der Proskynese der Gottesmutter zu Boden wirft (Bayerisches Staatsmuseum München)

Der Ausdruck Proskynese, (v. griech.: προσκυνήσις [proskynesis] = „Kuss auf etwas zu“) bezeichnet die vor allem in den Reichen des Alten Orients geübte Geste der Anbetung, Ehrerbietung und Unterwerfung.

Die Proskynese bestand meist darin, dass sich der Untertan dem Herrscher zu Füßen warf, das heißt mindestens auf die Knie ging und den Kopf zu Boden neigte, manchmal auch sich mit dem Gesicht nach unten flach auf den Boden legte. Er legte die Hand beziehungsweise Finger zum Kuss auf den Mund und streckte diese dann in Richtung auf die zu verehrende Götter- oder Herrschergestalt aus. In der Bibel ist die Proskynese eine bekannte kultische Geste.

In der Forschung wird Proskynese vielfach als Synonym von „Fußfall“ benutzt, doch ist diese Gleichsetzung zumindest für die Frühzeit problematisch: Vieles deutet darauf hin, dass mit „Proskynese“ ursprünglich keineswegs immer ein Fußfall verbunden war, sondern dass diese Ehrenbezeugung im Alten Orient auch in Form einer knappen Verneigung nebst Luftkuss erfolgen konnte. Viele Gelehrte glauben heute, der Fußfall sei zunächst nur von bestimmten Personenkreisen verlangt worden.

Alexander der Große soll diesen Brauch übernommen oder geduldet haben und um 330 (vergeblich) versucht haben, ihn als verbindliches Element des Hofzeremoniells vorzuschreiben. Dabei übernahm er die persische Sitte, nicht nur den Göttern, sondern auch dem (nicht als Gott betrachteten) Großkönig auf diese Weise zu huldigen (laut Arrian tat er dies explizit in der Absicht, göttliche Ehren zu beanspruchen). Alexanders griechisch und makedonische Soldaten scheint dieser Gestus irritiert zu haben: Im klassischen Griechenland und in Rom war er Menschen gegenüber unüblich, bis er (spätestens) unter Kaiser Diokletian als adoratio purpurae ("Verehrung des [kaiserlichen] Purpurs") eingeführt wurde. Im christlichen Oströmischen bzw. Byzantinischen Reich gehörte die Proskynese dann zum gängigen Hofzeremoniell; dabei war spätestens seit Justinian I. mit Sicherheit stets ein regelrechter Fußfall (Prostratio) gemeint.

Herrnhuter fallen nieder zum Gebet. Titelkupfer: Christliches Gesangbuch der evangelischen Brüder Gemeinen 1735

In der orthodoxen und katholischen Theologie bezeichnet Proskynese diejenige einfache Verehrung, die man auch Heiligen, Ikonen etc. zukommen lassen darf, im Gegensatz zur Latreia (Anbetung), die nur dem dreifaltigen Gott zusteht.

In der katholischen Kirche, die viele Elemente des spätantiken Hofzeremoniells übernahm, hat sich die Proskynese als Prostratio in der Karfreitagsliturgie und unter anderem in der Liturgie der Priesterweihe erhalten. Zu Beginn der Karfreitagsliturgie werfen sich der Priester und die Konzelebranten vor dem vollkommen leeren Altar nieder. In gleicher Weise tun dies Weihekandidaten während der Allerheiligenlitanei ihres Weihegottesdienstes.

Die Proskynese lebt heute auch im Luftkuss sowie in der muslimischen Gebetshaltung (siehe: Salat (Gebet)) fort.

Siehe auch: Kotau, Byzantinismus, Gruß

Literatur

  • G. Weiß: Proskynese. In: Lexikon des Mittelalters, Bd. 7, Sp. 265f.
  • Josef Wiesehöfer: Proskynesis. In: Der Neue Pauly, Bd. 10, 2001, Sp. 443f.
  • Josef Wiesehöfer: "Denn ihr huldigt nicht einem Menschen als eurem Herrscher, sondern nur den Göttern". Bemerkungen zur Proskynese in Iran", in: C.G. Cereti / M. Maggi / E. Provasi (Hgg.), Religious Themes and Texts of Pre-Islamic Iran and Central Asia. Studies in Honour of Gh. Gnoli on the Occasion of his 65th Birthday on 6th December 2002, Wiesbaden 2003, S. 447-452.

Weblinks


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