- Katatone Schizophrenie
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Klassifikation nach ICD-10 F20.2 katatone Schizophrenie ICD-10 online (WHO-Version 2011) Die katatone Schizophrenie entspricht einer Unterform der Schizophrenien, bei der psychomotorische Störungen das klinische Bild beherrschen. Dennoch sind andere Symptome der Schizophrenie häufig: Stimmenhören, Angst, Denkstörungen, paranoides Erleben. Das Krankheitsbild wurde von dem deutschen Psychiater Kahlbaum im Jahr 1874 erstmals beschrieben.[1] Später beschäftigte sich insbesondere der Neurologe und Psychiater Karl Leonhard (1904–1988) fundiert mit diesem Thema. Durch die Einführung der operationalisierten Kriterienkataloge ICD-10 und DSM-IV und die Diffusion der Fächer Neurologie und Psychiatrie wird das Krankheitsbild immer seltener diagnostiziert.
Inhaltsverzeichnis
Genese
Die Genese aller schizophrenen Formen ist derzeit noch nicht geklärt. Man geht heute bei den katatonen Unterformen ebenso wie bei den anderen Schizophrenieformen von einer multifaktoriellen Genese mit genetischen, psychodynamischen und umweltbedingten Faktoren aus. In einer der differenziertesten psychopathologischen Schulen, der Wernicke-Kleist-Leonhard-Richtung geht man davon aus, dass die Schizophrenien – auch die katatonen Formen – eine heterogene Krankheitsgruppe darstellen, wobei die Unterform „periodische Katatonie“ (Klassifikation nach Karl Leonhard) genetische Ursachen haben könnte, während die chronischen Katatonien auf maternale Infektionen im mittleren Trimenon (Schwangerschaftsdrittel) zurückzuführen sein dürften. Mit dem Nachweis des Suszeptibilitätsgens 15q15 gelang der Nachweis einer genetischen Prädisposition dieses schubförmig verlaufenden Subtyps.
Symptome
Im Krankheitsverlauf kann es zu den folgenden Symptomen kommen:
- Mutismus
- Katalepsie
- Flexibilitas cerea
- Negativismus
- Befehlsautomatie
- Echolalie
- Raptus
- Stupor
- Manierismen
- Ambitendenz
- Verharren
- Mitgehen
- Proskinese
Geht der Stupor mit Fieber einher, spricht man von einer perniziösen oder malignen Katatonie. Dieses vital bedrohliche Erscheinungsbild bot früher nur minimale Überlebenschancen. Dank der Therapiemöglichkeiten mit modernen Behandlungsmethoden (Intensivstation und -therapie, Benzodiazepine, Neuroleptika, Elektrokonvulsionstherapie) überleben inzwischen fast alle betroffenen Patienten. Die Diskussion, ob die "perniziöse" oder "maligne" Katatonie mit dem lebensbedrohlichen Krankheitsbild "Malignes Neuroleptisches Syndrom" (MNS) identisch ist, wurde bisher nicht abschließend gelöst. Der Krankheitsverlauf ist ähnlich, das Bild der tödlichen Katatonie ist vor über 100 Jahren erstbeschrieben, das Bild des MNS existiert dagegen erst seit Einführung der Neuroleptika in den 1960er Jahren.
Therapie
Die Behandlung von Symptomen aus dem katatonen Spektrum erfolgt initial meist mit Benzodiazepinen, um die Katalepsie zu durchbrechen und die dabei oft vorhandene massivste Angst zu mildern. Die Behandlung der katatonen Schizophrenie erfolgt, wie bei den anderen schizophrenen Formen, mit Neuroleptika. Sogenannte Stimmungsstabilisatoren wie Lithium, Valproinsäure, Carbamazepin, Lamotrigin und Olanzapin können zur Langzeitstabilisierung überaus hilfreich sein. Die Katatonie kann mittels Elektrokrampftherapie (EKT) oft rasch und effizient behandelt werden. Aufgrund der GABAA-Glutamat-Hypothese der Katatonie kann bei Versagen einer Therapie mit Benzodiazepinen wie Lorazepam auch ein Therapieversuch mit Dopaminagonisten oder Amantadin (einem NMDA-Rezeptor-Antagonisten) erwogen werden.[2]
Literatur
- Christian Meisser: Drei Dekaden katatone Schizophrenie (1920–1949). Eine vergleichende retrospektive Studie, Universität Zürich 1987. (Dissertation)
Einzelnachweise
- ↑ Kahlbaum, KL: Katatonie oder das Spannungsirresein. Hirschwald, Berlin, 1874
- ↑ Caroff SN, Mann SC et al. (Eds) 2004: Catatonia: From psychopathology to neurobiology. American Psychiatric Publishing Arlington
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