Pulcinella

Pulcinella
Pulcinella nach einer Figurine von Maurice Sand

Pulcinella (neapolitanisch: Pulecenella, französisch Policinelle oder Polichinelle) ist ursprünglich eine Figur des süditalienischen und neapolitanischen Volkstheaters. Dort ist er, gesichert seit der Zeit der Renaissance, zumeist als ein schlauer, listiger, grober und zugleich einfältiger und tölpelhafter, gefräßiger Diener bäuerlicher Herkunft zu finden. Der Name bedeutet „kleines Küken“ (italienisch pulcino für „Küken“ mit der Verkleinerung -ella, gekreuzt mit pullo für „dunkel, schwarz“).[1] Möglicherweise lässt sich der Name auf einen Schauspieler namens Puccio d’Agnello zurückführen, der als Bauer mit flinker Zunge zu wandernden Theatertruppen gestoßen sein soll.[2]

Die Gestalt hatte zumeist einen Buckel, häufig eine lange Vogelnase, die ihm einen füchsischen Gesichtsausdruck verleiht. Sein ursprüngliches Kostüm war aus grobem Stoff in grünen, braunen oder roten Farben gehalten. Dieses wandelte sich allmählich zu einem weißen Kostüm mit weiten Ärmeln und einer schwarzen Halbmaske und einem spitzen Hut.

Von Süditalien aus verbreitet sich die Maske des Pulcinella mit den Wandertruppen der Commedia dell’arte allmählich nach Norden. Es wird jedoch vermutet, dass sie (vor-)römische Ursprünge in der Figur des Muccus des Atellanentheaters hat. Gleichzeitig entstanden aus dieser Figur verwandte Masken. Im deutschsprachigen Raum etwa beeinflusste bzw. diente er als Vorlage für die Figuren Hanswurst oder Kasperl im deutschen und im Alt-Wiener Volkstheater, in England den Punch und Jack Pudding, Jan Klaassen in den Niederlanden, Mester Jockel in Dänemark oder Petruschka in Russland. Ab dem 17. Jahrhundert verblasst jedoch diese Figur und wird immer mehr von der Bühne verdrängt.

Goethe spricht bewundernd von dieser Figur: „Ein Hauptspaß dieser niedrig-komischen Personnage [...] bestand darin, daß er zuweilen auf der Bühne seine Rolle als Schauspieler auf einmal ganz zu vergessen schien.“ Allerdings sei das „Theater“ des Pulcinella „von solchem Ruf, daß niemand in guter Gesellschaft sich rühmt, darin gewesen zu sein.“[3] Und weiter: „Der Pulcinell ist in der Regel eine Art lebendiger Zeitung. Alles, was den Tag über sich in Neapel Auffallendes zugetragen hat, kann man abends von ihm hören. Diese Lokalinteressen, verbunden mit dem niedern Volksdialekt, machen es jedoch dem Fremden fast unmöglich, ihn zu verstehen.“[3] Auch Franz Grillparzer erwähnt ihn in den Aufzeichnungen seiner Reise nach Italien vom Mai 1823 in Neapel.

Igor Strawinsky setzte ihm im Jahr 1920 mit seiner Musik zum gleichnamigen Ballett ein Denkmal.

Einzelnachweise

  1. Sprache, Sprachvergleich, Etymologie, Sprachen: Pulcinella
  2. Nils Jockel: Commedia dell’Arte zwischen Straßen und Palästen, Hamburg 1983
  3. a b Johann Peter Eckermann: Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens, 14. Februar 1830, zitiert nach Projekt Gutenberg-DE

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