Pyrogene Kieselsäuren

Pyrogene Kieselsäuren
Strukturformel
Keine Strukturformel vorhanden
Allgemeines
Name Siliciumdioxid
Andere Namen

Siliziumoxid, Siliziumdioxid

Summenformel SiO2
CAS-Nummer
  • 14808-60-7 (Quarz)
  • 7631-86-9 (Siliciumdioxid, kolloidal)
  • 60676-86-0 (Siliciumdioxid, glasartig)
Eigenschaften
Molare Masse 60,1 g/mol
Aggregatzustand

fest

Dichte

je nach Modifikation zwischen 1,9 und 4,29 g/cm³, meist 2,2 (amorph) bis 2,65 (kristallin) g/cm³

Schmelzpunkt

1713 °C[1]

Siedepunkt

>2200 °C[1]

Löslichkeit

unlöslich in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung [1]
keine Gefahrensymbole
R- und S-Sätze R: keine R-Sätze
S: 22
WGK nicht wassergefährdend[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Brechungsindex 1,47 ± 0,015 (bei amorpher Dünnschicht)
Durchbruchfeldstärke 4–10 MV/cm
(abhängig vom Herstellungsverfahren. z. B. bei nasser thermischer Oxidation 4–6 MV/cm bei trockener höher.)

Siliciumdioxid (häufig auch: Siliziumdioxid) ist eine Sammelbezeichnung für die Modifikationen der Oxide des Siliciums mit der Summenformel SiO2.

Im deutschen Sprachraum wird fälschlich für Siliciumdioxid die Bezeichnung Kieselsäure benutzt. Nicht korrekt ist auch die Gleichsetzung von Siliciumdioxid mit Sand. Der Großteil der Sandvorkommen besteht allerdings aus Siliciumdioxid (Quarz), denn er ist nicht nur häufig, sondern auf Grund seiner Härte und seiner chemischen Widerständigkeit besonders verwitterungsbeständig. Siliciumdioxid ist der Hauptbestandteil aller (Quarz-)Gläser.

Inhaltsverzeichnis

Mineralogie und Vorkommen

Nichtkristallines (amorphes) SiO2 kommt natürlich in weitgehend reiner Form – auch in vulkanischen Gläsern und Tektiten – vor, die in ihrer Zusammensetzung sehr inhomogen und uneinheitlich sind:

  • biogen: Skelette von Radiolarien, Diatomeen und Schwämmen aus Opal, diagenetisch zu Gestein verfestigt, zum Beispiel zu Kieselschiefer
  • Geyserit: amorphe Sinterprodukte heißer Quellen
  • Tachylit: vulkanisches Glas basaltischer Zusammensetzung, das neben SiO2 größere Gehalte an FeO, MgO, CaO und Al2O3 enthält
  • Obsidian: vulkanisches Glas granitischer Zusammensetzung
  • Tektit: Gesteinsgläser entstanden durch Schmelzen von Gestein infolge von Meteoriteneinschlägen
  • Lechatelierit: reines natürliches SiO2-Glas wie es z. B. in Tektiten vorkommt oder bei Blitzeinschlägen in Quarzsande entsteht (Fulgurit)
  • Opal
  • SiO2-Schmelze: bei Temperaturen oberhalb von 1727 °C (bei 1 bar)

Im Gegensatz zum amorphen SiO2 haben die kristallinen Formen nur eine sehr geringe Toleranz gegenüber Verunreinigungen. Sie unterscheiden sich nur in ihrer Struktur.

  • Moganit (Chalcedon):
  • α-Quarz (Tiefquarz): Bildungsbedingungen: Temperatur T < 573 °C, Druck p < 20 kbar
  • β-Quarz (Hochquarz): 573 °C < T < 867 °C, p < 30 kbar
  • Tridymit: 867 °C < 1470 °C, p < 5 kbar
  • Cristobalit: 1470 °C < 1727 °C
  • Coesit: 20 kbar < p < 75 kbar
  • Stishovit: 75 kbar < p < ? kbar

Siliciumdioxid bildet als Teil von Silikaten wie z. B. Feldspat, Tonmineralen oder in freier Form als Quarz den Hauptbestandteil der Erdkruste und somit auch die häufigste Siliciumverbindung.

Kieselsäureanhydrid

In der Natur kommen Stützgerüste aus Kieselsäureanhydrid in pflanzlichen und tierischen Lebewesen vor, etwa bei den im Meer weit verbreiteten Kieselalgen (Diatomeen) und Strahlentierchen (Radiolarien) und Glasschwämmen (Hexactinellida) sowie beim Schachtelhalm. Die Kieselsäureanhydrid-Skelette abgestorbener Kieselalgen und Strahlentierchen sinken auf den Meeresgrund, reichern sich dort an und bilden Ablagerungen aus Kieselgur (Diatomeenerde) bzw. Radiolarienschlamm. Ablagerungen aus dem Miozän enthalten 70–90 % SiO2, 3–12 % Wasser und Spuren von Metalloxiden.

Chemische Eigenschaften

Wasser und Säuren vermögen SiO2 praktisch nicht aufzulösen, ausgenommen Flusssäure (HF), von der es unter Bildung von gasförmigem Siliciumtetrafluorid (SiF4) angegriffen wird. Alkalischmelzen und – in schwächerem Ausmaß – auch wässrige Alkalilaugen lösen besonderes amorphes Siliciumdioxid.

Technische Herstellung

Synthetisches SiO2, das meist amorph vorliegt, wird großtechnisch in unterschiedlichen Prozessen in großen Mengen erzeugt.

Die großtechnische Herstellung von synthetischem SiO2 erfolgt hauptsächlich über Fällungsprozesse ausgehend von Wasserglas, das durch Aufschließen von Quarzsand mit Natriumcarbonat oder Kaliumcarbonat erhältlich ist. So erzeugtes SiO2 nennt man je nach Prozessbedingungen Fällungskieselsäuren oder Kieselgele. Eine weitere wichtige Herstellungsvariante ist die Erzeugung von so genanntem pyrogenen SiO2 in einer Knallgasflamme, ausgehend von flüssigen Chlorsilanen wie Siliciumtetrachlorid (SiCl4). Wichtige Hersteller von synthetischen Kieselsäuren sind Degussa, Wacker-Chemie, Rhodia, Grace und andere.

Pyrogene Kieselsäuren sind amorphe SiO2-Pulver von 5-50nm Durchmesser und mit einer spezifischen Oberfläche von 50-600 m²/g. Der Name verweist auf das häufig angewandte Herstellungsverfahren durch Flammenhydrolyse: der bei der Verbrennung von Knallgas entstehende Wasserdampf zersetzt Silane zu SiO2.

Technische Anwendung

Synthetisches SiO2 spielt im Alltag meist unbemerkt eine große Rolle. In Farben und Lacken, Kunst- und Klebstoffen ist es ebenso wichtig wie in modernen Fertigungsprozessen in der Halbleitertechnik oder als Pigment in Inkjetpapier-Beschichtungen. Als ungiftige Substanz ist es in pharmazeutischen Artikeln genauso vertreten wie in kosmetischen Produkten, wird in Lebensmittelprozessen (z. B. Bierklärung) und als Putzhilfe in Zahnpasta verwendet. Auch findet Siliziumdioxid Anwendung in der biologischen Landwirtschaft; es wird dort in Form eines feinen Pulvers zur Vorbeugung gegen Kornkäferbefall mit Getreide vermischt. Mengenmäßig zu den Hauptanwendungen zählen der Einsatz als Füllstoff für Kunststoffe und Dichtmassen, insbesondere in Gummiartikeln. Moderne Autoreifen profitieren von der Verstärkung durch ein spezielles SiO2-System und sparen dabei gegenüber den traditionell nur mit Ruß gefüllten Gummimischungen ca. 5 % Treibstoff bei gleichzeitig verbesserten Sicherheitsleistungen.

Die mengenmäßig größte Bedeutung kommt Siliciumdioxid natürlich in Form von Glas zu. Meistens wird es mit Stoffen wie Aluminiumoxid, Bortrioxid, Calcium- und Natriumoxid vermischt, um die Schmelztemperatur zu senken, die Verarbeitung zu erleichtern oder die Eigenschaften des Endprodukts zu verbessern. Reines Siliciumdioxid ist schwer schmelzbares Quarzglas, das dafür aber besonders robust ist.

Quarzglas wird in der Optik in Form von Linsen, Prismen, etc. verwendet. In der Mikrosystemtechnik oder Nanotechnologie häufig auch als Maskenträger, als Gate-Oxid im MOSFET und als Isolierschichten in ICs (integrierten Schaltkreisen). Im chemischen Labor wird Quarzglas als Geräteglas eingesetzt, sobald besonders hohe Temperatur-Wechsel-Beständigkeit, chemische Beständigkeit beziehungsweise UV-Durchlässigkeit gefordert werden. Üblicherweise verwendet man im Labor das ebenfalls relativ beständige Borosilikatglas.

Ein weiteres Anwendungsgebiet von Siliciumdioxid ist die Betonherstellung. So ist dieser Stoff Hauptbestandteil von Microsilica, einem Zusatzstoff bei der Produktion von Hochleistung- und Ultrahochleistungsbetonen (C100...). Der Silicastaub reagiert mit dem Calciumhydroxid (Ca(OH)2), das bei der Zementhydratation freigesetzt wird und formt so genannte Calciumsilicathydrat-Phasen. Weiter führen die Partikel in der Größenordnung von 0,1 µm zu einer mechanischen Erhöhung der Festigkeit, indem der Kapillarporenanteil im Zementstein verringert wird.

Auch wird SiO2 zunehmend in der Lebensmittelindustrie als Lebensmittelzusatzstoff (E 551) eingesetzt. So findet man es beispielsweise in Gewürzen und Gewürzmischungen.

Eine weitere Verwendungsmöglichkeit für Siliziumdioxid findet sich in der Pyrotechnik. Dort wird es unter anderem für die Herstellung von Brandgelen verwendet.

Siliciumdioxid in the Halbleitertechnologie

In der Halbleitertechnik werden Siliciumoxidschichten vorwiegend als Dielektrika eingesetzt. Die einfachste Art der Herstellung von Siliciumoxidschichten auf Silicium ist die Oxidation des Siliciums durch Sauerstoff. Dieser Prozess findet in Rohröfen, heutzutage meist Vertikalöfen statt.

Si + O2 → SiO2

Die trockene Oxidation findet bei Temperaturen von 850 - 1200°C statt und verläuft relativ langsam, aber mit sehr guter Gleichmäßigkeit. Bei der feuchten Oxidation wird die Abscheidung des Oxids stark beschleunigt. Die Feuchtigkeit wird meist über einen Knallgasbrenner eingebracht, d.h. Wasserstoff und Sauerstoff werden unmittelbar vor Einbringung in den Ofen zur Reaktion gebracht, wobei sich das gewünschte Wasser in sehr großer Reinheit bildet.

Soll Siliciumoxid auf einem anderen Substrat als Silicium gebildet werden, ist die Abscheidung von beiden Elementen aus der Gasphase nötig.[2]
Die Oxidabscheideverfahren finden fast alle bei reduziertem Druck statt (LPCVD). Es gibt mehrere gängige Methoden. Im LTO-Verfahren (low temperature oxid) wird bei ca. 430°C verdünntes Silan direkt mit Sauerstoff umgesetzt:

SiH4 + O2 → SiO2 + 2 H2

Bei höheren Temperaturen (900°C) lässt sich SiO2 im sogenannten HTO-Verfahren (high temperature oxid) aber auch aus einer Kombination von Dichlorsilan und Lachgas bilden:

SiH2Cl2 + 2 N2O → SiO2 + Zersetzungsprodukte

TEOS-Verfahren. Eine viel genutzte Verbindung für die Aufbringung von Siliciumdioxidschichten ist TEOS (Tetraethoxysilan), das sich leicht thermisch zersetzten lässt:

Si(OC2H5)4 → SiO2 + Zersetzungsprodukte

Quellen

  1. a b c d e Sicherheitsdatenblatt Merck
  2. Herstellung von Siliciumdioxidschichten in der Halbleitertechnologie. Abgerufen am 25. April 2009.

Siehe auch

Weblinks


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