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5,7 x 28 mm Allgemeine Information Entwickler: Fabrique National Herstal Patronenbezeichnung: 5,7 x 28 mm alternative Bezeichnungen: 5,7 mm FN; 5,7 mm P90 Nominalkaliber: 5,7 mm Hülsenart: Flaschenhalspatrone Hülsenboden: randlos, mit Ausziehrille Zündart: Boxerzündung "Small Pistol" Maximalmaße (nach C.I.P.) Geschossdurchmesser: 5,70 mm Hülsenlänge: 28,00 mm Max. Patronenlänge: 40,50 mm Hülsenhalsdurchmesser: 6,38 mm Durchmesser Pulverraum: 7,95 mm Durchmesser Hülsenrand: 7,80 mm Max. Gasdruck: 3450 bar (345 Mpa) Patrone SS190 Geschossgewicht: 2,1 g Geschwindigkeit (V0): 716 m/s Energie (E0): 538 Joule Bei der Patrone 5,7 x 28 mm handelt es sich um eine von der belgischen Firma FN Herstal, SA hergestellten Munition für Handfeuerwaffen. Diese ab etwa 1985 entwickelte Munition entspricht neuen taktischen Erfordernissen von Militär und Polizei.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Grundlagen für die Entwicklung
Grundlage der Entwicklung war die Erkenntnis, dass die in Pistolen und Maschinenpistolen verwendete Munition 9 x 19 mm die meisten Splitterschutzwesten und Leichtschutzwesten nicht durchschlagen kann. Einfache, zuschießende Maschinenpistolen sind außerdem auf realistische Kampfentfernungen bis 200 m zu unpräzise. Gleichzeitig sind Gewehre für Patronen 5,56 x 45 mm für Militärpersonal wie Fahrer oder Geschützbedienungen zu unhandlich.
Bereits 1979 wurde in der Sowjetunion von Aleksandr Bochkin die Patrone 5,45 x 18 mm PMT entwickelt. Als Pistolenpatrone wirkte sie wie eine verkleinerte Ausführung der für das AK-74 entwickelten 5,45 x 39 mm-Munition. Sie hatte entscheidende Vorteile gegenüber der bis dahin verwendeten 9 x 18 mm Makarov. Diese Patrone war in der Lage 55 Lagen Kevlar zu durchdringen. [1]
Der Wunsch westlicher, militärischer Nutzer war eine Reichweite von 150 m mit hoher Trefferwahrscheinlichkeit bei Feuerstößen, sowie eine Penetrationsfähigkeit gegenüber Kevlar-Splitterschutzwesten und Leichtschutzwesten aus Titanium-Kevlar-Verbund (Crisat-Westen). Die Munition sollte eine flache Flugbahn und hohe Mannstoppwirkung haben. Gleichzeitig sollte die Munition den Gegner nicht durchschlagen um somit Unbeteiligte möglichst wenig zu gefährden und Einrichtungen nicht zu beschädigen. Für die dazugehörigen Waffen forderte man unter anderem eine ständige Trage- und schnelle Einsatzbereitschaft bei geringer Behinderung des Waffenträgers während anderer Tätigkeiten, ein geringes Gewicht und eine Dauerfeuereinrichtung.[2]
Als Resultat informeller Anfragen an die Industrie investierten FN und die französische Giat, jetzt Nexter, Gelder in die Entwicklung neuer Munition, welche die Durchschlagsleistung der 9 x 19 mm Parabellum übertreffen sollte. Während Giat nur die neue Patrone 5,7 x 22 mm entwickelte, wurden bei FN gleichzeitig die Maschinenpistole P90 und die neue Patrone 5,7 x 28 mm konstruiert. [1]
Ein erstes Hindernis für die Einführung der neuen Waffe und Munition war die logistische Versorgung. Man hätte weiterhin für Pistolen eine zusätzliche Munition gebraucht. Die Präsentation der Pistole Five-SeveN im Sommer 1996 ermöglichte nun alle Waffen im Bereich der Pistolen und Maschinenpistolen gegen Waffen im Kaliber 5,7 x 28 mm auszutauschen.
Hergestellt wird die Munition unter anderem bei Winchester-Olin (USA) und Fiocchi (Italien), man verkauft die Munition jedoch unter dem Label "FN". Ein weiterer Hersteller ist die britische UTM Ltd. als Hersteller von Trainingsmunition. [3]
Die Geschossentwicklung
1989 reichte FN bei den US-Behörden einen Patentantrag für ein Hochleistungsprojektil für Handfeuerwaffen ein. Es wird als ein Projektil mit niedrigem Rückstoß und hoher Mannstoppwirkung, hergestellt aus zwei Komponenten, einem hohlen Mantel aus hartem Material und einem Kern aus steifem Material mit geringer Dichte ... [4] beschrieben.
Die Wirkung eines Geschosses hängt davon ab, wie viel Energie in kürzester Zeit auf ein Ziel einwirken kann. Die kinetische Energie Ec soll also möglichst groß sein und berechnet sich nach der Formel . Dabei sind m die Projektilmasse, und Vr die residuale Geschossgeschwindigkeit auf die gegebene Distanz. Daraus ergibt sich, dass Ec direkt proportional zur Masse und zum Quadrat der Geschwindigkeit ist.
Der Rückstoß wirkt sich negativ auf die Präzision und die Fähigkeit zum Abgeben von gezielten Feuerstößen aus. Er kann sogar die Psyche des Schützen negativ beeinflussen, wenn dieser eine Form von Angst entwickelt. Der Rückstoß sollte deshalb möglichst klein sein. Der Rückstoßimpuls Ir berechnet sich näherungsweise nach der Formel , wobei V0 die Mündungsgeschwindigkeit, m die Projektilmasse und c die Pulvermenge bezeichnet.
Hier sieht man, dass der Rückstoß direkt proportional zur Geschossmasse und zur Mündungsgeschwindigkeit ist. Damit ist aufgezeigt, dass eine hohe kinetische Energie (Ec) nicht mit einem niedrigen Rückstoßimpuls (Ir) vereinbar ist.
Mit dem neuen Geschoss sollten diese Gegensätzlichkeiten minimiert werden. Gleichzeitig sollte sich das Geschoss beim Auftreffen auf ein weiches Ziel nicht verformen und nicht zerlegen. Grundlage hierfür ist neben dem Geschossmaterial und einer entsprechenden Schwerpunktverschiebung gegenüber herkömmlichen Geschossen mit Bleikern die Gesamtgeometrie des Geschosses mit einem Verhältnis von Kaliber zur Länge zwischen 3 und 6. Gleichzeitig wird das Geschoss in einem weichen Medium instabil und überschlägt sich. Durch seine hohe Geschwindigkeit behält es jedoch eine hohe Eindringtiefe.[4]
Leistungswerte
Das Geschoss der Patrone 9 x 19 mm durchschlägt einen 30 cm starken Block aus ballistischer Gelatine und gibt in ihm nur etwa 70 % seiner Energie an das Zielmedium ab. Dieses bedeutet eine geringe Aufhaltekraft (Mannstoppwirkung) und gleichzeitig eine Gefährdung für Personen und Objekte hinter dem Ziel. Die 5,7 x 28 mm gibt ihre Energie auf 25 cm bis 30 cm vollständig ab.
Bei unterschiedlichen Entfernungen sieht die Situation wie folgt aus: Hier hat die 5,7 x 28 mm auf 200 m mit rund 230 Joule nur zwei Drittel der 9 x 19 mm Para zu bieten, bei gleichzeitig höherer Durchschlagskraft. Auf 800 m können die rund 90 Joule einer 9 x 19 mm jedoch noch tödlich wirken. Die Energie der 5,7 x 28 mm hat sich bis dahin auf nur noch 44 Joule verringert.
Zu den Vorteilen der neuen Munition gehört zweifellos, dass sie mit 1,95 kgm/s nur die Hälfte vom Rückstoß des Kalibers 5,56 x 45 mm (4 kgm/s) und nur zwei Drittel des Rückstoßes der 9 x 19 mm Para (etwa 2,8 kgm/s) erzeugt, also wesentlich einfacher zu handhaben ist. Die Presse schreibt, dass man die P90 sogar einhändig im Dauerfeuer schießen kann und sich das Schießen mit der Pistole Five-SeveN ähnlich dem Gefühl beim Schießen mit einer Kleinkaliberwaffe im Kaliber .22 lfB ist. Gegenüber der Patrone 9 x 19 mm Para ist die Flugbahn auf den ersten 200 m Flugstrecke sehr flach. Das Geschoss fällt nur um rund 16 cm gegenüber mehr als einem halben Meter bei der 9 x 19 mm Para. Der Schütze muss also auch auf verschiedene Entfernungen nicht zwangsweise Korrekturen an der Zieloptik vornehmen.[5]
Laborierungen
SS90
Bei der SS90 handelt es sich um eine Patrone aus der Entwicklungsphase der Munition, die auf dem oben genannten US-Patent beruht. Es wurde ein sehr leichtes Vollmantelgeschoss mit Polymerkern benutzt, welches nur 1,5 g (23 grain) wog. Die Entwicklung wurde 1994 eingestellt, als sich zeigte, dass die Munition mit dem SS190-Geschoss nicht nur präziser und durchschlagskräftiger gegenüber Schutzwesten war, sondern durch die kürzere Bauweise (Geschosslänge und Setztiefe) auch besser für die Pistolen vom Typ Five-SeveN geeignet war.[3]
SS190
Die SS190 Munition mit Vollmantelgeschoss (full metal jacket = FMJ) wird als armor piercing (AP, dt: panzerbrechend) bezeichnet, und ist entwickelt worden, um Schutzwesten zu durchschlagen. Das Geschoss der SS190 hat einen Aluminiumkern, der vorne einen Penetrator aus Stahl besitzt. Damit ist der Aufbau fast identisch mit der SS109 FMJ Munition, bei der lediglich ein anderes Material für den Kern benutzt wird. Dabei befindet sich unter dem Stahlmantel des Geschosses, hinter einem kleinen Hohlraum, ein 55 Brinell harter Stahlkern. Hinter diesem wiederum befindet sich ein leichtes Aluminiumstück, dass den Geschossmantel ausfüllt. Dadurch ist der Schwerpunkt, gegenüber anderen Geschosskonstruktionen, verschoben. Als Ergebnis durchdringt die spitze Form auch Kevlarpanzerungen und Fahrzeugteile. Querschläger an Wänden und Böden werden vermieden, da das Geschoss auch beim Auftreffen im flachen Winkel in das Material eindringt und hier seine Energie abgibt. In weichen Zielen wird das Geschoss instabil und überschlägt sich durch den verlagerten Schwerpunkt. Hierdurch wird viel Energie abgegeben und ein Durchschuss meist vermieden. [6]
Laut FN Herstal durchdringt das Geschoss Leichtschutzwesten, jedoch keine Schutzwesten der Klasse III, die auch Munition im Kaliber 5,56 x 45 mm nicht mehr durchdringt. In Gelatineblöcken erreicht das Geschoss eine Eindringtiefe von 250 mm bis 330 mm. Das forensische Labor der Royal Canadin Mounted Police Academy testete die Munition in verschiedenen Versuchsanordnungen, unter anderem mit Kleidung und mit Schutzbekleidung der Klasse II. Die Eindringtiefe betrug durchschnittlich 264 mm bei einer Wundhöhle mit Durchmessern bis zu 91 mm. Tests durch Dr. Gary K. Roberts (DDS) zeigten Eindringtiefen von durchschnittlich 300 mm. Diese Eindringtiefe wird von Kritikern bemängelt, da das FBI eine minimale Eindringtiefe von 300 mm in 10%iger ballistischer Gelatine fordert.
Eine Variation dieser Munition ist die L191 Leuchtspurmunition. Chemikalien am Boden des Geschosses erzeugen eine rund 200 m weit sichtbare Leuchtspur. Die ballistischen Daten sind mit der SS190-Munition fast identisch, so das man sie gemischt laden kann. L191-Munition ist durch eine rote Spitze gekennzeichnet.
SB193 Unterschallmunition
Die Unterschallmunition besitzt ein 3,6 g (55 grains) schweres Geschoss des Typs Sierra Game King FMJBT (Full Metal Jacket Boat Tail = Vollmantelgeschoss mit Bootsheck), welches ansonsten auch für die Jagd auf Raubzeug und ähnliche Kleintiere benutzt wird. Da die Munition keinen Überschallknall erzeugt, ist sie im Zusammenspiel mit einem Schalldämpfer sehr leise. Dieses bietet dem Schützen taktische Vorteile, da er unter Umständen gar nicht gehört wird oder aber nur schwer lokalisiert werden kann.
SS195LF
Als Hohlspitzmunition wurde ursprünglich die SS192 angeboten. Es kam jedoch eine Diskussion auf, ob sie in der Lage ist Schutzwesten zu durchschlagen und damit als "amor piercing" (panzerbrechend) zu verbieten ist. Das BATF stellte für die Nachfolgevariante SS195LF fest, dass es sich nicht um panzerbrechende Munition handelt und diese nicht in der Lage ist Leichtschutzwesten der Klasse IIa zu durchschlagen.
Ein Vorteil der SS195LF ist auf jeden Fall, dass sie umweltverträglich ist. Dem gegenüber besaß die ursprüngliche Munition ein 1,8 g schweres Blei-Hohlspitzgeschoss mit Aluminiumkern. Als LF (Lead Free, bleifrei) bezeichnet unterscheidet sich das neue, 1,77 g (28 grains) schwere Geschoss mit Kupfermantel im Aussehen nicht vom Vorgänger. Eine Unterscheidung kann man nur am Zündhütchen vornehmen. Diese sind bei der bleifreien Munition silberfarben. Ebenfalls nicht mehr produziert wird die Variante T194 Training mit grüner Geschoss-Spitze. Ihre Produktion wurde 2002 eingestellt.
SS197SR
Mit dieser als Sporting Round (SR) bezeichneten Munition stellt Fiocchi ganz auf den Zivilmarkt ab. Sie besitzt ein 2,6 g (40 grains) schweres Hornady V-Max-Geschoss mit Polycarbonatspitze dessen Spitze blau eingefärbt ist. Vorläufer war die SS196SR mit roter Spitze. Ein wichtiger Unterschied zwischen beiden Patronen ist die stärkere Ladung der neuen Munition, die eine höhere Mündungsgeschwindigkeit bewirkt. Entwickelt wurden die Sportpatronen, da der Patrone SS192 nachgesagt wurde, dass sie Schutzwesten durchschlagen kann. Dieses wurde von offizieller Seite nicht nachgewiesen. Um einem möglichen Verbot der Munition auf dem Zivilmarkt jedoch zuvor zu kommen, brachte man die SS196SR heraus, die über ein schwereres, also auch langsameres Geschoss verfügt. Den genau gegenteiligen Weg ging man mit der Entwicklung der SS198-Patrone.
SS198
Bei der SS198 handelt es sich um Munition des Typs SS195LF mit stärkerer Ladung, also höherer Mündungsgeschwindigkeit und Durchschlagskraft in Bezug auf Schutzwesten. Sie wird von FN Herstal nur an das Militär und Polizeibehörden verkauft.
Man-Marker Round (MMR)
Die britische Firma Ultimate Training Munitions stellt unter der Bezeichnung 5,7 mm Man-Marker Round Patronen für Gefechtsübungen her. Dabei besteht die Patronenhülse aus Aluminium. Diese enthält zwei Zündhütchen und keine weitere Treibladung. Das erste dient der Initialzündung der Patrone und der Auslösung des Verschlußrücklaufs, also des Nachladevorgangs. Das zweite Zündhütchen treibt das 0,45 g schwere Projektil aus dem Lauf. Hierbei handelt es sich um eine ungiftige Substanz auf Basis von Wachs, die bei Treffern Farbe an die Auftreffstelle abgibt. Dabei zerplatzt das Geschoss nicht wie beim Paintball-Spiel, sondern kann auch - wie mit einem Tintenstift - Streifschüsse anzeigen. Vor der Schussabgabe wird das Geschoss durch eine weiße Plastikhülle geschützt.
Die Mündungsgeschwindigkeit beträgt etwa 102 m/s, die Mündungsenergie 2,3 Joule. Aufgrund der geringen Geschossenergie beträgt die Trefferstreuung auf 10 m schon 50 mm und die effektive Reichweite wird mit 30 m angegeben. [7]
Sonstige
Zu Übungs- und Trainingszwecken gibt es sowohl Platzpatronen mit einem nur wenige Meter weit fliegenden Polymergeschoss, als auch sogenannte Dummys, die weder über Geschoss noch Treibladung verfügen und an denen die Waffenhandhabung gefahrlos geübt werden kann.
Übersichtstabelle
SS190 L191 SS192 SB193 SS195LF SS196SR SS197SR SS198LF Geschossgewicht 2,1 g 2,1 g 1,8 g 3,6 g 1,8 g 2,6 g 2,6 g 1,7 g V0 (P90) 716 m/s 716 m/s 701 m/s 305 m/s 701 m/s 549 m/s 549 m/s . E0 (P90) 538 Joule 538 Joule 447 Joule 163 Joule 447 Joule 393 Joule 461 Joule . Geschosstyp FMJ "AP" FMJ Tracer JHP FMJBT JHP V-Max V-Max JHP effektive Kampfentfernung 200 m 200 m 200 m 100 m 200 m 150 m 150 m 200 m Farbcode ohne oder schwarz rot oder rot/schwarz bronzefarbenes ZH weiß/grau silbernes ZH rot blau grün Verkaufsbeschränkungen von Seiten des Herstellers Polizei/Militär Polizei/Militär Prod. eingest. Polizei/Militär ohne Prod. eingest. ohne Polizei/Militär Werte für die Maschinenpistole FN P90. Aus Pistolen Five-SeveN sind die Werte auf Grund des kürzeren Laufs niedriger. FMJ = Vollmantelgeschoss, JHP = Hohlspitzgeschoss, ZH = Zündhütchen , V-Max = Geschosstyp der Firma Hornady V0 = Geschwindigkeit an der Laufmündung, E0 = Energie des Geschosses an der Laufmündung, Prod. eingest. = Produktion eingestellt Waffen und Einsatz
Die SS190, als Standardmunition für Militär und Polizei, wurde für das Geschehen auf dem modernen Gefechtsfeld entwickelt, auf dem Soldaten Schutzwesten tragen und Pistolen und Maschinenpistolen ineffektiv sind. Bisher gibt es nur wenige Waffen, die für diese Munition eingerichtet sind. Hierzu gehört eine ebenfalls von FN entwickelte Waffenfamilie, die aus der Pistole Five-seveN, der FN P90 PDW und dem FN PS90 Karabiner besteht. Unter der Bezeichnung AR-57 gibt es ein Wechselsystem für die Karabiner vom Typ M16/AR-15. Hierbei kann das 50-Schuss-Magazin der P90 – ebenfalls an der Waffenoberseite – benutzt werden. Die abgeschossenen Patronenhülsen werden durch den ansonsten nicht mehr benötigten Magazinschacht an der Waffenunterseite ausgeworfen. [8] Die Firma ST Kinetcis entwickelt außerdem eine Kombination aus PDW und 40-mm-Granatwerfer, ähnlich dem FN F2000.[9]
Eingesetzt wird die Patrone 5,7 x 28 mm bei verschiedenen Polizeibehörden der Vereinigten Staaten von Amerika. In diesem Zusammenhang kam mehrfach eine Diskussion über die Mannstoppwirkung der Patrone auf. Weiterhin setzen Spezialeinheiten des belgischen und niederländischen Militärs diese Munition ein. Insgesamt sollen Waffen für diese Munition an Polizeieinheiten und Militärs in etwa 20 Ländern verkauft worden sein. [10]
Der einzige weltweit bekannt gewordene Einsatz von Waffen im Kaliber 5,7 x 28 mm war bei der Geiselbefreiung in der japanischen Botschaft in Lima, Peru im Jahr 1997. Hierbei drangen die ersten Teams mit FN P90 ein, die mit Schalldämpfern und Laser-Zielpunktprojektoren ausgerüstet waren. Das Ergebnis der Aktion war die Befreiung aller 72 Geiseln und der Tod der 14 linksextremistischen Tupamaros. [11]
Gesetzeslage
Während diejenigen Munitionssorten, die nicht auf das Durchschlagen von Schutzwesten ausgelegt sind, in vielen Ländern legal erworben werden können, hat die Bundesrepublik Deutschland mit dem Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften (WaffGuaÄndG) vom 26. März 2008 generell alle mehrschüssige Kurzwaffen für verboten erklärt deren Baujahr nach dem 1. Januar 1970 liegt, für Zentralfeuermunition in Kalibern unter 6,3 mm eingerichtet sind und wenn der Antrieb der Geschosse nicht ausschließlich durch den Zündsatz erfolgt (z.B. Flobert). Damit ist es deutschen Sportschützen und Jägern nicht mehr möglich Kurzwaffen für diese Munition zu erwerben. [12] Dieses kommentiert die Berliner Polizei, technisch unrichtig, auf einer Website: Wegen der besonderen Gefährlichkeit von mehrschüssigen Pistolen im Kaliber 6,3 mm (Durchschlagen von Schutzwesten) sind diese Waffen ab sofort verboten. [13]
Ähnliche Entwicklungen
Neben der Patrone 5,7 x 28 mm gibt es weltweit weitere Projekte, die auf eine kleine, leichte und penetrationsstarke Munition als Ersatz für bestehende Munitionssorten abzielen.
Hierzu gehört die von Bill Alexander erdachte und von Civil Defence Supply (CDS) fertig entwickelte .224 BOZ. Als Modifikation der Hülse der Patrone 10 mm Auto, nutzt sie ein Geschoss im Kaliber 5,56 mm bei einer Patronenlänge von 32,5 mm. Damit ist die Patrone von den Abmessungen her in vielen bestehenden Waffen einsetzbar. [14]
Die .224 VOB wurde von dem Tschechen Petr Voboril für die schweizer Martin Tuma Engineering (MTE) entwickelt. Grundlage war die Patrone 7,62 x 25 mm Tokarew. Ähnlich gebaut wie die .224 BOZ ist die Patrone um fast einen Millimeter dünner, was eine größere Magazinkapazität erlaubt. Ein etwa 3 g schweres Geschoss soll eine Mündungsenergie von über 750 Joule erreichen. [14]
Die von Heckler & Koch entwickelte 4,6 x 30 mm basiert noch auf Überlegungen aus der Zeit des G11, als eine hülsenlose Patrone 4,7 x 25 mm mit 2,7-g-Geschoss produziert werden sollte. Die Patrone 5,7 x 28 mm ist etwas leistungsstärker als die 4,6 x 30 mm, verliert jedoch auf Grund der Querschnittsbelastung mehr Energie. So durchschlagen beide Patronen auf eine Entfernung von 100 m noch 1,6 mm Titanblech und 20 Lagen Kevlar, jedoch hat die 4,6 x 30 mm dann noch eine Restenergie von 115 Joule, die 5,7 x 28 mm nur noch 65 Joule. [14]
Kritik
Im Zusammenhang mit der Patrone 5,7 x 28 mm, aber auch PDW-Munition generell, werden immer wieder zwei Punkte kontrovers diskutiert. Dieses sind die Vereinbarkeit mit Artikel 23 der Haager Landkriegsordnung und die Mannstoppwirkung im Polizeieinsatz.
Artikel 23 der Haager Landkriegsordnung besagt in seiner aktuell gültigen Fassung, dass eine Munition kein "unnötiges Leid" hervorrufen soll. Die Patentschrift für das Geschoss der SS90-Patrone greift die ursprüngliche Fassung des Textes auf und hebt hervor, dass sich das Geschoss im menschlichen Körper nicht deformiert und nicht zerlegt. Damit entspricht sie formaljuristisch der Haager Landkriegsordnung.[15] Die Kritik an der Munition rührt nunmehr daher, dass sich die Geschosse der Patrone 5,7 x 28 mm in weichen Medien überschlagen. Dadurch entsteht ein weitaus größerer Wundkanal als bei im Militärdienst üblichen Vollmantelpatronen mit Bleikern, welche einen Körper in der Regel gradlinig durchschlagen. Die Wunden sind also ähnlich groß, als wenn es sich um Deformationsmunition handeln würde.[15] Dieser Umstand zeigt, dass den Projektbeteiligten die völkerrechtliche Verantwortung sehr wohl bewusst ist, während sie die daraus folgenden ethisch-moralischen Grenzen ignorieren.[15]
Die für das Überschlagen in Weichzielen eingerichtete Patrone SS90 wird allerdings nicht mehr hergestellt. Die Patrone SS190 ist gleich aufgebaut wie die Patrone SS109 (belgische Version der Patrone 5,56 x 45 mm NATO). Bereits Ende der 60er Jahre gab es Vorwürfe, dieser Geschosstyp würde in Weichzielen dazu neigen instabil zu werden.
Mit dem Einsatz der Munition in den Vereinigten Staaten von Amerika kam dort eine Diskussion darüber auf, ob die Mannstoppwirkung ausreicht. Das FBI fordert in seinen Vorschriften eine Mindesteindringtiefe in ballistischer Gelatine von 30 cm. Dieser Wert wird in der Regel durch die Munition nicht erreicht, jedoch ist die Energieabgabe prozentual höher als bei beispielsweise Vollmantelgeschossen im Kaliber 9 mm. Eine abschließende Studie hierzu ist noch nicht bekannt geworden.
Der Einsatz von PDW-Munition bei der Polizei wird in Deutschland von internationalen Organisationen vor allem im Zusammenhang mit der durch Heckler & Koch produzierten 4,6 x 30 mm kritisiert. Da jedoch weder die 5,7 x 28 mm noch die 4,6 x 30 mm bei deutschen Polizeibehörden eingesetzt werden, und ausländische Polizeibehörden meist andere Grundsätze in Bezug auf den Schusswaffeneinsatz haben, geht es hier meist um moralische Grundsatzaussagen. Allerdings gilt für Deutschland, dass die bisher im deutschen Polizeidienst stehende Vollmantelmunition [...] in der Vergangenheit auf traurige Art und Weise ihre fragliche Wirkung demonstriert [hat]. In anderen Ländern wird schon seit längerer Zeit auf Munition zurückgegriffen, die eine wesentlich höhere Mannstoppwirkung besitzt. [16] Dabei wird vor allem immer wieder auf die hohe Umfeldgefährdung hingewiesen. Die Eingriffe, die mit Schusswaffen vorgenommen werden, unterliegen ganz besonders den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit. Eine Gefährdung des Umfeldes und Dritter soll soweit es möglich ist, vermieden werden. Auch muss das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Betroffenen Berücksichtigung finden. [17]
Hier ist also der Schutz von Unbeteiligten gegen die körperliche Unversehrtheit des Täters abzuwägen. In anderen Ländern ist dieses grundsätzlich klar definiert. So definiert die Polizei von Columbia (MO, USA) in ihren Einsatzgrundlagen eine Reihenfolge für den Schutz von Personen. An erster Stelle kommen dabei Geiseln und Unbeteiligte, an zweiter Stelle die Polizisten und zuletzt die Verdächtigen. [18]
Weblinks
Literatur
- Charles E. Petty: FN Five-seveN. In: American Handgunner, Ausgabe Januar 2000.
- Charles E. Petty: FN P-90. In: Guns Magazin, Ausgabe Januar 2000.
Einzelnachweise
- ↑ a b Al Paulson, On The Edge With the New FN P90 5.7x28mm, Guns and Weapons for Law Enforcement, November 1988, auf URL: Remtek P90, eingesehen am 3. August 2008
- ↑ David Th. Schiller, Zukunftsmusik, In: Visier, 10/1996, Seite 40
- ↑ a b 5.7 x 28 mm cartridge, Jane's Ammunition Handbook 2008-2009, Kapitel: 5.7 x 28 mm cartridge
- ↑ a b Jean-Paul Denis, Marc Neuforge (Fabrique National Herstal) High Performance Projectile, United States Patent No. 5.012.743 vom 7. Mai 1991, eingereicht am 5. Dezember 1989
- ↑ David Th. Schiller, Zukunftsmusik, In: Visier, 10/1996, Seite 42
- ↑ Stefan Perey, Jens Tigges, Gut gerüstet, In:caliber 6/2000, Seite 33
- ↑ 5,7 mm Man-Marker Round (MMR) Technical Data Sheet and recommended Guidelines for use, Ultimate Training Munitions, 2. April 2008
- ↑ David Crane: AR Five Seven (AR-57): 50-Shot 5.7x28mm AR-15 Carbine. In: Defense Review. 13. August 2008, eingesehen am 13. Dezember 2008
- ↑ Roxana Tiron: Singapore Company Toys With Concepts of the Future. National Defense Magazine (National Defense Industrial Association), Juni 2004, eingesehen am 13. Dezember 2008
- ↑ Visier Special: Spezialeinheiten, Vogt-Schild Deutschland, April 2002, Seite 69
- ↑ Manfred Kersten, Hamza Malalla, u. a., Generation X, In: Visier 1/2000, Seite 25
- ↑ Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften (WaffGuaÄndG) G. v. 26. März 2008 BGBl. I S. 426; Geltung ab 1. April 2008
- ↑ Informationen zum neuen Waffengesetz, Der Polizeipräsident in Berlin, 2008
- ↑ a b c Manfred Kersten, Hamza Malalla u.a., Generation X, In: Visier 1/2000, Seite 29
- ↑ a b c Fabian Sieber, André Maertens, Munition: Die unterschätzte Gefahr. Neue Entwicklungen im Kleinwaffenbereich überschreiten ethische Grenzen, November 2006
- ↑ Gernot Pieper, Polizeiliche Schusswaffenentwicklung, In: Der Einfluss internationaler Entwicklung auf die Arbeitsfelder der Polizei (Anke Borsdorff, Martin H. W. Möllers (Hrsg.)), Arbeiten zu Studium und Praxis im Bundesgrenzschutz, Band 7, Lübeck, 2001, Seite 41, ISBN 3-930732-68-8
- ↑ Gernot Pieper, Polizeiliche Schusswaffenentwicklung, In: Der Einfluss internationaler Entwicklung auf die Arbeitsfelder der Polizei (Anke Borsdorff, Martin H. W. Möllers (Hrsg.)), Arbeiten zu Studium und Praxis im Bundesgrenzschutz, Band 7, Lübeck, 2001, Seite 43, ISBN 3-930732-68-8
- ↑ Philosophy/Objectives, [http://www.gocolumbiamo.com/Police/Department/SWAT/starobjs.php City of Columbia, MO: Public Safety & Courts » Police » Department » SWAT ]
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