Querulantentum

Querulantentum

Querulant (von lateinisch querulus – „sich Beschwerender“) bezeichnet einen Menschen, der sich leicht ins Unrecht gesetzt fühlt, der aus geringfügigem oder vermeintlichem Anlass Klage erhebt oder sich bei Behörden oder Institutionen beschwert. Starrsinnig und unbeeinflussbar durch maßgebende Belehrung versucht er, sein vermeintliches oder tatsächliches Recht zu erreichen. Sein Verhalten steht in keinem angemessenen Verhältnis zur Situation. Eine treffende Beschreibung für einen Querulanten ist: Er ist von Beruf dagegen, weil selbst ein Einschwenken auf die vom Querulanten geäußerte Meinung ihn nicht befriedigt. Der Querulantenwahn ist ein seelisches Leiden, das zur Einschränkung der Schuldfähigkeit im strafrechtlichen Sinne führen kann. Davon zu unterscheiden ist die Querulatorische Persönlichkeitsstörung als spezifische Form der Paranoiden Persönlichkeitsstörung.

Speziell Personen, die bei Behörden oder vor Gericht ständig offensichtlich unbegründete Anträge stellen, werden als Querulanten bezeichnet. Mit der Begründung, die Gerichte würden übermäßig belastet, ist es zulässig, solchen Anträgen gar nicht nachzugehen. Diese Anträge beinhalten vor allem Beschwerden über Bagatelldelikte.

Der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel entschied 1967, dass ein Querulant partiell prozessunfähig sein kann und dass diese Prozessunfähigkeit ausnahmsweise ohne Zuziehung eines Psychiaters vom Gericht festgestellt werden kann.[1] Auf der anderen Seite tragen Querulanten durchaus zur Verbesserung des Rechtssystemes bei. Es wird zum Beispiel geschätzt, dass 80 % der höchstrichterlichen Entscheidungen auf Querulanten zurück gehen.[2]

So verständlich diese Rechtspraxis sein mag, kann sie doch auch missbraucht werden. So wird es Querdenkern und Dissidenten erschwert oder unmöglich gemacht, ihr Recht vor Gericht durchzusetzen. Mit einem angeblichen Querulantentum als Begründung wurden Dissidenten z.B. in den Staaten des ehemaligen Ostblocks mundtot gemacht.

Möllhoff hat die Querulanz und psychogene Wahnbildungen unter medizinhistorischen, psychodynamischen und psychiatrischen Aspekten auch im Hinblick auf Begutachtungsfragen bei einschlägig psychisch Gestörten detailliert erörtert. Dem Begriff Querulant begegnen wir bereits im römischen und normannischen Recht, hier hat er seinen Ursprung und auch bereits eine besondere Ausformung erfahren. Queror de injuriis wurde schon früh als quaerimonia (Ausdruck des Schmerzes über tatsächlich erlittenes Unrecht und Leid) von der querela (Betroffenheit von vermeintlich erlittenem Unrecht) unterschieden. Querula criminalis levis sive gravis und querulia possessionis bezeichneten straf- und zivilrechtliche Anklagen und Anträge, die auch als Berufungen (querela de protracta institutia) zu den Obergerichten gelangen konnten, wenn Rechtsfehler der unteren Instanzen gerügt wurden. Querulus ist seit dem Mittelalter der nörgelnde und quengelnde Antragsteller, der objektiv grundlos Ämter und Gerichte belästigt. Heinrich von Kleist hat das Schicksal eines Querulanten in der Gestalt des Kaufmanns Hans Kohlhase in freier Ausgestaltung in seiner Novelle Michael Kohlhaas eindrucksvoll übermittelt.[3]

Einzelnachweise

  1. Leitsatz des Hess. VGH zu Querulant - aus dem Jahre 1967 Az: V OE 13/67
  2. Anette Schneider , Der Querulant, Deutschlandradio vom 25. August 2004.
  3. Möllhoff, G: Querulanten - Anmerkungen zu einem unerschöpflichen Thema in der forensischen Psychiatrie. In: Binder, H: Macht und Ohnmacht des Aberglaubens. Verlag Hohe Warte, Pähl, 1992, S. 182-199, ISBN 3-88202-343-0

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