Rabbuni

Rabbuni
Rabbiner Avraham Shapira

Der Titel Rabbiner (hebr. Sg. רב Rav, Pl. רבנים Rabbanim; deutscher Pl. Rabbiner) ist ein religiöser Titel im Judentum und wird von hebräisch Rav oder aramäisch Rabbuni (Meister, Lehrer) abgeleitet. Andere Bezeichnungen sind auch Rebbe und Lehrmeister. Rabbi war um die Zeitenwende bis hinein ins Mittelalter ein Ehrentitel für besondere Tora-Gelehrsamkeit (Pl. Rabbinen). Auch Jesus von Nazaret wird im Neuen Testament verschiedentlich mit dem Titel Rabbi angesprochen.

Inhaltsverzeichnis

Der Rabbiner in der jüdischen Überlieferung

Als besonderer Stand sind Rabbiner (seit Luther in den meisten deutschen Bibeln als Schriftgelehrte bezeichnet) biblisch erstmals in der Zeit nach dem babylonischen Exil in Esra 7,11 genannt, dort wird der Priester Esra als ein mit dem Gesetz Moses erfahrener Gelehrter der Schrift erwähnt. Nach jüdischer Überlieferung hat Esra das mosaische Gesetz, das beim Untergang Jerusalems 586 v. Chr. verbrannt sein soll und nur noch mündlich weitergegeben wurde, neu aufgeschrieben. Die Aufgaben der Gelehrten in seiner Tradition waren Auslegung der Tora und der konkrete Praxisbezug jüdischer Lehre im Alltag. Daraus hervorgegangen ist später die Pharisäerbewegung, die schließlich das rabbinische Judentum begründete.

Aufgaben eines Rabbiners

Bis ins Mittelalter durften Rabbiner mit der Tora kein Einkommen erzielen, deshalb arbeiteten sie in Europa nebenberuflich in diesem Amt. Erst im 14. Jahrhundert wurde dies nach immer mehr Anforderungen schließlich aufgegeben. Selbst danach arbeiteten offenbar viele Rabbiner vorwiegend als Vorbeter. Zu den Aufgaben eines Rabbiners zählt heute die religiöse Lehre, und als Talmudkenner kommt ihm die Entscheidung in religiösen Fragen zu. In liberalen Gemeinden leitet der Rabbiner oft die Sabbat- und Festtagsgottesdienste, während in traditionellen der Kantor oder Vorbeter (Chasan) zuständig ist. Ein Rabbiner ist kein Priester, dem besondere religiöse Aufgaben alleine zustünden. Deshalb kann im Grunde auch jedes dazu befähigte Mitglied einer jüdischen Gemeinde den Gottesdienst leiten, vorbeten, aus der Tora vorlesen usw. Oft haben jedoch nur Rabbiner die dazu erforderlichen Kenntnisse. In den meisten liberalen Gemeinden muss der Rabbiner oder die Rabbinerin solche Aufgaben übernehmen, weil kein Chasan zur Verfügung steht. Eine der wichtigsten Aufgaben eines Rabbiners ist heutzutage die Seelsorge für die Gemeindemitglieder und für Personen, die mit der Gemeinde in Verbindung stehen (z. B. Konversionskandidaten).

In orthodoxen Gemeinden wird aufgrund seiner Vorbildfunktion von einem Rabbiner erwartet, dass er verheiratet ist und Kinder hat.[1] Gibt es eine Ehefrau, so nimmt sie als Rebbetzin u.U. ebenfalls eine wichtige Rolle in der Gemeinde ein.

Hierarchie und Ausbildung

Die Ausbildung von Rabbinern erfolgt in der Regel an einem Rabbinerseminar auf Hochschulniveau oder einer Jeschiwa. Deutschlands einziges liberales Rabbinerseminar ist das Abraham-Geiger-Kolleg an der Universität Potsdam, das im Wintersemester 2001/2002 seine Arbeit aufnahm. Am 14. September 2006 wurden in der Neuen Synagoge Dresden mit Daniel Alter (47 Jahre), Tomás Kucera (35 Jahre) und Malcolm Matitiani (35 Jahre) die ersten Absolventen ordiniert. Bis 1939 gab es in Berlin mit der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums und dem orthodoxen Berliner Rabbinerseminar zwei wissenschaftlich orientierte Ausbildungsstätten und in Breslau mit dem Jüdisch-Theologischen Seminar eine. An der Heidelberger Hochschule für Jüdische Studien gibt es ebenfalls Bestrebungen, erste Voraussetzungen für eine Rabbinerausbildung zu schaffen. Angestrebt wurde dort zunächst nur ein Grundstudium als Eingangsvoraussetzung für ein Rabbinerseminar im In- oder Ausland.

Obwohl das Judentum keine zentrale Autorität kennt, hat sich in seiner orthodoxen Strömung eine Tendenz entwickelt, den Ober- oder Großrabbiner eines Landes oder einer Gemeinde als jeweils höchste religiöse Instanz anzuerkennen. Als Erbe der britischen Mandatszeit gibt es zum Beispiel für den Staat Israel ein Großrabbinat. Es besteht heute aus zwei Mitgliedern:

  • dem Rischon leTzion, dem Oberhaupt der Sephardim;

daneben installierten die Briten noch einen

Rabbinerin

Im liberalen, progressiven und konservativen Judentum können Frauen als Rabbinerinnen tätig sein, während dies im orthodoxen und ultraorthodoxen Judentum nicht möglich ist. Gegebenenfalls werden zwei miteinander verheiratete Rabbiner als „Rabbinerpaar“ bezeichnet. Regina Jonas war wohl die erste ordinierte Rabbinerin [2].

Literatur

  • Rabbinische Gutachten über die Verträglichkeit der freien Forschung mit dem Rabbineramte, 2 Bde., Breslau 1842-1843
  • Moses Braunschweiger: Die Lehrer der Mischna, Biographien der grossen Talmudgelehrten (Tannaim). Basel - Zürich: Morascha 1993 (Erstausgabe Frankfurt am Main 1890)
  • Simon Schwarzfuchs, Etudes sur l'origine et le développement du rabbinat au Moyen Age, Paris 1957
  • Gerd A. Wewers: Geheimnis und Geheimhaltung im rabbinischen Judentum. Berlin - New York: de Gruyter, 1975. ISBN 3-11-005858-8
  • Simon Schwarzfuchs, A Concise History of the Rabbinate, Oxford/Cambridge 1993
  • Julius Carlebach (Hrsg.), Das aschkenasische Rabbinat: Entstehung, Entwicklung, Krise und Erneuerung, Berlin 1995
  • Adin Steinsaltz: Persönlichkeiten aus dem Talmud. Basel - Zürich: Morascha 1996
  • Carsten L. Wilke, Den Talmud und den Kant: Rabbinerausbildung an der Schwelle zur Moderne, Hildesheim und New York 2003
  • Biographisches Handbuch der Rabbiner.
    • Teil 1: Rabbiner der Emanzipationszeit 1781-1871 München: Saur, 2004 (2 Teilbände, knapp 2000 Biographien enthaltend).
    • Teil 2: Rabbiner 1871-1945 (i. E.)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Muss ein Rabbiner verheiratet sein?, Rubrik „Frag´ den Rabbi“, www.hagalil.com (abgerufen am 12. April 2008)
  2. Regina Jonas über Fähigkeiten und Berufungen

Siehe auch


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