- Radialgeschwindigkeitsmessung
-
Bei vektorieller Darstellung einer beliebigen Bewegung in Polarkoordinaten oder Kugelkoordinaten bezeichnet die Radialgeschwindigkeit (von lat. radius »Stab«, »Radspeiche«) die Geschwindigkeitskomponente entlang des Strahls (Radius), der vom Koordinatenursprung zum betrachteten Objekt zeigt. Die anderen Geschwindigkeitskomponenten sind dabei zeitlich veränderliche Winkel, also Rotationen, während es sich bei der Radialgeschwindigkeit um eine Translation handelt.
Bei Beobachtungen kann die Radialgeschwindigkeit direkt aus der Frequenzverschiebung des zur Beobachtung verwendeten Trägersignals geschlossen werden (Dopplereffekt). Dabei beobachtet man entweder die Veränderung einer vom Objekt reflektierten Welle (Sonar, Radar) oder die Veränderung einer vom Objekt ausgesendeten Welle (beobachtende Astronomie), sofern deren Ursprungsfrequenz bekannt ist. Als Besonderheit tritt die Dopplerfrequenz bei einer reflektierten Welle auf dem Hinweg und auf dem Rückweg auf, hat also den doppelten Wert wie in dem Fall, wenn die Veränderung von einer vom Objekt ausgesendeten Welle beobachtet wird.
Radar- und Sonartechnik
In der Radar- und Sonartechnik ist die Radialgeschwindigkeit das Maß für eine dem Sendesignal auferlegte Dopplerfrequenz. Die Auswertung der Dopplerfrequenz wird zur Unterscheidung von bewegten und unbewegten Objekten verwendet. Die Eigenschaft „bewegt“ kann nur erkannt werden, wenn eine Radialgeschwindigkeit vorliegt. Bewegt sich ein Objekt nur mit einer Tangentialgeschwindigkeit, so wird es nur als unbewegtes Objekt erkannt.
Astronomie
Analog zu der allgemeinen Definition ist in der Astronomie die Radialgeschwindigkeit die Geschwindigkeitskomponente eines Himmelskörpers in Richtung der Sichtlinie eines Beobachters. Das Licht eines Objekts mit erheblicher Radialgeschwindigkeit unterliegt dem Dopplereffekt, d. h., seine Wellenlänge wird größer bei sich entfernenden Objekten bzw. kleiner bei sich nähernden, was sich in Rot- bzw. Blauverschiebung des Lichts niederschlägt.
Die Radialgeschwindigkeit eines Sterns oder eines anderen leuchtenden, entfernten Objekts kann präzise gemessen werden, indem ein hochaufgelöstes Spektrum von ihm aufgenommen wird und dessen Spektrallinien mit den aus Laborversuchen bekannten Spektrallinien verglichen werden. Die daraus ermittelte Rot- bzw. Blauverschiebung lässt sich direkt in eine Geschwindigkeit umrechnen. Es ist allerdings nicht möglich, auf diesem Weg die Geschwindigkeitskomponente senkrecht zur Sichtlinie zu ermitteln. Eine positive Radialgeschwindigkeit bedeutet, dass sich das Objekt entfernt, eine negative, dass es sich nähert.
Bei vielen Doppelsternsystemen bewirkt die Umlaufbewegung der beteiligten Sterne eine fortwährende Veränderung ihrer Radialgeschwindigkeiten. Dadurch ist es möglich, auch bei Systemen, die im Teleskop nicht optisch auflösbar sind, festzustellen, dass es sich um Doppelsterne handelt. Sie werden deswegen auch spektroskopische Doppelsterne genannt. Durch genaue Analyse der Radialgeschwindigkeiten können Abschätzungen der Sternmassen und einiger Bahnelemente, wie Exzentrizität und großer Halbachse, vorgenommen werden. Die gleiche Methode wurde bereits verwendet, um ansonsten unsichtbare Planeten um Sterne nachzuweisen.
Auch die Rotationsgeschwindigkeiten größerer astronomischer Objekte, wie Galaxien und Galaxienhaufen, lassen sich mit Hilfe der unterschiedlichen Radialgeschwindigkeiten des enthaltenen Materials bestimmen.
Beispiele für Radialgeschwindigkeiten:
- Andromedagalaxie M 31: –266 km/s, sie bewegt sich also auf uns zu.
- Stern Arktur (α Boo): –5 km/s.
- Wildentenhaufen M 11, ein offener Sternhaufen: +22 km/s.
Siehe auch
Wikimedia Foundation.