Radsporthalle

Radsporthalle
Bahnradrennen – v.l.n.r. gut sichtbar: die blaue, rote und schwarze Linie sowie die „Côte d’Azur“, s. Markierung und Beschriftung

Eine Radrennbahn dient zur Durchführung von Radrennen im Bahnradsport. Ein Stadion oder eine Halle mit einer Radrennbahn wird als Velodrom bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Bauweise – Material – Eigenschaften

Radrennbahnen gibt es überall auf der Welt, sogar in den Höhenlagen von Peru und Mexiko. Unterschiedlichste Materialien wurden in der Geschichte des Radsports zum Bau von Bahnen verwendet. Die heutzutage am häufigsten verwendeten Materialien sind Holz, Beton und Asphalt. Die schnellsten Radrennbahnen der Welt sind aus Holz gebaut. Holz hat von allen der drei genannten Werkstoffe den geringsten Reibungswiderstand. Die Schürmann Architekten verwendeten für nicht überdachte Holzbahnen meist das seltene tropische Holz Afzelia. Für Hallenbahnen kommt überwiegend Sibirische Fichte zum Einsatz. Asphalt als Fahrbahnbelag ist sinnvollerweise nur für sehr lange Radrennbahnen (> 333 m) mit geringer Kurvenüberhöhung (s. unten „Überhöhung“) verwendbar und entspricht nicht mehr dem heutigen Standard.

Geschichte

Das erste Bahnrennen der Welt wurde vermutlich am 31. Mai 1869 in Paris ausgetragen. Dabei handelte es sich um eine Erdbahn mit leicht erhöhten Kurven. Die erste Radrennbahn in Deutschland wurde 1880 in München eingeweiht. Straßenrennen gab es damals wegen der schlechten Straßen nur sehr wenige, in einigen deutschen Städten war das Fahrradfahren auf der Straße sogar verboten. Anfangs waren Flieger-Rennen äußerst populär, mit der Motorisierung von Schrittmachermaschinen wurden ab der Wende zum 20. Jahrhundert jedoch Steher-Rennen immer populärer. Ab 1909 wurden zudem immer mehr Radrennbahnen in Deutschland zur Austragung von Sechstagerennen gebaut. Während es schließlich fast in jeder deutschen Stadt mindestens eine Radrennbahn gab, existieren heute nur noch wenige Bahnen in Deutschland.

Die längsten und schnellsten Radrennbahnen der Welt

Während noch bis in die späten 60er Jahre die Mailänder Vigorelli-Bahn (die ehemalige Weltmeisterschaftsbahn von Rom 1932) als beste Radrennbahn der Welt galt, werden heute vor allem das Velodrom in Moskau-Krylatskoje und die Bahn des Velodroms in Berlin dazu gerechnet. An der Stelle, an der bis vor wenigen Jahren die Werner-Seelenbinder-Halle stand, wurde bis 1997 mit einer Länge von 250 Metern eine der modernsten Bahnen der Welt errichtet. Als weltbeste Erbauer von Radrennbahnen gelten die Mitglieder der Architektenfamilie Schürmann aus Münster, die seit 1925 in diesem Metier tätig sind und weltweit über 125 Bahnen erbaut haben. Der niederländische Rennbahn-Architekt Marc Douma hat zusammen mit einer Firma eine mobile Radrennbahn entwickelt, auf der Sechstagerennen in Rotterdam, Maastricht und Hasselt (B) ausgetragen wurden. Die Velotrack GmbH verfügt über drei verschiedene Radrennbahnen, darunter die Bahn des Bremer AWD-Domes, auf der das Sechstagerennen ausgetragen wird.

In der Oderlandhalle in Frankfurt (Oder) und in der 1984 erbauten Stuttgarter Hanns-Martin-Schleyer-Halle wurden die längsten geschlossenen Radrennbahnen Deutschlands mit 285,71 m Länge eingebaut (Freiluftbahnen sind teilweise wesentlich länger).

Mit einer Länge von 666,66 m war die Radrennbahn im Deutschen Stadion in Berlin die längste in Deutschland errichtete. Auf ihr sollten die Bahnradwettbewerbe der Olympischen Spiele 1916 stattfinden.

Die längste überdachte Bahn der Welt mit einer Länge von 333,33 m wurde anlässlich der Olympischen Sommerspiele 1980 in Moskau-Krylatskoje errichtet.

Die mit einer Länge von 400 m längste teilweise überdachte Radrennbahn Deutschlands befindet sich in Leipzig. Die 1949 erbaute „Alfred Rosch-Kampfbahn“ hat eine Breite von 7 m. Die Kurvenüberhöhung liegt zwischen 0° auf den Geraden und 38° in den Kurven. Als Belag wurde eine Epoxydharzbeschichtung verwendet. 1960 fanden auf dieser Bahn die Bahnweltmeisterschaften statt.

Eine der schnellsten nicht-überdachten Sommerbahnen in Europa ist die Radrennbahn Hannover; sie hat eine Länge von 333 Metern und wurde aus afrikanischem Holz gefertigt.

Bauweise und Abmessungen

Blick auf eine Radrennbahn

Prinzip

Eine Radrennbahn besteht im Prinzip aus zwei Geraden und zwei 180°-Kurven. Das Verhältnis der beiden geometrischen Elemente sollte in einem ausgewogenen Verhältnis stehen, ist jedoch nicht vorgeschrieben. Die unterschiedlichen Disziplinen stellen dagegen andere Anforderungen an die Bahn: So sind bei Steherrennen mit ihren hohen Dauergeschwindigkeiten (> 65 km/h) weitere (und damit lange) Kurven wegen des geringeren Kurvendrucks beliebt. Die meisten Bahnen sind daher in ihrer Relation zwischen Geraden und Kurven Kompromisse zwischen den verschiedenen Anforderungen, die die durchgeführten Disziplinen an die Bahn stellen.

Geschwindigkeiten

In den verschiedenen Disziplinen des Bahnradsports werden unterschiedliche Höchstgeschwindigkeiten erreicht. Während bei Ausdauerwettbewerben 55 - 60 km/h erzielt werden, liegen die Höchstgeschwindigkeiten im Sprint zwischen 70 und 80 km/h. Bei Steherrennen werden Geschwindigkeiten bis zu 110 km/h erreicht. Die Form und Überhöhung von Radrennbahnen muss auf diese Geschwindigkeiten ausgelegt sein.

Überhöhung

Um bei den erforderlichen Kurvenneigungen der Fahrer einen ausreichend stumpfen Winkel zwischen Bahnoberfläche und Rad und damit genügend Haftreibung zu gewährleisten, müssen die Kurven überhöht sein. Je nach Kurvengeometrie und maximal zulässiger Geschwindigkeit kann die notwendige Fahrbahnneigung in den Kurven zwischen 30 Grad und 60 Grad betragen. Als Faustformel kann gelten, dass die Fahrer dadurch bei etwa 40 – 50 km/h senkrecht zur Bahn stehen. Bei höheren Geschwindigkeiten neigen sie sich noch weiter als die Bahnneigung nach innen, um so die höheren Fliehkräfte auszugleichen. Bei langsamer Fahrt sind die Fahrer gegenüber der Bahnneigung nach außen geneigt. Fährt ein Fahrer zu langsam durch steil geneigte Kurven, so unterschreitet er den minimal notwendigen Haftreibungswinkel und rutscht von der Fahrfläche ab.

Da die Überhöhung nicht abrupt in eine horizontale Bauweise auf den Geraden übergehen kann, wird ein allmählicher Übergang gewählt, so dass auch auf den Geraden noch eine gewisse Überhöhung der Fahrbahn verbleibt.

Länge

Um für alle durchzuführenden Wettbewerbe ausreichende Funktionalität zu haben, müssen verschiedene, teilweise widerstrebende Kriterien erfüllt sein, die die Länge beeinflussen. Bahnlängen werden üblicherweise so gewählt, dass eine bestimmte Zahl ganzer oder zumindest halber Runden jeweils 1000 m ergeben. Üblich sind daher (in Klammern: erforderliche Rundenzahl für 1000 m): 200 (5), 250 (4) und 333,33 m (3). Aber auch die Stuttgarter Bahn (genau wie die inzwischen demontierte Münchener Olympiabahn) genügt diesem Kriterium: Mit 285,71 m erreicht man bei 3,5 Runden genau 1000 m. Viele der unter 200 m langen Bahnen existieren nicht mehr. Beliebte 166,66 m-Bahnen (6) stehen im "Kuipke" in Gent/Belgien und im "Centre Sportif" in Genf/Schweiz.

Früher wurden Radrennbahnen auch häufig in Kombination mit Fußballplätzen oder Leichtathletikbahnen gebaut und hatten daher Längen von 400 – 500 m. Diese Längen werden heute als nicht mehr zeitgemäß und wegen der großen Sichtabstände als uninteressant für die Zuschauer angesehen.

Laut UCI zulässig sind Bahnen zwischen 133,333 und 500 m, bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen vorgeschrieben sind mindestens 250 m.

Breite

Die Breite der Bahn wird durch Erfordernisse wie genügend Raum zum Ausweichen bei Stürzen, genügend Platz für taktische Manöver beim Sprint und dergleichen bestimmt und beträgt in der Regel zwischen 5 und 8 m. An die eigentliche Bahnfläche schließt zum Innenraum hin ein 2,50 - 4 m breiter Sicherheitsstreifen an.

Markierung und Beschriftung der Bahn

Auf die Bahn werden drei Linien in Fahrtrichtung aufgebracht:

  • (schwarze) „Messlinie“ (frühere Bezeichnung: Mallinie): Ihre Länge stimmt mit der offiziell ausgewiesenen Bahnlänge überein. Um ein „Abkürzen“ zu verhindern, werden bei Meisterschaftszeitfahren in den Kurven ca. 50cm lange Kunststoffschwämme unterhalb der Messlinie auf die Bahn gelegt, so dass der unterhalb dieser Linie liegende Bahnteil gesperrt ist. Der 20 cm unterhalb der Messlinie (links davon) liegende Teil der Bahn heißt wegen des hellblauen Farbanstriches „Côte d’Azur“ oder „Teppich“ und dient als Übergang zwischen Innenraum und der eigentlichen Bahnfläche. Die Breite der „Côte d’Azur“ beträgt mindestens 10 % der Bahnbreite. An der Messlinie ist alle 10 m die ab dem Ziel zurückgelegte Strecke in Metern angebracht.
  • (rote) „Sprinterlinie“: Sie ist im Abstand von 70 cm zur Messlinie aufgebracht. Fährt ein Fahrer unterhalb dieser Linie, darf er im Sprint nicht links (= innen) überholt werden, fährt er oberhalb dieser Linie und wird innen überholt, darf er nicht „dichtmachen“, d. h. er darf nicht nach unten schwenken und den überholenden Fahrer an der Überholung hindern, es sei denn, er hat mindestens eine Radlänge Vorsprung vor dem von hinten angreifenden Fahrer.
  • (blaue) „Steherlinie“: Sie erfüllt verschiedene Zwecke und ist im Prinzip auf 2/3 der Fahrbahnbreite, mindestens aber 2,50 m vom Innenrand der Fahrbahn angebracht. Bei Steherrennen erfüllt sie eine ähnliche Funktion wie die rote Linie im Sprint, d. h. angegriffene Steher müssen unterhalb der blauen Linie bleiben und dürfen, wenn sie unterhalb der blauen Linie fahren, nicht links überholt werden. Bei 2er-Mannschaftsrennen fahren die abgelösten Fahrer (langsamer) oberhalb der blauen Linie, um die im Rennen befindlichen Fahrer nicht zu behindern.

Weitere Markierungen finden sich quer zur Fahrtrichtung:

  • „Ziellinie“: Die Ziellinie wird kurz vor Ende der Zielgeraden quer über die Fahrbahn markiert. Es ist eine 72 cm breite, weiße Markierung aufzubringen und in der Mitte mit einem 4 cm breiten, schwarzen Zielstrich zu versehen.
  • „Verfolgerlinien“: Genau in der Mitte der beiden Geraden sind quer über die Fahrbahn die jeweils 4 cm breiten, roten Verfolgerlinien aufgebracht. Sie bezeichnen Start und Ziel der Verfolgungswettbewerbe und reichen bis zur Hälfte der Bahnbreite.
  • „200-m-Linie“: 200 m vor dem Ziel wird quer über die Fahrbahn eine weiße, 4 cm breite Linie markiert, die den Abstand zum Ziel anzeigt und als Messlinie für die letzten 200 m im Sprint dient. Bei 200-m-Bahnen ist diese Linie nicht vorhanden.

Flächenbedarf

Während eine 133,333 m Bahn etwa die Fläche eines Eishockey-Spielfeldes (30 x 60 m) benötigt, hat eine Weltmeisterschaftsbahn von 250 m Länge schon einen Platzbedarf, der mit rd. 60 x 110 m etwa einem Fußballfeld entspricht.

Vorschriften

Zur Bauweise und Abmessungen der Radrennbahnen gibt es internationale und nationale Vorschriften. Einige davon sind in den Wettfahrbestimmungen Bahn des BDR (vgl. unten Weblinks) enthalten, andere können über den BDR bzw. die UCI angefordert werden.

Radrennbahnen in Deutschland

Offene Bahnen

  • Bielefeld, 333,33 m, Beton
  • Chemnitz, 318 m, Beton
  • Dresden, 400 m, Beton (stillgelegt)
  • V C D, Darmstadt, 333 m, Beton
  • „Badewanne“, Dudenhofen, 250 m, Beton
  • Radrennbahn Forst / Lausitz, 400m, Beton
  • Fredersdorf, 333m, Beton
  • Gera, 250 m, Beton
  • Radrennbahn Hannover, 333,33 m, Holz
  • Haßloch, 333m, Beton (stillgelegt)
  • Heidenau, 250m, Beton
  • Hildesheim, 400m, Asphalt
  • Ludwigshafen-Friesenheim, 333m, Beton
  • Linkenheim, 333,33 m, Beton
  • Mannheim, 333,33 m, Beton
  • Merseburg, 375m, Bitumen (stillgelegt)
  • Niederpöring in Niederbayern, 333m, Beton
  • Nordhausen, 454m (stillgelegt)
  • Reichelsdorfer Keller, Nürnberg, 400 m, Beton
  • Oberhausen/Baden, 333,33 m, Beton
  • Rostock, 250 m, Beton
  • „Schanzenberg-Bahn“, Saarbrücken, 333,33 m, Beton (stillgelegt)
  • Schopp, 450 m, Beton
  • Singen/Hohentwiel,198 m, Beton
  • Solingen, 384,62 m, Beton
  • Offene Rennbahn Zürich-Oerlikon, 333,33m

Überdachte Bahnen

  • Cottbus, 333,33 m, Beton (halb-überdacht)
  • Erfurt, Radrennbahn Andreasried, 250 m, Beton
  • Hamburg, Stellingen, 250 m, Beton
  • Köln, Radstadion Köln (Albert-Richter-Bahn), 250 m, Holz (halb-überdacht)
  • Leipzig, Rosch-Kampfbahn, 400 m, Beton (halb-überdacht)
  • Öschelbronn (Gäufelden, Kreis Böblingen), 200 m, Holz, komplett überdacht mit einem Solardach

Hallenbahnen

Weblinks


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