RailCity Zürich

RailCity Zürich
Der Zürich-Brunnen im Shopville

Das Shopville (auch ShopVille oder Shop Ville geschrieben) ist eine weitläufige Unterführung unter dem Zürcher Bahnhofplatz, die eine Einkaufspassage umfasst, welche das ganze Jahr über geöffnet hat. Mangels eines eigenen Namens hat sich der Begriff ab 1990 auch für die seither anschliessenden unterirdischen Ebenen des Zürcher Hauptbahnhofes etabliert.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Ausgangslage

Das immense Vorfeld des Hauptbahnhofs bildet in der Stadt einen Riegel, der nur an fünf Stellen gequert werden kann. Im Bereich des Hauptbahnhofs bilden Limmat und Sihl weitere Engpässe, die mit dem Autoboom in den 1950ern/1960ern zum Verkehrskollaps führten. In dieser Zeit erwuchsen in Zürich Pläne für ein U-Bahn-System respektive die Verlegung des Trams und der Fussgängerströme in Tieflage. Gänzlich im Sinne dieser Absichten wurde der Umbau des Bahnhofplatzes in Angriff genommen, obwohl die Stimmbürger bereits 1962 eine Tiefbahn abgelehnt haben.

Realisierung

Der einschneidende Umbau des Bahnhofplatzes wurde 1968 begonnen, und während Tram und Auto über provisorische Schienen und Strassen am Rande des Bahnhofplatzes verkehrten, entstand in einer riesigen offenen Baugrube das städtische Shopville. Die Eröffnung des Shopville am 1. Oktober 1970 markierte den Abschluss der Bauarbeiten, die das Aussehen des heutigen Bahnhofplatzes prägen.

Mit dem Shopville wurde der Bahnhofplatz zur fussgängerfreien Zone und die Tramhaltestelle Bahnhofplatz zu einer grossen Insel, die nur noch durch das Shopville zu erreichen war. Mit dem Shopville probte man die teilweise auch in den Tiefbahn-Projekten vorgesehene Verbannung der Fussgänger von der Oberfläche in den Untergrund. Um den Fussgängern diese nach heutigen Massstäben absurde Idee schmackhaft zu machen, gestaltete man die Unterführung verhältnismässig grosszügig, als kleines Einkaufszentrum – ebenfalls ein in der Schweiz neues Konzept, welches sich erst in den kommenden Jahren etablieren sollte – welches der Stadt seither Mieteinnahmen beschert.

Das Shopville verfehlte seine Wirkung nicht und die führte – anders als von der Stadt erhofft – zu einer noch grösseren Ablehnung der Tiefbahnprojekte in den folgenden Jahren. Damit geriet auch die beim Bau zumindest in Teilen bereits erstellte Kaverne unter dem Shopville, die bei einer Realisierung der Tiefbahn zur U-Bahn-Station ausgebaut worden wäre, in Vergessenheit.

Schiesserei mit RAF-Bankräubern

Am 19. November 1979 überfielen die RAF-Mitglieder Christian Klar, Rolf Clemens Wagner, Peter-Jürgen Boock und Henning Beer in Zürich die Schweizerische Volksbank an der Bahnhofstrasse.[1] Um Verfolgern zu entkommen, flüchteten sie in die Shopville-Unterführung. Dort kam es zu einer Schiesserei mit einem einzelnen Polizisten der Zürcher Stadtpolizei[2], der nach einem kurzen Schusswechsel bewusstlos liegenblieb. Die 56-jährige Passantin Edith Kletzhändler wurde von einer Kugel tödlich in den Hals getroffen. Auf der weiteren Flucht wurde eine Autofahrerin lebensgefährlich verletzt. Schliesslich konnte Rolf Clemens Wagner gefasst werden, der Rest der Bankräuber entkam mit einer Beute von rund 213'000 Schweizer Franken.

Abstieg und Neuanfang

In den 1980ern begann der Abstieg des Shopville: die Nähe zum Autonomen Jugendzentrum Zürich (AJZ), welches sich zum Drogenumschlagplatz entwickelte, zog nachts und bei schlechter Witterung vermehrt Randständige an. Das AJZ wurde geräumt und abgerissen, die Szene blieb und etablierte sich auf der Platzpromenade (Platzspitz) und wich im Winter und an Regentagen immer wieder ins Shopville aus. Ein Tiefpunkt war gegen Ende der 1980er erreicht, als die Bevölkerung praktisch nur noch den westlichsten Bereich zwischen der Querhalle des Hauptbahnhofs und den nahen Aufgängen zur Tramhaltestelle, sowie einen Teil den mittleren Bereichs von den Eingängen an der Bahnhofstrasse bis zur Tramhaltestelle benutzte, während der Rest der Anlage faktisch dem Milieu gehörte und Geschäfte reihenweise mit der Abwanderung begannen. Als Folge hiervon wurden einerseits an allen Zugängen provisorische Gitterabsperrungen platziert, die der nächtlichen Schliessung dienten, andererseits wurde wieder ein provisorischer oberirdischer Zugang von der Bahnhofstrasse zum Haupteingang des Hauptbahnhofs angelegt.

Zu einem eher unerwarteten Wendepunkt kam es 1990, die Grundlage hierfür hatte man bereits 1982 (?) gelegt. Die Annahme des Projekts S-Bahn Zürich und die Verlängerung der Sihltal-Zürich-Uetliberg-Bahn (SZU) zum Hauptbahnhof änderte die Bedeutung des Shopville nachhaltig.

Ausbau

Die ungenutzte Kaverne wurde zum zweiten Untergeschoss ausgebaut, welches vom Shopville her mit zwei Zugängen erschlossen wird und seither als Endstation (Bahnhof SZU) der SZU-Verlängerung dient.

Der Bau der S-Bahn Zürich führte zur Untertunnelung von Hauptbahnhof, Sihl und Limmat, und der neue Bahnhof Museumstrasse musste irgendwie über den Hauptbahnhof erschlossen werden. Aus rechtlichen Gründen (Projekt von regionaler Bedeutung), welche einer der Grundlagen für die Schaffung der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) widersprachen (ausschliessliche Berücksichtigung nationaler Interessen), durften sich diese damals nicht am Bau der S-Bahn Zürich beteiligen. Mit Kanton und Stadt Zürich arbeitete man daher eine Umgehung dieser Regelungen aus und erhielt das Recht eingeräumt, ein eigenes Einkaufszentrum zu betreiben. Im Gegenzug bauten die SBB unter dem Hauptbahnhof eine grösszügige Anlage, bestehend aus zwei Hallen und den Passagen Bahnhofstrasse und Löwenstrasse, welche die gleichnamigen Strassen für die Personenströme unter dem Hauptbahnhof hindurch zur Museumstrasse verlängern und über das städtische Shopville erschlossen werden.

Da der neue Teil der Anlagen, welcher den SBB gehört und zur Eröffnung der S-Bahn Zürich im Mai 1990 offiziell eingeweiht wurde, nie einen Namen bekam, bürgerten sich schnell die Bezeichnungen neues Shopville oder einfach nur Shopville ein. Seither werden auch beide Teile gemeinsam von Stadt und SBB als Gesamtanlage verwaltet, für die Geschäftsführung seitens der Stadt ist die City Vereinigung Zürich verantwortlich.

Die Erweiterung führte auch zu einem neuen Sicherheitskonzept; die permanente Präsenz von Sicherheitskräften und die konsequente nächtliche Schliessung, welche im neuen SBB-Teil bereits fester Bestandteil der Zugänge war, führten zu einer merklichen Aufwertung der Anlage, welche zwar auch danach nicht besonders beliebt, aber immerhin sehr gut frequentiert war.

Öffnungszeiten

Die Bedeutung des Hauptbahnhofs als Verkehrsknotenpunkt ermöglichte es, mit dem Flughafen Zürich gleichzuziehen und im SBB-Teil längere Ladenöffnungszeiten sowie den Verkauf am Sonntag einzuführen, was später auch für das Shopville im Sinne einer weiteren Annäherung übernommen wurde. Diese Regelungen führen seither immer wieder zu verbissenen Kleinkriegen und lokalpolitischem Geplänkel, auch Jahre nach einer im Kanton Zürich angenommenen Vorlage über eine weitgehende Deregulierung der Ladenöffnungszeiten.

Die ursprüngliche von 7 bis 7-Regelung (7–19 Uhr) wurde nach einiger Zeit auf 8 Uhr bis 20 Uhr geändert, was die Öffnungszeiten mehr als 10 Jahre lang prägte.

Heutzutage hat das Shopville das ganze Jahr über wochentags bis 21 Uhr, am Wochenende bis 20 Uhr geöffnet.

ShopVille-RailCity

Das Shopville wurde in neuerer Zeit mit ironischem Unterton unter dem Motto "Das einzige Einkaufszentrum mit eigenem Hauptbahnhof" vermarktet. Eine Überraschung erlebten daher die SBB Anfang 2003 bei der Ankündigung eines neuen Konzepts für die sieben grossen nationalen Bahnhöfe (neben Zürich auch Genf, Lausanne, Bern, Basel, Luzern und Winterthur). Die Bahnhöfe sollten – wo noch nicht geschehen – umgebaut und nach dem Vorbild von Zürich mit Ladenpassagen erweitert und für verschiedene Events vermietet werden. Dieses in Zürich bereits seit dem Abbruch der Provisorien (kurz nach 1990) praktizierte Bewirtschaftungskonzept sollte nun neu unter der Marke RailCity zusammengefasst werden, einem hierfür neu geschaffenen Geschäftsbereich innerhalb der SBB Immobilien.

Nachdem sämtliche Zürcher Medien bereits darüber spöttelten, dass die SBB versuche, das Shopville neu zu erfinden, gaben auch die Stadt Zürich und die City Vereinigung den SBB zu verstehen, dass man aufgrund des hohen Bekanntheitsgrads nicht daran denke, das Shopville umzubenennen. Vor der Umbenennung, die ohnehin erst für 2004 geplant war, mussten die SBB nochmals über die Bücher und präsentierten schliesslich eine Lösung: die unterirdischen Einkaufsebenen tragen den Doppelnamen ShopVille-RailCity, mit der Einsicht, dass die Bevölkerung ohnehin nur ersteren verwendet. Die Haupthalle dagegen, die für verschiedene Events genutzt wird, trägt formell nur den Namen RailCity Zürich.

Haupthalle

In der Haupthalle des Zürich HB finden verschiedene Events statt. Abgesehen von den regelmässig stattfindenden Märkten gibt es unter anderem folgende Veranstaltungen:

Im Shopville finden sich neben den für ein Einkaufszentrum üblichen Branchen auch Restaurants und Imbissstände.

Weblinks

Quellen

  1. Butz Peters Tödlicher Irrtum. Argon, Berlin 2004, S. 500-505.
  2. NZZ am Sonntag Vom Terror getroffen, 13. Mai 2007. [1]

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