- Rawitsch
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Rawicz Basisdaten Staat: Polen Woiwodschaft: Großpolen Landkreis: Rawicz Fläche: 7,81 km² Geographische Lage: 51° 37′ N, 16° 53′ O51.61666666666716.883333333333Koordinaten: 51° 37′ 0″ N, 16° 53′ 0″ O Einwohner: 21.205 (30. Juni 2007[1]) Postleitzahl: 63-900 Telefonvorwahl: (+48) 65 Kfz-Kennzeichen: PRA Wirtschaft und Verkehr Straße: Posen – Breslau Nächster int. Flughafen: Posen-Ławica Gemeinde Gemeindeart: Stadt- und Landgemeinde Fläche: 133,64 km² Einwohner: 29.500 (30. Juni 2007[1]) Verwaltung (Stand: 2007) Bürgermeister: Tadeusz Pawłowski Adresse: ul. J. Piłsudskiego 21
63-900 RawiczWebpräsenz: www.rawicz.pl Rawicz ['ravʲiʧ] (deutsch Rawitsch) ist eine Kreisstadt mit 21.200 Einwohnern und Hauptort der gleichnamigen Stadt- und Landgemeinde im Powiat Rawicki der polnischen Woiwodschaft Großpolen.
Inhaltsverzeichnis
Stadtwappen
Das Stadtwappen
Das der Stadt 1638 von König Władysław IV. Wasa verliehene Wappen zeigt in Gold einen schwarzen Bären, der auf einer grünen Wiese nach rechts schreitet. Das Wappen (siehe unten) stammt vom polnischen adeligen Stammwappen Rawicz (auch: Rawa) des Stadtgründers Przyjemski: in Gold ein schwarzer Bär mit einer weiß, rot oder blau gekleideten Jungfrau auf dem Rücken, der auf einer grünen Wiese nach rechts schreitet.
Der Clan der Rawitsche
Die Rawitsche waren ein masowischer Ritterstamm, der wahrscheinlich auf das mächtige tschechische Geschlecht der Wrchowez zurückgeht, welches um das Jahr 1108 vom böhmischen Herzog Svetopluk ausgerottet wurde (siehe: Schweinhausburg). Ein Mitglied des Geschlechts namens Goworek floh nach Polen, wo er von Bolesław III. Schiefmund Güter im Lande Sendomir und in Masowien verliehen bekam. Der ursprüngliche Sitz der Rawitsche in Polen war die Stadt Rawa Mazowiecka, die ihren Namen, wie Rawitsch, vom Stammwappen bekam. Goworeks Enkel, der ebenfalls Goworek hieß, war Kastellan von Krakau und Erzieher des Herzogs Leszek I. des Weißen. Im 13. Jahrhundert teilte sich das Geschlecht in zwei Linien: die Warschowitze, die von Warsz, Kastellan von Krakau und mutmaßlichem Gründer von Warschau abstammten, und die Grotowitze, die ebenfalls hohe Staatsämter innehatten. Beide Linien waren Anhänger des Königs Władysław I. Ellenlang in seinem Kampfe mit Wenzel II. von Böhmen. Zur größten Macht kamen die Rawitsche in der zweiten Hälfte des 14. und im 15. Jahrhundert: Viele von ihnen waren Kastellane, einer wurde Bischof von Krakau. Im 15. Jahrhundert erscheinen die Rawitsche auch in Großpolen und Kujawien.
Zeittafel zur Stadtgeschichte
Erste Polnische Republik (bis 1793)
- 1638: der Gutsherr Adam Olbracht Przyjemski, Kastellan von Gnesen und Kalisch, erhält von König Władysław IV. Wasa die Genehmigung, die Stadt, die den Namen von seinem Familienwappen Rawicz erhält, auf dem Gelände seines Dorfes Sierakowo (erwähnt schon 1310) zu gründen. Der Breslauer Architekt Flandrin erhält von Przyjemski den Auftrag, einen symmetrischen Stadtplan zu entwerfen. Die Stadt liegt damals etwa 15 km von der deutschen (schlesischen) Grenze entfernt, an der wichtigen Handelsstraße von Posen nach Breslau. Die Nähe der Grenze hat große Bedeutung für die Entwicklung der Stadt, denn Rawitsch wird zum Zufluchtsort für Andersgläubige, die vor der religiösen Unterdrückung durch die Habsburger aus Böhmen und Schlesien fliehen. Viele von ihnen sind geschickte Handwerker und Kaufleute.
- 1639: Die ersten Juden werden in Rawitsch verzeichnet.
- 1640: Die Tuchmacherzunft wird in der Stadt registriert.
- 1649: Die Juden werden ausgewiesen.
- 1642: Der Rawitscher Schützenverein entsteht. Er existiert bis heute (2005).
- 1655: Während der schwedischen Invasion von Karl X. Gustav brennt die hölzerne Stadt nieder, entsteht aber bald wieder in gemauerter Form.
- 1674: Die Juden, die um 1660 zurückkehrten, werden abermals vertrieben.
- 1698: Die Juden kehren endgültig zurück.
- 1701: Ein großer Brand zerstört die wiederaufgebaute Stadt.
- 1704–1705: Im Großen Nordischen Krieg wird Rawitsch von den Truppen Karl XII. von Schweden okkupiert. Der König selbst verweilt ein paar Monate in der Stadt.
- 1733 (bis): Die Stadt wird abwechselnd von den Russen, Österreichern und Sachsen besetzt gehalten.
- 1710–1711: Die Pest wütet in Rawitsch. 60% der Einwohner sterben.
- 1719: Die Rawitscher Juden erhalten einen Freibrief, der ihre Rechte und Steuern regelt. Es gibt 12 jüdische Familien in der Stadt. 1728 errichten sie ein kleines Bethaus. 1739 gibt es schon 35 jüdische Familien in Rawitsch, 1755 wird der erste Rabbi, Menachem Mendel Gradenwitz, angestellt.
- 1753–1756: Das neue Rathaus wird erbaut. 1783 erhält es als erstes Gebäude in Polen einen Blitzableiter.
- 1760, (ab): Die Stadt wird reich, vor allem durch die Expansion der Tuchweberei. Es gibt in der Stadt 1107 in Zünften organisierte Meister, die 83 verschiedene Berufe vertreten. Rawitsch hat damals 74 Windmühlen, zwei Brauereien, drei Färbereien und eine Schnapsbrennerei.
- 1783: Die erste Synagoge entsteht.
Die erste preußische und die napoleonische Zeit (1793–1816)
- 1793: Als Folge der Zweiten Teilung Polens kommt Rawitsch zu Preußen. Am 17. Oktober wird die Stadt von König Friedrich Wilhelm II. besichtigt.
- 1794 und 1801: Zwei große Brände verheeren die Stadt, Rawitsch ist aber immer noch (nach Posen) die zweitgrößte Stadt Großpolens.
- 1797: Es gibt 198 jüdische Familien in der Stadt, vor allem Kaufleute, Schneider, Handwerker und Viehhändler.
- 1807: Als Folge des Tilsiter Friedens kommt die Stadt zum Herzogtum Warschau. Die Tuchproduktion wächst, man baut die Stadt noch einmal auf.
- 1812: Rawitsch ist Hauptquartier eines Teils der Grande Armée Napoléon Bonaparte unter dem Befehl seines Bruders Jérôme Bonaparte.
- 1816: Gemäß den Beschlüssen des Wiener Kongresses kommt die Stadt zu Preußen zurück und wird Teil der Provinz Posen.
Zweite preußische Zeit (1816–1918)
- 1827: Die preußischen Behörden erbauen das Gefängnis von Rawitsch, das eine verhängnisvolle Rolle in der Stadtgeschichte spielen sollte.
- 1830 (um): Die eingewanderten Deutschen (vor allem Schlesier) bilden die Mehrheit der Stadtbewohner.
- 1831 (nach): Die russischen Schutzzölle tragen dazu bei, dass die Rawitscher Tuchmacherei ihre Bedeutung zu verlieren beginnt. Viele Weber emigrieren nach Kongresspolen, vor allem nach Zgierz und Łódź.
- 1835: Von insgesamt etwa 3.100 Einwohnern von Rawitsch sind ungefähr 50% Juden (301 Familien, 1574 Personen).
- 1843–1845: Die Tuchproduktion blüht zum letzten Mal auf durch Aufträge der preußischen Armee. Danach bekommt die Stadt einen überwiegend landwirtschaftlichen Charakter, mit einigen Einschlägen von Kleinindustrie, z. B. einer Tabak- und Zigarrenfabrik, die um 1840 entsteht und wegen ihrer guten Waren gerühmt wird.
- 1857: Nach Posen bekommt Rawitsch als zweite Stadt der Provinz ein Gaswerk.
- 1886: Preußische Verwaltungsreform. Rawitsch wird zur Hauptstadt des gleichnamigen Landkreises mit 48.000 Einwohnern und der größten Bevölkerungsdichte der Provinz Posen.
- 1890 (um): Rawitsch wird zu einem bedeutenden Industriezentrum der Provinz: Es besitzt Tabakwaren-, Maschinen-, Möbel-, Waagen-, Bürsten-, Papierfabriken, Brauereien und Sägemühlen.
- 1889: Die neue Synagoge wird errichtet (zerstört um 1941).
- 1891: Wasserleitungen werden gelegt, 1911 bekommt die Stadt Kanalisation.
- 1902: Schmiedemeister Friedrich Fabisch übernimmt die Schmiede in der Gartenstraße
- 1900 (ab): Abwanderung der Juden ins Innere des Deutschen Reiches fängt an.
- 1905: Bei etwa 9.000 Einwohnern gibt es nur 363 Juden in der Stadt.
In der Zweiten Polnischen Republik (1920–1939)
- 1918–1920: Die Kämpfe zwischen den Soldaten des Großpolnischen Aufstandes gegen die preußische Herrschaft und den deutschen Freikorps, die von Schlesien aus angreifen, dauern am längsten im Rawitscher Land. Der Kreis Rawitsch kommt erst am 17. Januar 1920 endgültig zu Polen.
- 1921 (ab): Viele Deutsche und Juden verlassen die Stadt und ziehen nach Deutschland. 1928 gibt es nur 35 Juden in Rawitsch. Die Stadt ist aber immer noch multinational und multireligiös, alle christlichen Konfessionen sind hier vertreten.
- 1925: Die Struktur der Wirtschaft in der Stadt verändert sich. Durch den land- und forstwirtschaftlichen Charakter der Region entsteht in Rawitsch eine bedeutende Lebensmittelindustrie: Zuckerfabriken, große Schnaps- und Likörbrennereien, die Wurstfabriken von Scholz, deren Produkte in ganz Polen berühmt sind, erste Wellpappe-Fabrik in Polen usw.
- 1925 (ab): Schnelle Entwicklung des Schulwesens in der Stadt. In diesem Jahre wird die Rawitscher Kadettenanstalt gegründet, die viele hervorragende Offiziere ausgebildet hat, außerdem hat die Stadt ein Lehrerseminar und zwei Gymnasien. Gleichzeitig, nach dem Piłsudski-Maiputsch vom Mai 1926, wird das alte preußische Gefängnis zu einer der schwersten Strafanstalten in Polen, wo vor allem Regimegegner einsitzen.
- 1927: Das neue, prächtige Gebäude der Kadettenanstalt wird eingeweiht (heute: Krankenhaus).
- 1933–1938: Der Kommunist Bolesław Bierut, nach 1945 polnischer Staatspräsident von Stalins Gnaden, verbüßt in Rawitsch seine Gefängnisstrafe, die ihn vor den Stalinschen Säuberungen rettet.
- 1939, 1. September: Eine Kompanie der Wehrmacht nimmt die Stadt ein, setzt die polnischen Behörden ab und eine provisorische deutsche Verwaltung ein, muss sich jedoch nach zwei Tagen zurückziehen und kommt am 5. September zurück.
Im Zweiten Weltkrieg
- 1940 (ab): Die meisten Polen aus Rawitsch werden vertrieben und die Stadt mit deutschen Siedlern aus Wolhynien und dem Baltikum bevölkert. Viele Polen werden in den Wäldern um Rawitsch von der SS erschossen. Im Rawitscher Gefängnis werden etwa 1300 Personen ermordet.
- 1945, 22. Januar: Ein unerwarteter Angriff eines Panzerverbands der Sowjetarmee überrascht die deutschen Truppen, die sich aus der Stadt zurückziehen. Ende der NS-Herrschaft. Im Vorfeld dieses Ereignisses verlassen am 20. Januar viele Deutsche Rawitsch in Richtung Delitzsch in Sachsen. Am Bahnhof wurde der Treck zusammengestellt. Es herrschten etwa -20° C. Etliche Deutsche, die in der Zwischenkriegszeit polnische Staatsbürger waren, blieben und wurden im Juni/Juli nach Deutschland ausgewiesen.
Nachkriegszeit
- 1946 (bis): Die Stadt wird von der Kommandantur der Sowjetarmee regiert. 15.000 sowjetische Soldaten stehen in Rawitsch.
- 1946–1956: Das Rawitscher Gefängnis hält seinen dunklen Ruhm aufrecht. Etwa 19.000 politische Häftlinge, Regimegegner und Soldaten der antikommunistischen Heimatarmee sind dort im Laufe dieser 10 Jahre inhaftiert, 142 Personen werden dort vom kommunistischen Geheimdienst UB ermordet. Durch die Verstaatlichung der Industrie und Zwangs- Kollektivierung der Landwirtschaft fallen die Erträge dieser Wirtschaftssektoren zurück.
- 1970 (ab): Die Wirtschaft erholt sich teilweise durch Reformen. Neue Betriebe entstehen und viele Wohnungssiedlungen (Plattenbauten) werden errichtet. Dies alles wird aber unter Edward Gierek von in Westeuropa geborgtem Geld finanziert.
- 1973: Das benachbarte Städtchen Sarnowa mit etwa 2500 Einwohnern wird eingemeindet.
- 1975: Polnische Verwaltungsreform. Rawitsch verliert seinen Rang als Kreishauptstadt und wird zu einer Stadtgemeinde in der neugebildeten Woiwodschaft Lissa.
- 1999: Der Landkreis Rawicz wird wiederhergestellt.
Sehenswürdigkeiten
- Altes Rathaus (heute Museum), erbaut 1753–56, Barock;
- Ehemalige Evangelische Kirche, heute kath. Pfarrkirche zum Heiligen Andreas Bobola, erbaut 1802–1803 nach einem Projekt von Carl Gotthard Langhans;
- Stadtpfarrkirche zum Christus König und zur Verkündigung Mariae, Neugotik, erbaut 1902–1907;
- Bürgerhäuser am Ring, Barock und Klassizismus;
Stadtteil Sarnowa (deutsch Sarne) (bis 1973 selbständige Stadt)
- Stadtpfarrkirche zum Heiligen Apostel Andreas, Barock, erbaut 1718, Turm errichtet 1769;
- Ehemaliges Rathaus, Klassizismus, errichtet 1837.
Schulwesen
Rawitsch hat drei Obergymnasien, ein Technisches Obergymnasium und fünf Grundschulen.
Städtepartnerschaft
Wirtschaft
In der Stadt sind 717 größere und etwa 1500 Ein-Mann-Unternehmen registriert.
Verkehr
Rawitsch hat direkte Eisenbahnverbindung mit: Posen, Breslau, Danzig, Stettin, Kolberg, Allenstein, Krakau, Zakopane und Bratislava. Buslinien verkehren u. a. nach Hirschberg und Krotoschin. In der Mitte der Landstraße zwischen Posen (Poznan) und Breslau (Wroclaw) gelegen.
Söhne und Töchter der Stadt
- Wolfgang Straßmann (1821-1885), deutscher Mediziner und Politiker
- Ernst Höpfner (1836-1915), deutscher Pädagoge
- Ferdinand Straßmann (1838-1931), deutscher Mediziner und Stadtmedizinalrat von Berlin
- Markus Brann (1849-1920), deutsch-jüdischer Historiker
- Otto Gehlig (1849-1917), deutscher Architekt, tätig in Lodz
- Heinrich Braun (1862-1934), deutscher Chirurg, Professor, Erbauer des Pavillon-Klinikums in Zwickau: "Heinrich-Braun-Krankenhaus"
- Alfred Loewy (1873-1935), deutscher Mathematiker
- Arthur Ruppin (1876-1943), deutsch-jüdischer Soziologe, Zionist und Wegbereiter der Gründung der Stadt Tel Aviv
- Hedwig Jahnow (1879-1944), deutsche Alttestamentlerin
- Hilmar Pabel (1910-2000), deutscher Journalist und Fotograf
- Franciszek Woźniak (1932-2009), polnischer Komponist
Gemeinde Rawicz
Die Stadt- und Landgemeinde Rawitsch umfasst 26 Ortschaften von überwiegend dörflichem Charakter, in welchen 7.939 Personen wohnen (3899 Männer, 4040 Frauen).
Name deutscher Name
(1815-1920)deutscher Name
(1939-45)Dąbrówka Dombrowka Konarzewo
1906-20 EichenbronnEichenbronn Dębno Polskie Damme Damme Folwark Vorwerke Vorwerke Izbice Izbice Stuben Kąty Lindenhof Lindenhof Konarzewo Konarzewo Zerbonisruh Krasnolipka Krasnolipka Lindenruh Krystynki Christiänchen Christiänchen Łąkta Lonkta Wiesenfurt Łaszczyn Laszczyn Gutfeld Masłowo Massel Massel Rawicz Rawicz
1887-1920 RawitschRawitsch Sarnówka Sarnowko Sarnchen Sierakowo Wilhelmsgrund Wilhelmsgrund Sikorzyn Sikorzyn
1906-20 WiesenbachWiesenbach Słupia Kapitulna Slupia 1939-43 Langenfeld
1943-45 LangenreiheStwolno Stwolno Stolau Szymanowo Szymanowo
1906-20 FriedrichsweilerFriedrichsweiler Ugoda Ugoda Heide Warszewo Heidchen Heidchen Wydawy Wydawy Außenfelde Załęcze Königsdorf Königsdorf Zawady Zawady Weidhofen Zielona Wieś Gründorf Gründorf Żołędnica Zolendnice Eichelhof Żylice Zylice
1906-20 SchlitzeSchlitze Verweise
Literatur
- John Cohn, Geschichte der jüdischen Gemeinde Rawitsch, Berlin 1915
- Encyclopaedia Judaica, Band 13., Jerusalem 1971
Weblinks
- Website der Stadt (polnisch, englisch)
Fußnoten
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