- Landkreis Rawitsch
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Der Kreis Rawitsch am Südrand der preußischen Provinz Posen bestand in der Zeit von 1887 bis 1920.
Landkreis Rawitsch war außerdem während des Zweiten Weltkrieges der Name einer deutschen Verwaltungseinheit im besetzten Polen (1939-45).
Inhaltsverzeichnis
Verwaltungsgeschichte
Kreis Rawitsch
Am 1. Oktober 1887 wurde aus dem Südteil des bisherigen Kreises Kröben ein neuer Kreis Rawitsch gebildet.
Sitz des Landratsamtes war die Kreisstadt Rawitsch.
Am 27. Dezember 1918 begann in der Provinz Posen der Großpolnische Aufstand der polnischen Bevölkerungsmehrheit gegen die deutsche Herrschaft, und der Nordostteil des Kreisgebietes war bereits nach wenigen Tagen unter polnischer Kontrolle. Der Südwesten um Rawitsch und Bojanowo blieb deutsch besetzt.
Am 16. Februar 1919 beendete ein Waffenstillstand die polnisch-deutschen Kämpfe, und am 28. Juni 1919 trat die deutsche Regierung mit der Unterzeichnung des Versailler Vertrags den Kreis Rawitsch offiziell an das neugegründete Polen ab. Deutschland und Polen schlossen am 25. November 1919 ein Abkommen über die Räumung und Übergabe der abzutretenden Gebiete ab, das am 10. Januar 1920 ratifiziert wurde.
Die Räumung des unter deutscher Kontrolle verbliebenen Restgebietes mitsamt der Kreisstadt Rawitsch und Übergabe an Polen erfolgte zwischen dem 17. Januar und dem 4. Februar 1920. Einzig die Grenzgemeinde Szmezdrowo (Schlemsdorf) verblieb bei Deutschland und wurde in den schlesischen Kreis Guhrau eingemeindet.
"Landkreis Rawitsch" (1939-45)
Im Zweiten Weltkrieg bildeten die deutschen Besatzungsbehörden eine Verwaltungseinheit namens Landkreis Rawitsch. Die am 26. Oktober 1939 vollzogene Annexion des Gebietes durch das Deutsche Reich war als einseitiger Akt der Gewalt jedoch völkerrechtlich unwirksam. Mit dem Einmarsch der Roten Armee im Januar 1945 endete die deutsche Besetzung.
Kommunale Gliederung
Der Kreis Rawitsch gliederte sich in fünf Stadtgemeinden; die Landgemeinden und selbstständigen Gutsbezirke waren in größeren Polizeidistrikten zusammengefasst.
Der Kreis Rawitsch bestand am 1. Januar 1908 aus:
- 5 Stadtgemeinden (Rawitsch, Bojanowo, Görchen, Jutroschin und Sarne),
- 80 Landgemeinden und
- 47 Gutsbezirken.
Während der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg erhielten nur Rawitsch und Bojanowo 1942 die Stadtrechte laut Deutscher Gemeindeordnung von 1935, die übrigen Gemeinden wurden in Amtsbezirken zusammengefasst.
Größe
Der Kreis Rawitsch hatte eine Gesamtfläche von 496 km².
Bevölkerung
Der Kreis Rawitsch hatte im Jahre 1890 49.320 Einwohner. Davon waren etwa 60% Polen und 40% Deutsche. Ein großer Teil der deutschen Einwohner verließ nach 1919/20 das Kreisgebiet.
Ortsnamen
Bis auf wenige Ausnahmen galten die polnischen Ortsnamen weiter, zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden mehrere Ortsnamen eingedeutscht. Während der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg wurden durch unveröffentlichten Erlass vom 29. Dezember 1939 zunächst die 1918 gültigen Ortsnamen übernommen, es erfolgten aber bald "wilde" Eindeutschungen durch die lokalen Besatzungsbehörden. Am 18. Mai 1943 erhielten alle Orte mit einer Post- oder Bahnstation deutsche Namen, dabei handelte es sich meist um lautliche Angleichungen, Übersetzungen oder freie Erfindungen.
Liste der Ortschaften im Kreis Rawitsch mit mehr als 400 Einwohnern (1910):
polnischer Name deutscher Name (1815-1919/20) deutscher Name (1939-45) Bojanowo Bojanowo Schmückert Chojno Chojno Kiefernrode Dębno Polskie Damme Damme Domaradzice Domaradzitz Urnenfeld Dubin Dubin 1939-43 Spitzwald
1943-45 SpitzwallGołaszyn Bärsdorf Bärsdorf Golina Wielka Lang Guhle 1939-43 Lang Guhle
1943-45 LangguhleJutrosin Jutroschin 1939-43 Orlahöh
1943-45 HorlenKonary Konary Korngut Miejska Górka Görchen Görchen Ostoje Ostoje Standort Rawicz Rawitsch Rawitsch Sarnowa Sarne Sarne Sierakowo Wilhelmsgrund Wilhelmsgrund Słupia Kapitulna Slupia 1939-43 Langenfeld
1943-45 LangenreiheSobiałkowo Sobialkowo Altrecht Sowy Sowy Scholzhufen Szkaradowo Szkaradowo Deutschwehr Szymanowo Szymanowo
1906-20 FriedrichsweilerFriedrichsweiler Wydawy Wydawy Außenfelde Zielona Wieś Gründorf Gründorf Literatur
- Martin Sprungala: Die Geschichte der Posener Kreise und kreisfreien Städte, Bad Bevensen 2007.
- Martin Sprungala: Historisches Ortsverzeichnis der Provinz Posen und der Wojewodschaft Poznan (Posen), Bad Bevensen 2007.
Weblinks
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