Razmara

Razmara
General Haj Ali Razmara

Haj Ali Razmara (persischحاجیعلی رزم‌آرا‎ `Alī Razmāra; * 1901 in Teheran; † 7. März 1951) war Generalleutnant (Sepahbod) der iranischen Armee und vom Juni 1950 bis März 1951 Ministerpräsident des Iran. Er war mit Anwar-el Moluk Hedayat, der Schwester von Sadegh Hedayat, verheiratet und hatte fünf Kinder. Razmara ist ein angenommener, literarischer Name und bedeutet wörtlich übersetzt „Kampfgestalter“. Razmara wird als „methodisch, diszipliniert, ernsthaft und ehrgeizig“ beschrieben.[1] Er starb am 7. März 1951 durch ein politisch motiviertes Attentat eines Mitglieds der Islamistengruppe Fadayan-e Islam.

Inhaltsverzeichnis

Jugend und militärische Karriere

Razmara kam am Abend des Opferfestes 1901 zur Welt. Das führte dazu, dass man seinem Vornamen Ali noch Haj hinzufügte. Nach dem Besuch der Grundschule besuchte er das Militärgymnasium in Teheran. Nach seinem Abschluss begann er seine militärische Laufbahn in der Zentrale der Militärverwaltung. Unter Reza Schah war er an der Niederschlagung der separatistischen Jangali Bewegung von Mirza Kutschak Khan im Norden Irans und der Separatistenbewegung von Ismael Agha Simko, dem Anführer des kurdischen Schikak-Stammes, in Aserbaidschan beteiligt.

Im Alter von 22 Jahren wurde er zusammen mit weiteren Offizieren an die Militärakademie St. Cyr in Frankreich gesandt. Nach zwei Jahren kehrte er in den Iran zurück. Er wurde für 6 Jahren nach Lurestan abkommandiert, um die dortigen anhaltenden separatistischen Unruhen zu beenden. 1944 wurde er nach Teheran zurückbeordert und dort mit der Gründung des Zentrums für militärische Kartographie beauftragt. Später wurde er stellvertretender Präsident der iranischen Militärakademie und verantwortlich für die Offiziersausbildung.

Mit 37 Jahren wurde er 1938 zum General befördert. Von da ab war er Mitglied des Hohen Militärrats. Im September 1940, als Iran von England und der Sowjetunion angegriffen wurde, riet er Reza Schah zur sofortigen Kapitulation. Nach der Auflösung der iranischen Armee durch die alliierten Streitkräfte hat General Razmara die Truppenreste in Teheran neu formiert und als Division Nr. 1 neu gegründet.

Unter Premierminister Ahmad Qavam wurde General Razmara Chef der iranischen Armee. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er maßgeblich an der Auflösung der 1946 mit Unterstützung der Sowjetunion gegründeten Aserbaidschanischen Volksregierung und damit an der Beendigung der Irankrise beteiligt.

Premierminister des Iran

Nach dem Rücktritt von Ali Mansur am 26. Juni 1950 wurde Haj Ali Razmara Premierminister. Razmara trat für eine Dezentralisierung der Regierung ein. Sein Motto war: "Bringen wir die Regierung zu den Leuten". Dementsprechend brachte er als erste Gesetzesinitiative eine Vorlage zur Schaffung von Stadt- und Bezirksräten ins Parlament ein. Die kommunale Selbstverwaltung war nach der iranischen Verfassung zwar vorgesehen, aber bisher nicht umgesetzt worden.[1] Die Stadt- und Bezirksräte sollten u.a. für die lokale Gesundheitsversorgung, das Schulwesen und landwirtschaftliche Projekte zuständig sein. Der bedeutsamste Erfolg Razmaras war die Institutionalisierung des Point IV Programms (asl-e chahar) im Iran durch eine Vereinbarung mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten Truman.

In Razmaras Amtszeit fielen bedeutsame Verhandlungen mit der Anglo-Iranian Oil Company (AIOC) über eine gerechtere Verteilung der Öleinnahmen. Die Raffinerie von Abadan hatte sich in den vergangenen 40 Jahren zur größten Raffinerie der Welt entwickelt. Die Raffinerie wie alle anderen Ölanlagen in diesem Teil Irans wurden von der britischen Anglo-Iranian Oil Company (AIOC) auf der Grundlage eines 1933 zwischen der AOIC und dem Iran geschlossenen Abkommens betrieben. Nach diesem für eine Dauer von 60 Jahren geltenden Abkommen standen dem Iran ca. 8% des Nettoerlöses aus dem Verkauf des Rohöls zu, nicht gerechnet Erlöse aus der Raffinerie und dem Verkauf von Ölfertigprodukten. Die AIOC erzielte im Jahre 1947 einen Nettoerlös von £40 Mio., wovon an den Iran £7 Mio. abgeführt wurden, was einer Quote von lediglich 18% entsprach.[2]

Im Jahr 1950 verhandelte die Arabian-American Oil Company (ARAMCO) mit den Saudis über ein neues Abkommen, das eine 50/50-Aufteilung der Nettoöleinnahmen vorsah. Für die iranische Regierung, das Parlament und den Schah war es selbstverständlich, dass mit der AIOC eine vergleichbare Regelung erzielt werden sollte. In den Verhandlungen hatte die iranische Regierung zwei Möglichkeiten: Sie konnte mit der Verstaatlichung und ,wie in dem Abkommen vorgesehen, nach 30 Jahren (1963) mit einer massiven Besteuerung der AIOC-Gewinne drohen. Razmara war ein entschiedener Gegner einer Verstaatlichung, während Mossadegh, der Sprecher der neu gegründeten Partei der Nationalen Front in der Verstaatlichung den einzig gangbaren Weg sah.

In der entscheidenden Debatte am 7. März 1951 sagte Razmara im iranischen Parlament: “Ich möchte hier klarstellen, dass Iran gegenwärtig nicht über die industriellen Möglichkeiten verfügt, das Öl aus der Erde zu holen, und es auf dem Weltmarkt zu verkaufen [...] Meine Herrn, Sie können doch mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Mitarbeitern nicht einmal eine Zementfabrik managen. [...] Ich sage das in aller Deutlichkeit, wer das Vermögen und die Ressourcen unseres Landes in Gefahr bringt, begeht Verrat an unserem Volk.“ Mossadegh entgegnete: “Ich meine, die Iraner empfinden nur Hass gegenüber dem, was der Premierminister gesagt hat, und halten eine Regierung für illegitim, die sich auf solch eine sklavenhafte Erniedrigung einlässt. Es führt kein Weg an der Verstaatlichung des Öls vorbei."[3] Noch am selben Tag wurde Razmara ermordet.

Ermordung

Nach seiner Rede im Parlament ging Razmara zur Soltani Moschee im Basar, um an einer Trauerfeier für Ayatollah Fajz teilzunehmen. Die Polizei bahnte für den Premierminister einen Weg durch die versammelte Menschenmenge. Khalil Tahmassebi, ein Mitglied der Fadayan-e Islam, schoss dreimal und verwundete Razmara tödlich. Er wurde noch am Tatort verhaftet. Ayatollah Kashani erklärte den Mörder Razmaras zu einem "Retter des iranischen Volkes" und forderte seine umgehende Entlassung aus dem Gefängnis.

Eine Woche nach der Ermordung Razmaras beschloss das iranische Parlament die Verstaatlichung der Ölanlagen. Am 28. April 1951 wurde Mossadegh Premierminister. Der Mörder Razmaras wurde im November 1952 vom iranischen Parlament begnadigt. Er wurde als Held gefeiert und Premierminister Mossadegh empfing ihn zu einer Audienz.

Haj Ali Razmara wurde im Bagh-e Touti (Pappageiengarten) in Shah Abdul Azim in Ray bestattet.

Auswirkungen auf die Politik im Iran

Nach der Ermordung Razmaras begann eine Periode von Mordanschlägen, Morddrohungen und gewalttätigen Demonstrationen, wie sie das Land so noch nicht gesehen hatte. Die Verstaatlichung der Ölindustrie führte zur Abadan-Krise, die Mohammad Reza Schah ins erste Exil zwang, und zum Sturz der Mossadegh-Regierung führte. Die Krise wurde erst durch das Eingreifen der USA unter Präsident Eisenhower beendet. Das Konsortialabkommen, das die Frage der Öleinnahme für die nächsten 25 Jahre klären sollte, stellte letztlich niemanden im Iran wirklich zufrieden.[4]

Einzelnachweise

  1. a b Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. UC Press, 2009, S. 119.
  2. Stephen Kinzer: All the Shah's Men. John Wiley and Sons, 2003, S. 67
  3. Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. UC Press, 2009. S. 121.
  4. Gholam Reza Afkhami: The life and times of the Shah. UC Press, 2009. S. 199.

Literatur

  • 'Alí Rizā Awsatí (عليرضا اوسطى): Iran in the past three centuries (Irān dar Se Qarn-e Goz̲ashteh - ايران در سه قرن گذشته), Band 1 und 2 (Paktāb Publishing - انتشارات پاکتاب, Tehran, Iran, 2003). ISBN 9-649340-661 (Band 1), ISBN 9-649340-653 (Band 2).
  • M. Reza Ghods: The rise and fall of General Razmara. (Middle Eastern Studies, Jan 1, 1993).
  • Mary Ann Heiss: Empire and Nationhood: The United States, Great Britain, and Iranian Oil, 1950–1954. Columbia University Press, 1997, ISBN 0-231-10819-2
  • Stephen Kinzer: All The Shah's Men: An American Coup and the Roots of Middle East Terror. John Wiley & Sons, New Jersey, 2003, ISBN 0-471-26517-9
  • Mostafa Elm: Oil, Power, and Principle. Iran's Oil Nationalization and Its Aftermath. Syracuse University Press, Syracuse 1994, ISBN 0-8156-2642-8
  • Yousof Mazandi, United Press, und Edwin Muller: Government by Assassination. Reader's Digest, September 1951.

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