Rechtsabbiegepfeil

Rechtsabbiegepfeil
Zeichen 720: Grünpfeil

Der Grünpfeil ist nach der deutschen Straßenverkehrs-Ordnung gemäß § 37 Abs. 2 Nr. 1 S. 8–10 StVO eine nicht leuchtende Ergänzung an Lichtzeichenanlagen, durch die die Wartezeit für Rechtsabbieger bei bestimmten Verkehrssituationen verkürzt wird. Dargestellt wird er durch einen nach rechts gerichteten Pfeil auf einem Zusatzschild rechts neben dem roten Licht der Ampel (Zeichen 720).

Er erlaubt Fahrzeugen das Abbiegen nach rechts trotz rotem Lichtzeichen an einer Ampel, wenn sie zuvor an der Haltlinie angehalten haben und wenn eine Behinderung oder Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, insbesondere des Fußgänger- und Fahrzeugverkehrs der freigegebenen Verkehrsrichtung, ausgeschlossen ist. Es besteht keine Pflicht, in die Kreuzung einzufahren. Im Gegensatz zu leuchtendem Grünlicht ist Warten vor einem Rotlicht mit Grünpfeil keine Verkehrsbehinderung im Sinne der StVO, auch dann nicht, wenn es sich um eine reine Rechtsabbiegespur handelt.

Umgangssprachlich wird der Grünpfeil oft mit dem grünen Pfeil verwechselt. Der grüne Pfeil (nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 StVO) befindet sich in der Scheibe des grünen Ampellichtes und besagt: „Nur in Richtung des Pfeiles ist der Verkehr freigegeben.“

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

In der Deutschen Demokratischen Republik wurde der Grünpfeil, hier grüner Pfeil genannt, bereits 1978 eingeführt. Nach der Wiedervereinigung konnten die Schilder jedoch nicht rechtzeitig zum 31. Dezember 1990, mit dessen Ablauf die Straßenverkehrsordnung der DDR außer Kraft treten sollte, abgebaut werden, so dass mit einer Ausnahme-Verordnung vom 11. Dezember 1990 für höchstens ein Jahr verlängert wurde. Aufgrund des großen Widerstands in der Bevölkerung wurde die Regelung jedoch mit einer weiteren Ausnahme-Verordnung für die neuen Bundesländer vom 20. Dezember 1991 bis 1996 verlängert.

Daneben wurde 1992 von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) eine Studie durchgeführt, die zum Ergebnis kam, dass an Kreuzungen mit Grünpfeilregelung Unfälle nicht häufiger oder schwerer sind als bei einer konventionellen Ampelanlage. Es gab bis 1998 dazu noch vier weitere Untersuchungen von der BASt, die zu ähnlichen Ergebnissen kamen. Gerade Blindenverbände hatten sich vehement gegen die Einführung der Grünpfeilregelung ausgesprochen. Der Grünpfeil wurde zum 1. März 1994 Bestandteil der bundesdeutschen Straßenverkehrsordnung.

Seither wird der Grünpfeil auch in den alten Bundesländern an Kreuzungen eingesetzt. 1999 gab es erst 300 Grünpfeiltafeln in westdeutschen Städten – verglichen mit fast 2.500 Grünpfeilen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Für 2002 schätzte man etwa 5.000 Grünpfeile in Deutschland, wobei davon 48 % in den alten Bundesländern zu finden sind.

Aufgrund der Gefahrensituation an grünpfeilgeregelten Kreuzungen wurden in der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung die Einsatzbereiche des Grünpfeils immer weiter eingeschränkt. In einigen westdeutschen Städten (z. B. Bielefeld, Elmshorn, Krefeld und Wiesbaden) wurden die anfangs angebrachten Grünpfeile wieder abgeschraubt. In Köln dagegen sind an zahlreichen Kreuzungen Grünpfeile vorhanden.

1999 wurde bei der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) eine Projektgruppe „Grünpfeil“ eingerichtet, die Ausschluss- und Abwägungskriterien entwickelt hat. Der Grünpfeil ist eine durchaus emotional diskutierte Verkehrsregelung. Die Empfehlungen der Projektgruppe wurden nicht alle in der Novellierung der Verwaltungsvorschrift zur StVO übernommen.

Von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) ist die Teilfortschreibung 2003 der Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA) herausgegebenen worden. Hier werden ebenfalls weiter Ausschluss- und Abwägungskriterien formuliert.

Ein Fachartikel zum Grünpfeil schließt mit der Erkenntnis:

„Der Grünpfeil hat ein nicht zu unterschätzendes Gefährdungspotential und darf deshalb nur unter strikter Beachtung der Hinweise der Verwaltungsvorschrift zur StVO und des Grünpfeil-Berichts der Projektgruppe ‚Grünpfeil‘ angewendet werden.“

– Lagemann, Topp 2003 siehe Literaturhinweise

In § 37 Abs. 2 StVO Wechsellichtzeichen, Dauerlichtzeichen und Grünpfeil ist das Verhalten am Grünpfeil geregelt: Nach dem Anhalten ist das Abbiegen nach rechts auch bei Rot erlaubt, wenn rechts neben dem Lichtzeichen Rot ein Schild mit grünem Pfeil auf schwarzem Grund (Grünpfeil) angebracht ist. Der Fahrzeugführer darf nur aus dem rechten Fahrstreifen abbiegen. Er muss sich dabei so verhalten, dass eine Behinderung oder Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, insbesondere des Fußgänger- und Fahrzeugverkehrs der freigegebenen Verkehrsrichtung, ausgeschlossen ist.

In der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung sind zahlreiche Einschränkungen für die Einsatzbereiche des Grünpfeils festgelegt:

Der Einsatz des Schildes mit grünem Pfeil auf schwarzem Grund (Grünpfeil) kommt nur in Betracht, wenn der Rechtsabbieger Fußgänger- und Fahrzeugverkehr der freigegebenen Verkehrsrichtungen ausreichend einsehen kann, um die ihm auferlegten Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Es darf nicht verwendet werden, wenn

  • dem entgegenkommenden Verkehr ein konfliktfreies Abbiegen nach links signalisiert wird. Konfliktfreies Abbiegen nach links wird beispielsweise signalisiert, wenn links hinter der Kreuzung ein Licht mit grünem Pfeil angebracht ist oder in der Ampel ein grüner Pfeil verwendet wird.
  • Pfeile in den für den Rechtsabbieger gültigen Lichtzeichen die Fahrtrichtung vorschreiben.
  • beim Rechtsabbiegen Gleise von Schienenfahrzeugen gekreuzt oder befahren werden müssen.
  • der freigegebene Fahrradverkehr auf dem zu kreuzenden Radweg für beide Richtungen zugelassen ist oder der Fahrradverkehr trotz Verbotes in der Gegenrichtung in erheblichem Umfang stattfindet und durch geeignete Maßnahmen nicht ausreichend eingeschränkt werden kann.
  • für das Rechtsabbiegen mehrere markierte Fahrstreifen zur Verfügung stehen oder
  • die Lichtzeichenanlage überwiegend der Schulwegsicherung dient.
  • An Kreuzungen und Einmündungen, die häufig von seh- oder gehbehinderten Personen überquert werden, soll die Grünpfeil-Regelung nicht angewandt werden. Ist sie ausnahmsweise an Kreuzungen oder Einmündungen erforderlich, die häufig von Blinden oder Sehbehinderten überquert werden, so sind Lichtzeichenanlagen dort mit akustischen oder anderen geeigneten Zusatzeinrichtungen auszustatten.

Da Kreuzungen mit Grünpfeilregelung durchaus gefährlich sind, ist an Knotenzufahrten mit Grünpfeil das Unfallgeschehen regelmäßig mindestens anhand von Unfallsteckkarten auszuwerten. Im Falle einer Häufung von Unfällen, bei denen der Grünpfeil ein unfallbegünstigender Faktor war, ist der Grünpfeil zu entfernen, soweit nicht verkehrstechnische Verbesserungen möglich sind. Eine Unfallhäufung liegt in der Regel vor, wenn in einem Zeitraum von drei Jahren zwei oder mehr Unfälle mit Personenschaden, drei Unfälle mit schwerwiegendem oder fünf Unfälle mit geringfügigem Verkehrsverstoß geschehen sind.

Weitere Ausschluss- und Abwägungskriterien

Blockieren der Fußgängerfurt, da der LKW-Fahrer erst vorfahren muss, um ausreichende Sicht zu haben

Von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen – FGSV ist die Teilfortschreibung 2003 der Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA) herausgegebenen worden. Diese Teilfortschreibung ist vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen mit Schreiben vom 12. März 2004 für den Bereich der Bundesfernstraßen eingeführt worden. Für den Bereich der anderen Straßen ist die Einführung empfohlen worden.

In der Teilfortschreibung 2003 sind weiter Ausschluss- und Abwägungskriterien formuliert worden:

  • Voraussetzung für die Grünpfeilregelung ist die ausreichende Sicht der „Grünpfeilnutzer“ auf die freigegebene Verkehrsrichtung. (Bei der nebenstehenden Abbildung wäre die ausreichende Sicht an der Haltlinie nicht gegeben!)
  • Bei abgesetzter Radfahrerfurt kommt es häufig zur Blockierung dieser Furt. Dies ist ähnlich wie bei Kreuzungen und Einmündungen mit Vorfahrt regelnden Verkehrszeichen. Dann ist entweder eine andere Radwegeführung zu wählen oder auf die Grünpfeil-Regelung zu verzichten.
  • Der Grünpfeil sollte nicht verwendet werden, wenn der freigegebene Radverkehr gesondert signalisiert wird.
  • Ebenfalls sollte der Grünpfeil nicht verwendet werden, wenn im Knotenpunktbereich Aufstellflächen für den Radverkehr sind, die dann von Kraftfahrer bei „Grünpfeilnutzung“ überfahren werden.
  • Wegen der hohen Geschwindigkeiten sollte der Grünpfeil außerhalb bebauter Gebiete nicht eingesetzt werden.

Bei folgenden Bedingungen ist der Einsatz des Grünpfeils sorgfältig zu prüfen:

  • Wenn durch viele Fahrspuren und Fahrtbeziehungen der „Grünpfeil-Abbieger“ überfordert ist.
  • Wenn häufig lange Fahrzeuge nach Grünpfeil-Regelung abbiegen und die Fußgängerfurt blockieren (siehe Abbildung).
  • Wenn rechtsabbiegende Lastkraftwagen wegen der Knotengeometrie die Verkehrsfläche des von rechts kommenden Verkehrs überstreichen.
  • Wenn aus der von rechts kommenden Fahrtrichtung regelmäßig Wendefahrten vorgenommen werden.

Andere Länder

In allen Bundesstaaten der USA (Ausnahme New York City) sowie in allen Provinzen Kanadas (Ausnahme Montreal) ist das Rechts-Abbiegen an roten Ampeln grundsätzlich erlaubt. An manchen Kreuzungen verbietet jedoch ein Schild mit der Aufschrift „NO TURN ON RED“ (Kein [Rechts-]Abbiegen bei rot), das sozusagen das Gegenteil zum Grünpfeil darstellt, das Abbiegen. Die Möglichkeit, trotz rotem Ampellicht rechts (bzw. links in Ländern mit Linksverkehr) abzubiegen wie in Deutschland, besteht in ähnlicher Form auch in Australien, Frankreich, Kolumbien, Polen, Rumänien, Singapur, Thailand und Tschechien.

Literatur

  • Schrobitz, U. / Krause, K. / Schnabel, W.; Untersuchung der Vor- und Nachteile des Rechtsabbiegens beim Farbzeichen „Rot“ durch die Regelung „Grüner Pfeil“. Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach 1992
  • Projektgruppe „Grünpfeil“; Rechtsabbiegen bei Rot mit Grünpfeil. Bundesanstalt für Straßenwesen - Heft V 72. Bergisch Gladbach 1999
  • Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen – FGSV; Richtlinien für Lichtsignalanlagen (RiLSA) - Teilfortschreibung 2003. Köln 2003
  • Lagemann, Arndt / Topp, Hartmut H.; Der Grünpfeil - Verkehrsbeschleuniger oder Grüne Gefahr? In: Straßenverkehrstechnik, Heft 07/2003
  • Struben, Peter; Der grüne Pfeil. Unfall- und Konfliktpotenzial an Ampeln mit Grünpfeil, 3. korrigierte und aktualisierte Auflage August 2006 (erscheint Ende August 2006), ca. 170 S., Hrsg.: Fachverband Fußverkehr Deutschland FUSS e.V., Berlin 2006. Standardwerk mit vertieften Informationen, u.a. zur Geschichte der Grünpfeil-Einführung, Einsatzkriterien, Praxiserfahrungen, Forschungsergebnissen, sonstiger Literatur, Vor- und Nachteilen des Grünpfeils und seiner Alternativen, Forschungs- und Handlungsbedarf; 25 Abbildungen, 18 Tabellen.

Die deutsche und die englische Kurzfassung/Abstract können heruntergeladen werden unter: www.gruenpfeil.de (Ende August 2006).

  • Struben, Peter; Was kann man gegen den grünen Pfeil tun? - Argumentationshilfen, Handlungsanleitungen, Musterformular für Widersprüche. A4, Bezug über Fachverband Fußverkehr Deutschland FUSS e.V., Exerzierstraße 20, 13 357 Berlin-Mitte; info@fuss-ev.de
  • Schwab, Arndt; Der Grüne Pfeil.OH-Folien mit Erläuterungen; Hrsg.: Fachverband Fußverkehr FUSS e.V.; Berlin 2004 (Vortragsmanuskript, 38 Seiten und 18 farbige Overheadfolien).
  • Schwab, Arndt / Westphal, Ekkehard; Der Grünpfeil. In: Fußnote 7, hrsg. von SRL und FUSS e.V., Dezember 2005; kann unter http://www.fussverkehr.de heruntergeladen werden.

Weblinks

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