Reformburschenschaft

Reformburschenschaft

Der Allgemeine Deutsche Burschenbund (ADB) war ein burschenschaftlicher Korporationsverband. Er entstand am 11. November 1883 als liberale Gegengründung zum zwei Jahre zuvor gebildeten Allgemeinen Deputierten Convent − der späteren Deutschen Burschenschaft (DB). Die Mitgliedsbünde des ADB unter Führung der Berliner „Neogermania“ bezeichneten sich anfangs selbst als Reformburschenschaften und bezogen sich stärker als die Mehrheit der ADC/DB-Burschenschaften auf das liberal-demokratische Erbe der Urburschenschaft. Sie kritisierten den „überhandnehmenden Luxus, die Mensursimpelei und die geringe Wissenschaftlichkeit“ anderer Verbindungen und verwarfen Traditionen wie den Fuchscomment und die Bestimmungsmensur als unzeitgemäß.

Vor allem aber lehnten sie den in der übrigen Studentenschaft grassierenden Antisemitismus ab und ließen ausdrücklich jüdische Mitglieder zu (zum Beispiel Simon Katzenstein). Allerdings blieb der ADB – nicht zuletzt wegen seiner „judenfreundlichen“ Haltung – im Vergleich zur Deutschen Burschenschaft zahlenmäßig schwach; 1913 zählte er reichsweit gerade einmal 885 Aktive (gegenüber 3.300 in der DB).

Nach dem Ersten Weltkrieg schwenkte der ADB jedoch in den antisemitischen Mainstream ein und verfügte im Oktober 1919, keine jüdischen Studenten mehr aufzunehmen.[1] 1920 erhielt er zudem Konkurrenz vom ebenfalls reformburschenschaftlich orientierten Verband Deutscher Burschen. Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten wurde der ADB 1934 unter der Führung von Gerhard Krüger mit der bereits gleichgeschalteten DB zwangsfusioniert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ist der Bund nicht wieder neu entstanden. Die Mehrzahl der früheren ADB-Burschenschaften schloss sich der 1950 wiedergegründeten Deutschen Burschenschaft an. Einige wenige blieben jedoch verbandsfrei (Neogermania Berlin zu Bonn, Ghibellinia Karlsruhe) oder wurden suspendiert. Daneben bestehen heute noch einige frühere ADB-Bünde im Coburger Convent; diese hatten den ADB jedoch bereits in den 1920er Jahren wegen der Mensurfrage verlassen und sich den CC-Vorgängerverbänden Deutsche Landsmannschaft bzw. Vertreter-Convent der Turnerschaften angeschlossen.

Inhaltsverzeichnis

Literatur

  • Helmut Kraussmüller/Ernst Anger: Die Geschichte des Allgemeinen Deutschen Burschenbundes 1883-1933 und das Schicksal der ehemaligen ADB-Burschenschaften, Gießen 1989 ISBN 978-3-930877-23-2
  • Konrad Jarausch: Deutsche Studenten 1800–1970, Frankfurt 1984 ISBN 3-518-11258-9, S. 65 u. 90.
  • Friedrich Schulze/Paul Ssymank: Das deutsche Studententum von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart, 4. Aufl. München 1932 (Nachdruck 1991), ISBN 3-923621-90-6, S. 357ff.

Einzelnachweise

  1. Uwe Lohalm: Völkischer Radikalismus : Die Geschichte des Deutschvölkischen Schutz- und Trutz-Bundes. 1919 - 1923. Leibniz-Verlag, Hamburg 1970, S. 168. ISBN 3-87473-000-X.

Siehe auch

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Deutsche Reformburschenschaft — Deutsche Reformburschenschaft, s. Burschenschaft …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Corps Silingia — Wappen des Corps Silingia Das Corps Silingia Breslau zu Köln ist eine Studentenverbindung am Hochschulort Köln. Es ist Mitglied im Weinheimer Senioren Convent (WSC) und bildet gemeinsam mit dem Corps Franco Guestphalia den Senioren Convent zu… …   Deutsch Wikipedia

  • Corps Silingia Breslau zu Köln — Wappen des Corps Silingia Das Corps Silingia Breslau zu Köln ist eine Studentenverbindung am Hochschulort Köln. Es ist Mitglied im Weinheimer Senioren Convent (WSC) und bildet gemeinsam mit dem Corps Franco Guestphalia den Senioren Convent zu… …   Deutsch Wikipedia

  • Konrad Küster (Mediziner) — Konrad Küster (* 2. Februar 1842 in Kalkofen (poln. Wapnica), Insel Wollin; † 17. September 1931 in Berlin) war ein deutscher Arzt und Publizist. Leben und Wirken Nach Besuch des Marienstiftsgymnasiums in Stettin studierte er Medizin an den… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”