Rei vindicatio

Rei vindicatio

Die Eigentumsklage (lat. "rei vindicatio") ist im österreichischen Sachenrecht die Klage des nichtbesitzenden Eigentümers gegen den besitzenden Nichteigentümer auf Herausgabe der streitgegenständlichen Sache. Sie ist nur möglich, wenn dem beklagten Inhaber kein Recht zum Besitz, wie z. B. der Mieter es hat, zusteht (§ 366 ABGB nach österreichischem Recht).

Die wichtigste Voraussetzung zur Aktivlegitimation ist das Eigentum des Klägers. Aus diesem Grunde ist stets zu beachten, dass vor allem ein gutgläubige Erwerb des Beklagten vom nichtberechtigten Dritten zu Verlust des Eigentums und somit zum Nichbestehen einer Aktivlegitimation führen kann.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der rei vindicatio

Diese Klage stammt aus der Zwölf-Tafel-Zeit. Kläger und Beklagter behaupten mittels vindicatio (vermutlich ein Stab, mit dem auf die Sache angetippt wurde) und contravindicatio ihr Eigentum an der Sache. Beide müssen für ihre Behauptung eine Geldsumme einsetzen (sacramentum). Die gesamte Verhandlung war sehr stark ritualisiert. Der Richter entscheidet schließlich, wessen Recht das bessere ist, die Sache als Eigentümer zu haben.

Gegenansprüche des Beklagten

Der unterlegene Beklagte hat Anspruch auf Ersatz der von ihm auf die Sache gemachten Aufwendungen, wobei sich der Umfang dieser Ersatzpflicht nach der Redlichkeit des Beklagten richtet. Dieser Anspruch ist geschützt durch ein Retentionsrecht (Zurückbehaltungsrecht) des Beklagten. Für Schäden an der Sache haftet nur der unredliche Inhaber.

  Redlichkeit des "Besitzers"
(innehabenden Nichteigentümers)
Unredlichkeit des "Besitzers"
(innehabenden Nichteigentümers)
Definition Der "Besitzer" ist redlich, wenn er die Sache "aus wahrscheinlichen Gründen ... für die seinige hält" (§ 326 ABGB). Der "Besitzer" hat
  • tatsächliche Kenntnis, dass die Sache nicht ihm gehört (Vorsatz); oder er
  • muss aus den Umständen vermuten, dass die Sache nicht ihm gehört (Fahrlässigkeit).

Selbst wenn der Besitzer die Sache redlich erworben hat, kann sein Besitz dann unredlich werden, wenn er in der Zwischenzeit Kenntnis/die Vermutung erlangt, dass er nicht Eigentümer geworden ist (mala fides superveniens nocet [lat. spätere Schlechtgläubigkeit schadet]).

Ab Klagszustellung gilt der Besitzer in jedem Fall als unredlich.

Anspruch auf die Früchte (Natural- und Zivilfrüchte)   Herausgabe aller Früchte:
  • fructus percepti (lat. gezogene Früchte)
  • fructus percipiendi (lat. zu ziehende Früchte)
Anspruch auf die Aufwandsersatz Ersatz des
  • notwendigen Aufwandes (z.B. Reparaturkosten zur Erhaltung der Sache);
  • nützlicher Aufwandes (nicht notwendiger, aber wertsteigernder Aufwand)
Ersatz des
  • notwendigen Aufwandes;
  • (nützlicher Aufwandes nur, wenn zum überwiegenden Vorteil des Eigentümers)
Retentionsrecht: Der Beklagte ist zur Rückstellung der Sache nur Zug um Zug gegen die Befriedigung seiner Forderungen verpflichtet. Das Zurückbehaltungsrecht ist nach herrschender Meinung kein dingliches Recht, sondern ein Sicherungsrecht sui generis (lat. eigener Art). Es gewährt kein Recht zur Verwertung wie dies etwa beim Pfandrecht der Fall ist.

Das Zurückbehaltungsrecht kann abgewendet werden durch eine Sicherheitsleistung (nicht durch Bürgschaft); der Eigentümer kann aber auch die Sache aufgeben (Abandonrecht).

Anspruch auf Schadenersatz Der Kläger haftet nach den allgemeinen Regeln für Schäden, die seine Sache verursacht hat (z.B. "Sache" Hund beißt Beklagten); bei Unredlichkeit ist ggf. Mitverschulden zu beachten.

Schadenersatzansprüche des Klägers

Der unredliche Besitzer haftet (wegen Vorsatzes oder Fahrlässigkeit) für den Schaden, der beim Eigentümer nicht eingetreten wäre (casus-mistus-Haftung). Der redliche haftet – mangels Verschuldens – nicht.

Alternative Klage: Actio Publiciana

Der (vermeintliche) Eigentümer kann sich den Eigentumsbeweis (Probatio diabolica) ersparen, wenn er die Sache auch mit der Actio Publiciana erklagen kann. Diese praktisch höchst bedeutende Alternative zur Eigentumsklage bleibt dem Kläger nur dann versagt, wenn der Beklagte gleichartig beschaffenen qualifizierten Besitz vorweist. In allen übrigen Fällen kann der Kläger durch "ausweichen" auf die Actio Publiciana den mitunter schwierigen Eigentumsbeweis umgehen (siehe auch: Actio Publiciana).

Siehe auch: Eigentum


Bitte beachte den Hinweis zu Rechtsthemen!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Rei vindicatio — is a legal action by which the plaintiff demands that the defendant return a thing that belongs to the plaintiff. It may only be used when plaintiff owns the thing, and the defendant is somehow impeding the plaintiff s possession of the thing.… …   Wikipedia

  • Rei vindicatio — (Eigenthumsklage), die dem Eigenthümer zum Schutze seines Eigenthumes (s.d. II.) zustehende dingliche Klage, vermittelst deren er die ihm gehörige Sache von jedem dritten Besitzer derselben zurückfordern kann, s. Vindication …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Reï vindicatio — (lat.), s. Eigentum, S. 444 …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Reï vindicatio — Reï vindicatĭo (lat.), Eigentumsklage, Klage des Eigentümers auf Herausgabe der ihm gehörigen Sache gegen den Besitzer derselben …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Rei vindicatio — Rei vindicatio, lat., Eigenthumsklage gegen jeden Besitzer …   Herders Conversations-Lexikon

  • rei vindicatio — rei vin|di|ca|tio [ vindik...] <lat. ; vgl. ↑Vindikation> Anspruch auf Herausgabe einer Sache (Rechtsw.) …   Das große Fremdwörterbuch

  • Rei Vindicatio — Rẹi Vindicatio   [lateinisch], Vindikations|anspruch, der dingliche Anspruch des Eigentümers einer Sache, vom Besitzer deren Herausgabe zu verlangen (§ 985 BGB). Der Besitzer kann die Herausgabe verweigern, wenn ihm ein Recht zum Besitz zusteht… …   Universal-Lexikon

  • Rei — may refer to:People*Rei, the Biblical term for those who retained their allegiance to King David when Adonijah rebelled, as mentioned in 1 Kings 1:8 *Rei Hiroe *Rei Igarashi *Rei Kawakubo *Rei Kikukawa *Rei Mikamoto *Rei Munakata *Rei Okamoto… …   Wikipedia

  • Actio Publiciana (Römisches Recht) — Die actio Publiciana war im römischen Recht die vermutlich im letzten Jahrhundert v. Chr.[1] geschaffene prätorische Klage des Ersitzungsbesitzers, dessen Ersitzungszeit noch nicht abgelaufen war, gegen einen neuen Besitzer. Nach Ablauf… …   Deutsch Wikipedia

  • revendication — [ r(ə)vɑ̃dikasjɔ̃ ] n. f. • 1506; reivendication 1435; lat. jurid. rei vindicatio « réclamation d une chose » 1 ♦ Dr. Le fait de revendiquer (un bien). Revendication par leur propriétaire de biens en possession d un failli. 2 ♦ (XIXe) Action de… …   Encyclopédie Universelle

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”