Reichspräsident von Hindenburg

Reichspräsident von Hindenburg
von Hindenburg
Hindenburg und Ludendorff – Gemälde von Professor Hugo Vogel.
Unterschrift (1931)

Paul Ludwig Hans Anton von Beneckendorff und von Hindenburg (* 2. Oktober 1847 in Posen; † 2. August 1934 auf Gut Neudeck, Westpreußen) war ein deutscher Militär und Politiker. Im Ersten Weltkrieg stieg er zum Generalfeldmarschall auf und übte als Chef der Obersten Heeresleitung quasi-diktatorisch die Regierungsgewalt aus. Als zweiter Reichspräsident der Weimarer Republik ernannte er 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Familie

Hindenburg im Kreise seiner Familie, 1917

Paul von Hindenburg entstammte väterlicherseits einem alten ostpreußischen Adelsgeschlecht, der Familie von Hindenburg. Er wurde 1847 als Sohn des preußischen Offiziers und Gutsbesitzers Hans Robert Ludwig von Beneckendorff und von Hindenburg (* 21. Mai 1816 auf Gut Neudeck; † 16. April 1902 ebd.) und seiner bürgerlichen Ehefrau (∞ 17. Oktober 1845 zu Posen) Luise Schwickart (* 21. April 1825; † 5. August 1893) geboren. Sein elf Jahre jüngerer Bruder Bernhard von Hindenburg verfasste 1915 die erste Biografie des Feldmarschalls.

Am 24. September 1879 heiratete Hindenburg Gertrud von Sperling (* 1860; † 14. Mai 1921). Aus dieser Ehe gingen der Sohn Oskar von Hindenburg sowie die Töchter Irmengard Pauline Louise Gertrud von Hindenburg (* 14. November 1880 zu Stettin; † 1948) und Annemarie Barbara Ilse Ursula Margarete Eleonore von Hindenburg (* 29. November 1891 in Berlin; † ?) hervor. Der Sohn Oskar war mit der Gutsbesitzertochter Margarete von Marenholtz (1897–1988) verheiratet, die ältere Tochter mit Hans Joachim von Brockhusen (1869–1928), die jüngere mit Christian von Pentz (1882–1952).

Beginn der militärischen Laufbahn

Als Sohn eines preußischen Offiziers wählte Hindenburg ebenfalls die militärische Laufbahn. Nach jeweils zweijährigem Besuch der Bürgerschule (Grundschule) und des evangelischen Gymnasiums in Posen besuchte er von 1859 bis 1866 die Kadettenanstalt in Wahlstatt (heute Legnickie Pole, Polen) im damaligen Landkreis Liegnitz und ab Ostern 1863 die Hauptkadettenanstalt in Berlin. Im Jahre 1865 wurde er Königin Elisabeth, der Witwe des verstorbenen preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV., als Page zugeteilt. Im April 1866 wurde er als Leutnant in das 3. Garderegiment zu Fuß aufgenommen.

1866 nahm er am Deutschen Krieg teil, 1870/1871 am Deutsch-Französischen Krieg. Am 18. Januar 1871 wohnte er als Abgesandter seines Garderegiments der Kaiserproklamation im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles bei. Von 1873 bis 1876 besuchte er die Kriegsakademie in Berlin, die er mit der Qualifikation für den Generalstab verließ. 1888 zählte er zu den Offizieren, die den aufgebahrten Leichnam des verstorbenen Kaisers Wilhelm I. als Totenwache flankierten. In den 1890er Jahren war er unter anderem im preußischen Kriegsministerium in Berlin tätig. 1903 wurde er Kommandierender General und nahm 1911 im Alter von 64 Jahren seinen Abschied aus dem aktiven Dienst, ohne zur Wiederverwendung im Kriegsfall vorgesehen zu sein.

Stationen seiner militärischen Laufbahn

von Hindenburg als Major

Hindenburgs Aufstieg während des Ersten Weltkrieges

Der Stab der 8. Armee unter Hindenburg
Hindenburg und Ludendorff im Großen Hauptquartier in Bad Kreuznach 1917
Die höchste Auszeichnung des Ersten Weltkrieges: Der Stern zum Großkreuz des Eisernen Kreuzes, verliehen am 25. März 1918

Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges bemühte sich Hindenburg zunächst vergeblich um ein Kommando. Erst als die Lage an der Ostfront außer Kontrolle zu geraten drohte, wurde er zum Oberbefehlshaber der 8. Armee mit Generalmajor Erich Ludendorff als Stabschef ernannt. Unter seinem Kommando wurde die nach Ostpreußen eingedrungene russische Narew-Armee in einer klassischen Umfassungs- und Vernichtungsschlacht, die vom 26. bis zum 30. August 1914 andauerte, geschlagen. Dieser Sieg war für Hindenburg in zweierlei Hinsicht von entscheidender Bedeutung. Zum einen war er der Beginn der engen Zusammenarbeit mit Ludendorff, dessen strategischem Geschick der Sieg in erster Linie zu verdanken war – Hindenburg selbst traf kaum Entscheidungen und erwähnte wiederholt, dass er während der Schlacht sehr gut geschlafen habe. Zum anderen begründete er Hindenburgs ganz außerordentliches Prestige, das ihn im weiteren Verlauf des Krieges zum mächtigsten Mann in Deutschland machen sollte. An diesem Mythos, der sich um seine Person und den Sieg ranken sollte, arbeitete er selbst aktiv mit. Unmittelbar nach der Schlacht setzte er durch, dass sie nach dem vom Kampfgeschehen am Rande betroffenen Ort Tannenberg genannt werden sollte. Hier hatte ein polnisches Heer im Jahr 1410 das Heer des Deutschen Ordens vernichtend geschlagen, eine Scharte, die der auf die Wirkung in der Öffentlichkeit bedachte Hindenburg durch die Namensgebung auszuwetzen versuchte.[1] Der triumphale Sieg wurde von der Öffentlichkeit in der Folge Hindenburg zugeschrieben und brachte ihm die Ernennung zum Generalfeldmarschall und die Verleihung des Sterns zum Großkreuz des Eisernen Kreuzes. Von großer Bedeutung und Nachwirkung war seine und Ludendorffs Rolle bei der ab 1915 erfolgenden Etablierung des Militärstaates „Land Ober Ost“.[2]

Hindenburgs Rolle im Ersten Weltkrieg beruht vor allem auf dem Mythos als „Sieger von Tannenberg“, weniger auf seinen tatsächlichen militärischen Leistungen. Im August 1916 übernahm er mit Ludendorff die Oberste Heeresleitung, die schnell an Einfluss auf die Politik des Deutschen Reiches gewann und Wilhelm II. praktisch entmachtete. Kritiker bezeichnen diese Form der Machtausübung als Militärdiktatur, Wolfram Pyta charakterisiert sie in seiner 2007 erschienenen Hindenburg-Studie als Sonderform der charismatischen Herrschaft.[3]

Nach der militärischen Niederlage 1918 riet Hindenburg Wilhelm II., das Land zu verlassen. Durch die Zusammenarbeit mit der neuen republikanischen Regierung versuchte er, Unruhen innerhalb des Heeres entgegenzuwirken. Mit Abschluss des Versailler Vertrages im Juli 1919 erteilte Reichspräsident Ebert Hindenburg auf dessen Wunsch den Abschied. Vor dem Untersuchungsausschuss der Weimarer Nationalversammlung verbreitete er die Dolchstoßlegende, wonach das deutsche Heer „im Felde unbesiegt“ geblieben und von den Novemberrevolutionären durch einen Waffenstillstand „von hinten erdolcht“ worden sei.

1919–1925 Ruhestand in Hannover

Am 25. Juni 1919 trat Hindenburg von seinem Posten als Chef des Generalstabes des Heeres zurück und verließ seinen letzten Dienstort Kolberg. Er wählte Hannover, das ihn im September 1918 zum Ehrenbürger ernannt hatte und ihm in diesem Zusammenhang eine Villa in der Seelhorststraße im Zooviertel zum Geschenk gemacht hatte [4], zu seinem Alterssitz. Das Haus steht heute noch und ist mit einer Gedenktafel versehen. Von dort unternahm er in den folgenden Jahren viele Reisen durch das ganze Reich, besonders durch Ostpreußen, wo er sich als Befreier Ostpreußens einer großen Popularität erfreute. 1921 wurde er Vorsitzender der Deutschenhilfe und Ehrenbursch des Corps Montania Freiberg. Als Adjutant arbeitete in diesen Jahren der Oberstleutnant a. D. Wilhelm von Kügelgen (Enkel des Malers Wilhelm von Kügelgen) für Hindenburg.

Nachdem beim ersten Wahlgang zur Reichspräsidentenwahl am 29. März 1925 kein Kandidat eine absolute Mehrheit erreichte, drängten die Rechtsparteien den parteilosen Hindenburg zur Kandidatur, die der 77-jährige aber nicht anstrebte. „Lassen Sie mich doch bitte damit in Ruhe“, war seine wiederholte Antwort. Seine Kandidatur wurde von seinen ehemaligen Feinden vor allem in England zum Teil begrüßt. „He is a very sensible old man“, sagte der ehemalige Premierminister David Lloyd George zu seinem späteren Nachfolger Winston Churchill. Der stimmte zu und hoffte, Hindenburg erstrebe eine Stärkung Deutschlands durch eine Wiedereinführung der kaiserlichen Monarchie auf demokratischer Basis.[5]

Die Reichspräsidentenschaft Hindenburgs

Reichspräsident Paul von Hindenburg
Reichspräsident Hindenburg bei den Befreiungsfeiern 1930 nach Ende der Rheinlandbesetzung in Koblenz
Paul von Hindenburg“ – Gemälde von Max Liebermann, 1927

Am 26. April 1925 wurde Hindenburg im zweiten Wahlgang im Alter von 77 Jahren als Nachfolger Friedrich Eberts zum Reichspräsidenten gewählt und am 12. Mai vereidigt.

Im Urteil über Hindenburgs Amtsführung bis zum Beginn der Weltwirtschaftskrise ist die Forschung gespalten. Hagen Schulze etwa betont seine Treue zur Weimarer Reichsverfassung, der er als Monarchist zwar distanziert gegenüberstand, die er aber bis 1930 hoch gehalten habe „wie die preußische Felddienstordnung“; er habe sich durch seinen Amtseid strikt an sie gebunden gefühlt und daher auch bis 1930 ihren Notstandsartikel 48 nie angewandt.[6] Schulzes Berliner Kollege Henning Köhler bestätigt zwar, dass Hindenburg sich bis 1930 verfassungskonform verhielt, macht aber darauf aufmerksam, dass der durchaus machtbewusste Präsident Ansätze, seine Amtsbefugnisse durch ein Ausführungsgesetz zum Artikel 48 einzuschränken, hintertrieb. Auch habe er deutlichen Einfluss auf die Zusammensetzung der Kabinette genommen und dabei „deutlich konservative Politiker bevorzugt“.[7]

Beginn der Präsidialkabinette

Wegen seiner Unterschrift unter den Young-Plan, der von den rechtsradikalen Parteien als Verpflichtung zu jahrzehntelanger Versklavung des Volkes hingestellt wurde, rückten seine ehemaligen politischen Freunde immer mehr von ihm ab. Hindenburg beschloss, die derzeit regierende Große Koalition unter Kanzler Hermann Müller (SPD) durch eine antimarxistische und antiparlamentarische Regierung zu ersetzen. Die Gelegenheit hierzu ergab sich, nachdem die Große Koalition an der Frage des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung zerbrochen war. Am 29. März 1930 berief er Heinrich Brüning (Zentrum) zum Reichskanzler eines Minderheitskabinetts, ohne das Parlament zu konsultieren. Damit begann die Zeit der Präsidialkabinette, in denen der jeweilige Kanzler hauptsächlich vom Vertrauen des Präsidenten abhängig sein sollte. Ganz gelang die geplante Ausschaltung des Parlaments indes nicht, da der Reichstag die von der Regierung gemäß Artikel 48 der Reichsverfassung erlassenen Notverordnungen jederzeit aufheben konnte. Als er das im Juni 1930 tat, löste Hindenburg ihn kurzerhand auf – ein verhängnisvoller Fehler, denn dieser Reichstag war der letzte, in dem die demokratischen Parteien die Mehrheit hatten. Durch die beginnende Weltwirtschaftskrise radikalisiert, gaben die Bürgerinnen und Bürger zunehmend den republikfeindlichen Parteien KPD, DNVP und nicht zuletzt der NSDAP ihre Stimme. Damit war die politische Notlage, die nach dem Sinn der Verfassung durch die Anwendung der Artikel 48 und 25 doch eigentlich behoben werden sollte, durch die Politik Hindenburgs erst herbeigeführt worden.

Um weitere Parlamentsauflösungen zu verhindern, beschloss daraufhin die SPD, künftig die Regierung Brüning zu tolerieren, das heißt gegen weitere Anträge der extremistischen Parteien auf Aufhebung der Notverordnungen zu stimmen. Damit war auch der zweite Teil von Hindenburgs Plan gescheitert: Die Regierung blieb weiter abhängig vom Parlament und von den verhassten Sozialdemokraten. Bei der Reichspräsidentenwahl 1932 wurde Hindenburg für weitere sieben Jahre in seinem Amt bestätigt. Dies ist dem Umstand zu verdanken, dass sich alle demokratischen Parteien, einschließlich der Sozialdemokraten und des Zentrums, hinter den überzeugten Monarchisten stellten, um so Hitler als Reichspräsidenten zu verhindern.

Der Osthilfeskandal

Hindenburg hatte 1927 zu seinem 80. Geburtstag den alten Familienbesitz Gut Neudeck von einem Freundeskreis um Elard von Oldenburg-Januschau geschenkt bekommen. Die Wohltäter hatten das Gut zurückgekauft, nachdem Hindenburgs Familie es aus finanziellen Gründen nicht mehr halten konnte. Um Erbschaftsteuern zu sparen, wurde es gleich auf seinen Sohn Oskar überschrieben. Dieses im Prinzip legale, aber für einen Mann in seiner Position anrüchige Verhalten schädigte sein Ansehen. Außerdem gab es Korruptionsvorwürfe gegen Hindenburg im Zusammenhang mit dem zwei Jahre darauf verabschiedeten „Ostpreußengesetz“, das den Kreis der Schenker und andere Junker wirtschaftlich begünstigte. Diese Vorgänge und die anschließenden Auseinandersetzungen und Untersuchungen gingen als Osthilfeskandal in die Geschichte ein. Historiker vermuten, dass diese Verwicklungen Hindenburgs Entscheidung für Hitler beeinflusst haben könnten.

Von Franz von Papen zu Adolf Hitler

Hindenburg und Hitler, Mai 1933.

Nach der Wahl geriet Hindenburg noch stärker als zuvor unter den Einfluss der Kamarilla, eines Kreises von Freunden und Weggefährten der politischen Rechten. Zu dieser gehörte unter anderen Oskar von Hindenburg, der „in der Verfassung nicht vorgesehene Sohn des Reichspräsidenten“ (so ein viel zitiertes Bonmot Kurt Tucholskys), ferner sein Nachbar auf Neudeck Elard von Oldenburg-Januschau sowie Generalleutnant Kurt von Schleicher und schließlich auch Franz von Papen. Diese überredeten Hindenburg, Brüning zu entlassen und stattdessen von Papen zum Reichskanzler zu ernennen, der mehr nach Rechts regieren sollte. (Hindenburgs Biographen, insbesondere Wolfram Pyta und sein früherer Biograph Dorpalen heben allerdings hervor, dass Hindenburg diese Entscheidungen in eigener Verantwortung getroffen habe. Beide Biographien und auch Memoiren von Beteiligten – etwa Staatssekretär Meißner – relativieren den Einfluss der Berater und heben Hindenburgs Eigenverantwortung bei diesen Entscheidungen hervor). Als dies nicht zum Erfolg führte, erwog der Kreis kurzfristig einen Staatsstreich, um ein autoritäres Regime zu errichten, doch weigerte sich Schleicher, dafür die Reichswehr zur Verfügung zu stellen. Der neu zum Kanzler ernannte Schleicher versuchte noch, Teile der NSDAP um Gregor Strasser von Hitler loszubrechen, doch dies misslang.

Letztlich stand der Reichspräsident nur noch vor der Alternative: Entweder würde er erneut eine Präsidialregierung ohne Rückhalt im Volk einsetzen, was möglicherweise zu einem Bürgerkrieg führen würde, den die Reichswehr – wie entsprechende von Reichswehrminister Schleicher in Auftrag gegebene Planspiele in seinem Ministerium Anfang Dezember 1932 zeigten – nicht gewinnen könne – oder er bildete eine Mehrheitsregierung im Reichstag bzw. eine Regierung, die zwar formal eine Minderheitsregierung war, aber begründete Aussicht haben würde, eine Mehrheit im Reichstag zu erlangen. Dieses war seit den Wahlen im Juli und im Dezember 1932 ohne eine Beteiligung der Nationalsozialisten aber nicht mehr möglich. Am 19. November 1932 erhielt er eine Eingabe von führenden Industriellen mit der Aufforderung, Adolf Hitler zum Reichskanzler zu ernennen.

Ernennung Hitlers und politisches Ende

Hindenburg und Hitler beim Volkstrauertag 1933 im Berliner Reichsehrenmal (Unter den Linden).

Am 30. Januar 1933 berief Präsident von Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler (Machtergreifung). Außer Hitler gehörten mit Innenminister Wilhelm Frick und Hermann Göring als Minister ohne Geschäftsbereich nur zwei Nationalsozialisten dem neuen Kabinett Hitler an. Trotz seiner anfänglichen persönlichen Abneigung gegen Hitler, den er abschätzig den „böhmischen Gefreiten“ nannte, geriet Hindenburg immer stärker in dessen Einflussbereich. Am 1. Februar 1933 löste er den Reichstag auf. Die Verordnung zur Auflösung des Reichstages ist unterschrieben von Hindenburg, Hitler und Frick. Im Laufe des Februars wurde eine ganze Reihe von Maßnahmen wie die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des Deutschen Volkes“ oder (unmittelbar nach dem Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933) die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ erlassen, mit denen die Grundrechte bis auf Weiteres (faktisch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges) außer Kraft gesetzt wurden. In der Folge kam es zu Massenverhaftungen von Anhängern der KPD und der SPD. Bei der von Propagandaminister Joseph Goebbels am 21. März 1933 (dem so genannten Tag von Potsdam) inszenierten Eröffnung des neu gewählten Reichstags in der Garnisonskirche wurde durch eine symbolische Verneigung Hitlers vor dem greisen Reichspräsidenten eine symbolträchtige Kontinuität zwischen der Kaiserzeit und dem Dritten Reich hergestellt und Hindenburgs hohes Ansehen für das neue Regime instrumentalisiert und vereinnahmt. Das am 23. März 1933 verabschiedete Ermächtigungsgesetz setzte dann mit Hindenburgs Zustimmung auch die in der Weimarer Verfassung festgelegte Gesetzgebungskompetenz des Parlaments außer Kraft und trug dazu bei, dass Hitler die totale Kontrolle über die politischen Verhältnisse in Deutschland erlangte.

Tod und geschichtliche Einordnung

Beisetzung von Paul von Hindenburg im Tannenberg-Denkmal, Rede von Adolf Hitler
Die sterblichen Überreste Hindenburgs werden in den Gruftturm des Reichsehrenmals Tannenberg überführt

Hindenburg verfiel seit längerer Zeit geistig und körperlich. Er starb am 2. August 1934 auf Gut Neudeck. Dort sollte er eigentlich begraben werden, jedoch organisierte Hitler eine Beisetzung im Denkmal der Schlacht bei Tannenberg. Das politische Testament Hindenburgs, von seinem Sohn Oskar an Hitler zur Veröffentlichung übergeben, wurde von diesem beiseitegelegt. Nach dem Tod des Reichspräsidenten war für Hitler endgültig das letzte Hindernis für die nationalsozialistische Diktatur aus dem Weg geräumt.

Das Kabinett Hitler setzte schon am 1. August, also dem Tag vor Hindenburgs Tod, eine Volksabstimmung über die Zusammenlegung des Amtes des Reichskanzlers und des Reichspräsidenten in der Person des „Führers“ Hitler für den 19. August 1934 an. Wenige Wochen zuvor hatte Hitler anlässlich des so genannten Röhm-Putsches seine letzten potenziellen Konkurrenten ermorden lassen – darunter seinen Vorgänger im Amt des Reichskanzlers General von Schleicher sowie seinen Duz-Freund Ernst Röhm – und durch Gleichschaltung der SA die Reichswehr für sich gewonnen. Am Tag vor der Abstimmung warb Oskar von Hindenburg, der Sohn des verstorbenen Reichspräsidenten, in einer Rundfunkrede für Hitler als den einzig legitimen Nachfolger seines Vaters.

Im Januar 1945 wurde Hindenburgs Sarg und der seiner Frau beim Anrücken der Roten Armee von der Wehrmacht aus dem Tannenberg-Denkmal entfernt und mit dem Leichten Kreuzer Emden von Königsberg nach Pillau und von dort mit dem Passagierschiff Pretoria nach Stettin abtransportiert, um anschließend zusammen mit den Särgen der Preußenkönige Friedrich II. und Friedrich Wilhelm I. in ein thüringisches Salzbergwerk eingelagert zu werden. Die Amerikaner, die weite Teile Thüringens eroberten, verbrachten die berühmten Toten nach Marburg, wo Hindenburg mit seiner Frau in der Nordturmkapelle der Elisabethkirche endgültig beigesetzt wurde. 2008 forderten zwei Stadtverordnete der Linken, dass Hindenburgs Grab in einem touristischen Buch der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen nicht mehr erwähnt werden solle.[8][9]

Über siebzig Jahre nach seinem Tod diskutieren noch heute einzelne Städte und Gemeinden über die Umbenennung von Straßen und Plätzen, die jahrzehntelang seinen Namen trugen. Auch öffentliche Einrichtungen wie Schulen oder Kasernen tragen noch heute seinen Namen, ebenso wie der 1927 durch ihn eingeweihte Eisenbahndamm nach Sylt. Dies veranschaulicht die noch heute zwiespältige Bewertung Hindenburgs – einerseits die charismatische Heldengestalt des Ersten Weltkriegs und ein vom Volk gewählter Reichspräsident der Weimarer Republik, andererseits einer der Initiatoren der Dolchstoßlegende sowie derjenige, der Hitler zum Reichskanzler ernannte und mit seiner Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz an der Beseitigung der Republik mitwirkte.

Paul von Hindenburg war Ehrenbürger vieler Städte, wie unter anderem von Augsburg, Berlin, Hannover, Dresden, Trier, Frankfurt am Main, Hamburg, Rostock, Stuttgart und Wuppertal.

Namenspatenschaften

Neben zahlreichen Schulen, Straßen und Plätzen wurden auch Schiffe und Luftschiffe nach Paul von Hindenburg benannt, bereits im Ersten Weltkrieg, also zu Lebzeiten des Namensgebers, trug ein Schlachtkreuzer der Derfflinger-Klasse, die SMS Hindenburg, seinen Namen. Noch weitaus berühmter wurde das Luftschiff Hindenburg, mit dem die deutsche Passagierluftschifffahrt ihren Höhepunkt und mit der Katastrophe von Lakehurst, bei welcher die Hindenburg verbrannte, 1937 auch ihr Ende erreichte. Die Kriegsmarine plante angeblich, einem der projektierten Schlachtschiffe der H-Klasse den Namen Hindenburg zu geben.

Die Stadt Hindenburg/O.S. (vormals und auch heute wieder Zabrze) wurde in Anerkennung an seine Verdienste am 21. Februar 1915 ebenfalls nach ihm benannt. 1933 wurde in Ramsau bei Berchtesgaden eine überdimensionale bis dahin als „Große Linde“ bekannte Linde nach ihm Hindenburglinde benannt. Der elf Kilometer lange Hindenburgdamm verbindet die nordfriesische Insel Sylt mit dem Festland von Schleswig-Holstein. Der Hindenburgbau ist ein denkmalgeschütztes Geschäftshaus in der Stuttgarter Innenstadt.

Literatur

  • Bernhard von Hindenburg: Paul von Hindenburg. Ein Lebensbild. Berlin 1915 (spätere Auflagen unter dem Titel Feldmarschall von Hindenburg).
  • Andreas Dorpalen: Hindenburg in der Geschichte der Weimarer Republik. Leber, Frankfurt am Main 1966.
  • Walther Hubatsch: Hindenburg und der Staat. Aus den Papieren des Generalfeldmarschalls und Reichspräsidenten von 1878 bis 1934. Muster-Schmidt, Göttingen 1966.
  • John Wheeler-Bennett: Der hölzerne Titan. Paul von Hindenburg. Wunderlich, Tübingen 1969.
  • Wolfgang Ruge: Hindenburg. Porträt eines Militaristen. Berlin (DDR) 1974
  • Werner Maser: Hindenburg. Eine politische Biographie. Moewig, Rastatt 1989, ISBN 3-8118-1118-5.
  • Walter Rauscher: Hindenburg. Feldmarschall und Reichspräsident. Ueberreuter, Wien 1997, ISBN 3-8000-3657-6.
  • Albert Grzesinski: Im Kampf um die deutsche Republik. Erinnerungen eines Sozialdemokraten. Herausgegeben von Eberhard Kolb. München 2001 (Schriftenreihe der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte, Band 9).
  • Jesko von Hoegen: Der Held von Tannenberg. Genese und Funktion des Hindenburg-Mythos (1914–1934). Köln 2007, ISBN 978-3-412-17006-6.
  • Wolfram Pyta: Hindenburg. Herrschaft zwischen Hohenzollern und Hitler. Siedler, München, 2007, ISBN 978-3-88680-865-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Henning Köhler, Deutschland auf dem Weg zu sich selbst. Eine Jahrhundertgeschichte, Hohenheim Verlag, Stuttgart und Leipzig 2002, S. 90ff..
  2. Vejas Gabriel Liulevicius, Kriegsland im Osten. Eroberung, Kolonisierung und Militärherrschaft im Ersten Weltkrieg, Hamburger Edition, Hamburg 2002, S. 33 ff., ISBN 3-930908-81-6.
  3. Wolfram Pyta: Hindenburg. Herrschaft zwischen Hohenzollern und Hitler. Siedler, Berlin 2007, S. 285–293.
  4. Gerd R. Ueberschär / Winfried Vogel: Dienen und Verdienen, Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt/Main 2000, S. 57, ISBN 3-596-14966-5
  5. Winston Churchill. The Gathering Storm The Riverside Press, Cambridge, Mass. 1948, S.11, S.26.
  6. Hagen Schulze, Weimar. Deutschland 1917-1933 (=Die Deutschen und ihre Nation, Bd. 4), Siedler, Berlin 1994, S. 298.
  7. Henning Köhler, Deutschland auf dem Weg zu sich selbst. Eine Jahrhundertgeschichte, Hohenheim Verlag, Stuttgart und Leipzig 2002, S. 109
  8. Hindenburg-Grab keine touristische Entdeckung Marburg-News, 26. Februar 2008
  9. Hindenburg-Grab soll nicht mehr als Sehenswürdigkeit empfohlen werden Oberhessische Presse, 7. März 2008

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