Oskar von Hindenburg

Oskar von Hindenburg
Oskar von Hindenburg im April 1930

Oskar Wilhelm Robert Paul Ludwig Hellmuth von Beneckendorff und von Hindenburg (* 31. Januar 1883 in Königsberg, Preußen; † 12. Februar 1960 in Bad Harzburg) war ein deutscher Generalleutnant und Sohn des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Öffentlich bekannt wurde Oskar von Hindenburg vor allem durch seine Einflussnahme auf seinen Vater im Zusammenhang mit der Aufhebung des SA-Verbots 1932 und der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler im Januar 1933.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Oskar von Hindenburg wurde am 31. Januar 1883 als einziger Sohn Paul von Hindenburgs geboren. Er hatte zwei Schwestern, Irmengard Pauline (1880–1948) und Annemarie (1891–1978). In den 1920er-Jahren heiratete er die Gutsbesitzertochter Margarete von Marenholtz (1897–1988), mit der er vier Kinder hatte, darunter den 1928 geborenen Sohn Hubertus.

Militärlaufbahn

Als Adjutant seines Vaters begleitete Oskar von Hindenburg meist den Reichspräsidenten, hier (mit Helm) nach der Reichsgründungsfeier am 18. Januar 1931 aus dem Berliner Dom.

Ab 1903 war er als Leutnant Offizier im 3. Garde-Regiment zu Fuß und wurde später zum Bataillonsadjutanten ernannt. Als Generalstabsoffizier beim Armeeoberkommando und beim Stab der 20. Infanteriedivision im Range eines Hauptmanns (seit 1914) nahm er am Ersten Weltkrieg teil. Nach Beendigung des Krieges wurde er in die Reichswehr übernommen und am 1. April 1922 Kompaniechef im Infanterie-Regiment 16. Nach seiner Beförderung zum Major am 1. April 1923 wurde er ab Oktober als Taktiklehrer an der Kavallerie-Schule in Hannover eingesetzt. Seit 1. Mai 1925 fungierte er als Adjutant seines Vaters, des Reichspräsidenten. Unter Beibehaltung dieser Stellung erfolgte am 1. Oktober 1925 die Kommandierung in den Stab des Gruppenkommando 1. In der Folgezeit wurde er am 1. Februar 1929 zum Oberstleutnant und am 1. Februar 1932 zum Oberst befördert. Am 3. August 1934 wurde er zur Verfügung gestellt und am 30. September unter gleichzeitiger Beförderung zum Generalmajor verabschiedet. Am 1. Juli 1938 erfolgte seine erneute zur Verfügungstellung, ohne dass er jedoch mit einer Aufgabe betraut wurde. Erst mit der Mobilmachung am 26. August 1939 wurde er zum Kommandierenden General des stellvertretenden I. Armeekorps und Befehlshaber im Wehrkreis I ernannt, um kurz darauf (am 25. Oktober 1939) Kommandeur der Division z.b.V. 422 zu werden, die später in Division 401 umbenannt wurde. Am 10. Januar 1941 erfolgte seine Ernennung zum Kommandeur der Kriegsgefangenenlager im Wehrkreis I (Ostpreußen). In dieser Funktion wurde er am 1. April 1942 zum Generalleutnant befördert. Im Dezember 1944 erfolgte seine Versetzung in die Führerreserve, und am 28. Februar 1945 wurde er verabschiedet.

Ernennung Hitlers zum Reichskanzler

Hindenburg allein und in Zivil lehnte Paparazzi-Fotos ab, hier im Juli 1932.

In seiner Funktion als Adjutant seines Vaters wurde Oskar von Hindenburg durch seinen Einfluss auf den Reichspräsidenten öffentlich bekannt. Besonders bei der Aufhebung des Verbots der Sturmabteilung im Jahre 1932 sowie der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler im Januar 1933 setzte er sich im Sinne der Nationalsozialisten ein. Es wird den Intrigen der sogenannten Kamarilla (den Beratern Hindenburgs um seinen Sohn Oskar) zugeschrieben, dass Paul von Hindenburg den kurz zuvor noch als „böhmischen Gefreiten“ geschmähten Hitler schließlich am 30. Januar 1933 doch zum Reichskanzler ernannte. In Zusammenarbeit mit Franz von Papen hatte Oskar von Hindenburg eine Vermittlerrolle zwischen Hitler und seinem Vater eingenommen, sich unter anderem am 22. Januar 1933 im Hause Joachim von Ribbentrops mit Hitler getroffen und so die „Machtergreifung“ ermöglicht. Wegen dieser Rolle als einflussreicher Berater im Umfeld des Reichspräsidenten sprach Kurt Tucholsky ironisch von dem „in der Verfassung nicht vorgesehenen Sohn des Reichspräsidenten“.

Oskar von Hindenburg (rechts) mit seinem Vater beim Reichswehrmanöver nahe Frankfurt (Oder), September 1932.
Oskar von Hindenburg (links) hilft seinem zunehmend gebrechlichen Vater auf Gut Neudeck ins Auto, 1934.

Der Name Oskar von Hindenburgs ging auch in Verbindung mit dem Osthilfeskandal im Januar 1933 durch die Presse. Im Zusammenhang mit Recherchen über die Veruntreuung von Hilfsmitteln durch Großgrundbesitzer wurde bekannt, dass Paul von Hindenburg das ihm (vor allem vom Agrarverband und Reichsverband der Deutschen Industrie) zu seinem 80. Geburtstag zum Geschenk gemachte Gut Neudeck zur Vermeidung der Erbschaftssteuer direkt an seinen Sohn Oskar überschrieben hatte. Zusätzlich gerieten die Hindenburgs unter den Verdacht des Missbrauchs öffentlicher Mittel. Als sich die Angelegenheit zum Skandal auszuweiten drohte, verhandelte Oskar von Hindenburg bei dem erwähnten Treffen am 22. Januar 1933 zwei Stunden lang unter vier Augen mit Hitler. Nach dem Zeugnis Otto Meissners sagte Hindenburg anschließend, „es gebe nun keine andere Möglichkeit mehr“, als Hitler zum Kanzler zu machen. Hitler dürfte Hindenburg mit Drohungen und Angeboten dazu bewegt haben, sich beim Reichspräsidenten für seine Kanzlerschaft einzusetzen.[1]

„Volksabstimmung“ zu Hitlers Übernahme der Reichspräsidentenbefugnisse

Ein weiteres Mal machte Oskar von Hindenburg auf sich aufmerksam, nachdem am 2. August 1934 sein Vater gestorben war. In einer Rundfunkrede am 18. August 1934 anlässlich der „Volksabstimmung[2] am darauffolgenden Tag warb er für die Zusammenlegung der Ämter des Reichspräsidenten und des Reichskanzlers in der Person von Adolf Hitler:

„Mein nunmehr verewigter Vater selbst hat in Adolf Hitler seinen unmittelbaren Nachfolger als Oberhaupt des deutschen Reiches gesehen, und ich handle in Übereinstimmung mit meines Vaters Absicht, wenn ich alle deutschen Männer und Frauen aufrufe, für die Übergabe des Amtes meines Vaters an den Führer und Reichskanzler zu stimmen.
Und so dringt vom Marschallsturm zu Tannenberg auch in diesen Tagen noch sein Ruf: ‚Schart Euch zusammen und steht festgeschlossen hinter Deutschlands Führer. Zeigt nach außen und innen, daß ein unzerreißbares Band das deutsche Volk in einem Willen fest umspannt.‘“

Oskar von Hindenburg: Rundfunkrede vom 18. August 1934[3]

Diese Rede wurde am 18. August 1934 vorab in allen deutschen Zeitungen veröffentlicht. Max Domarus weist in seinem Kommentar darauf hin, dass Reichspräsident Hindenburg weder das Recht hatte, einen Nachfolger zu bestimmen, noch dies in seinem Testament getan hatte.[3] Vielmehr hatte die Regierung Hitler bereits am 1. August 1934 für den „Zeitpunkt des Ablebens des Reichspräsidenten von Hindenburg“ beschlossen, „die bisherigen Befugnisse des Reichspräsidenten auf den Führer und Reichskanzler Adolf Hitler“ zu übertragen.[4] Noch am Todestag des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg ließ der Reichswehrminister Werner von Blomberg die Reichswehr auf den „Führer des Deutschen Reichs und Volkes Adolf Hitler“ vereidigen. Damit wurden die wichtigsten Staatsämter in einer Person vereinigt: Hitler war „Führer und Reichskanzler“.

Ruhestand

Nach seiner kurzzeitigen Verabschiedung aus dem Militärdienst zog er sich Ende 1934 auf das Familiengut Neudeck zurück. Nach dem Ende des Krieges lebte er bei seinem Schwager Christian von Pentz im niedersächsischen Medingen.

In den Nürnberger Prozessen trat Oskar von Hindenburg als Zeuge gegen Franz von Papen auf. 1956 erhielt er in einem Prozess gegen den Süddeutschen Verlag Recht, der die in dem 1954 postum erschienenen Buch von Erwein von Aretin, Krone und Ketten. Erinnerungen eines bayerischen Edelmannes, erhobenen Vorwürfe nicht beweisen konnte, Hindenburg habe sich 1930 widerrechtlich Gelder der Osthilfe erschlichen.

Oskar von Hindenburg starb am 12. Februar 1960 während einer Kur in Bad Harzburg und liegt auf dem Medinger Waldfriedhof begraben.

Literatur

Biographie und militärische Laufbahn

  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-10-039309-0.
  • Christian Zentner und Friedemann Bedürftig (Hrsg.): Das große Lexikon des Dritten Reiches. Südwest-Verlag, München 1985, ISBN 3-517-00834-6.
  • Walther Killy und Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie. Band 5, Saur, München u. a. 1997 (DBE).
  • Internationales Biographisches Archiv 20/1997 vom 5. Mai 1997 (Munzinger-Archiv).

Rolle bei der Auflösung der Weimarer Republik und der Machtübergabe an Hitler

  • Karl-Dietrich Bracher: Die Auflösung der Weimarer Republik. Eine Studie zum Problem des Machtverfalls in der Demokratie. Athenäum-Verlag/Droste, Königstein/Düsseldorf 1978, ISBN 3-7610-7216-3 (unveränderter Nachdruck der 5. Auflage, Villingen 1971).
  • Heinrich-August Winkler: Weimar. 1918–1933. Die Geschichte der ersten deutschen Demokratie. 4. Auflage, Beck, München 2005, ISBN 3-4064-4037-1.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Karl-Dietrich Bracher: Die Auflösung der Weimarer Republik. Eine Studie zum Problem des Machtverfalls in der Demokratie. Athenäum-Verlag/Droste, Königstein/Düsseldorf 1978, ISBN 3-7610-7216-3, S. 619.
  2. Adolf Hitler: Erlaß des Reichskanzlers zum Vollzug des Gesetzes über das Staatsoberhaupt des Deutschen Reichs vom 1. August 1934. Vom 2. August 1934. Auf: documentarchiv.de.
  3. a b Max Domarus: Hitler. Reden und Proklamationen. 1932–1945. Kommentiert von einem deutschen Zeitgenossen. Band 1, Süddeutscher Verlag, München, S. 444.
  4. Reichskanzler Adolf Hitler und Reichsregierung: Gesetz über das Staatsoberhaupt des Deutschen Reichs. Vom 1. August 1934. Auf: documentarchiv.de.

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