Residenzielle Mobilität

Residenzielle Mobilität

Die territoriale Mobilität oder räumliche Mobilität gibt die Beweglichkeit von Personen und Gütern im geographischen Raum an. Zur Mobilität gehört aber auch die Möglichkeit und Bereitschaft zur Bewegung.[1] Im Verkehr zeigt sich die realisierte Mobilität. Beide Begriffe lassen sich jedoch nicht gleichsetzen, da Mobilität die individuellen Motive und Hintergründe stärker betont.[2]

Die räumliche Mobilität kann in eine residenzielle Mobilität und eine zirkuläre Mobilität unterteilt werden. Bei der zirkulären Mobilität kehrt man nach Hause zurück. Im Gegensatz dazu verlegt man bei der residenziellen Mobilität seinen Wohnsitz dauerhaft. Umzüge innerhalb eines Gebietes zählen ebenso zur residenziellen Mobilität wie die Migration zwischen Nationen. Zur zirkulären Mobilität gehören der Tourismus und die Alltagswege.[3]

Inhaltsverzeichnis

Bedürfnis nach Mobilität

Siehe auch: Verkehrsbedürfnis

Die modernen Gesellschaften zeichnen sich durch immer weitergehende Differenzierung aus. Soziale Aktivitäten wie beispielsweise Wohnen, Arbeiten, Bildung und Erholung sind oft räumlich voneinander getrennt. Da der Mensch nicht an mehreren Orten gleichzeitig sein kann, muss er räumliche Distanzen überwinden, sofern die Teilnahme an bestimmten Ereignissen gewünscht ist. Der Mobilität fällt so die Funktion zu, Menschen zu re-integrieren, die durch die Differenzierung entbettet wurden. Gleichzeitig ist Mobilität notwendig zur Inklusion in wichtige soziale Systeme wie Bildung und Arbeit.[4] Mobilität entsteht aber nicht nur aus dem Zwang, räumlich getrennte Aktivitäten wahrzunehmen. Es gibt auch ein intrinsisches Bedürfnis nach Mobilität. Das Unterwegssein dient dann der Identitätsstiftung und ist Ausdruck eines Lebensstils.

Messungen

Von einer hohen Mobilität spricht man, wenn viele Verkehrsprozesse durchgeführt werden können. Die Art der benutzten Verkehrsmittel spielt dabei keine Rolle. Die Mobilität kann erhöht werden, wenn eine Auswahl zwischen mehreren Verkehrsmitteln besteht, eine hohe Verbindungshäufigkeit gegeben ist und / oder der zeitliche Aufwand für die Überwindung einer Distanz relativ gering ist. Hierzu gehört zum Beispiel auch, die Situation mobilitätsbehinderter Menschen zu verbessern, indem barrierefreie Fußwegenetze realisiert werden.

Andererseits muss aber auch die Zahl der Wege, die täglich zurück gelegt werden, nicht unbedingt als Qualität bewertet werden. Durch die Motorisierung haben sich die Wegemuster vereinfacht. Werden beispielsweise zum Brötchen und Wein holen getrennt zwei Wege mit dem Auto zurückgelegt (einschließlich Heimfahrt), würde man von einer hohen Mobilität sprechen. Der Fußgänger, der diese beiden Erledigungen auf einem Weg besorgt, hätte eine geringere Mobilität. Entscheidend sind letztendlich die Aktivitäten, die auf den Wegen durchgeführt werden. Die Aktivitätsmuster wären im Fall des Fußgängers vielfältiger. Die Veränderung der Siedlungsstruktur und in der Nahversorgung verändern auch diese Aktivitätsmuster.

Verschiedentlich wird der Begriff Mobilität auch verkürzt verwendet für die reine Verfügbarkeit von Pkws, gemessen am Motorisierungsgrad. Bei der Betrachtung der Mobilität wurde häufig der Fußverkehr außer Acht gelassen. Durch veränderte räumliche Strukturen wird die Form, wie diese Mobilität umgesetzt wird, stark beeinflusst.

Mobilität in Deutschland 2002

Ein Kennwert zur Beschreibung der Mobilität sind die Wege, die täglich im Durchschnitt zurück gelegt werden. Diese Wege pro Tag sind relativ konstant. Sowohl Untersuchungen seit den 70er Jahren in der DDR (System repräsentativer Verkehrserhebungen - SrV) wie auch etwas später in der BRD (Kontiv, heute „Mobilität in Deutschland“) zeigen, dass etwa 3,3 Wege pro Tag zurück gelegt werden. Dies hat sich über diesen Zeitraum auch nicht wesentlich verändert. Dabei spielen unterschiedliche Motorisierungsgrade (DDR - BRD) keine Rolle.

Einige wesentliche und ausgesuchte Ergebnisse der Untersuchung „Mobilität in Deutschland 2002“ sind diese:

  • Im Wochendurchschnitt verlassen 86% der Menschen zumindest für einen kurzen Fußweg das Haus (Außer-Haus-Anteil). Am Sonntag verringert sich dieser Anteil auf 75%.
  • Im Durchschnitt werden 3,3 Wege täglich zurück gelegt. 1976 lag dieser Wert bei 3,4 Wegen pro Tag. Die Anzahl der Wege pro Tag ist allerdings kein Qualitätskriterium. Beispielsweise legen Menschen, die bewusst das Fahrrad benutzen, nur 3,1 Wege pro Tag zurück, ausschließliche Autofahrer aber 3,7. Hier spielt die Organisation der Wege eine wichtige Rolle.
  • 23% aller Wege werden ausschließlich zu Fuß zurück gelegt (bei den anderen Verkehrsmitteln sind selbstverständlich auch Fußwege enthalten).
  • 9% werden mit dem Fahrrad erledigt,
  • 8% mit dem öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV),
  • 45% aller Wege werden mit dem Kraftfahrzeug als Fahrer zurück gelegt,
  • 16% als Beifahrer.


  • Der Fußweganteil lag 1976 in der BRD noch bei 34%.
  • Bei Freizeitwegen liegt 2002 der Anteil der Fußwege bei 30%, beim Einkaufen bei 27%. Auch an Tagen mit starkem Regen erhöht sich der Fußwegeanteil auf 30%.


  • 53% der Wege von Kindern bis einschließlich 9 Jahren werden als Beifahrer im Pkw zurück gelegt, Der Anteil der Fußwege liegt bei 34%.
  • Auf den Hauptwegezweck „Begleitung“ (z.B. Kinder zur Schule bringen) entfallen 9% aller Wege.


  • 31% aller Wege sind Freizeitverkehr, 19% zum Einkaufen und 15% sind Wege zu Arbeit.
  • Der überwiegende Anteil der Wege zu Fuß sind Freizeitwege (34%) und Wege zum Einkaufen (32%).


  • 25% aller Autofahrten sind kürzer als 3 km.
  • Die Länge der Fußwege liegt im Durchschnitt bei 1,4 km.
  • Die durchschnittliche Geschwindigkeit bei den Autofahrten beträgt 32,8 km/h.
  • Im Durchschnitt legt jeder Bundesbürger, der das Haus verlässt, 43 km am Tag zurück und verbringt 93 Minuten im Verkehr.
  • Insgesamt haben 20% aller Haushalte kein Auto, in Großstädten geht der Wert bis auf 33%.


Zusammenfassend stellt die Untersuchung u.a. folgendes fest:

  • Der Anteil der Pkw-Wege ist zunehmend.
  • Das notwendige Zeitbudget für die tägliche Mobilität steigt bei wachsender Wegelänge.

Untersuchungen in ausgewählten Städten

Mobilitätskennwerte ausgesuchter Städte

2003 wurde in ausgesuchten Städten die sogenannte Städte-SrV 2003 durchgeführt (SrV = System repräsentativer Verkehrserhebungen). Ergebnisse sind in der nebenstehenden Tabelle dargestellt.

Obwohl nicht alle Städte untereinander vergleichbar sind, zeigen sich doch zum Teil sehr große Unterschiede im Mobilitätsverhalten. Die jeweils höchsten (blau) und geringsten (gelb) Werte in einer Spalte sind farblich markiert. Die Rahmenbedingungen, die zu diesen unterschiedlichen Werten führen, sind vielfältig, z.B.:

  • Siedlungsstruktur
  • Struktur des Einzelhandels
  • Ausbaustand des ÖPNV
  • Anzahl der Parkplätze in der Innenstadt
  • Qualitäten für den Fuß- oder Radverkehr
  • Image der Verkehrsmittel (ÖPNV, Fußverkehr, Radverkehr)
  • gut ausgebaute Straßennetze in das Umland

Monokausale Zusammenhänge wird es sicherlich nicht geben. Diese Zahlen zeigen allerdings deutlich den kommunalen Handlungsspielraum zur Steuerung der Verkehrsmittelwahl und damit auch des Verkehrs in den Städten.

Mobilitätsmanagement

Es existieren im Mobilitätsmanagement Ansätze, die Folgen der Mobilität als Potential der Nutzung von Verkehrsmitteln zur Überwindung von Entfernungen zu beeinflussen, um die unerwünschten Folgen dieser Mobilität zu verringern. Der Begriff Sanfte Mobilität steht für nachhaltige, umweltschonende und sozial verträgliche Fortbewegungsarten wie zu Fuß gehen, Radfahren und Öffentlicher Verkehr.

Siehe auch

Weblinks

Referenzen

  1. Helmut Nuhn, Markus Hesse: Verkehrsgeographie. Schöningh, Paderborn [u.a.] 2006, ISBN 3-8252-2687-5, S. 19
  2. Claus J. Tully, Dirk Baier: Mobiler Alltag : Mobilität zwischen Option und Zwang : Vom Zusammenspiel biographischer Motive und sozialer Vorgaben. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-15103-7, S. 34f.
  3. Claus J. Tully, Dirk Baier: Mobiler Alltag : Mobilität zwischen Option und Zwang : Vom Zusammenspiel biographischer Motive und sozialer Vorgaben. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-15103-7, S. 35ff.
  4. Claus J. Tully, Dirk Baier: Mobiler Alltag : Mobilität zwischen Option und Zwang : Vom Zusammenspiel biographischer Motive und sozialer Vorgaben. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-15103-7, S. 70ff.

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