Rheiner

Rheiner

Walter Rheiner, eigentlich Walter Heinrich Schnorrenberg (* 18. März 1895 in Köln; † 12. Juni 1925 in Berlin-Charlottenburg), war ein deutscher Schriftsteller des Expressionismus.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Frühe Jahre

Walter Rheiner wurde am 18. März 1895 in Köln geboren. Dort besucht er auch die städtische Realschule. Im Anschluss beginnt er eine Ausbildung als Kaufmann, die er in Lüttich, Paris und London fortsetzt. Als Angestellter ist ihm jedoch wenig Erfolg beschieden. Bereits mit sechzehn Jahren wird er deshalb schriftstellerisch tätig.

Als er 1914 zum Kriegsdienst berufen wird, nimmt Rheiner erstmals Rauschmittel - er gibt damit vor, drogensüchtig zu sein, um der Wehrpflicht zu entgehen. Trotz dieses Umstands wird er eingezogen und mit Beginn des Ersten Weltkrieges an die russische Front beordert. Eine Entziehungskur scheitert, sein Täuschungsversuch kommt 1917 ans Licht, worauf er vom Dienst suspendiert wird und nach Berlin übersiedelt. In diesem Jahr heiratet er auch die Tochter einer armen Jüdin, stößt damit allerdings auf Ablehnung bei seiner Mutter.

Auf dem Höhepunkt des Schaffens

In der Spreestadt wird Rheiner, den stets Geldsorgen plagen, zum literarischen Nomaden und findet zumeist bei Freunden oder in billigen Absteigen einen Unterschlupf. Viel Zeit verbringt er bettelnd im Romanischen Café, wo er mit bekannten Autoren wie Däubler, Friedlaender, Claire und Iwan Goll, Hasenclever, Lasker-Schüler, Loerke, Meidner und Schickele verkehrt. Zum Maler Conrad Felixmüller, der einige seiner Werke illustriert, pflegt er eine besonders enge Freundschaft, für Franz Pfemferts Zeitschrift Die Aktion schreibt er einige Artikel.

Zwischen 1918 und 1921 residiert er hauptsächlich in Dresden. Dort schwingt sich Rheiner zu einem der führenden Köpfe der spätexpressionistischen Künstlervereinigung Gruppe 1917 auf. Er arbeitet als Redakteur für die Zeitschrift Menschen und findet im Verleger Felix Stiemer jemanden, der sich bereiterklärt, seine Werke zu publizieren. Innerhalb dieser drei Jahre werden sieben Bücher veröffentlicht.

Verfall und Tod

Aus seinem anfänglich gemäßigten Drogenkonsum entwickelt sich jedoch mehr und mehr eine Sucht nach Kokain und Morphinen, die ihm letztendlich zum Verhängnis wird. Er wird entmündigt und zwischenzeitlich sogar in eine geschlossene Anstalt in Bonn eingeliefert. Seine Frau und das gemeinsame Kind, die er längst nicht mehr ernähren kann, verlassen ihn, die künstlerische Schaffenskraft schwindet dahin, drogenabhängig, verarmt und vereinsamt fristet er in seinen letzten Lebensjahren ein unstetes Dasein. Im Bewusstsein seiner Krankheit und des nahenden Endes schreibt er dieses Gedicht, das den Abschluss seines schriftstellerischen Werkes bildet:

Komm, holder Schnee! Verschütte dies schwere Herz!
Mit deiner Gnade zaubre die Träne starr,
so aus der ewigen Quelle rinnet,
täglich geboren, geliebt noch immer.
O gib, daß mir aus dieser verlorenen Qual,
der bittern, werde das große, das ernste Grab,
darin ich mich zur Ruhe finde:
weinende, liebend erlöste Seele.

Das Rauschgift hatte den Künstler vollständig ruiniert. In einer inferioren Unterkunft in der Charlottenburger Kantstraße setzt er seinem Leben am 12. Juni 1925 mit einer Überdosis Morphin selbst ein Ende. Sein Freund Felixmüller widmet ihm später das bekannte Gemälde "Der Tod des Dichters Walter Rheiner".

Werk

Rheiners Œuvre setzt sich aus etwa 80 Gedichten, der Novelle Kokain und ein paar Prosaskizzen zusammen. Das Spektrum seiner Lyrik umfasst Themen wie das Großstadtleben, Nacht, Einsamkeit, Entfremdung, Lebensangst und die Errettung durch den Rausch, deren Darstellung zwischen Melancholie und Ekstase oszilliert.

Seine 1918 verfasste Novelle Kokain erlebte als einziges Werk Nachauflagen. In dieser einfühlsamen Studie einer Kokainpsychose beschreibt Rheiner das Elend eines Drogensüchtigen, dessen Leben von Halluzinationen, einem immer stärker werdenden Drang nach Injektionen und der Angst, dass ihn sein Umfeld enttarnt, geprägt ist. Am Ende sieht der Protagonist keinen Ausweg mehr aus seiner Misere und begeht Suizid.

Veröffentlichungen:

  • Kokain (Novelle, 1918)
  • Das tönende Herz (Lyrik, 1918)
  • Insel der Seligen. Ein Abendlied (Lyrik, 1918)
  • Das schmerzliche Meer (Lyrik, 1918)
  • Der inbrünstige Musikant (Lyrik, 1918)
  • Der bunte Tag (Gedichte, Skizzen, Fragmente; 1919)
  • Das Fo-Buch (Lyrik, 1921)

Literatur

  • Michael Grimm (Hrsg.): Walter Rheiner: KOKAIN. Tatto Verlag, Wien 2008, ISBN 978-3-9502549-0-7 (Werkausgabe)
  • Thomas B. Schumann: Einer der literarischen Nomaden Berlins. In: Ders.: Asphaltliteratur. Berlin 1983, S. 167-168, ISBN 3882201525
  • Hans J. Schütz: Walter Rheiner. In: Ders.: Ein deutscher Dichter bin ich einst gewesen. April 1997, S. 227-231, ISBN 3406333087

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Rheiner Naturzoo — Informationen Logo Vollständiger Name: NaturZoo Rheine Wahlspruch: Tiere erleben, Natur begreifen... Adresse: Salinenstraße 150, 48432 Rheine …   Deutsch Wikipedia

  • Walter Rheiner — Walter Rheiner, eigentlich Walter Heinrich Schnorrenberg (* 18. März 1895 in Köln; † 12. Juni 1925 in Berlin Charlottenburg), war ein deutscher Schriftsteller des Expressionismus. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1.1 Frühe Jahre …   Deutsch Wikipedia

  • Mariette Rheiner Garner — Second Lady of the United States In office March 4, 1933 – January 20, 1941 Preceded by Caro Blymyer Dawes Succeeded by Ilo Wallace Personal details …   Wikipedia

  • Mariette Rheiner Garner — Mariette Ettie Rheiner Garner, (née le 17 juillet 1869 à Sabina au Texas, morte le 17 août 1948) était l épouse de John Nance Garner, 32e vice président des États Unis qui servit de 1933 jusqu en 1941 dans l Administration du… …   Wikipédia en Français

  • Rudolph Sprickmann Kerkerinck — Rheiner Bürgermeister Rudolph Sprickmann Kerkerinck (1848 1905) Rudolph Sprickmann Kerkerinck (* 13. Juli 1848 in Münster; † 18. Januar 1905 in Rheine) war ein langjähriger Bürgermeister von Rheine (1873–1905). Lebenslauf Als Sohn ein …   Deutsch Wikipedia

  • Rheine — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • 100-Moschee-Projekt — Das 100 Moscheen Projekt ist das Vorhaben der Ahmadiyya Muslim Jamaat, 100 Moscheen in Deutschland zu bauen. Das Projekt wurde im Jahre 1989 anlässlich des 100 jährigen Jubiläums der Ahmadiyya durch Mirza Tahir Ahmad, Khalifat ul Massih IV., in… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Baudenkmäler in Rheine — Die Liste der Baudenkmäler in Rheine enthält die denkmalgeschützten Bauwerke auf dem Gebiet der Stadt Rheine im Kreis Steinfurt in Nordrhein Westfalen (Stand: September 2011). Diese Baudenkmäler sind in Teil A der Denkmalliste der Stadt Rhei …   Deutsch Wikipedia

  • Rivalität Mainz Wiesbaden — Als AKK Konflikt werden Differenzen zwischen Teilen der Bewohnerschaft und der Kommunalpolitik aus den beiden benachbarten Landeshauptstädten von Rheinland Pfalz (Mainz) und Hessen (Wiesbaden) bezeichnet, die sich daran festmachen, dass nach dem… …   Deutsch Wikipedia

  • Cileli — Serap Çileli (* 29. Januar 1966 in Mersin, Türkei) ist eine deutsche Schriftstellerin und Menschenrechtlerin türkisch alevitischer Abstammung. Sie ist eine der bekanntesten Kämpferinnen gegen die Tolerierung von Menschenrechtsverletzungen bei… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”