Rheinwerk

Rheinwerk

Die Zementfabrik ist ein Gebäudekomplex in Bonn-Ramersdorf. Ursprünglich war sie eine Fabrik zur Herstellung von Zement, heute befinden sich auf dem Gelände unter Beibehaltung einiger ursprünglicher Gebäude Büro- und Tourismusflächen. Die Stadt nennt das Gelände Innovationspark BonnVisio, der Investor Bonner Bogen. Ein privat vermieteter Teil wird als Rheinwerk bezeichnet. Die noch unbebauten Teile des Areals sind die letzte große bauliche Reservefläche innerhalb der Entwicklungsmaßnahme Bundesviertel.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Das Werk liegt am rechten Rheinufer, nördlich von Oberkassel in Ramersdorf. Die Grenze zwischen Oberkassel und Ramersdorf verläuft in den Straßen Dornheckenstraße – Heinrich-Konen-Straße – Oberkasseler Ufer. Im Süden schließt sich das Gelände der ehemaligen Sackfabrik Duwe auf Oberkasseler Seite an, im Nordwesten der Limpericher Teil der Rheinaue. In der Nähe liegen der Bahnhof Bonn-Oberkassel und das Ernst-Kalkuhl-Gymnasium, die Rechte Rheinstrecke verläuft östlich des Gebäudekomplexes und überquert die 2006 eröffnete Unterführung der Heinrich-Konen-Straße. Das Gelände ist seit der Umgestaltung über die Karl-Duwe-Straße, Joseph-Schumpeter-Allee, das Oberkasseler Ufer und das Hermann-Bleibtreu-Ufer erschlossen und wird auf der Flussseite von der Rheinuferpromenade durchquert. Die Rheinwerkallee verläuft mitten durch das Areal.

Geschichte

Aufnahme des Werks von 1892
Aufnahme von 1906

Anfänge

1853 war in der Region der Bonner Bergwerks- und Hütten-Verein unter Führung von Hermann Bleibtreu, der den Portlandzement in Deutschland einführte, entstanden. Am 12. Juni 1856 erhielt er die Genehmigung zur Zementherstellung. Aufgrund der für den Transport günstigen Lage am Rhein und der Nähe zur Braunkohle- und Alaungewinnung auf der Ennert-Hardt wurde das Gelände zwischen Beuel und Oberkassel ausgewählt. 1858 begann dann, vorerst nur am südlichen Ende des heutigen Geländes, die Herstellung im „Bonner Portland Zementwerk“. Anfangs waren sechs Schachtöfen in Betrieb. Nach Buxtehude (1850) und Züllchow bei Stettin (1855) war das Ramersdorfer Werk das dritte zur Herstellung von Portlandzement in Deutschland.

Entwicklung

Aufnahme von 1927

Im Laufe der Zeit wurde das Werk um weitere Fertigungs- und Verwaltungsgebäude nach Norden hin erweitert. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstand eine große Werft- und Verladeanlage, die während der Boomzeit der Zementbranche um die Jahrhundertwende um zwei Schleppkräne erweitert wurde. 1897/98 entstand der Wasserturm.

Nachdem der Wicking-Konzern eine Übernahme des Werkes versucht hatte, wurde ein Freundschaftsvertrag mit der Firma Dyckerhoff geschlossen, später kam es zur Fusion.

Während des Nationalsozialismus hieß das Werk „Bonner Portland-Zementwerk Aktien-Gesellschaft“ und gehörte zu einem reichsweiten Zusammenschluss der Zementindustrie. Die Produktion wurde für Autobahn-, Industrie- und Rüstungsbauten weiter erhöht, Bonner Zement kam etwa im Westwall zum Einsatz. Im Zweiten Weltkrieg gab es keine schweren Schäden.

1946 erhielt das Werk von der alliierten Militärregierung wieder die Genehmigung zur Zementherstellung, nach der Währungsreform 1948 konnte der Betrieb wieder voll aufgenommen werden. 1964 hatte das Werk 430 Beschäftigte.

Niedergang und Umgestaltung

Die Dyckerhoff AG schloss das Werk Ende 1987 aufgrund von wirtschaftlichen Problemen. Im Folgejahr begann der Abriss, erhalten blieben nur die unter Denkmalschutz stehenden Bauten: das Verwaltungsgebäude, die Direktorenvilla, die „Rohmühle“ und der Wasserturm. In den folgenden Jahren blieb das Gelände als Ruine sich selbst überlassen.

„Direktorenvilla“

1989/90 wollte Klöckner-Moeller ihre Hauptverwaltung auf dem Gelände errichten, verwarf diesen Plan jedoch wegen „Differenzen mit der Stadt“ über den Abriss der historischen Gebäude. In den 90er Jahren war das Gelände unter anderem für die DARA, die Europäische Zentralbank, das Forschungszentrum caesar und ein Luxushotel im Gespräch. Nach dem Berlin/Bonn-Gesetz vom 26. April 1994 wurde das Zementwerksgelände vom Bund für die Stadt erworben und erschlossen. Dies geschah als Sofortmaßnahme im Rahmen der „Vereinbarung über die Ausgleichsmaßnahmen für die Region Bonn“ für den Umzug von Parlament und Teilen der Bundesregierung nach Berlin. Zunächst gab es eine Auseinandersetzung um die Nutzung des Geländes. Die Bonner CDU sprach sich 1999 dafür aus, große Teile des Geländes in einen Yachthafen umzuwandeln. Am Ende setzte sich Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) durch und das Areal wurde als Sonderentwicklungsgebiet für innovative Industrien ausgewiesen, nachdem es zuvor noch in die Hauptstadtplanung einbezogen war. Ziel war es, eine der Lage des Gebietes nicht gerecht werdende Nutzung zu verhindern.

Im Jahr 2001 wurde die Rheinuferpromenade von der Rheinaue in Richtung Königswinter, die bisher vom Werksgelände unterbrochen wurde, durch dieses hindurch erweitert. Als erster Investor kaufte das Unternehmen GWI (Gesellschaft für Wirtschaftsberatung und Informatik) im selben Jahr einen Teil des Geländes. Gemeinsam mit der Stadt Bonn plante man eine Umgestaltung des Werks als Bürokomplex unter dem Namen BonnVisio – Innovationspark am Rhein. Um die Qualität der unmittelbar geplanten Neubebauung und der weiteren Entwicklung abzusichern, wurde ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben, als dessen Sieger am 10. Juni 2002 der Bonner Architekt Karl-Heinz Schommer bekanntgegeben wurde. Schommer plante eine Bebauung in drei Abschnitten. Für Bau und Vermietung der nicht direkt der GWI zugeordneten Flächen entstand die Firma Rheinwerk.

Die vier denkmalgeschützten Gebäude wurden saniert, daneben entstanden in den folgenden Jahren mehrere moderne, durch große Glasflächen auffallende Bürogebäude. Die Sanierung der Rohmühle wurde von 2004 bis 2006 durchgeführt, die Direktorenvilla und die zwei neuen Bürokomplexe wurden von 2002 bis 2004 errichtet. Der Großteil der Neubauten wird erst mit den zwei weiteren Bauabschnitten geschaffen. Auf dem südlich benachbarten Gelände der ehemaligen „Sackfabrik Duwe“ sollen 2007 zusätzlich Luxuswohnungen entstehen.

Heutige Gebäude und Nutzung

Die Rheinpromenade ist als breiter Rad- und Fußweg unterhalb der alten basaltverkleideten Werftmauer durch das Gelände geführt. Hier befinden sich diverse Sitzbänke mit guter Aussicht auf das Rheintal. Die direkt dahinter liegende Rohmühle wird im Erdgeschoss als hochklassiges Restaurant und Café genutzt. Der Rest des Gebäudes bildet mit den drei Neubauten U-Körper, Solitär Nord und Solitär Süd die Büroflächen des sogenannten Rheinwerks, die von der gleichnamigen Firma einzeln vermietet werden. Die meisten Mieterfirmen gehören zur IT-, Beratungs- und Technologiebranche, insgesamt stehen derzeit zirka 13.600 m² Bürofläche zur Verfügung. Einen weiteren großen Teil des Geländes, inklusive des Wasserturms und der Direktorenvilla, nimmt seit 2004 die Zentrale der Agfa HealthCare GmbH (vormals GWI) ein.

Westlich des Rheinwerks entsteht zur Zeit das 5-Sterne-Hotel „Kameha Grand“, das im Herbst 2009 eröffnet werden soll. Das bis zu sieben Stockwerke hohe, elliptisch geformte Gebäude wurde ebenfalls von Karl-Heinz Schommer entworfen. Mit der Innengestaltung wurde der niederländische Designer Marcel Wanders beauftragt.

Westlich der Hotel-Baustelle wurde 2008 der Bürokomplex „Rheinwerk 2“ fertiggestellt. Ähnlich dem östlich gelegenen „Rheinwerk 1“ besteht es aus vier Einzelbauten, die sich um eine Grünanlage gruppieren. Rheinseitig erhebt sich ein viergeschossiger Gebäuderiegel mit Ziegelfassade, der sich gestalterisch an die historische Rohmühle anlehnt. Nach Norden schließen sich zwei ebenfalls viergeschossige Bauten mit Vollglas-Fassade an, die die zentrale Grünfläche begrenzen. Den nördlichen Abschluss des Ensembles bildet ein sechsgeschossiger U-förmiger Bau, der ebenfalls über eine Vollverglasung verfügt.

Weitere Planung

Westlich des „Rheinwerk 2“ sollen 2009 drei weitere Bürobauten mit dem Namen „Rheinwerk 3“ entstehen. Geplant sind langgestreckte schmale Riegel, die sich senkrecht zum Rhein auffächern. Die Baugrube für diese Bauten wurde bereits 2008 ausgehoben. Der Komplex wird das Zementwerk-Areal nach Westen hin abschließen, da er unmittelbar an das Landschaftsschutzgebiet der Beueler Rheinaue grenzt.

Ende September 2006 beschloss die Bezirksvertretung Beuel, dass der Bebauungsplan Konrad-Zuse-Platz auf dem Gelände der ehemaligen Zementfabrik öffentlich ausgelegt wird. Dabei plant die Bonn Visio Immobilien Verwaltung GmbH gegenüber dem Wasserturm, entlang der Bahntrasse südlich der Heinrich Konen-Straße ein Parkhaus mit Geschäften im Erdgeschoss und einem Fitnesscenter im Staffelgeschoss zu bauen. Im sechsgeschossigen Parkhaus sollen rund 350 Stellplätze entstehen. Kleine Geschäfte mit einer maximalen Verkaufsfläche von 350 Quadratmetern sowie Schank- und Speisewirtschaften sollen sich im Erdgeschoss ansiedeln. Für das Fitnesscenter ist ein Staffelgeschoss vorgesehen. Das Gebäude soll etwa 20 Meter hoch werden. Auf der gegenüberliegenden Seite ist ein weiteres viergeschossiges Gebäude mit Läden, Gaststätten und Dienstleistungsbetrieben sowie Wohnungen in den Obergeschossen geplant. Auch diese Bauten sollen von Karl-Heinz Schommer entworfen werden. Offen bleibt die Option, auf einem Streifen zwischen den GWI-Büros und dem Ankerbach noch eine Gastronomie zu bauen.[1]

Des Weiteren sollen bis 2009 eine Kindertagesstätte, ein Schwimmbad, Restaurants, Wohnungen und ein eigener Schiffsanleger gebaut werden. Innerhalb des Wasserturms wird ein runder Besprechungsraum mit sechs Metern Durchmesser entstehen, der allen Mietern des Zementfabrik-Viertels zur Verfügung steht. Insgesamt sollen dann auf dem Gelände 250 Millionen Euro investiert und 5.000 Arbeitsplätze entstanden sein.[2][3] Weitere Expansionsmöglichkeiten bietet der Bereich zwischen Landgrabenweg und der Bahntrasse, auf dem bisher provisorische Bürobauten von T-Mobile standen, die 2008 entfernt wurden.

Quellen

  1. General-Anzeiger Bonn vom 30. September/1. Oktober 2006
  2. General-Anzeiger Bonn vom 9. Oktober 2006: Ein neuer Stadtteil mit 5 000 Arbeitsplätzen
  3. General-Anzeiger Bonn vom 6. Dezember 2006 über Rheinwerk II

Literatur

  • Christian Holl: BonnVisio & Rohmühle Bonn. Stadtwandel Verlag, Berlin 2006, ISBN 3-937123-75-X.

Weblinks

50.717757.15283055555567Koordinaten: 50° 43′ 3,9″ N, 7° 9′ 10,19″ O


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