- Rhodoplantae
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Rotalgen Systematik Klassifikation: Lebewesen Domäne: Eukaryoten (Eucaryota) ohne Rang: Archaeplastida Unterreich: Rotalgen Wissenschaftlicher Name Rhodoplantae Abteilungen - Cyanidiophyta
- Rhodophyta Wettst. (1901) (Rotalgen i. e. S.)
Die Rotalgen (Rhodoplantae) sind durch die in der Fotosynthese verwendeten Phycobiliproteide rot gefärbte Algen. Sie sind eine der drei Gruppen der Archaeplastida und zeichnen sich unter anderem durch den typischen Aufbau von Thallus, Zellwänden und Plastiden aus. Ihre Fortpflanzung ist durch einen dreigliedrigen Generationswechsel gekennzeichnet. Alle Formen und Stadien sind unbegeißelt. Bis auf einige Vertreter der Bangiophycidae sind Rotalgen Vielzeller. Rotalgen kommen in der Mehrzahl in der Litoralzone des Meeres vor, einige Arten auch im Süßwasser und feuchtem Erdreich. Rotalgen sind durch Fossilien seit dem Erdzeitalter des Ordovizium (vor ca. 488–444 Mio. Jahren) bekannt.
Inhaltsverzeichnis
Photosynthese und Plastiden der Rotalgen
Rotalgen sind autotrophe Organismen, die ihren Energiebedarf durch Photosynthese decken. Rotalgenzellen enthalten fotosynthetisch aktive Plastiden, Rhodoplasten genannt, die zwar Chlorophyll a und seine Begleitcarotinoide enthalten, aber kein Chlorophyll b. Innerhalb der Rhodoplasten liegen die Thylakoide nicht wie bei den Chloroplastida in Stapeln vor, sondern sind in gleichen Abständen nebeneinander angeordnet.
Auf den Thylakoiden sitzen die 30 bis 40 nm großen, mehr oder weniger kugeligen Strukturen: die Phycobilisomen. Sie enthalten wasserlösliche Fotosynthese-Hilfspigmente, die Phycobiliproteide, die Hauptmasse bilden dabei mehrere Varianten von rotem Phycoerythrin, Allophycocyanine und Phycocyaninen kommen ebenfalls vor. Bau und Pigmentausstattung der Rhodoplasten deuten auf ihre Verwandtschaft mit den Cyanobakterien hin. (siehe auch Endosymbiontentheorie)
Das Pigment Phykoerithrin ist photodestruktiv. Das bedeutet, dass dieses Pigment mit zunehmender Lichtintensität zunehmend zerstört wird. Dies ist der Grund dafür, dass viele oberflächennah lebende Rotalgen nicht rot aussehen. Mit Hilfe der Phycobiliproteide schließen die Rotalgen die Grünlücke der grünen Pflanzen und können kurzwelliges Licht absorbieren und auf die fotosynthetisch aktiven Chlorophyll a Moleküle übertragen. Da kurzwelliges, energiereicheres Licht tiefer ins Wasser eindringt, können Rotalgen in tieferem Wasser (bis 268 m) als andere Pflanzen vorkommen.
Das Zellreservepolysaccharid ist die Florideenstärke. Sie wird nicht wie die Stärke der Pflanzen in Plastiden, sondern an der Oberfläche der Plastiden oder im Cytosol gespeichert. Außerdem ist sie chemisch näher mit dem tierischen Glykogen als mit pflanzlicher Glucose verwandt.
Bau der Zellwand und des Thallus
Die Zellen der meist mehrzelligen Rotalgen sind fast ausnahmslos einkernig. Echte Gewebe fehlen vollständig, überwiegend bilden die Vertreter der Rotalgen Flechtthalli und Pseudoparenchyme des unaxialen Zentralfaden- oder des multiaxialen Springbrunnentypus. Die einzelnen Zellen eines "Zellfadens" sind über Tüpfel-ähnliche Strukturen miteinander verbunden. Die Zellwand besteht aus Cellulose deren Molekülketten filzartig verflochten sind. (Nicht parallel wie bei den grünen Pflanzen). Der amorphe Teil des Thallus besteht aus mit Wasser Schleim bildenden Galactanen wie zum Beispiel Agar und Carrageen.
Beispiele für Ökophysiologische Anpassungsfähigkeit
Einige Vertreter der Rotalgen legen erstaunliche Anpassungen an ihre Umwelt an den Tag. So ist vor den Bahamas eine rote Kalkkrustenalge entdeckt worden, die noch bei 268 m Tiefe gedeiht. In dieser Tiefe maßen Forscher eine Lichtintensität von etwa 0,001 % des Oberflächenlichtes. Möglich wird für die Alge die Besiedlung dieses Lebensraumes zum einen durch das typische Rotalgenpigment Phycoerythrin, das es der Alge ermöglicht, kurzwelliges Licht, das noch bis in diese Tiefe vordringen kann (optimale Bedingungen vorausgesetzt) zu absorbieren und für die Photosynthese zu nutzen. Ein weiteres Beispiel ist Galdieria sulphuraria. Eine extremophile Rotalge, die in vulkanischen Schwefelquellen vorkommt. Sie lebt mitunter endolithisch im Gestein und hat ihren Stoffwechsel von der Autotrophie auf Heterotrophie umgestellt. Sie ist in der Lage, mit Hilfe von Zellwandproteinen Zucker aus ihrem Milieu in die Zelle zu schleusen und zur Energiegewinnung aufzuspalten. All das bei hoher Temperatur, einem extrem niedrigen pH-Wert (0,05–3,0) und der Anwesenheit diverser toxischer Metalle und anderer Stressfaktoren. Auch im Süßwasser (limnische Arten) kann man aber Rotalgen antreffen. So kann man beispielsweise die Froschlaichalge (Batrachospermum moniliforme) in klaren Bächen oder die Pinselalge (Rhodochorton spec.) in Süßwasseraquarien finden. Manche einzellige Rotalgen kommen im feuchten Erdreich vor.
Fortpflanzung
Eine weitere Besonderheit der Rotalgen ist ihre Fortpflanzung: Als einzige Organismengruppe haben Rotalgen einen Generationswechsel mit drei Generationen im Lebenszyklus, nämlich den Gametophyt, den Karposporophyt sowie den Tetrasporophyt.
Generationswechsel am Beispiel Polysiphonia
Die Tetrasporen, als Produkt des Tetrasporophyt, bilden zu etwa gleichen Teilen männliche und weibliche Gametophyten. Der männl. Gametophyt bildet in den Spermatangien Spermatien (männliche Sexualsporen). Der weibl. Gametophyt bildet im Karpogon (weibl. Gametangium) Trichogyne (fadenförmiges Empfängnisorgan) aus.
Trifft ein Spermatium auf ein Trichogyn, kommt es zur Karyogamie (Kernverschmelzung). Es entsteht die unübliche 3. Generation: der Karposporophyt. Zur gleichen Zeit bildet das Karpogon des weibl. Gametophyten eine Hülle aus (= Perikarp). Die reifen Karposporen treten aus dem Karpogon aus und bilden einen neuen Tetrasporophyt. Dieser bildet in den Tetrasporangien Tetrasporen (= 4 Meiosporen).
Nutzung
In Asien werden Arten der Gattung Porphyra als „Nori“ in Suppen mitgekocht oder als ganze Platten um Sushi gewickelt. In Wales werden sie gekocht, püriert und mit Orangensaft zu Hammel gereicht.
Lappentang Palmaria palmata (franz.:Dulce) hat einen leicht nussigen Geschmack und wird weltweit gegessen und in Russland auch zu einem alkoholischen Getränk verarbeitet.
Die Kalbfleischalge Dilsea carnosa kann wie Kalbfleisch verwendet werden.
Der Knorpeltang (Chondrus crispus, Irisch Moos) wird für Pudding, Hustentee und Husten-Lutschpastillen verwendet.
Aus Rotalgen, unter anderem dem Irisch Moos, wird Agar (Agar-agar) und Carrageen gewonnen. Agar-Agar und Carrageen werden für Nahrungsmittel und Kosmetik verwendet sowie für die experimentelle Biologie z. B. für Bakteriennährböden.
Mineralisierte Ablagerungen werden in gemahlener Form unter der Bezeichnung Algenkalk als Hilfs- und Düngestoff für Landwirtschaft und Gartenbau in den Handel gebracht. Darüber hinaus dienen sie als Kalkergänzung für Mensch und Tier. Das Produkt ist reich an den Mengenelementen Kalzium und Magnesium, sowie an Spurenelementen.
Systematik
Es gibt insgesamt etwa 3500–4500 Arten, die traditionellerweise in die beiden Unterklassen der Florideen (Florideophycidae) und Bangiophycidae eingeteilt werden. Erstere ist wahrscheinlich eine natürliche Gruppe, zweitere vermutlich paraphyletisch, das heißt sie enthält nicht alle Nachkommen ihres letzten gemeinsamen Vorfahrens. Von Saunders und Hommersand wurde daher 2004 eine neue Systematik der Rotalgen vorgeschlagen (s. u.).
Unterreich Rotalgen (Rhodoplantae)
Cyanidiophyta
- Cyanidiophyceae
Rhodophyta
- Rhodellophytina
- Rhodellophyceae
- Compsopogonophyceae
- Eurhodophytina
- Bangiophyceae
- Florideophyceae
- Hildenbrandiophycidae
- Nemaliophycidae
- Ahnfeltiophycidae
- Rhodymeniophycidae
(nach Saunders und Hommersand 2004)Ergänzungen zur Systematik
Die oben angeführte Systematik der Rotalgen gilt in aktueller Literatur und auch in Lehrliteratur inzwischen als veraltet. Dennoch findet sie sich noch häufig. Heute wird der Stamm der Rotalgen (Rhodophyta) mit der einzigen Klasse Rhodophyceae und den Unterklassen Bangiophycidae und Florideophycidae dem Reich der Rhodobionta untergeordnet. Es muss allerdings angemerkt werden, dass die Systematik durch neue gentechnische Erkenntnisse heutzutage ständigen Veränderungen unterliegt.
Arten (Auswahl, heimische Arten)
- Blutroter Seeampfer (Delesseria sanguinea)
- Hauttang (Porphyra umbilicalis)
- Kalkkrustenrotalge (Phymatolithon polymorphum)
- Kammtang (Plocamium cartilagineum)
- Knorpeltang (Chondrus crispus)
- Korallenmoos (Corallina officinalis)
- Kraussterntang (Mastocarpus stellatus)
- Krustensteinblatt (Lithophyllum incrustans)
- Lappentang (Palmaria palmata)
- Pinselbüschelalge (Polysiphonia lanosa)
- Roter Hautflügeltang (Membranoptera alata)
- Roter Horntang (Ceramium rubrum)
- Schnurtang (Dumontia contorta)
- Speckkrustenrotalge (Hildenbrandia rubra)
- Zarter Fadentang (Polysiphonia urceolata)
- Asiatischer Besentang, Neophyt i. d. Ostsee
- Borsten-Rotalge (Lemanea fluviatilis) im Süßwasser
Sonstiges
- Vanvoorstia bennettiana, eine in Australien endemische Art, ist die einzige Rotalge, die bislang von der IUCN als ausgestorben gelistet wird.
Literatur
- Saunders, G. W., Hommersand, M. (2004): Assessing red algal supraordinal diversity and taxonomy in the context of contemporary systematic data. American Journal of Botany 91: 1494–1507
- Bold, Harold C.; Wynne, Michael J. (1978): Introduction to the Algae – Structure and Reproduction . Prentice-Hall Biological Sciences Series
- Streble, Heinz; Krauter, Dieter (2006): Das Leben im Wassertropfen. Kosmos Verlag
- Lüning, Klaus (1985): Meeresbotanik – Verbreitung, Ökophysiologie und Nutzung mariner Makroalgen Georg Thieme Verlag Stuttgart
- Campbell, Reece (2006) : Biologie Pearson Studium
- Raven, P. H., Evert, R. F., Eichhorn, S. E. (2006): Biologie der Pflanzen Walter de Gruyter
- Strasburger Lehrbuch der Botanik
Weblinks
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