Rieplsches Gesetz

Rieplsches Gesetz

Das so genannte Rieplsche Gesetz der Medien besagt, dass kein Instrument der Information und des Gedankenaustauschs, das einmal eingeführt wurde und sich bewährte, von anderen vollkommen ersetzt oder verdrängt wird.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der deutsche Altphilologe, Journalist und Chefredakteur der Nürnberger Zeitung Wolfgang Riepl hatte 1913, kurz vor dem Ersten Weltkrieg, in seiner Dissertation „Das Nachrichtenwesen des Altertums mit besonderer Rücksicht auf die Römer“ die Hypothese formuliert:

„Trotz aller solchen Wandlungen ist indessen festzustellen, daß neben den höchstentwickelten Mitteln, Methoden und Formen des Nachrichtenverkehrs in den Kulturstaaten auch die einfachsten Urformen bei verschiedenen Naturvölkern noch heute im Gebrauch sind […]. Andererseits ergibt sich gewissermaßen als Grundsatz der Entwicklung des Nachrichtenwesens, daß die einfachsten Mittel, Formen und Methoden, wenn sie nur einmal eingebürgert und brauchbar befunden worden sind, auch von den vollkommensten und höchst entwickelten niemals wieder gänzlich und dauernd verdrängt und außer Gebrauch gesetzt werden können, sondern sich neben diesen erhalten, nur daß sie genötigt werden können, andere Aufgaben und Verwertungsgebiete aufzusuchen.“

Wolfgang Riepl, 1913: [1]

Obwohl Riepl also nur von einem "Grundsatz der Entwicklung des Nachrichtenwesens" spricht, wurde seine Aussage von der späteren Medienwissenschaft umgedeutet zu einem "Gesetz der Komplementarität der Medien" - und in der Folge im Hinblick auf den vermeintlichen Gesetzescharakter der Rieplschen Annahme häufig kritisiert und widerlegt:

„So ist der Bote im 21. Jahrhundert längst kein Medium mehr, das als solches etabliert und in irgendeiner Weise gesellschaftlich dominant wäre. Und welche Rolle spielt heute noch der Telegraph für die Individualkommunikation? Vergleichbar fungieren auch zahlreiche andere frühere Menschmedien wie der Prediger oder der Ausrufer, Schreibmedien wie die Rolle und frühere Druckmedien wie der Kalender heute nicht mehr als Medium, obwohl sie früher einmal durchaus und nachweisbar Mediencharakter innehatten. Mit anderen Worten: Das sogenannte 'Unverdrängbarkeitsgesetz' ist überhaupt kein Gesetz und als These schlicht falsch.“

Werner Faulstich, 2002: [2]

Trotzdem wird dieser Diskurs in der deutschen Sozialwissenschaft immer noch weitergeführt: Riepls einfache Hypothese in Bezug auf „alte“ Kommunikationsriten in der Antike, die erhalten blieben, auch wenn es „neuere“ gab, wurde als „Gesetz“ auf die moderne Medienwelt projiziert und soll in etwa besagen: Neue, höher entwickelte Medien haben die alten nie verdrängt, es entstanden Analogien wie:

  • Mit der Einführung des Hörfunk starb die Tageszeitung nicht aus, sondern sie spezialisierte sich auf stärkere Hintergrundberichterstattung und lokale Ereignisse.
  • Mit der Einführung des Fernsehens spezialisierte sich das ehemals generalistische Medium Hörfunk auf besondere Aktualität und Funktion als Nebenbeimedium und starb nicht aus.
  • Mit der Einführung des Fernsehens spezialisierte sich das ehemals generalistische Medium Kino auf das Gemeinschaftserlebnis und besondere Wucht von Bild und Ton und starb nicht aus.

Seit den 1990ern wird das „Rieplsche Gesetz“ im Zusammenhang mit dem Zeitungssterben in Deutschland, kostenlosen Online-Angeboten und Blogs diskutiert.

Literatur

  • Riepl, Wolfgang: Das Nachrichtenwesen des Altertums mit besonderer Rücksicht auf die Römer. Leipzig: Teubner, 1913.
  • Riepl, Wolfgang: 1. Allgemeine Anmerkungen - das Einstiegskapitel seinen zentralen Thesen[3]

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Riepl. Das Nachrichtenwesen des Altertums. Hildesheim: Georg Olms 1972, S. 5. ISBN 3-487-04218-5 (zuerst: Leipzig: Teubner 1913).
  2. Faulstich, Werner (2002): Einführung in die Medienwissenschaft. Wilhelm Fink Verlag, München. Seite 159
  3. Einstiegskapitel als PDF

Siehe auch


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