- Ring des Nibelungen
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Der Ring des Nibelungen ist ein aus vier Opern bestehender Zyklus von Richard Wagner, der zwischen 1851 und 1874 entstand. Im August 1876 wurde erstmals die gesamte Tetralogie unter der Leitung von Hans Richter im Bayreuther Festspielhaus aufgeführt.
Die Tetralogie besteht aus:
- Das Rheingold („Vorabend“)
- Die Walküre („Erster Tag“)
- Siegfried („Zweiter Tag“)
- Götterdämmerung („Dritter Tag“)
1848 schrieb Wagner einen Prosaentwurf unter dem Titel „Die Nibelungensage“. Bereits darin verknüpft er Heldensage und Göttermythos zu einem Weltendrama ungeheuren Ausmaßes. Dennoch wollte Wagner zunächst nur die bekannte Sage von Siegfrieds Tod dramatisch und musikalisch bearbeiten. Nachdem Wagner das Textbuch zu Siegfrieds Tod geschrieben hatte und zu komponieren versuchte, erkannte er jedoch, dass zu viel Vorgeschichte fehlte, die nur episch, in Erzählungen der Nornen z. B., ins Drama eingefügt war. Er brach deshalb die Arbeit ab und schrieb Der junge Siegfried als ergänzenden ersten Teil. Jedoch blieb nun immer noch vieles im Unklaren, so dass Wagner schließlich um der besseren Verständlichkeit des Ganzen wegen sich weiter rückwärts „vor arbeitend“ auch noch Das Rheingold (ursprünglicher Titel: „Der Raub des Rheingoldes“) und Die Walküre schrieb. – Die Komposition erfolgte dann allerdings in der richtigen Reihenfolge, mit dem Anfang (Das Rheingold) beginnend.
Die Welt der germanischen Götter nimmt Wagner als Vorlage für eine kritische Deutung der menschlichen Gesellschaft. Ring und Gold (sie symbolisieren hier Macht und Kapital), Verträge, die Auflehnung und das Scheitern eines Helden, der Untergang der Welt in Flammen – all das sind zyklisch wiederkehrende Archetypen und zeitlose mythische Themen.
Verwendung von Motiven aus der germanischen Mythologie
Richard Wagner verwendete mythologische Motive, die er aus den eddischen Schriften und der Nibelungensage entlehnte. Er gestaltete diese Elemente durchaus frei und prägte ganz neue Gestalten des germanischen Pantheons. Deutlich wird das an der Figur des Wotans, der in dieser Schreibweise eine Komposition Wagners war (siehe Odin).
Wagner selbst äußerte in einem Brief an August Röckel, Wotan verkörpere „die Summe der Intelligenz der Gegenwart“. Seine Funktion im Drama reicht jedoch noch viel weiter. Wotan selbst beschreibt seinen Konflikt im zweiten Aufzug der Walküre: „Als junger Liebe Lust mir verblich, verlangte nach Macht mein Mut – von der Liebe doch mocht ich nicht lassen“.
In dem Bemühen, Macht und Liebe (eine funktionierende Ordnung und die individuelle Freiheit des Einzelnen) zu vereinen, tritt Wotan an den am Fuße der Weltesche Yggdrasil befindlichen Weisheitsquell, opfert ein Auge und schneidet aus der Weltesche seinen Speer, in den er die Runen „treu beratner Verträge“ einschneidet. Aufgrund dieser Verträge errichten die Riesen Fasolt und Fafner im Rheingold (dem ersten Werk der Tetralogie) Wotan die Burg Walhall.
Hierfür hat Wotan den Riesen die Göttin Freia versprechen müssen. Obwohl der Verlust von Freia für die Götter das Ende bedeutet hätte (kann doch nur sie die ewiges Leben spendenden Äpfel herbeischaffen), erweist sich Wotan als vertragstreu. Donner (althochdeutsch Donar, isländisch Þórr, internationalisiert Thor), der statt der Vertragserfüllung den offenen Kampf sucht, wird von Wotan zurechtgewiesen: „Halt du Wilder, nichts durch Gewalt. Verträge schützt meines Speeres Schaft – spar deines Hammers Heft“.
Erst als die Riesen selbst bereit sind, auf Freia zu verzichten, wenn sie dafür den Nibelungenhort erhalten, zieht Wotan mit Loge (Loki) aus und erbeutet den Schatz von Alberich. Der Nibelungenring, der seinem Besitzer zu maßloser Macht verhilft, fällt so an Fafner (nach dem Ring Andvaranaut der Lieder-Edda).
Von Walhall aus übt Wotan seine Herrschaft aus, die immer noch im Zeichen des Speeres und der Vertragtreue steht. Es gelingt ihm allerdings nicht, den Machttrieb der Individuen, der in dem Ring sein Symbol findet, zu überwinden. Hierfür erhofft er sich den freien Helden, der in Siegfried ersteht. Siegfried bezwingt nicht nur den zum Lindwurm mutierten Fafner, sondern er zerschlägt im Zweikampf auch den Speer Wotans. Der, seines Herrschaftssymbols beraubt, darf sich darauf zurückziehen und die Herrschaft über die Welt Siegfried überlassen, dem Macht freilich so wenig bedeutet, dass er die gewonnene Herrschaft gar nicht ausübt.
Handlung
Den Handlungen der einzelnen Teile des Gesamtwerks sind jeweils auch eigene Artikel gewidmet:
Chronologische Handlung – unter Verwendung von Zitaten und Sprachbildern aus dem Text
Die chronologische Handlung des Ring deckt sich nicht vollständig mit der Handlung der vier einzelnen, aufeinander folgenden Opern. Manche Handlungsstränge werden lediglich erzählt, tauchen als Handlung selbst in den Opern aber nicht auf. So wird beispielsweise der mythische Beginn der Tetralogie erst zu Anfang des letzten Teils, der Götterdämmerung, von den Nornen erzählt.
Besondere musikalisch hervorgehobene oder berühmt gewordene Passagen sind gesondert erwähnt.
Vorgeschichte
In einem mythologischen Naturzustand steht inmitten eines Ur-Waldes die Welt-Esche (in der germanischen Mythologie: Yggdrasil) als Inbegriff einer heiligen Ordnung. In ihrem Schatten entspringt eine Quelle („Weisheit raunend“), symbolisch aus der Wurzel der heiligen Ordnung die ewige Weisheit hervorbringend. Im Schoß der Erde, in nebliger Gruft, schläft Erda, die Ur-Mutter, „der Welt weisestes Weib“, einen „wissenden Schlaf“. Eine Verbindung geht von ihr aus zu den drei Nornen, die jeweils ein Seil um die Welt-Esche geschlungen haben und die von dem ihnen durch das Seil zuströmenden Ur-Sinn der Welt singen.
„Ein kühner Gott“, Wotan, dem die Lust junger Liebe verblichen ist, tritt frevelnd an den Baum heran, um sich durch einen Trunk aus der Quelle in den Besitz der Weisheit und damit der Macht zu bringen. Gleichzeitig gewinnt er dadurch Fricka, die Göttin und Hüterin von Ehe und Sitte, zum Weib. Er opfert eines seiner Augen dafür. Wotan bricht aus der Welt-Esche einen starken Ast und formt ihn zum Schaft eines Speeres. In diesen Schaft schneidet er Runenzeichen als Symbole für seine eigenen Gesetze, mit denen er die Welt beherrschen will. Mit diesem Speer hält er also die Grundlage seiner von ihm geschaffenen Weltordnung in der Hand.
Das alles künden zu Beginn des „dritten Tags“ des Rings (Götterdämmerung) die Nornen. Sie werden auch berichten, dass die Welt-Esche an der von Wotan geschlagenen Wunde krankte und verging, das Laub fällt schließlich, und die Quelle versiegt.
Wotan, Herr und Beherrscher durch die Gesetze seines Speers übt seine Macht uneingeschränkt und unangefochten aus. Ihm gelang es auch, den wandelbaren und flüchtigen Halbgott Loge, Sinnbild des Feuers und der List, zu zähmen. Zur göttlichen Schar gehören Freia, Frickas Schwester und Göttin der Jugend, Donner, der Gott des Gewitters, und Froh, der Gott der Heiterkeit, beide Freias Brüder.
Fricka sieht mit Argwohn, aber machtlos, dass sich Wotan auch weiterhin nicht auf eine Frau beschränken will. Sie versucht, ihn durch den Bau einer Burg an Heim und Herd zu binden, wo er in „herrlicher Wohnung“ Ruhe finden würde – und damit an sie gekettet wäre. Wotan verfolgt mit dem Bau Walhalls allerdings ein anderes Ziel. Er sieht in der Burg einen Herrschersitz und Zeichen seiner Macht, von wo aus er die Welt befehlen kann.
Er hat die Riesen Fafner und Fasolt verpflichtet, ihm die Burg Walhall zu bauen. Als Lohn versprach er ihnen Freia. Sie hütet einen Garten voller goldener Äpfel, von denen die Götter täglich essen und sich so ihrer Jugend versichern. Fricka und Freia erfahren von dem schlimmen Handel erst nach dessen Abschluss.
Das Rheingold
Die drei Rheintöchter (Nixen) Woglinde, Wellgunde und Floßhilde bewachen spielerisch im Rhein auf Geheiß ihres Vaters das Rheingold. Denn „maßlose Macht“, die Herrschaft der Welt, würde dem zuteil werden, der „aus dem Rheingold schüfe den Ring“. Das lachende Spiel der Wassermädchen wird unterbrochen von Alberich, einem Nibelungen, dem Sohn der Nacht, der aus der Tiefe hervor steigt und den Mädchen mit gierigen Augen zusieht. Er versucht zuerst, sich eine der Nixen durch Bitten und Werben gnädig zu stimmen. Die Rheintöchter scheinen auch jeweils darauf einzugehen, um sich dann aber im letzten Moment lachend seinen Armen zu entziehen. Das reizt Alberich zur Wut und er versucht, sich die Frauen mit Gewalt gefügig zu machen, was ihm, der nur klettern kann, während die Mädchen geschickt schwimmen, nicht gelingt.
Die Sonne geht auf und lässt das Rheingold erstrahlen, die Mädchen umschwimmen es in lautem Jubel. Alberich, fasziniert vom Glanz des Metalls, erfragt von den Nixen die Bedeutung des Golds. Sie erzählen es ihm leichtsinnigerweise, fügen aber hinzu, dass nur derjenige einen Ring aus dem Gold schmieden kann, „wer der Minne Macht entsagt“. In Bezug auf Alberich haben sie keine Sorgen, denn er scheint am wenigsten gewillt zu sein, auf die Gunst der Frauen zu verzichten. Doch Alberich, wütend über den Spott, den die Nixen mit ihm getrieben haben, und wohl auch wissend, dass er wegen seines hässlichen Aussehens auch bei anderen Frauen keinen Erfolg haben würde, überlässt sich seiner Machtgier. Er entreißt das Gold gewaltsam dem Felsen, in dem es verankert war, mit der höhnischen, rachetrunkenen Drohung, den Ring schmieden zu wollen und verflucht die Liebe. Die Nixen sind bestürzt über den Verlust.
Zur gleichen Zeit erwachen an einem Ort hoch über dem Rhein Wotan und Fricka aus ihrem Schlaf. Walhall erstrahlt fertig im Glanz der aufgehenden Sonne. Wotan vergisst über seiner Freude an der herrlichen Festung den Lohn, den er den Riesen dafür schuldet. Fricka muss ihn voll Sorge daran erinnern. Doch Wotan tröstet sie, er vertraut auf Loge. Freia kommt in hastiger Flucht vor den Riesen, die ihren Lohn fordern. Wotan stellt die Abmachung, dass Freia dieser Lohn sein sollte, als Scherz hin und legt den Riesen nahe, sich etwas anderes zu überlegen. Sie weigern sich und erinnern Wotan daran, dass seine Gesetze keine Gültigkeit mehr haben, wenn er selbst sie bricht. Inzwischen sind Donner und Froh eingetroffen. Sie versuchen, durch Drohung mit Gewalt die Riesen zum Verzicht zu zwingen; doch Wotan wehrt dem Streit. Er muss seine Gesetze, auf die auch seine eigene Macht gebaut ist, wohl oder übel auch selbst einhalten. Schon glaubt Freia sich verloren, da taucht Loge auf.
Wotan erinnert ihn an Loges Versprechen, den „schlimmen Handel zu schlichten“. Der allerdings erwidert, er hätte lediglich versprochen, alles zu versuchen, was in seiner Macht steht – „Doch dass sich fände, was nie sich fügt, was nie gelingt, wie ließ’ sich das wohl geloben?“ Donner und Froh, die sowieso nicht gut auf Loge zu sprechen sind, werden aggressiv. Wotan hält sie jedoch zurück. Er vermutet hinter Loges Tücke doch noch eine Lösung seiner Lage. Loge erzählt, dass er überall versucht habe, einen zu finden, der für Gold die Liebe ließe. Jedoch „wo Kraft nur sich rührt, … in Wasser, Erd’ und Luft, lassen will nichts von Lieb’ und Weib“. Nur einen fand er, der der Liebe abschwor: Alberich. Er schildert den Vorfall, wie dieser zu dem begehrten Gold kam und Macht erlangte. Fafner und Fasolt hören sehr ungern, was sich mit dem Nibelungen ereignete, sie ahnen, dass auch sie Leidtragende dieser neuen Macht werden könnten. Fafner überredet seinen verliebten und weichherzigen Bruder, anstelle Freias das Rheingold zu nehmen.
Auch Wotan reizt der Zauber des Golds und er will es gewinnen; allerdings nicht, um es an die Riesen weiterzugeben. Diese nehmen Freia zunächst und gegen den Einspruch ihrer Brüder als Pfand mit – unter der Ankündigung, gegen Abend wiederzukommen, um sie für das Gold einzutauschen. Mit dem Verlust Freias verlieren die Götter schnell an Farbe und Frische. Die Quelle ihrer Jugend ist ihnen genommen. Loge kümmert das wenig, da Freia in der Vergangenheit an ihn wenig gedacht hat. Er verspottet die Götter sogar. Wotan beschließt, Alberich aufzusuchen und ihm den Ring zu rauben. Loge weist ihm den Weg.
Orchesterzwischenspiel: Fahrt in „Nibelheims nächtiges Reich“.
Alberich, der Herrscher der Nibelungen, lebt mit seinem Volk in den Tiefen der Erde. (Der Fortlauf der Handlung zeigt, dass Wagner folgende Schichten vorsieht: Unter der Erde die geknechteten Nibelungen, auf der Erde die Menschen und Riesen, auf „wolkigen Höh’n“ die Götter.) Wotan und Loge treffen zuerst auf Mime, den Bruder Alberichs und meisterlichen Schmied. Ihn hat Alberich durch die Kraft des Rings gezwungen, einen Tarnhelm zu schaffen, mit dem dieser jetzt überall gegenwärtig ist und alle Nibelungen, auch Mime, zur Arbeit anpeitscht, damit sie ihm den Nibelungen-Hort aufhäufen. Als Wotan mit Loge eintrifft, stöhnt Mime noch von den Schlägen des Bruders, der sich nach Belieben unsichtbar („Nacht und Nebel, niemand gleich“) machen kann. Mime hatte zwar versucht, den Tarnhelm selbst zu benutzen, es war ihm allerdings nicht gelungen, da er die Zauberformel nicht erriet.
Alberich taucht auf und sieht seinen Bruder mit den Fremden zusammen. Er erkennt Wotan und Loge und kündigt den „Lichtalben“, den Göttern, ein schlimmes Ende an: Habe er erst einmal Schätze genug gesammelt, dann wolle er sich Helden kaufen und mit seinem Heer der Tiefe Walhalls Höhen stürmen und die Weltherrschaft an sich reißen. Dann möge sich auch erfüllen, was die Rheintöchter ihm versagt haben: „Denn dient ihr Männer erst meiner Macht, eure schmucken Frauen, die mein Frei’n verschmäht, sie zwingt zur Lust sich der Zwerg, lacht Liebe ihm nicht.“
Schon will Wotan empört auffahren, da rät Loge zur Mäßigung. Er greift zur List: Sie seien gekommen, um sich davon zu überzeugen, was man überall schon staunend über Nibelheim erzählt, dass man hier ungeheure Schätze berge und dass Alberich sich in jedes Tier nach Belieben verwandeln könne. Alberich fühlt sich geschmeichelt und geht auf die Bitte Loges ein, sich in ein riesiges Ungeheuer zu verwandeln. Loge macht das Theater mit und bricht beim Anblick des Monsters in lautes Angst-Schreien aus. Mit bebender Stimme zollt er dem wiedererscheinenden Alberich seine Anerkennung. Allein – er gibt sich noch nicht vollkommen überzeugt – ob sich Alberich wohl auch in ein ganz kleines Tier verwandeln könne? Alberich verhöhnt den Zweifelnden und taucht nach kurzer Zeit in Krötengestalt auf. Loge weiß, was er wollte: Er und Wotan greifen die Kröte rasch, sie entreißen ihr die Tarnkappe und Alberich ist gefangen. Sie binden ihn und bringen ihn schnell hinauf zur Anhöhe über dem Rhein. Um sein Leben zu retten, muss Alberich dort nicht nur den ganzen Nibelungen-Hort durch sein Volk – zu seiner eigenen Schmach, geknebelt vor den Göttern – herbeischleppen lassen, sondern auch Tarnkappe und Ring abliefern. Kaum ist er frei, verflucht er in maßloser Wut den Ring:
„Wer ihn besitzt, den sehre die Sorge, und wer ihn nicht hat, den nage der Neid … So lang’ er lebt, sterb’ er lechzend dahin, des Ringes Herr als des Ringes Knecht!“
Wotan achtet nicht auf diesen Fluch, ihn blendet der Zauber des Golds. Fasolt und Fafner, mit Freia, Fricka, Donner und Froh erscheinen. Freia muss nun so mit Gold und Schätzen bedeckt werden, dass sie nicht mehr zu sehen ist. Dazu muss zuerst der Tarnhelm, später auch noch der Ring darangegeben werden. Wotan, der schon im Banne der Macht des Rings steht, verweigert jedoch seine Herausgabe. Er nimmt in Kauf, dass die Riesen dann Freia für immer fortführen; da taucht Erda auf. Sie warnt Wotan vor der verderblichen Macht des Rings. Wotan ahnt, dass die „Urmutter“ Erda mehr weiß, als sie auszusagen bereit ist. Er will sie fassen, ihr in das Erdreich folgen, wird aber von Fricka und Froh zurückgehalten. Er besinnt sich und gibt den Ring her. Und schon erweist sich Alberichs Fluch auf furchtbare Weise: kaum gehört der Ring den Riesen, kommt es zwischen ihnen zum Streit. Fafner erschlägt Fasolt, den Bruder, und entreisst ihm den Ring.
Eine brütende Atmosphäre lagert über der Szene und lässt keine Freude mehr aufkommen. Donner, der Gott des Gewitters, zieht das „trübe Gedünst“ zusammen und lässt durch einen Blitz eine Entspannung eintreten. Dann ruft er seinen Bruder Froh, eine Brücke von der Hochebene zur Burg hinüber zu schlagen: einen Regenbogen. Wotan gibt der Burg den Namen Walhall und bittet Fricka, ihm dorthin zu folgen. Loge, der schon das kommende Ende der Götter voraussieht, hält sich beim Aufbruch der Götter zurück. Aus der Tiefe des Rheintals dringt die Klage der Rheintöchter herauf: „Gebt uns das Gold, das Reine, zurück!“ Erzürnt befiehlt Wotan Loge, die Klagenden zum Schweigen zu bringen, worauf Loge ihnen zynisch rät, in Ermangelung des Rheingoldes sich fortan „in der Götter neuem Glanze“ zu sonnen. Unter dem Wehklagen der Rheintöchter ziehen die Götter der Burg entgegen.
Zwischengeschichte
Wotan, der immer noch an die Erscheinung Erdas denkt, schwingt sich „in den Schoß der Welt“ hinab, um mehr über sein Schicksal zu erfahren. Erda kündigt ihm ein schmähliches Ende an. Wotan will dem widerstehen und handelt sofort. Er bezwingt Erda „mit Liebeszauber“; sie gebiert ihm die Tochter Brünnhilde. Noch durch andere Frauen, die nicht näher genannt werden, ist Wotan der Vater von acht Mädchen: Gerhilde, Ortlinde, Waltraute, Schwertleite, Helmwige, Siegrune, Grimgerde und Rossweisse. Diese bilden mit Brünnhilde zusammen die Walküren. Sie sollen Wotan dazu dienen, gefallene Helden in Walhall zu sammeln, um gegen den zu erwartenden Angriff Alberichs gewappnet zu sein. Die Walküren folgen den Forderungen ihres Vaters und füllen Walhall mit den besten Männern der Erde.
Vor einem allerdings bangt Wotan weiterhin: dass Alberich den Ring zurückgewinnt, den derzeit Fafner besitzt, der sich in einen Lindwurm verwandelt hat und seinen Schatz in einer Höhle ungenutzt bewacht. „Dann wäre Walhall verloren.“ Alberich könnte dann Wotans eigene Helden gegen ihn aufbringen. Deshalb hatte Wotan schon erwogen, Fafner den Ring zu entreißen, aber „der durch Verträge ich Herr, den Verträgen bin ich nun Knecht!“ Er kann nicht gegen seine eigenen Gesetze handeln. Nur einen Ausweg gibt es für ihn: dass ein Mensch sich gegen ihn, den Gott, erhebt und durch Zerstörung des Speers die von ihm selbst geschaffene Ordnung auflöst. Doch diesen „Freien“ kann, darf er nicht selbst erzeugen und leiten: „denn selbst muss der Freie sich schaffen“.
Trotzdem versucht Wotan, während die Walküren die besten Helden in Walhall versammeln, sich in seinem Sohn Siegmund, – mit dem er, zusammen mit dessen Zwillingsschwester Sieglinde und deren Mutter, jahrelang im Wald wohnt und sich von Jagd ernährt, – sich in diesem Sohn einen Helden zu erziehen, der doch nur das will, was Wotan auch verfolgt. Er verheißt ihm, dass er in der Stunde höchster Not ein Schwert finden werde, das ihm den Sieg garantiert: Notung, Wotans eigene Waffe.
Eines Tages kehren Wotan, der sich „Wälse“ und „Wolfe“ nennt, und Siegmund von der Jagd zurück und finden ihre Hütte verbrannt, von Feinden angesteckt, die Mutter tot und Sieglinde verschleppt. Lange Jahre leben beide dann allein im „wilden Wald“. Sie haben Attacken von Feinden zu erdulden, die aber immer abgeschlagen werden, unter großen Opfern der Angreifer. So werden Siegmund und Wotan zu gefürchteten und verhassten Sagenfiguren für die ganze Umgebung.
Sieglinde wird inzwischen als Braut an Hunding verschachert, dessen Sippe in der Nähe ihrer alten Wohnung haust. Am Hochzeitsabend allerdings, während Sieglinde traurig vor sich hin sinnt, tritt Wotan, als Wanderer verkleidet, in die Hütte ein: Niemand wagt, sich gegen ihn zu stellen. Er stößt sein Schwert bis zum Heft in den Stamm der Esche, die mitten im Raum steht. Dem soll diese Waffe gehören, der sie aus dem Stamm zu ziehen vermag. Sieglinde ahnt, wer der Fremde ist. Alle Hochzeitsgäste versuchen sich nach Wotans Verschwinden an der Klinge. Es gelingt keinem.
Bei einem erneuten Angriff im Wald wird Siegmund vom Vater getrennt und findet seine Spur nicht wieder. Wotan weiß, dass er nur von einem unabhängigen „Gegner“ etwas erwarten kann. In den vergangenen Jahren hat er alles getan, um Siegmund gegen die Götter, also gegen Wotan selbst, aufzubringen. Siegmund allein sucht nun in der menschlichen Gesellschaft Anschluss. Ihn „drängt es zu Männern und Frauen“. Doch immer wird er geächtet. Es kommt zu kämpferischer Auseinandersetzung, als er einem Mädchen hilft, das gegen ihren Willen mit einem ungeliebten Mann verheiratet werden soll. Siegmund erschlägt die Familie des Mädchens im Kampf und wird daraufhin von den Sippenangehörigen gnadenlos verfolgt.
Die Walküre
Orchester: Gewittersturm
Siegmund flieht durch den Wald, bis er schließlich, am Ende seiner Kraft, eine Hütte entdeckt, eindringt und zu Boden fällt. Eine Frau ist allein in der Hütte, sieht ihn und versorgt ihn mit Wasser: Sieglinde, seine Zwillingsschwester. Noch erkennen sie sich nicht. Hunding tritt ein und betrachtet verwundert den Fremden. Sieglinde erklärt ihm, was geschehen ist. Hunding fällt sofort die Ähnlichkeit der Zwillinge auf. Er fordert Siegmund auf, zu bekennen, wer er sei. Nach einigem Zögern erzählt dieser seine Geschichte. Die Sache spitzt sich zu, als sich herausstellt, dass Hunding zu eben jener Sippe gehört, von denen Siegmund einige getötet hat und vor der er sich jetzt auf der Flucht befindet. Hunding setzt für den nächsten Tag den Kampf zwischen ihm und Siegmund fest und verriegelt die Tür.
Siegmund, waffenlos in der Falle im Haus des Feindes ruft seinen Vater an, wo das versprochene Schwert sei, das er in höchster Not fände. Ein Lichtstrahl von der letzten Glut im verlöschenden Herdfeuer lenkt seinen Blick auf eine Stelle am Stamm der Esche, um die der Raum gebaut ist. Er erkennt den Schwertgriff. Gleichzeitig schleicht sich Sieglinde zu ihm. Sie hat Hunding mit einem Schlaftrunk betäubt, um Siegmund die Flucht zu ermöglichen. Nun schildert sie, wie das Schwert hierher gelangte. Beide erzählen aus ihrer Vergangenheit, bis deutlich wird, dass sie Geschwister sind („Winterstürme wichen dem Wonnemond“). Siegmund erkennt ‚sein’ Schwert und zieht es in ekstatischer Begeisterung aus dem Stamm. Berauscht von gegenseitiger, inzestuöser Liebe stürzen die Geschwister in die Frühlingsnacht hinaus. (Aus dieser nächtlichen Paarung wird Siegfried entstehen, der Sohn Siegmunds und Sieglindes, mithin der Enkel Wotans.)
Hunding erfährt wenige Stunden danach von der Flucht und ruft Fricka, der Ehe Hüterin, an. Sie erschaudert vor der blutschänderischen und ehebrecherischen Tat und sucht ihren Gatten auf, um Rache von ihm zu fordern. Wotan denkt zuerst nicht daran und zeigt ganz offen sein Wohlgefallen an dem liebenden Zwillingspaar. Er versucht Fricka zu beweisen, dass Siegmund zu ihrer aller Segen leben muss. Doch Fricka weist ihm eindeutig nach, dass Siegmund kein unabhängiger, kein freier Held ist, sondern ein Produkt von Wotans Erziehung, er also von ihm keine Lösung erhoffen kann. Wotan muss die Richtigkeit dieser Argumentation anerkennen und befiehlt seiner Tochter Brünnhild, entgegen seinem früheren Befehl, im kommenden Kampf zwischen Siegmund und Hunding den letzteren zu schützen. Er entzieht dem Schwert Notung seine Zauberkraft.
Brünnhilde versteht ihren Vater nicht und fragt nach dem Grund für seinen Sinneswandel. Wotan enthüllt ihr als einziger die schicksalhafte Verstrickung, in der er sich befindet. Das, was er einstmals erstrebte, wird ihm jetzt zum Fluch. Er zieht das Fazit seines Machthungers: „Auf geb’ ich mein Werk: nur eines will ich noch, das Ende! Und für das Ende sorgt Alberich.“ Erda hatte ihm einst verhießen, dass der Götter Ende nahe sei, wenn es dem Liebelosen, Alberich, gelänge einen Sohn zu zeugen. Alberich hatte sich, so erzählt Wotan weiter, die Gunst einer Frau mit Gold erkauft. Grimhild gebar also neben ihren beiden anderen Kindern Gutrune und Gunter noch einen Sohn: Hagen. Wenn dieser in den Besitz des Ringes gelange, würden ihm die gefallenen Helden aus Walhall gegen die Götter folgen.
Wotan weiß, dass ihm mit diesem Nibelungen-Sohn der Untergang droht. Er verachtet inzwischen die Welt, die ihm „einst gelacht“. Brünnhilde muss dem Gebot des Vaters folgen. Sie erscheint vor Siegmund, der die von der Flucht erschöpfte Schwester in seinen Armen hält, um ihm den Tod anzukündigen. Jedoch Siegmund ist eher willens, seine Schwester zu töten, als sie auf der Erde allein zurückzulassen. Gerührt von der Stärke dieser Liebe trotzt Brünnhilde dem väterlichen Befehl und verspricht Siegmund ihren Schutz. Schon hört man Hunding, der seinen Rivalen zum Kampf fordert. Doch das entscheidende Wort spricht Wotan. Er zerschlägt Siegmunds Schwert mit seinem Speer, Hunding kann Siegmund töten, Brünnhilde, entsetzt, sammelt die Schwertstücke ein und flieht mit Sieglinde. Wotan, verbittert über den Tod seines Sohns, tötet Hunding mit einem einzigen, verächtlichen Wort: „Geh!“ Dann entsinnt er sich des Trotzes der eigenen Tochter und jagt ihr nach.
Brünnhilde sucht bei ihren Schwestern, den Walküren, Zuflucht (Walkürenritt zu Beginn des dritten Aktes). Doch aus Angst vor dem Groll des Gottes verweigern die Schwestern ihre Hilfe. Brünnhilde sieht keinen anderen Ausweg, als Sieglinde allein fliehen zu heißen. Sie kündigt ihr einen Sohn an, für den sie die Schwertstücke aufbewahren und den sie Siegfried nennen soll. Sieglinde flieht, Wotan erscheint. Er will Brünnhilde zunächst der härtesten Strafe aussetzen, nämlich sie in Schlaf zu versetzen und dem Erstbesten der vorbeikommt und sie weckt als Frau überlassen. Doch Brünnhild gelingt es, ihre Strafe insofern abzumildern, dass sie nicht jeder Feigling erwecken kann. Wotan ruft Loge und befiehlt ihm um den Felsen, auf dem Brünnhilde schläft, ein riesiges Feuer zu entbrennen, das nur ein mutiger, furchtloser Held durchdringen soll: „Wer meines Speeres Spitze fürchtet, durchschreite das Feuer nie.“ (Feuerzauber am Ende der Oper)
Zwischengeschichte
Sieglinde irrt indessen durch den Wald. Mime, Alberichs Bruder, findet sie und bringt sie in seine Schmiede-Höhle. Sieglinde überlässt ihm die Schwertstücke (oder Mime bringt sie an sich, das bleibt fraglich) „als schwachen Lohn“ und bittet ihn, das Kind, das sie zur Welt bringt, „Siegfried“ zu nennen.
Sie stirbt. Mime zieht den Säugling auf in der Hoffnung, mit ihm sich einen Helden zu schaffen, der einst den Lindwurm Fafner erschlagen und ihn, Mime, in den Besitz von Ring und Schatz bringen wird. Die Erziehung will allerdings nicht recht gelingen. Der heranwachsende Siegfried, ein arger Rüpel, mag seinen „Vater“ nicht; er hört nicht auf ihn und zieht lieber frei im Wald umher.
Siegfried
Mime versucht, seinem Ziehsohn ein gutes Schwert zu schmieden, aber für den starken Knaben ist keine Waffe hart genug. Eines Tages dringt Siegfried mit einer bestimmten Frage in ihn. Aus der Beobachtung der Tierwelt hat er gelernt, dass zu einer Familie auch eine Mutter gehört. Da Mime ihm diese nicht bringen kann, sieht er sich gezwungen, dem auffahrenden Jüngling die wahre Geschichte seiner Herkunft zu erzählen. Auch zeigt er ihm die Stücke des Schwertes, das einmal sein Vater geführt haben soll. Siegfried befiehlt ihm sofort, daraus ein neues Schwert zu schmieden. Mit der Vorfreude auf die Waffe läuft er in den Wald hinaus.
Während Mime noch grübelt, wie er die Stücke schmieden soll, tritt ein Wanderer herein. Es ist Wotan, der das Streben der Welt nur noch als Zuschauer erleben will. Um dem unwirschen Schmied das Gastrecht abzutrotzen, setzt er sein Haupt „der Wissens Wette zum Pfand“. Der Zwerg macht dem Wanderer die Wette zu einfach: er fragt nach den Bewohnern in „der Erde Tiefe“ (die Nibelungen), auf „der Erde Rücken“ (die Riesen) und auf „wolkigen Höhen“ (die Götter). Auch vermag Mime zwei Fragen Wotans zu beantworten: Nach Wotans Wunschgeschlecht (die Wälsungen), und nach dem Schwert, das zu Fafners Tod taugt (Notung). Da der Schmied jedoch die dritte Frage nicht lösen kann – die Frage „wer wird aus den starken Stücken Notung, das Schwert, wohl schweißen“ – ist damit Mimes Haupt dem Wanderer verfallen („Nur wer das Fürchten nie erfuhr, schmiedet Notung neu“). Wotan, der Wanderer, überlässt es demjenigen, „der das Fürchten nicht gelernt“.
Siegfried, der zurückkehrt, fragt vergebens nach dem Schwert. Stattdessen muss er sich von Mime beschreiben lassen, was Furcht sei. Da er das nicht versteht, Mime aber ein vitales Interesse in Erinnerung an Wotan daran hat, dass Siegfried das Fürchten lernt, will er ihn zu einem „schlimmen Wurm“ führen, der ihm das Fürchten schon beibringen werde. Dazu bedarf es allerdings eines Schwerts. Siegfried, der nicht noch länger warten will, geht nun daran, sich selbst das Schwert Notung zu schmieden (Siegfrieds Schmiedelied). Damit hat er sich, im Unterschied zu seinem Vater Siegmund, dem es von Wotan in die Hand gespielt wurde, selbst seine Waffe geschaffen. Sie ist sein eigenes, freies Werk – eine Bedingung wäre damit erfüllt: dass nur ein freier Held, der aus sich selbst wirkt, die von Wotan ersehnte Tat vollbringen könne. Mime kocht indessen einen Trank, der Siegfried im entscheidenden Moment nach dem Drachenkampf die Besinnung rauben soll, sodass Mime ihn mit leichter Hand töten kann.
Indessen wacht Alberich vor der Höhle des Lindwurms Fafner und wartet auf den erhofften Drachentöter. Stattdessen erscheint Wotan. Die beiden Rivalen um die Macht der Welt stehen sich wieder gegenüber. Doch Wotan ist ein anderer als damals. Ihn interessiert der Ring, das Symbol der Macht, nicht mehr. Im Gegenteil: Er behandelt Alberich freundlich und bietet ihm sogar an, den Drachen aufzuwecken, damit er ihn vor dem Tod warnen kann. Fafner schlägt die Warnung in den Wind und schläft weiter. Wotan hat resigniert, er rät auch Alberich, allem seinen Lauf zu lassen: „Alles ist nach seiner Art, an ihr wirst du nichts ändern.“
Wotan verschwindet wie er gekommen war im Wald, Alberich schaut ihm zweifelnd nach. Mime und Siegfried treten auf. Mime zieht sich sehr bald, nach einigen Ratschlägen zum Kampf mit dem Drachen, zurück. Siegfried genießt die Stille des Waldes und beobachtet einen Vogel (Waldweben). Er versucht, mit seinem Horn dessen Stimme nachzuahmen, weckt damit aber nur den Lindwurm. Es kommt zum Kampf zwischen den beiden ungleichen Gegnern. Nachdem Siegfried ihm Notung ins Herz gestoßen hat, bricht Fafner zusammen. Wohl erkennend, dass der Knabe den Plan eines anderen ausführt, und versöhnlich im Sterben, warnt Fafner seinen Bezwinger vor Mimes Hinterlist. Siegfried zieht das Schwert aus Fafners Brust, leckt unwillkürlich an dessen Blut und versteht plötzlich die Sprache der Vögel. Sie singen ihm zu, er solle jetzt auch den Nibelungenhort samt Ring und Tarnhelm in Besitz nehmen. Während er sich in die Höhle begibt, streiten Mime und Alberich vor dem Eingang um den Schatz. Höhnend weist Alberich jeden Gedanken an Teilung des Hortes oder gar die Abtretung des Tarnhelms von sich, Mime droht im Gegenzug, sein Recht auf die Beute mit Siegfried durchzusetzen. Die beiden Brüder trennen sich hastig, als Siegfried wieder im Eingang der Höhle erscheint. Mime begrüßt Siegfried heuchelnd als Held und will ihm zur Labung seinen Trank anbieten. Doch Siegfried hört, gewarnt vom Gesang des Waldvogels, auch in seinen Reden die böse heimliche Absicht heraus. Angewidert erschlägt er Mime. Im Hintergrund hallt Alberichs Lachen. Der Waldvogel weist Siegfried nun noch den Weg zum „herrlichsten Weib“, zu Brünnhilde.
Wotan ruft noch einmal Erda herauf, um bei ihr Rat zu suchen. Doch Erda zerfließt alles Wissen, sie kann ihm nicht mehr helfen. Da naht Siegfried. Wotan verstellt ihm den Weg. Er hält den Jüngling auf, indem er ihn nach der Herkunft des Schwertes fragt. Siegfried nennt es stolz sein eigenes, neu geschaffenes Werk und drängt immer mehr auf Wotan ein, den er nicht kennt und vor dem er keinerlei Respekt zeigt. Wotan setzt Siegfried zuletzt seinen Speer entgegen und gibt sich als der zu erkennen, der seinem Vater einst das Schwert zerschlug. Doch Siegfried weicht nicht und zertrümmert mit einem Schlag den Speer des Gottes. Wotan weicht – endgültig resigniert – dem Stärkeren, dem, der das Fürchten nicht kennt; der Weg zu Brünnhilde ist frei, mühelos durchschreitet Siegfried das Feuer und findet die schlafende Walküre. Er entfernt Helm und Rüstung, erkennt, dass es kein Mann ist – nie zuvor hat Siegfried eine Frau gesehen – und da kein Rufen hilft, küsst er sie mit einem langen Kuss wach. Brünnhilde erwacht, und beide erleben zuerst scheu, dann voll Angst und Furcht das Erwachen ihres Gefühls, der Liebe. Sie umarmen sich schließlich begeistert in einem rauschhaften Ausbruch der alles überwältigenden Liebe („leuchtende Liebe, lachender Tod“).
Götterdämmerung
Vorspiel/Nornenszene: Die Nornen, „urerschaff’ne“ Töchter der Erda, spinnen das Seil des Schicksals und rekapitulieren das bisher Geschehene. Abrupt endet jedoch ihr visionäres Erinnern, als das Seil, von dem sie das Geschehene gleichsam ablesen, reißt.
Siegfried und Brünnhilde tauschen am Morgen Liebeszeichen aus: Siegfried lässt Brünnhilde den Ring, sie schenkt ihm ihr Ross ‚Grane’ und sendet ihn aus „zu neuen Taten“. Siegfried bricht auf (Siegfrieds Rheinfahrt) und kommt an den Hof der Gibichungen an den Rhein, wo Gunther, Gutrune und Hagen weilen. Dort hat man schon von ihm gehört und von seinem Schatz. Vor allen Dingen ist Gunther an Brünnhilde interessiert. Hagen, sein Halbbruder, will Siegfried durch einen Trank des Gedächtnisses berauben und so den Weg für Gunther zu Brünnhild frei machen. Gleichzeitig könnte dann Gutrune Siegfried heiraten und der Schatz wäre in ihren Händen. So die von Hagen ersonnene Intrige. Hagen selbst ist natürlich, beschworen von seinem Vater Alberich, nur am Ring interessiert. Siegfried wird also scheinbar freundlich aufgenommen, verliert die Erinnerung an Brünnhilde durch Hagens Trank und verliebt sich in Gutrune. Er ist bereit, als Preis für sie ihrem Bruder Gunter bei der Werbung um Brünnhilde zu helfen. Während beide sich auf den Weg zum Walkürenfelsen machen, erscheint Alberich seinem Sohn im Schlaf und erinnert ihn an den Ring, den er unbedingt erlangen müsse.
Zur gleichen Zeit wird Brünnhild von ihrer Schwester Waltraute aufgesucht. Sie berichtet, dass sich in Walhall Entscheidendes getan hat (Waltrautes Erzählung). Wotan ist von seinen rastlosen Wanderungen in die Welt zurückgekehrt, mit den Stücken seines zerschlagenen Speeres in der Hand. Er hat alle Götter und Helden um sich versammelt, hat die Welt-Esche fällen und zu einem riesigen Scheiterhaufen rund um Walhall schichten lassen. Seine Walküren hat er nicht mehr auf Heldensuche geschickt: er sitzt nur auf „hehrem Sitze, stumm und ernst“. Seine beiden Raben hat er in die Welt hinaus gesandt. Nur eine Botschaft können sie ihm bringen, die den Gott wieder lächeln ließe: „Des tiefen Rheines Töchtern gäbe den Ring sie [Brünnhild] wieder zurück, – von des Fluches Last erlöst wär’ Gott und Welt“. Das hörte Waltraute – sie stahl sich aus Walhall fort, um Brünnhilde zu bitten, den Ring herzugeben.
Brünnhilde ist entsetzt über dieses Ansinnen. Siegfrieds Liebespfand ist ihr weit wichtiger als der Götter und der Welt Elend. Erfolglos muss Waltraute zurück reiten. Brünnhilde hört Siegfrieds Horn, lacht ihrem Geliebten entgegen und ist zu Tode erschrocken, als ein Unbekannter vor ihr steht: Siegfried, in Gunters Gestalt. Er entreißt Brünnhilde den Ring und zwingt sie, die Nacht mit ihm zu verbringen. Aus Treue zu Gunter legt er sein Schwert zwischen sich und die Frau. Siegfried versetzt sich am nächsten Morgen mit Hilfe des Tarnhelms zurück in Gunters Burg an den Rhein und erzählt Hagen von seinem und Gunters Erfolg.
Hagen ruft die Gibichsmannen, das Heer, zusammen und lässt sie Vorbereitungen zum Dank für die Götter und zum Empfang für Gunter und seine Braut treffen. Diese ziehen feierlich ein: Brünnhilde steht fassungslos vor dem ahnungslosen Siegfried. Sie versteht die ganze Situation nicht und denkt an Verrat. Hagen bietet sich als Helfer an. Brünnhilde weiß, dass Siegfried nur im Rücken verwundbar wäre. Gunther sträubt sich zuerst gegen den geplanten Mord. Hagen aber weiß ihn an seiner eigenen Gier zu packen und ihn zu überreden.
Am folgenden Tag wird eine Jagd veranstaltet. Siegfried kommt von der Fährte eines Bären ab und trifft auf die drei Rheintöchter. Sie sind bereit, ihm zu dem verlorenen Wild zu verhelfen, wenn er ihnen den Ring an seiner Hand schenkt. Siegfried zögert zwar, wird dann aber doch weich und will die Bitte der Nixen erfüllen. Diese erzählen von der gefährlichen Kraft des Rings und reizen damit Siegfrieds Trotz. So behält er den Ring.
Die Jagdgesellschaft findet wieder zusammen. Siegfried muss gestehen, dass er als einziger beutelos ist. Als Ausgleich singt er den Männern aus seinem früheren Leben vor, und zwar bis zu dem Punkt, bevor er Brünnhilde gewann. Hagen sieht die Gelegenheit. Er reicht ihm einen Trank, der Siegfrieds Gedächtnis wieder belebt. Alle hören nun staunend von Siegfrieds Liebe zu Brünnhilde. Hagen spielt den Rächer und stößt Siegfried von hinten nieder.
In einem Trauerzug wird Siegfried in Gunthers Burg getragen (Trauermarsch). Gutrune ist entsetzt vom Anblick ihres toten Gatten und klagt Hagen an. Der nimmt ohne Zögern die Schuld am Tod des Helden auf sich und verlangt als Lohn den Ring. Hier berührt er allerdings auch Gunthers Interesse. Beide kämpfen, Hagen ersticht seinen Bruder und will gerade den Ring von Siegfrieds Finger ziehen. Da hebt sich zum Schrecken der Anwesenden der Arm des Toten in die Höhe.
Brünnhilde tritt auf und bezeichnet sich als die eigentliche Geliebte und Ehefrau Siegfrieds. Sie will ihm in den Tod folgen und dadurch gleichzeitig den Fluch des Rings lösen. Sie lässt einen Scheiterhaufen errichten, schickt Wotans Raben mit der Botschaft der Erlösung heim nach Walhall, setzt den Holzstoß in Brand und reitet mit ihrem Pferd hinein (Brünnhildes Schlussgesang). Der Rhein tritt über die Ufer und gibt den Rheintöchtern den Weg zum Ring frei. Ein letztes Mal versucht Hagen, ihn an sich zu reißen, die Nixen ziehen ihn jedoch mit sich in die Tiefe des Wassers hinab.
Das Ende der bisherigen Weltordnung ist gekommen. Die Welt-Esche, rings um Walhall gelegt, brennt, und mit ihr stürzt die Herrschaft der Götter. Eine neue Zeit kann beginnen.
Bedeutende Inszenierungen
- 1876 – Uraufführung des vollständigen Werks in der Inszenierung Richard Wagners in Bayreuth.
- 1976 – Inszenierung zum 100-jährigen Bestehen der Bayreuther Festspiele durch den französischen Regisseur Patrice Chéreau mit Dirigent Pierre Boulez („sog. Jahrhundertring“).
- 1988 – Inszenierung durch den DDR-Opernregisseur Harry Kupfer. Dirigent: Daniel Barenboim in Bayreuth.
- 2001 – Inszenierung an vier aufeinander folgenden Tagen am Meininger Theater, Regie: Christine Mielitz.
- 2002/03 – Inszenierung durch vier verschiedene Regisseure: Joachim Schlömer (Das Rheingold), Christof Nel (Die Walküre), Jossi Wieler und Sergio Morabito (Siegfried), Peter Konwitschny (Götterdämmerung), Dirigent: Lothar Zagrosek an der Staatsoper Stuttgart.
Klavierauszüge von Karl Klindworth um 1900
Bedeutende Schallplatten/CD-Aufnahmen
Die Festlegung der „ersten Gesamtaufnahme“ des „Ring“ auf Schallplatten ist nicht eindeutig zu treffen. Es existiert im Antiquitätenhandel eine Version auf 78er-Schellack-Platten aus den 1930er Jahren. Außerdem werden zunehmend alte Aufnahmen auf CD angeboten, die ebenfalls aus den 1920er/30er Jahren stammen, aber seinerzeit – zumindest als Gesamtaufnahme – nicht veröffentlicht wurden (zuletzt beim 2001-Versand eine Version von 1935/37 mit L. Melchior und K. Flagstad aus Boston und New York).
Die erste – im Handel erhältliche – vollständige Schallplattenaufnahme hat der Dirigent Georg Solti mit den Wiener Philharmonikern ab 1958 aufgenommen. Die zeitlich der Solti-Version vorangehenden Aufnahmen wurden in den folgenden Jahren ebenfalls ‚vollständig‘ auf Schallplatten angeboten (Ingo Harden in FonoForum 1967).
Georg Solti – Wiener Philharmoniker
Das Rheingold (Wotan: George London – Fricka: Kirsten Flagstad – Freia: Claire Watson – Donner: Eberhard Waechter – Froh: Waldemar Kmentt – Loge: Set Svanholm – Erda: Jean Madeira – Alberich: Gustav Neidlinger – Mime: Paul Kuen – Fasolt: Walter Kreppel – Fafner: Kurt Böhme – Wiener Philharmoniker – Georg Solti. Aufgenommen im Sofiensaal Wien, 1958. *AAD)
Die Walküre (James King: Siegmund – Régine Crespin: Sieglinde – Gottlob Frick: Hunding – Hans Hotter: Wotan – Birgit Nilsson: Brünnhilde – Christa Ludwig: Fricka – Vera Schlosser: Gerhilde – Berit Lindholm: Helmwige – Brigitte Fassbaender: Waltraute – Helen Watts: Schwertleite – Helga Dernesch: Ortlinde – Vera Little: Siegrune – Marilyn Tyler: Grimgerde – Claudia Hellmann: Rossweisse – Wiener Philharmoniker – Georg Solti. Aufgenommen im Sofiensaal Wien, Oktober: November 1965. *ADD)
Siegfried (Wolfgang Windgassen: Siegfried – Birgit Nilsson: Brünnhilde – Hans Hotter: Wanderer – Gerhard Stolze: Mime – Gustav Neidlinger: Alberich – Kurt Böhme: Fafner – Marga Höffgen: Erda – Joan Sutherland: Waldvogel – Wiener Philharmoniker – Georg Solti. Aufgenommen im Sofiensaal Wien, Mai und Oktober 1962. *AAD)
Götterdämmerung (Birgit Nilsson: Brünnhilde – Wolfgang Windgassen: Siegfried – Gustav Neidlinger: Alberich – Gottlob Frick: Hagen – Claire Watson: Gutrune – Dietrich Fischer-Dieskau: Gunther – Christa Ludwig: Waltraute – Lucia Popp: Woglinde – Gwyneth Jones: Wellgunde – Maureen Guy: Flosshilde – Helen Watts: erste Norn – Grace Hoffmann: zweite Norn – Anita Välkki: dritte Norn – Wiener Philharmoniker – Georg Solti. Aufgenommen im Sofiensaal Wien, November 1964. *ADD)
Herbert von Karajan – Berliner Philharmoniker
Fast zeitgleich zu den späten Aufnahmen des Solti-Rings entstand diese legendäre Studio-Aufnahme 1967–69 (Solti spielte die Walküre als letztes Werk des Zyklus 1965 ein, Karajan als erstes 1966). Karajan hatte speziell für die Aufführungen des Rings die „Salzburger Osterfestspiele“ gegründet. Im Gegensatz zur üblichen Praxis wurden hier die Studioaufnahmen vor der Live-Aufführung eingespielt und während der Proben in Salzburg als Orientierung benutzt.
Rheingold: Dietrich Fischer-Dieskau (Wotan), Zoltan Kelemen (Alberich), Gerhard Stolze (Loge), Erwin Wohlfahrt (Mime). ADD, Aufnahme: 1967
Die Walküre: Thomas Stewart (Wotan), Régine Crespin (Brünnhilde), Gundula Janowitz (Sieglinde), Jon Vickers (Siegmund). ADD, Aufnahme: 1966
Siegfried: Jess Thomas (Siegfried), Zoltan Kelemen (Alberich), Helga Dernesch (Brünnhilde), Gerhard Stolze (Mime) Aufnahme: 1968
Götterdämmerung: Helge Brilioth (Siegfried), Zoltan Kelemen (Alberich), Karl Ridderbusch (Hagen), Helga Dernesch (Brünnhilde). ADD, Aufnahme: 1969
Andere bedeutende Veröffentlichungen
Eine der – unabhängig von der Veröffentlichung – ersten vollständigen Schallplattenaufnahmen hat Wilhelm Furtwängler 1951 in Mailand und 1953 in Rom aufgenommen. Als sehr bedeutend kann die erste komplette Stereoaufnahme unter Joseph Keilberth der Bayreuther Festspiele 1955 gelten. Weitere Gesamtaufnahmen der Bayreuther Festspiele: 1953 unter Clemens Krauss sowie 1957 unter Hans Knappertsbusch, 1965/66 unter Karl Böhm, 1979/80 unter Pierre Boulez und 1991/92 unter Daniel Barenboim.
Parodien, Satiren
Im Jahre 1904 komponierte Oscar Straus die Operette Die lustigen Nibelungen, die neben der deutschtümelnden zeitgenössischen Rezeption des Nibelungenliedes auch die Opern wagnerschen Typus’ aufs Korn nimmt.
Um 1933 verfasste der Jurist und Schriftsteller Ernst von Pidde eine juristische Abrechnung mit Wagners „Ring“ (mit etlichen Seitenhieben auf das Genre Oper an sich), in der den Protagonisten von Diebstahl über Tierquälerei bis zu schwerer Brandstiftung und Mord diverse Straftaten detailliert nachgewiesen werden. Das Buch wurde 1968 aus dem Nachlass herausgegeben und seither immer wieder neu aufgelegt.
Seit 1982 finden im Hof der Bayreuther Klavierfabrik Steingraeber im inoffiziellen Beiprogramm der Bayreuther Festspiele parodistische Aufführungen der Studiobühne Bayreuth mit Adaptionen der Werke Wagners statt. 1982–84: Der Ring des Liebesjungen – oder: der gantze Rink am einen Abendt von Uwe Hoppe, 1994–96 Der Ring der Niederungen (U. Hoppe). Wesentliche Ideen aus diesen Parodien tauchten in Folge immer wieder auch in ernst gemeinten „Ring“-Inszenierungen auf, so u. a. im „Ring“ der Deutschen Oper Berlin (Regie: Götz Friedrich, ab 1984).
Vom BosArt Trio (Programm: Unerhörte Meisterwerke) gibt es eine gedichtete Inhaltsangabe des Rings auf die Beatles-Melodie „When I get older“.
1987 erschien die Fantasy-Satire „Expecting Someone Taller“ (deutsche Ausgabe unter dem Titel „Wir haben Sie eigentlich größer erwartet“) des englischen Autors Tom Holt.
1992 schuf Vicco von Bülow, besser bekannt als Loriot, mit „Der Ring an einem Abend“ eine ganz eigene Version von Wagners „Ring“. Amüsant und scharfsinnig bringt diese Zusammenfassung Licht in die komplizierte Handlung und rückt den göttlichen Verstrickungen mit Witz und Hintersinn zu Leibe.
Literatur
- Robert Donington: Richard Wagners Ring des Nibelungen und seine Symbole. 4. Auflage. Reclam, Stuttgart 1995, ISBN 3-15-010258-8.
- Nora Eckert: Der Ring des Nibelungen und seine Inszenierungen von 1876 bis 2001. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 2001, ISBN 3-434-50489-3.
- Sven Friedrich: Der Klassik(ver)führer: Wagners Ring-Motive. Auricula, Berlin 2004, ISBN 3-936196-02-8.
- Loriot: Loriots kleiner Opernführer: Der Ring des Nibelungen. Diogenes, Zürich 2003, ISBN 3-257-06354-7.
- Hans Mayer: Anmerkungen zu Richard Wagner. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1966.
- Kurt Overhoff: Die Musikdramen Richard Wagners. Pustet, Salzburg 1967.
- Ernst von Pidde: Richard Wagners ‚Ring des Nibelungen’ im Lichte des deutschen Strafrechts. Ullstein (Lizenzausgabe), Berlin 2003, ISBN 3-548-36493-4.
- Bernard Shaw: Wagner-Brevier [1898]. 11. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-518-01337-8.
- Peter Wapnewski: Der Ring des Nibelungen. Richard Wagners Weltendrama. Piper, München 1998, ISBN 3-492-22629-9.
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