Romanischer Baustil

Romanischer Baustil
Speyerer Dom, die größte noch erhaltene romanische Kirche der Welt
Das Hauptschiff des Speyerer Doms mit den charakteristischen Rundbögen der Hochromanik
Notre Dame la Grande (Poitiers), vollendet 1150, Poitiers

Der Begriff Romanik (auch: romanischer Stil, vorgotischer Stil, lombardischer Stil) beschreibt eine kunstgeschichtliche Epoche in der Zeit zwischen etwa 1000 und 1200 nach Christus, deren Stilprinzipien jedoch in manchen Gebieten bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts beibehalten wurden. Die Romanik ist die erste große europäische Kunstepoche seit dem Ende der Antike mit dem Untergang Roms im 6. Jahrhundert, mit der Errichtung der Kreuzfahrerstaaten erreichte sie aber auch die Levante. Als „typisches Erkennungsmerkmal“ romanischer Bauten gilt der Rundbogen, häufig in Verbindung mit wuchtigen Steinmassen. Der der Romanik nachfolgende Bau- und Kunststil ist die Gotik.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Die Bezeichnung romanesque wurde um 1820 von französischen Gelehrten für den Rundbogenstil eingeführt. Der Begriff wurde gewählt als Hinweis auf die Verwandtschaft zur römischen Architektur, von der Rundbogen, Pfeiler, Säulen und Gewölbebau übernommen waren.

Die romanische Baukunst

Typisch für die romanische Baukunst sind Rundbögen, dicke, festungsartige Mauern (besonders im Westwerk) mit kleinen Fenstern sowie Würfelkapitelle auf den Säulen. In frühromanischer Zeit finden sich flache Kassettendecken, später dann Kreuzgratgewölbe. Der romanische Kirchenbau wird bestimmt durch die Einführung der Überwölbung großer Raumweiten. Die Skulpturen und Malereien zeigen oftmals drastische Motive. Die Größe und Mächtigkeit der Kirchen romanischen Stils (welche ungeachtet der Anzahl der Gemeindemitglieder immer so groß wie möglich gebaut wurden) sollte die Allmacht Gottes und die Stärke des Christentums verdeutlichen.

Der Romanik voraus gingen die vorromanischen Epochen der merowingischen, karolingischen und ottonischen Kunst, deren Baudenkmäler noch gedrungener und archaischer als die der Romanik sind, sich in ihren Elementen jedoch sehr ähneln. Es sind jedoch nur sehr wenige Bauwerke aus diesen frühen Zeiten erhalten, so dass generelle Aussagen nur unter Vorbehalt möglich sind; eine Ausnahme bildet beispielsweise der Aachener Dom. Der Übergang von der Vorromanik zur Romanik wird für Frankreich um 1000, für Deutschland um 1020/1030 (Hildesheimer Michaeliskirche ab 1010, Speyerer Dom ab 1025, Klosterkirche Limburg an der Haardt ab 1025) angesetzt. In Polen hingegen mit der Krönung von Kasimir I. dem Erneuerer im Jahre 1038.

Die Romanik in Deutschland lässt sich in Früh-, Hoch- und Spätromanik einteilen. Eine genaue zeitliche Abgrenzung zur Gotik ist wegen des fließenden Überganges nicht möglich.

Siehe auch

Stilphasen

Frühromanik

Nürnberger Burg, Romanischer "Heidenturm" von Osten

Die frühe Romanik wurde wesentlich von den jungen Klostergemeinschaften, die überall in Europa entstanden, entwickelt, in denen nach dem Untergang Roms erstmals wieder auch weltliches Wissen systematisch gesammelt und durch Forschung erweitert wurde.

Die Urform des romanischen Kirchenbaus orientierte sich am römischen Profanbau der Basilika, die aus einem mittleren Hauptschiff und zwei niedrigeren Seitengängen (Seitenschiffe) bestand, welche durch längs laufende Säulenreihen voneinander getrennt waren. Diese Grundform wurde später weiterentwickelt und durch das Querschiff ergänzt und findet noch einen Anklang in der gotischen Kathedrale. Eine andere frühe Bauform war der Zentralbau, der sich um einen zentralen Raum gruppiert. In einigen frühen romanischen Bauwerken finden sich noch originale antike Bauteile wie Kapitelle oder Säulen (Spolien), die aus Italien importiert worden waren und als Ideengeber dienten. Daraus entwickelte sich dann eine eigene Formensprache.

Die wachsenden ökonomischen und technischen Voraussetzungen ermöglichten später enorme Leistungen in der Baukunst. Die größte Kirche war die Abteikirche von Cluny. Sie bestand aus einer fünfschiffigen, tonnengewölbten Basilika mit zwei Ostquerhäusern und einem Chor mit Umgang und Kapellenkranz. Der Speyerer Dom war die größte Kirche der salischen Kaiser und diente zugleich als deren Grablege. Der Speyerer Dom war eine durchgehend mit Kreuzgewölben überdeckte Basilika mit einer großen Krypta. Zu den großen Bauten der Frühromanik kann man auch den Mainzer Dom zählen, der zwar als ottonischer Bau der Vorromanik 975 begonnen wurde, allerdings schon 1009 großenteils abbrannte und im Wesentlichen romanisch neu errichtet wurde. Seine Maße dienten den Domen zu Speyer und Worms als Vorbild.

Hochromanik

In der Hochromanik spielte Bauschmuck eine große Rolle. Hinzu kamen mehr und mehr freistehende figürliche Bildwerke, die oft aus Holz (Triumphkreuze, Madonnenfiguren, Lettnerfiguren), aber auch aus Bronze (Braunschweiger Löwe, Wolframleuchter in Erfurt) gearbeitet wurden. Italienische Einflüsse sind wahrscheinlich, so zunächst wohl bei der Quedlinburger Stiftskirche mit ihrem vielfältigen bauplastischen Schmuck. Kennzeichen der Hochromanik ist auch die Einführung des Großgewölbebaus, der erstmals beim Speyerer Dom verwirklicht werden konnte, als dieser um 1100 umgebaut wurde.

Eine bildnerische Prachtentfaltung ist danach z. B. bei der Benediktiner-Abteikirche „St. Peter und Paul“ (Kaiserdom Königslutter) festzustellen; in einem teilweise engen Zusammenhang stehen Bauten z. B. in Hildesheim (St. Godehard; Michaeliskirche, Langhaus und Kreuzgang), Goslar, Braunschweig, Magdeburg und Halberstadt.

In Sizilien ist die Romanik durch eine arabisch-byzantinisch-normannische Symbiose in der Kunst gekennzeichnet.

Spätromanischer Innenraum der Feldkirche Neuwied
Bad Münstereifel: Romanisches Haus von 1167

Spätromanik

Die Spätromanik war weitestgehend auf den deutschen Raum beschränkt, während sich in Frankreich und England bereits das Bauen in gotischen Formen durchgesetzt hatte. Die Spätromanik zeichnet sich durch Vielseitigkeit von Baukörpern und Innenräumen aus, die mit großer Zierfreude gebaut wurden. Analog zu den französischen Bauten wurden verstärkt Doppelturmfassaden gebaut, teils auch in Verbindung mit prächtig ausgebildeten Vierungstürmen. Die für die Gotik typische Vertikalisierung der Bauformen fand in Deutschland teilweise auch schon in der Spätromanik statt, Spitzbögen begannen die für die Romanik üblichen Rundbögen zu ersetzen. Prächtiges Beispiel für diesen Stil ist der Limburger Dom (ca.1190-1235) mit Doppelturmfassade und einzelnen Spitzbögen. Die Spätromanik ist also teilweise schon Übergangsstil zur Gotik.

Die Romanik wurde in Frankreich ab etwa 1140 (St. Denis), in England 1175 (Canterbury) und in Deutschland um 1235 (Elisabethkirche in Marburg, Liebfrauenkirche in Trier) durch die Gotik abgelöst.

Profanbauten

Aus der Romanik sind auch die ältesten Profanbauten erhalten, darunter Wohnhäuser (Cluny, Dreikönigenhaus in Trier, „Heidenhaus“ in Rosheim, romanisches Haus in Bad Münstereifel, die Steinwerke von Osnabrück), Pfalzen und Burgen. In Südtirol gibt es im ladinischen Kulturbereich noch romanische Bauernhäuser, sie gehören dort zum frühesten Typ ladinischer Häuser.

Bildende Kunst der Romanik

Die künstlerischen Erzeugnisse sind bis auf Buchmalerei und Plastik weitgehend der Zeit zum Opfer gefallen. Werke der Romanik zeichnen sich vor allem durch einen geringen Naturalismus und hohen Symbolismus aus. Weiterhin werden häufig hierarchische Strukturen durch die Bedeutungsperspektive und abgestufte Anordnung dargestellt.

Neuromanik

Romanische Bauwerke (insbesondere Kirchen) wurden um 1850 gerne nachgebaut bzw. stilrein erneuert (Dom zu Speyer); dabei wurden oftmals originale Barockausstattungen beseitigt (z. B. St. Michael in Hildesheim). Diesen Baustil nennt man neuromanisch (siehe auch Historismus).

Touristische Erschließung

  • Die Straße der Romanik ist eine Ferienstraße, die seit 1993 in Sachsen-Anhalt besteht. Sie ist 1000 km lang und umfasst 72 Bauwerke wie Kirchen, Pfalzen, Burgen und Dome.
  • Die Straße der Piasten ist eine Ferienstraße in Großpolen, Polen. Sie umfasst die vorromanischen, romanischen und frühgotischen Bauwerke, die in dem Kerngebiet der Polanen vom 10. bis zum 13. Jahrhundert entstanden sind.
  • Die Romanische Straße ist eine Ferienstraße im Elsass, die viele der 120 Baudenkmäler der Epoche der Romanik dort verbindet, darunter die Kirchen St. Peter und Paul von Rosheim, Sankt-Fides von Sélestat, Mariä-Himmelfahrt von Rouffach, die Stiftskirche Lautenbach und die Abteikirche Ottmarsheim.
  • Das Projekt "Transromanica", an dem Regionen und Institutionen aus Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Serbien, Slowenien und Spanien als Partner beteiligt sind, zielt auf die Erhaltung romanischer Kulturgüter in den Regionen sowie die bessere kulturtouristische Vermarktung der einbezogenen Sehenswürdigkeiten ab. Highlights dieser Europäischen Kulturroute sind u. a. die Wartburg, die Domkirchen in Gurk und Magdeburg, die Kathedrale von Modena, das Kloster Stična (Slowenien) oder die Abtei Vezzolano (Piemont).

Literatur

  • R. Toman, A. Bednorz: Romanik. Architektur - Skulptur - Malerei. Könemann im Tandem-Verlag, 2004, ISBN 3833110392.
  • H. E. Kubach: Romanik. In der Reihe: Weltgeschichte der Architektur. Dt. Verl.-Anstalt, Stuttgart 1986, ISBN 3421028583.

Siehe auch

Weblinks


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